Bundesverfassungsgericht unterstützt die Entscheidung der Koalition, die Versicherungspflichtgrenze für die Krankenversicherung anzuheben

Die Verfassungsbeschwerden zweier Unternehmen der privaten Krankenversicherung, die sich gegen die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze durch das Beitragssatzsicherungsgesetz vom 23. Dezember 2002 wandten, sind von der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen worden. Ein interessanter Vorgang. In Karlsruhe gibt es noch Juristen, die wissen, dass wir die gesetzliche Krankenversicherung nicht der Erosion preisgeben können. Die Presseerklärung des BVerfG von heute dürfte für einige der Nutzer von NachDenkSeiten von Interesse sein. Deshalb ist sie in die Rubrik “Andere interessante Beiträge” aufgenommen worden.

Auf dem linken Auge blind: Es gibt erfolgreiche Alternativen zur Agenda-Politik, sie passen nur nicht in das vorgegebene Denkschema

Jürgen Kluge, der Chef von McKinsey referierte auf der Klausurtagung der SPD am 6. Januar 2004 in Weimar über Innovation. Dabei lobte er u.a. Schweden und Finnland für ihr im internationalen Vergleich exzellentes Bildungssystem und für ihre Innovationsstrukturen.Er empfahl der Bundesregierung, im Staatshaushalt „Luft für Zukunftsinvestitionen“ zu schaffen, vor allem durch Senkung der Ausgaben für Sozialleistungen und natürliche auch durch Verringern der Staatsausgaben.
Dass die als vorbildlich genannten skandinavischen Länder ganz andere Empfehlungen nahe legen, wird ausgeblendet, weil sie nicht ins „Weltbild“ passen.
Deutschland hatte laut dem gewiss nicht linkslastigen Institut der deutschen Wirtschaft 2001 eine Abgabenquote von 36,4%, gegenüber Finnland von 46,3 und Schweden gar von 53,2%. Nicht viel anders bei der Staatsquote, diese liegt in Finnland mit 44,8% nahe bei der deutschen mit 46,1% und weit unterhalt der Schwedens mit 52,6%.
Was Deutschland von Finnland und Schweden wirklich lernen könnte und welche Alternativen zur Agenda-Politik bestehen, beschreibt Professor Gerhard Bosch, Vizepräsident des Instituts Arbeit und Technik in Gelsenkirchen in einem lesenswerten Kommentar in den WSI-Mitteilungen, der in der Rubrik “Andere interessante Beiträge” dokumentiert ist.

Erhard Eppler und die deutschen (katholischen) Bischöfe – sie verweigern die Wahrnehmung der Realität. Ein Trauerspiel.

In diesen Zeiten wird man immer wieder erleben, dass politische Freundeund wirkliche Freunde, mit denen man Jahre und Jahrzehnte gemeinsameSchlachten geschlagen hat, wegbrechen, andere Wege gehen, erstaunlicheWege gehen. Selbst die deutschen katholischen Bischöfe konnte man insozialen Fragen zu den politischen Freunden zählen, wenn man an ihr1997 gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschlandveröffentlichtes Wort “Für eine Zukunft in Solidarität undGerechtigkeit” denkt. Mit ihrem Papier vom 12. Dezember 2003 sind sieauf Anpassungskurs gegangen. So auch Erhard Eppler: Aus einem Vordenkerder SPD wurde eine traurige Figur, die das eigene Nachdenken aufgegebenhat. Wie unreflektiert argumentiert wird, kann man am Beispielder immer wiederkehrenden Behauptung festmachen, die “Überalterung”verlange eine Änderung des Rentensystems und ein “Zurechtstutzen” desSozialstaats. Wie unbegründet diese mehr und mehr zum Glaubenssatzerhobene Behauptung ist, wurde jüngst einmal mehr in einem Beitrag von Gerd Bosbach, einem früheren Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes, erläutert. Dieser Beitrag findet sich unter “Andere interessante Beiträge”. Die Links zu dem Interview von Erhard Eppler und zu den Papieren der Bischofskonferenz finden Sie in diesem Artikel.

Roland Koch schraubt den Anteil der USA am Weltmarkt auf sagenhafte 19 Prozent hoch – durch Addition der Importe in die USA. Ein dreistes Stück Manipulation.

In dieser modernen Welt der permanenten Manipulation haben wir uns an sehr vieles gewöhnt. Was sich aber der hessische Ministerpräsident Roland Koch in einem Gespräch mit Hans D. Barbier unter der Moderation von Frank Schirrmacher am 6.2.2004 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung leistete, das ist neue Spitzenklasse.

Kampagnen, Konvente, Klüngel – Reformbewegungen und ihr Kampf um die Meinungsführerschaft

Wieder werden wir von einer Leserin von NachDenkSeiten auf ein interessantes Medienereignis aufmerksam gemacht, übrigens zum gleichen Thema wie im “Stern“ (siehe letzter Eintrag). Im DeutschlandRadioBerlin, Sendereihe ZeitFragen, lief am 1.2.2004 eine Sendung von Eva Hillebrand zum Thema: „Kampagnen, Konvente, Klüngel – Reformbewegungen und ihr Kampf um die Meinungsführerschaft.“ – Für alle, die noch wissen wollen, wer hierzulande Macht und Einfluss hat und wie diese Einflussnahme organisiert wird, eine lohnenswerte Lektüre.

“Revolution von oben” – der “Stern” beschreibt erstaunlich offen, wem wir die “Reformen” zu verdanken haben

Klaus Staeck machte mich auf einen Artikel im “Stern” aufmerksam, in dem recht gut beschrieben wird, welches die treibenden Kräfte der jetzigen Reformdebatte sind und welches die Ursache und der Ausgangspunkt einer ungeheuer erfolgreichen Kampagne der Öffentlichkeitsarbeit waren, die nun seit Jahren weitgehend auch die Politik bestimmt.

„Reformchaos“ – die neue Ablenkungsstrategie von einer verfehlten Politik

„Reformchaos“ oder „Chaos in der Regierung“ so oder so ähnlich lauten die Stichworte, die jetzt in Zeitungskommentaren und die Polit-Talkshows geliefert werden, um von den Fehlentwicklungen der angeblich so zwingend notwendigen „Reformen“ abzulenken und gleichzeitig eine Erhöhung der „Reform“- Dosis anzumahnen. Achten Sie mal drauf.

Regression in der öffentlichen Debatte und in der Politik?

Die jetzt forcierte Debatte über Eliten könnte verdecken, dass gerade bei vielen, die sich zur Elite zählen, eingetreten ist, was die Psychologen Regression nennen – einen Rückfall in eine frühere Stufe des Denkens, weniger differenziert, dogmatischer, vorurteilsbeladener. In einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung, der gestern erschienen ist, erläutere und begründe ich diese Beobachtung. Die Liste der dort genannten Belege könnte leicht verlängert werden. Sie werden selbst solche Beispiele finden, wenn Sie die Debatte um Militäreinsätze, Konfliktlösungen und vor allem die innere Reformdebatte verfolgen.

Beratungs-Seilschaften – ein offenes Wort bei Sabine Christiansen über einen immer mehr spürbaren Skandal

Am vergangenen Sonntag wagte der Ministerpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff (CDU), ein deutliches Wort zu Seilschaften und Kartellen im Beratungswesen. Die Zielperson seiner Kritik: Roland Berger, selbst mit dabei in der Talkshow. Auszüge aus den Diskussionen werden regelmäßig dokumentiert. Weil der Angriff von Herrn Wulff so bemerkenswert war, wird hier der Link notiert.

Stoibers amtliche Panikmache

50.000 Arbeitsplätze wandern monatlich aus Deutschland ab, so der bayerische Ministerpräsident auf seinem Neujahrsempfang am 1.1.04 wie zuvor auch schon in der Fernsehsendung „Berlin Mitte“. Belegen kann Stoiber diese Zahl nicht. Sie ist offenbar frei erfunden und Teil einer Kampagne gegen die rot-grüne Regierung, wobei die Betreiber dieser Kampagne wohl ohne Zögern mit einkalkulieren, den Ruf des Standorts Deutschland weiter zu beschädigen.