Bei so genannten Wirtschaftsexperten fällt der Groschen – DIW für Wiedereinführung der Vermögenssteuer

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

SpiegelOnline verbreitet heute den Vorschlag des DIW, die Vermögen stärker zu besteuern. (Siehe Anlage 1). Dabei wird darauf verwiesen, mit dem konkreten Vorschlag würde die Belastung der Vermögen auf das Durchschnittsniveau der anderen EU-Staaten und wichtigsten Industrieländer angehoben.

Wir freuen uns über diese Einsicht, wir würden uns noch mehr freuen, wenn erstens diese Vorschläge von der Politik auch ernsthaft verfolgt und nach der Bundestagswahl umgesetzt würden, und wenn zweitens die Polemik gegen jene eingestellt würde, die nahezu die gleichen Forderungen bisher schon immer vertreten haben. Albrecht Müller.

Vom Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann kam in den vergangenen Wochen auch mehrfach die Forderung nach einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 25 %. (Siehe zum Beispiel: “Mehrwertsteuererhöhung = Subvention des Exports zulasten des binnenmarktorientierten Gewerbes” ) Man kann schon deshalb nicht sicher sein, dass die Forderung nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer ernst gemeint ist. Es kann auch der Imageprägung des DIW dienen sollen.

Es würde die Glaubwürdigkeit des DIW und der Medien, die die Meldung über die neuen Vorschläge des DIW verbreiten – wie zum Beispiel SpiegelOnline – erhöhen, wenn sie wenigstens beiläufig erwähnen würden, dass die gleichen Forderungen samt Begründung von aktiven Politikern schon seit langem erhoben werden. SpiegelOnline, wo Lafontaine wie auch sonst gängig wegen seiner programmatischen Vorstellungen des Populismus geziehen wurde, erwähnt seine einschlägigen Vorschläge zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Begründungen jetzt nicht. Wir möchten deshalb nachhelfen, das gebietet die Fairness:

Lafontaine im Sommerinterview des ZDF:

Wir sind die einzigen, die sagen, wir wollen die Vermögenssteuer so haben wie in England, das sind 90 Milliarden mehr Einnahmen.

Quelle: ZDF – Sommerinterview mit Oscar Lafontaine

Und:

Wenn wir Vermögen in Deutschland besteuern würden wie in Großbritannien, hätten wir 90 Milliarden Euro mehr Einnahmen.

Quelle: dw-world.de

Wenn wir endlich dazu kämen, die notwendige Finanzierung staatlicher Aufgaben offen und ohne Vorurteile zu diskutieren, dann wäre das ein riesiger Fortschritt. Dazu gehört aber auch, dass von Seiten der so genannten Wissenschaft und der Medien die Polemik gegen jene Vorschläge eingestellt wird, die den Interessen der Besserverdienenden und der neoliberal geprägten Wirtschaftsvertreter und Politiker nicht entsprechen.

Darauf hinzuweisen, dass die Forderungen nach höherer Besteuerung der Vermögen und der hohen Einkommen jedenfalls in den NachDenkSeiten und von einigen wenigen Politikern und Wissenschaftlern bisher schon erhoben und begründet wurden, ist offensichtlich riskant. Wir wurden gerade darauf hingewiesen, in unseren Beiträgen schwinge oft ein: „Wir haben es immer schon gewusst“ mit. Wenn Sie das auch so empfinden , dann bitten wir Sie um eine Art Generalpardon dafür, dass wir in dieser Zeit des täglichen Auftritts von Wendehälsen, über die wir uns von Herzen freuen, gelegentlich auch darauf hinweisen, dass es gut gewesen wäre, die Einsichten etwas früher zu haben.

In den NachDenkSeiten finden Sie sehr viele Beiträge, die um die Entlastung der oberen Einkommen und Vermögen und die Mehrbelastung der Mehrheit unseres Volkes kreisen. Über unsere Suchfunktion bin ich bei einigen unserer frühen Artikel gelandet – so zum Beispiel bei einem Beitrag von mir für die Süddeutsche Zeitung vom 20. Juni 2004:

Lohnt es sich, die SPD zu ruinieren?
Von Albrecht Müller. Süddeutsche Zeitung – Außenansicht.

Wenn die SPD zur Einsicht gekommen wäre, ihren Kurs zu korrigieren, hätte sie sich und uns manches ersparen können.

In einem der ersten Beiträge in den NachDenkSeiten überhaupt, vom 1. Dezember 2003, ist ein Text von 2001 zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft wiedergegeben. Auch in diesem Text geht es neben vielem anderen um die Folgen der Streichung der Vermögensteuer für die Lastenverteilung.

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

Mit diesem Hinweis auf ältere Texte wollte ich sie auch darauf aufmerksam machen, dass es sich lohnt, wenn man die Zeit dazu hat, gelegentlich in den NachDenkSeiten zu stöbern. Auch das ist nicht als Rechthaberei gemeint, sondern als Hinweis auf Informationsmöglichkeiten.

Anlage 1:

22. Juli 2009
LEERE STAATSKASSEN
Wirtschaftsexperten fordern Reichensteuer
Die Finanzlage des Staates ist dramatisch, der Schuldenberg wird in Deutschland bis Jahresende auf mehr als 1,7 Billionen Euro wachsen. Wirtschaftsforscher empfehlen nun eine stärkere Besteuerung von Vermögen – damit würden jährlich rund 25 Milliarden Euro mehr in die Kassen gespült.

Düsseldorf/Hamburg – Deutschland droht der Finanz-GAU: Ein klares Konzept zum Abbau des Schuldenbergs in Deutschland fordert der Präsident des Bundesrechnungshofs, Dieter Engels. Denn nach Angaben der Bundesregierung werden die Belastungen bis zum Jahresende noch einmal um 125 Milliarden auf mehr als 1,7 Billionen Euro steigen. “Es ist illusorisch zu glauben, dass die Schulden, die der Bund in der Krise zusätzlich aufnimmt, von alleine im nächsten Aufschwung abgebaut werden”, warnt Engels im “Handelsblatt”.

Ein Vorschlag zur Minderung der Schulden kommt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Das DIW empfiehlt eine stärkere Besteuerung von Vermögen. Die Finanzverwaltung könne dadurch jährlich rund 25 Milliarden Euro mehr einnehmen, heißt es einer Studie, aus der die “Financial Times Deutschland” zitiert.

Um dieses Mehraufkommen zu erreichen, müsste die Regierung die Belastung von Vermögen auf das Durchschnittsniveau der anderen EU-Staaten und der wichtigsten Industrieländer der Welt anheben. Das DIW spricht sich für eine deutliche Erhöhung der Grundsteuer und eine Wiederbelebung der Vermögensteuer aus, die seit 1997 nicht mehr erhoben wird, weil sie in der alten Ausgestaltung verfassungswidrig war.
Quelle: SpiegelOnline

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