Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Arbeitsmarkt im August 2009
Im August 2009 wurden von der Statistik der BA insgesamt 3,472 Millionen Arbeitslose registriert, 276.000 bzw. 8,6% mehr als im August 2008. Von diesen 3,472 Millionen Arbeitslosen waren 1,214 Millionen (35,0%) im Rechtskreis SGB III und 2,257 Millionen (65,0%) im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert.
Als Arbeitsuchende waren im August 2009 insgesamt 6,008 Millionen Frauen und Männer registriert, 511.500 (9,3%) mehr als im August 2008.
Nach vorläufigen, hochgerechneten Daten hatten 1,174 Millionen (arbeitslose und nicht arbeitslose) Frauen und Männer Anspruch auf das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld (SGB III) und 4,909 Millionen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Bereinigt um die Zahl der etwa 126.000 sog. Aufstocker (gleichzeitiger Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II) hatten im August 2009 etwa 5,957 Millionen erwerbsfähige Frauen und Männer Anspruch auf Arbeitslosengeld (SGB III) bzw. Arbeitslosengeld II.
Veränderungsraten in den Ländern (August 2008 – August 2009):
- Männer und Frauen: –5,2% in Brandenburg bis +34,4% in Baden-Württemberg
- Frauen: –12,5% in Mecklenburg-Vorpommern bis +16,9% in Baden-Württemberg
- Männer: +0,9% in Brandenburg bis +54,1% in Baden-Württemberg
- unter 25 Jahre: -6,1% in Sachsen bis +54,0% in Baden-Württemberg
- 65,0% der Arbeitslosen sind im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert:
Anteil der SGB II-Arbeitslosen reicht von 48,1% in Bayern bis 80,5% in Berlin.
Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e.V.(BIAJ) [PDF – 448 KB]
- Finanzminister will Konjunkturhilfen beenden
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück setzt sich für ein vorsichtiges und abgestimmtes Ende der milliardenschweren Konjunkturspritzen weltweit ein. Die Notenbanken müssten weltweit gegen die Teuerung ansteuern – und zwar rechtzeitig.
In einem Papier für die Finanzminister und Zentralbankchefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) plädiert Steinbrück (SPD) dafür, die außergewöhnlichen Maßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik “so lange aufrecht zu erhalten, bis eine nachhaltige Stabilisierung der Finanzinstitute sowie ein selbsttragender wirtschaftlicher Aufschwung gesichert ist”. Doch fordert der Minister, früh konsistente Ausstiegsprinzipien zu entwickeln und diese zum richtigen Zeitpunkt “in einem international koordinierten Prozess umzusetzen”.
Steinbrück ermutigt die Europäische Zentralbank und andere Notenbanken, lauernde Inflationsrisiken als Folge der expansiven Fiskal- und Geldpolitik zu kontern. “Die glaubhafte Ankündigung, dass die Geldpolitik auf sich abzeichnende Inflationsgefahren durch die Straffung ihres Kurses reagieren wird, ist ein geeignetes Signal an die Märkte”, heißt es in dem Text, der der FTD vorliegt.
Quelle: FTD
Anmerkung WL: Wieder ein Beispiel für Steinbrücks Voodoo-Ökonomie. Da sind wir mitten in der Krise und niemand weiß, ob und wann es wieder aufwärts geht, und da mögen die Arbeitslosenzahlen steigen – und Steinbrück hat keine anderen Sorgen als sich in der G 20-Runde für ein Ende der Konjunkturspritzen und für eine Straffung der Geldpolitik (also höhere Zinsen) einzusetzen. Aber das ist typisch für neoliberal denkende Ökonomen. Sie haben überhaupt keinen theoretischen Zugang zur Konjunkturpolitik, weil ja der Markt von sich aus zum Gleichgewicht und zu einen „selbsttragenden Aufschwung“ kommt.
- INSM-Studie: „Geschäftsmodell Deutschland“ bleibt intakt
Die Export- und Weltmarktorientierung wird auch zukünftig das bestimmende Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft bleiben. Zu diesem Schluss kommt eine vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellte Expertise, die IW-Direktor Prof. Dr. Michael Hüther in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Deutschland sei von der Krise besonders hart getroffen – als Kehrseite einer starken Weltmarktorientierung, sagte Hüther. Dies rechtfertige aber nicht, das „Deutsche Geschäftsmodell“ als überholt und nicht mehr zukunftsfähig in Frage zu stellen.
Quelle 1: INSM
Anmerkung WL: Es sollen also weiter durch Lohn- und Sozialdumping den deutschen Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschafft und die dadurch erzeugten Ungleichgewichte noch erhöht werden. Siehe dazu: “Unser Spitzenpersonal in der Politik und in der Wirtschaft ist volkswirtschaftlich ungebildet und voller Vorurteile. Zum Beispiel Exportweltmeister”
Und wer die eindimensionale und primitive Ausrichtung dieser ökonomischen Lehre uns nicht glaubt, sollte vielleicht im englischen Wirtschaftsblatt Financial Times nachlesen:
A reinforced German belief in the superiority of export-led growth would be a recipe for weak growth in Germany and serious problems elsewhere in Europe. Germany would no doubt succeed in further boosting its market share within the eurozone. After all, the country’s companies have shown themselves more adept at cutting costs than their competitors in other eurozone economies. But this will come at the cost of stagnant domestic demand in Germany.
Quelle 2: FT.com
- Systemrelevanz
Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion:
Nach Artikel 6 Absatz 3 der Aufsichtsrichtlinie handelt es sich bei systemrelevanten Instituten um Institute, deren Bestandsgefährdung aufgrund ihrer Größe, der Intensität ihrer Interbankbeziehungen und ihrer engen Verflechtung mit dem Ausland erhebliche negative Folgeeffekte bei anderen Kreditinstituten auslösen und zu einer Instabilität des Finanzsystems führen könnte. Die Einstufung als systemrelevantes Institut erfolgt einvernehmlich zwischen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank.
Die konkrete Einstufung eines Kreditinstituts oder einer Gruppe als systemrelevant gehört zu den Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des Instituts oder eines Dritten liegt. Aus diesem Grund unterliegt diese Einstufung der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 des Kreditwesengesetzes (KWG).
Der Begriff der „Systemrelevanz“, der in der Aufsichtsrichtlinie für Kreditinstitute verwandt wird, ist nicht auf sonstige Wirtschaftsunternehmen übertragbar.
Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 78 KB]
Anmerkung WL: Was nun also „Systemrelevanz“ ist, unterliegt der Geheimhaltung, und die Einstufung unterliegt der Verschwiegenheitspflicht. Interessant ist, dass noch im Krisenjahr von der Finanzaufsicht nur 1,8 % der Banken als „hoch“ systemrelevant eingestuft wurden. Bisher wurden durch die FMSA (Finanzmarktstabilisierungsanstalt) Garantien gemäß § 6 FMStFG (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) in einer Gesamthöhe von 140,7 Mrd. Euro gewährt. Hinzu kommen Mittel für Rekapitalisierungen in Höhe von insgesamt rund 22 Mrd. Euro. Der Gesamtrahmen des FMStGFG von 400 Mrd. ist nur gut ein Drittel ausgeschöpft.
Vielleicht sollte man in Deutschland wie in Amerika auf Transparenz klagen, siehe dazu den nächsten Hinweis:
- Bloomberg gewinnt Auskunftsprozess gegen Federal Reserve
Wie Bloomberg.com berichtet, hat die Presseagentur ihren eigenen Prozess gegen die Federal Reserve, die US Zentralbank, gewonnen. Demnach muss diese nach dem Freedom of Information Act die Informationen herausgeben, welchen Finanzinstituten mit Milliarden, ja insgesamt zwei Billionen Dollar “im öffentlichen Interesse geholfen” wurde.
In Amerika ist man auf dem Weg zu Transparenz und Ursachenforschung der Finanzkrise mit diesem Gerichtsurteil offenbar ein kleines Stückchen weiter als in Deutschland.
Quelle: T-Blog
Zur Systemrelevanz auch:
- Lucas Zeise: Eine Erpressungsnummer
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die öffentlichen Verfechter der Theorie von der entscheidenden Wirkung der Lehman-Pleite nicht wirklich an sie glauben. Sie ist schließlich völlig unplausibel. Aber sie passt ihnen bestens in den Kram. Man nehme Finanzminister Peer Steinbrück, seinen Staatssekretär Jörg Asmussen und ihren Auftritt vor dem HRE-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Beide stellten die Notlage der Hypo Real Estate als Folge der Fehlentscheidung der US-Regierung dar, Lehman pleitegehen zu lassen. Diese Entscheidung sei unvorhersehbar gewesen. So rechtfertigen die Herren, dass sie 13 Monate lang die Finanzkrise nicht bemerkt oder ihre Existenz einfach verdrängt hatten. Das ist auch deshalb besonders frech, weil beide mit dem Absturz der IKB und der Sachsen LB gleich zu Beginn der Krise im Sommer 2007 ganz eng befasst gewesen waren. Zu behaupten, man habe das HRE-Desaster nicht habe kommen sehen können, ist ähnlich albern wie die Behauptung mitten im Gewitter, mit einem Blitzeinschlag sei nicht zu rechnen.
Auch bei Bankern (und ihren Aufsehern) ist die These von der durchschlagenden Wirkung der Lehman-Pleite äußerst populär. Sie rechtfertigt die enormen Summen, die zur Bankenrettung in aller Herren Länder aufgewendet wurden. Sie macht es den Politikern leicht, die Existenz der Institute zu garantieren. Welche Regierung wagt es nun noch, eine Bank über die Wupper gehen zu lassen und angeblich verheerende Wirkungen in Kauf zu nehmen? Kurz, alle Banken sind nach dieser These systemrelevant.
In Wirklichkeit sind weder Lehman noch die HRE für die Volkswirtschaft systemrelevant. Bei Lehman fand der Test statt. Der von der Krise bereits arg gebeutelte Finanzmarkt wurde einmal kräftig durchgeschüttelt. Für den Wertpapierhandel und den Handel in Finanzderivaten bedeutete das einige schwierige Wochen der Abwicklung und Rückabwicklung. Nicht einmal für den Finanzmarkt im engeren Sinne hatte Lehman wirklich systemische Bedeutung.
In Wirklichkeit ist die These von der verheerenden Wirkung der Lehman-Pleite nichts weiter als eine grandiose Erpressungsnummer.
Quelle: FTD
- Zocken mit Staatsgeld
Manche Nachrichten scheinen wie von einem anderen Stern. Am Dienstag berichtete das Handelsblatt mit eifrigem Ernst, dass die Commerzbank zu einem Topinstitut beim Investmentbanking werden wolle. Ein Vorstandsmitglied erging sich in Visionen von großen Deals, der Spitzenplatz in Deutschland sei das Ziel. Die Realität ist, dass die Commerzbank, so wie sie in Frankfurt/Main herumsteht, ein Kartenhaus ist. Als private Bank gescheitert, drohte dem Institut im vergangenen Jahr die Pleite. Und das nicht ohne Grund. Auch damals strebte man in der Commerzbank-Chefetage nach Höherem. Mitten in der größten Finanzkrise seit 1930, wenige Tage vor dem Absturz von Lehman Brothers, kaufte man für viel Geld den Restmüll der Allianz, der noch unter dem alten Namen Dresdner Bank firmierte. Das rettete den Versicherungsmulti – der Commerzbank versetzte es den Todesstoß. Zum Glück agierte im Bund ein sozialdemokratischer Finanzminister mit einem sozialdemokratischen Bankenversteher als Staatssekretär. Die mobilisierten Steuergelder und retteten das Institut.
Investmentbanking also heißt künftig das Zauberwort. Das ist jener Bereich des Bankwesens, der die größten Risiken birgt, aber auch die fettesten Profite verspricht. Man denke nur an das Verpacken verbriefter Hypothekenkredite von Gläubigern mit schlechter Bonität. Derart bewusste Täuschungen wirkten als Initialzündung der aktuellen Krise. Die Spitzenkräfte der Commerzbank, allen voran ihr smarter Chef Martin Blessing, halten sich offenbar für clever genug, es beim zweiten Anlauf besser zu machen. Eine Hoffnung, daß es einmal eine Regierung in Berlin gibt, die mit Steuermilliarden anders umgeht und es besser macht als Merkel/Steinbrück/Asmussen, besteht derzeit allerdings nicht.
Quelle: junge Welt
- ver.di: Für wie blöd hält die FDP uns?
100 Milliarden Euro Steuergeschenke – in einer Zeit, in der Steuereinnahmen massiv wegbrechen und Ausgaben krisenbedingt steigen. Dies ist der Gesamtbetrag aller Wahlversprechen der FDP. Das mit Abstand finanziell unseriöseste Wahlprogramm von allen! Allein 60 Milliarden Euro kostet der „Einfachtarif“ bei der Einkommensteuer. Einfach daran ist: Je höher das Einkommen desto höher die Entlastung. Nach dem rot-grünen Steuergeschenk von 100.000 Euro für jeden Einkommensmillionär will die FDP noch mal soviel verschenken.
Für Aktiengesellschaften und GmbHs soll es neue Steuergeschenke geben. Kosten insgesamt etwa zehn Milliarden Euro.
Quelle: ver.di Wirtschaftspolitik aktuell 20/2009 [PDF – 153 KB]
- FDP für Mehrwertsteuer-Erhöhung nach Bundestagswahl!
Quelle: YouTube
Anmerkung WL: Da hat Wolfgang Kubicki die Katze aus dem Sack gelassen. Die Besserverdiener werden bei der Einkommensteuer entlastet und die Mehrwertsteuer, die besonders die niedrigen Einkommen trifft, weil sie ihr Einkommen komplett verkonsumieren (müssen), wird erhöht.
- Nachtrag zum Thema Solarförderung:
Am 24.8.2009 hatten wir auf einen Artikel über die „Kosten der Solarstrom-Förderung“ hingewiesen. Am 27.8.2009 folgten weitere „Anmerkungen und Daten“. Inzwischen hat sich ein weiterer Leser gemeldet, der die praktizierte Form der Förderung kritisch sieht und bedenkenswerte Einwände macht. Die Kernaussagen sind:
- „Man muss sich genau überlegen, wann man wie viel Geld in die Forschung steckt und wie viel in die Produktion. IMHO ist ganz eindeutig zu früh zu viel Geld in die Produktion gelaufen. Das können wir jetzt über 20 Jahre abbezahlen.
Es wird so getan, als würden die Preisverbesserungen der Fotovoltaik NUR dadurch entstehen, dass produziert wird. Das ist aber Murks. Denn die Forschung (neue Produkte) sind daran genauso beteiligt. Meine Theorie stützt die Tatsache, dass der Hersteller, der im Moment das beste Preis-Leistungsverhältnis hat, aus den USA kommt und die Produktion erst 2008 aufgenommen hat. Vorher hat der Laden ausschließlich geforscht.“
Quelle: egghat.blogspot.com
- „Ich habe auch nichts gegen die Idee, den CO2-freien Strom besonders zu fördern, ansonsten hätte diese Energieerzeugung keine Chance… Auch wenn ich immer wieder betonen werden, dass die Solarenergie im Verhältnis zur gesparten Menge CO2 verdammt teuer ist. Teurer auf jeden Fall als Energiesparmaßnahmen wie Wärmedämmung oder effizientere Motoren oder Heizungen. Nachdem die Rechnung des RWI für letztes Jahr diese Mehrbelastung mit gut 23 Mrd. Euro beziffert hat, kommen in der diesjährigen Rechnung für Ende 2013 satte 77.000.000.000 (77 Milliarden) Euro Mehrbelastung für die Stromkunden heraus… 77 Milliarden Euro über 20 Jahre verteilt sind mehr Förderung als die Steinkohle in Deutschland bekommen hat. Und man, was hat man auf der rumgehackt! Und auch pro Arbeitsplatz dürfte die Subvention höher sein als bei der Steinkohle.“
Quelle: egghat.blogspot.com
- „Einige Teile des EEG halte ich trotzdem für sinnvoll. Strom aus Windenergie oder Wärme aus Biogas lassen sich zu relativ vertretbaren Kosten erzeugen. Mit einer vertretbaren Menge an Subventionen kann man eine Menge Investitionen anschieben und eine Menge CO2-freien Strom erzeugen. Bei der Fotovoltaik passiert aber genau das nicht.“
Quelle: egghat.blogspot.com
Wir haben uns dazu keine abschließende Meinung gebildet, möchten Ihnen diese Überlegungen aber nicht vorenthalten.
Ergänzende Anmerkung KR: Die Zahlen scheinen zu stimmen (“scheinen”, weil ich sie nicht alle überprüft habe).
Fakt ist z.B., dass der Steinkohlenbergbau insgesamt ca. 150 Mrd. Euro Subventionen erhalten hat – allerdings seit 1949 (Quelle: SZ. Dass die SZ als Zeitung mit Sitz in München diese Zahl möglicherweise etwas übertrieb, ist unwichtig, weil auch eine Halbierung am Ergebnis nichts ändern würde.) Die 77 Mrd. für die Förderung der Solarenergie „insgesamt“ (also nicht nur die 11-20 Mrd. Euro Mehrkosten aufgrund der unerwartet starken Inanspruchnahme der Förderung) verteilen sich hingegen auf nur 20 Jahre.
“Egghats” Aussage, die Solarenergie werde stärker gefördert als seinerzeit der Steinkohlenbergbau, halte ich daher für zutreffend.
- Brief-Geschäft: Bei der Post brodelt es gewaltig
Gewerkschaften und Beschäftigte der Deutschen Post rüsten sich für einen Arbeitskampf im Herbst. Der Fachsprecher der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), Wolfgang Abel, kündigte in Hamburg “einen heißen Herbst” an.
Bereits im September werde es ganztägige Betriebsversammlungen geben, in denen mit den Beschäftigten Strategien entwickelt würden.
Die Postspitze verlangt laut Verdi-Chef Frank Bsirske trotz eines Halbjahresgewinns von 557 Millionen Euro für die rund 130.000 Tarif-Arbeitnehmer der Sparte längere Arbeitszeiten, ohne dafür bezahlen zu wollen. Die tariflich vereinbarte Drei-Prozent-Lohnerhöhung zum 1. Dezember solle ausgesetzt werden.
Quelle: FR
- Weltweit mehr als 2.000 Todesfälle durch “Schweinegrippe”
Die Erkrankungen an der als ”Schweinegrippe“ bekannt gewordenen neuen Influenza A(H1N1) verlaufen nach Angaben der Bundesregierung derzeit mild. Schwere Verläufe seien in Einzelfällen bei Personen mit chronischen Grunderkrankungen gesehen worden, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (16/13945) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (16/13880). Weltweit gebe es trotz des moderaten Verlaufs bereits mehr als 2.000 bekannte Todesfälle.
Über den Verlauf der aktuellen Pandemie in Deutschland und die Zahl der zu erwartenden Erkrankungs- und Todesfälle könne zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden, fügte die Regierung hinzu. Erfahrungen mit vorangegangenen Pandemien zeigten, ”dass auf eine erste schwache Welle meist eine zweite Welle mit schweren Erkrankungen und Todesfällen folgte“.
Quelle: Deutscher Bundestag
Anmerkung WL: Seit mehr als einem halben Jahr erleben wir nun die Hysterie mit der Schweinegrippe. Tonnen von Impfstoff wurden produziert, allein für die Immunisierung der ersten 30 Prozent der Bevölkerung veranschlagt die Regierung auf rund 600 Millionen Euro. Die Kassen gehen von höheren Summen aus.
Wie viele Todesfälle gibt es täglich weltweit durch Schnupfen?
Am gleichen Tag teilt die Regierung mit, dass es allein in Deutschland 2008 insgesamt 4.477 Verkehrstote gab. Und dennoch wurde mit 2,5 Mrd. Euro der Kauf von todbringenden Autos gefördert.
- Kassenärztetag: Bischof Huber beklagt „Diktat der Ökonomie“
Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, beklagt ein wachsendes „Diktat der Ökonomie“ im Gesundheitssystem. Die „Managementlogik“, die zunehmend Einzug im Gesundheitswesen erhalte, habe ihre Grenzen, sagte Huber am Dienstag auf dem Deutschen Kassenärzetag in Berlin. Die Grenze sei etwa überschritten, wenn Patienten aus Kostengründen vorzeitig aus dem Krankenhaus entlassen würden. Zugleich betonte der EKD-Chef, ein „totales Versorgungssystem“ – ohne Eigenverantwortung und Beistand von Familie, Nachbarn oder Freunden – sei „nie intendiert“ gewesen und auch nicht finanzierbar. Solidarität schließe Eigenverantwortung nicht aus. Vielmehr müssten die „persönlichen Ressourcen“ der Patienten und ihrer Angehörigen gestärkt werden. Das Gesundheitssystem werde auf lange Sicht nur finanzierbar sein, wenn die Bereitschaft in der Gesellschaft wachse, etwas für die eigene Gesundheit zu tun – auch ohne dass es dafür zusätzliches Geld von der Krankenkasse gebe.
Quelle: www.aerzteblatt.de
Anmerkung Orlando Pascheit: Eigentlich erwartet man von einem Theologen, dass er in seiner Argumentation nicht hinter die Scholastik zurückfällt. Da wird zuerst der Popanz „totales Versorgungssystem“ aufgestellt, um ihn dann locker zu demontieren. Dieses sei zwar “nie intendiert” gewesen, aber auch nicht finanzierbar. Ja gut, wenn es ihn gar nicht gibt, warum dann erst davon reden. Oder war das “totale Versorgungssystem” nie intendiert, ist aber heute Realität? In der scholastischen Disputatio hätte man zunächst diese Quaestio (Frage) geklärt. Bischof Huber will oder kann nicht verstehen, dass das totale Versorgungssystem überhaupt nicht zur Debatte steht. Es geht um eine Zwei-Klassen-Medizin, es geht darum, dass sich Besserverdienende – einmalig in Europa – aus dem Solidarsystem ausklinken können. Der Appell an die Eigenverantwortlichkeit erinnert doch sehr an die Appelle mancher Politiker, dass Arbeitslose mehr Eigenverantwortung entwickeln sollten. Was für über 3,5 Mio. Arbeitslose angesichts 900.000 offener Stellen reichlich makaber ist – genauso wie die Aufforderung an den Alg II- Empfänger, “etwas für die eigene Gesundheit zu tun“, dann wird ja auch die von der Kasse nicht finanzierte Vorsorgemaßnahme nicht mehr nötig sein. Schämen sollte sich der Kirchenmann, sich derartig dem bestehenden Unrechtssystem anzubiedern.
- Pensionskassen wälzen Ertragsrisiken auf Mitarbeiter ab
In der Krise brechen die Erträge der betrieblichen Rentenkassen ein. Die Ertragsrisiken aus Altersvorsorgeverträgen wälzen die Unternehmen zunehmend auf die Mitarbeiter ab.
Immerhin 17,5 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland besitzen ein Anrecht auf eine Betriebsrente. 440 Milliarden Euro haben die Pensionsmanager dafür zurückgelegt.
Die Finanzkrise hat dieses Vermögen angeknabbert. Nach Berechnungen der Unternehmensberatung Rauser Towers Perrin fuhren allein die Pensionspläne der 30 Unternehmen aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) 2008 ein Minus von 12,8 Milliarden Euro ein. Dies entspricht einem Verlust von acht Prozent des Pensionsvermögens.
Im Durchschnitt schafften deutsche Pensionskassen noch fünf Prozent Ertrag im Jahr 2007. Doch im Finanzkrisenjahr sackte die Rendite ab: Die Höchster Pensionskasse schaffte 4,7 Prozent, die Pensionskasse des Bankgewerbes BVV erreichte 4,5 Prozent, und für die Bayer Pensionskasse reichte es nur zu 1,6 Prozent. Alle drei gehören zu den fünf größten deutschen Pensionskassen.
Trotz dieser engen Grenzen (bei der Anlage von Risikopapieren WL) schafften bereits im vergangenen Herbst 8 von 150 Pensionskassen den Stress-Test der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht. Da dieser bisher letzte Test, der Risikoszenarien an den Finanzmärkten durchspielt, auf den Zahlen von 2007 basierte, lässt die neuerliche Runde in diesem Jahr Übles erwarten.
Die garantierten 2,25 Prozent lassen sich noch erwirtschaften. Weil aber viele Pensionskassen noch alte Verträge mit bis zu 4,0 Prozent Garantiezins bedienen müssen, wird es angesichts einer Rendite sicherer Staatspapiere von derzeit 3,05 Prozent langsam eng.
Aber selbst eine solch durchschnittliche Verzinsung, die jeder Privatanleger mit einer Tagesgeldanlage zu Beginn des Jahres 2008 auch geschafft hätte, ist nicht die Regel.
Nach Abzug einer Inflationsrate von zwei oder drei Prozent wäre der Garantiezins aber aufgezehrt. Zudem haben immer weniger Arbeitnehmer Anspruch auf eine garantierte Verzinsung ihrer Betriebsrente. Stattdessen sichern die Arbeitgeber neuen Beschäftigten fast nur noch die eingezahlten Beiträge als Mindestleistung zu. Wenn Pensionsmanager dann schlecht investieren, machen die Mitarbeiter abzüglich Inflation ein Verlustgeschäft.
Quelle: Wirtschaftswoche
Anmerkung WL: Auch die sog. zweite Säule der Altersvorsorge ist somit alles andere als krisenfest.
- Gewonnene Jahre: Wider die unbedachte Rede von der “Überalterung” der Gesellschaften
Die Altersstruktur unserer Gesellschaft hat sich so drastisch verändert, dass man von einer alternden Gesellschaft zu reden pflegt. Man denkt an eine zunehmende Vergreisung, da die Innovationen abnähmen, die Zahl der Pflegebedürftigen dagegen wachse.
Dieses Selbstbild unserer Gesellschaft hält einer näheren Prüfung nicht stand. Beispielsweise ist das Risiko, pflegebedürftig zu werden, in den letzten Jahren nicht etwa gestiegen, sondern gesunken. Vor allem bleiben die Menschen, die heute weit älter werden, auch länger frisch: sowohl körperlich als auch geistig, zusätzlich in emotionaler und sozialer Hinsicht.
Quelle: Deutschlandradio
- Ortstermin: Die Firma
In Dreieich eröffnet ein Küchenunternehmer eine Schule, die die beste Deutschlands werden soll.
15 Millionen Euro seines Privatvermögens stecken drin, Exzellenz und Laptops auf allen Etagen. Kein Vergleich zu staatlichen Bildungsruinen. Hans Strothoff will seine Schule wie ein Unternehmen führen. Privat, also ohne Geld vom Land Hessen. Er will kein Staatsgeld, er findet es unerfreulich, wie der Staat in diesen Tagen überall mitspricht. Er glaubt an den Markt. Die Bildung ist seine Ware, die anwesenden Eltern zahlen dafür bis zu 17.000 Euro im Jahr, Unterrichtsmaterialien, Mittagessen oder der Tür-zu-Tür-Bus-Shuttle nicht mitgerechnet. Das ist die Idee.
Quelle: SPIEGEL
Anmerkung KR: Die Eliten haben die Unterfinanzierung der staatlichen Schulen selbst herbeigeführt. Nun wird sichergestellt, dass ihre Kinder darunter nicht zu leiden haben werden. Auch in Zukunft soll das Bankkonto der Eltern über die berufliche Laufbahn der Kinder entscheiden, und man möchte auch in Zukunft unter sich bleiben. Die Anwesenheit des stellvertretenden Ministerpräsidenten von Hessen und des Landrats des Kreises Offenbach bei der Eröffnung einer für solche Zwecke nützlichen Institution verstehen sich von selbst.
- Nachtrag zu „Lasst die Schulen los“, Hinweise des Tages vom 1.9.2009, Punkt 16
Unser Leser H.K. schreibt uns dazu:
Der Autor des inkriminierten Artikels, Christian Füller, ist beileibe kein unbeschriebenes Blatt in punkto Propaganda für teure Privatschulen, deren Kosten natürlich überwiegend vom Staat getragen werden sollen. In der taz hat er regelmäßig das Loblied auf dieses Schulmodell gesungen, z.B. durch ein vollkommen unkritisches und lobhudelndes Interview mit der Schulleiterin einer von Phorms betriebenen Grundschule in Berlin. Der niedrigste Schulgeldsatz lag bei dieser Schuler bei € 230,- (im Monat!), die Schulleiterin durfte trotzdem unwidersprochen und unhinterfragt behaupten, ihre Schule stehe “jedem offen”. Das andere große Steckenpferd Füllers war übrigens das von ihm erfundene und mit hanebüchenen Argumenten beworbene taz-Studiengebührenmodell. Einen ganz besonders interessanten taz-Artikel Füllers von 2002 ausgerechnet über die Bertelsmann-Stiftung findet sich übrigens hier. Dieser kommt zwar als vermeintliche Kritik an der Steuermoral des Bertelsmann-Managements daher, aber Füller spricht die Mohns und die Bertelsmann-Stiftung als solche sogleich heilig:
“Liz Mohn, so berichten Fest-Teilnehmer, war über den Stil der Bertelsmann-Mitteilung entsetzt und sorgt sich um ihren Ruf. Kein Wunder: Frau Mohn ist die Frau jenes Mannes, der nicht nur der Vater des Bertelsmann-Imperiums ist, sondern auch das Bild des sozialen Arbeitgebers schlechthin geprägt hat: Reinhard Mohn. Mohn gründete die ‘Bertelsmann-Stiftung’, die über so ziemlich jede Form von Gemeinnützigkeit nachdenkt. Mohns Stiftung gilt als Think-Tank des guten Unternehmers. Mohns Nachfolger aber zeigen die kalte Miene des Kapitalisten…”
Das muss man erst mal in Ruhe sacken lassen. Man fragt sich doch, ob zwischen dieser unverhohlenen Verehrung der Mohns und der Sympathie Füllers für teure Privatschulen und Studiengebühren irgendein Zusammenhang besteht.
Erstaunlich ist nun tatsächlich, dass ein solcher Autor seine Artikel immer wieder in sich als links oder linksliberal definierenden Blättern platzieren kann. Albrecht Müllers Diagnose, wonach auch die Abwehrkräfte dieser Blätter gegen neoliberale U-Boote offenbar geschwächt sind, ist also zutreffend.
- OECD-Kinderbericht: Armutszeugnis für BRD
Nachwuchs sozial Schwacher wird in Deutschland massiv benachteiligt. gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind dem deutschen Staat Kinder vergleichsweise wenig wert. Und es hapert massiv an einer gerechten Verteilung. Die OECD moniert dies ebenso wie den vergleichsweise hohen Anteil an Direktzahlungen an die Familien. Monika Queisser, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der Organisation, betonte, Deutschland bleibe hinsichtlich der Verwirklichung äquivalenter Lebensverhältnisse und Chancengleichheit hinter Ländern mit ähnlich hohen Gesamtausgaben zurück. Der Bundesregierung empfahl sie, Transfers »stärker auf bedürftige Kinder und deren Familien« zu konzentrieren. »Außerdem sollten Dienstleistungen wie Kinderbetreuung und Ganztagsschulen weiter ausgebaut werden«. Durch letzteres würde man insbesondere Alleinerziehenden – 40 Prozent von ihnen leben in Deutschland in relativer Armut – die Aufnahme einer Berufstätigkeit und damit ein Entkommen aus der Armutsfalle zu ermöglichen.
Quelle: Junge Welt
- DGB-Ausbildungsreport 2009: Frauen ziehen schon in der Ausbildung den Kürzeren
Junge Frauen schneiden sowohl bei der Vergütung als auch beim Überstundenausgleich und der Zahl der Urlaubstage deutlich schlechter ab als Auszubildende in männlich dominierten Berufen. Dort liegt die Ausbildungsvergütung im Schnitt mehr als 100 Euro oder fast 22 Prozent höher als in »Frauenberufen«. Dieser Trend setzt sich beim Überstundenausgleich fort: Während in so genannten Männerberufen 61 Prozent angeben, ihre Überstunden würden ausgeglichen, ist das in »Frauenberufen« nur in 46 Prozent der Fall.
Quelle: DGB
- Beiträge zum Antikriegstag
Seit vielen Jahren gehört der 1. September zum festen Bestandteil des Friedenskalenders. An diesem Tag wird des Beginns des Zweiten Weltkriegs erinnert, den die faschistische deutsche Wehrmacht mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 eröffnet hat.
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs wird dieses Datum in der Bundesrepublik als Antikriegstag begangen. Gewerkschaften und Friedensgruppen organisieren Kundgebungen, Mahnwachen und andere Gedenkveranstaltungen und machen dabei auch auf aktuelle friedens- und gesellschaftspolitische Probleme aufmerksam. Im Mittelpunkt steht die Mahnung, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf.
Die Idee zu einem Weltfeiertag für den Frieden war bereits 1845 in England aufgekommen. In Deutschland erklärten nach dem Ersten Weltkrieg Sozialdemokraten, Gewerkschaften und Friedensgruppen zunächst den 1. August zum Friedenstag – als Erinnerung an den Kriegsbeginn 1914.
Diese Tradition griff der Deutsche Gewerkschaftsbund nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf. Unter dem Motto “Nie wieder Krieg” riefen Gewerkschaften die Bürger erstmals am 1. September 1957 zu Aktionen auf. Seinen Höhepunkt erreichte der Antikriegstag in den späten 70er und in den 80er Jahren, als nach Angaben des DGB mehrere Zehntausend Menschen an den Kundgebungen für Frieden und gegen Gewalt teilnahmen. Vielerorts werden heute die Aktionen zum Antikriegstag gemeinsam von Gewerkschaften und örtlichen Friedensgruppen oder -bündnissen vorbereitet und getragen. Auch in der DDR war der 1. September ein besonderes Datum, dort feierten die Menschen den Weltfriedenstag.
Zu den Antikriegstagen seit 2001 werden Links auf eine Vielzahl interessanter Beiträge angeboten.
Quelle 1: AG Friedensforschung an der Uni Kassel
Quelle 2: Dem Frieden eine Chance – Truppen raus aus Afghanistan
- Mission unerfüllt in Afghanistan
In Kundus berichten langjährige Entwicklungshelfer, Deutschland habe am Hindukusch erheblich an Kredit eingebüßt. Die Ausbildung der afghanischen Polizei, zunächst unter deutscher Flagge und jetzt unter EU-Führung, sei von Anfang an in puncto Personal und Geld unzureichend ausgestattet gewesen, das Desaster programmiert gewesen …
Die deutschen Aufbau- und Hilfsprojekte im Raum Kundus laufen wegen der drastisch verschlechterten Sicherheitslage nur „auf Sparflamme“. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) aber versucht gebetsmühlenartig, ein anderes Bild zu vermitteln. Der deutsche Einsatz sei ein voller Erfolg; die Zusammenarbeit mit Innen-, Außen- und Entwicklungsministerium so gut, dass der „vernetzte Ansatz“ der Deutschen von allen Nato-Partnern in Afghanistan übernommen worden sei, sagt Jung stets. Die deutschen Truppen, sagt er, handelten nicht offensiv genug, hielten sich eher zurück. Dies bestätigt ein hoher Offizier der Bundeswehr: „Unsere Aktionen verpuffen. Wir fahren in ein Gebiet rein – und so schnell wie möglich wieder raus. Aber wenn wir das Vertrauen der Menschen gewinnen und mit unseren Projekten helfen wollen, müssen wir ihnen Sicherheit bieten. Das heißt, wir müssen dann auch in der Fläche bleiben.“ Dafür aber fehlt es an Soldaten. Bis zu 4500 lässt das Mandat, das am 13. Dezember ausläuft, zu. 4240 sind aktuell am Isaf-Einsatz beteiligt. Mindestens 6000 bis 6500 aber, schätzen Insider, würden gebraucht, damit die Bundeswehr den ihr zugedachten Job machen kann… An einer echten Debatte über den Einsatz aber scheinen die Parteien – bis auf die Linke – nicht interessiert, schon gar nicht vor der Wahl.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Der Tagesspiegel verteidigt seit längerem den Einsatz in Afghanistan und setzt auf Truppenverstärkung. Die Situation in Norden hat sich in der Tat verschlechtert, nur gilt das für ganz Afghanistan. Das Ansehen der Bundeswehr unter den Nato-Partnern anzusprechen und mehr Deutsche Soldaten zu fordern, sonst kämen die Amis, ist geradezu lächerlich. Was soll da angesprochen werden, unser Nationalstolz? Wir sollten uns schämen, weil wir ‚Weicheier‘ nicht die Härte haben, unserem Verbündeten, der US-Regierung, zu sagen, dass dieser Krieg verloren ist.
Es ist gerade 3 Wochen her, dass der amerikanische Oberbefehlshaber Stanley McChrystal im ‚Wall Street Journal‘ erklärte, die Taliban hätten die Oberhand im Land gewonnen. Sie seien nun auch außerhalb ihrer Hochburgen im Süden im Norden und Westen des Landes eine zunehmende Bedrohung. Natürlich wird McChrystal demnächst wieder mehr Soldaten für die neueste Strategie fordern, es ist von 10.000 Man die Rede. Und wir sollten nach Vorstellung des Tagesspiegels 2000 Soldaten mehr schicken. Dann ist alles in Butter? Für einen richtigen Guerillakrieg sind das lächerliche Zahlen, kommen doch auf einen kämpfenden Soldaten ca. 8 nicht kämpfende Soldaten, d. h ein „Kämpfer” benötigt ca. 8 „Nicht-Kämpfer“, um zu funktionieren. (Dieses Verhältnis habe ich zumindest so in Erinnerung, aber selbst wenn es bei höherem Technikeinsatz weniger sein sollte, sollte man sich immer fragen, wie viel kämpfende Soldaten sind im Einsatz gegen wie viel kämpfende Taliban.)
Vor allem aber, was sollen wir am Hindukusch? Sind wir im alten, uralten, kriegserfahrenen Europa so blauäugig, dass wir auch nur ansatzweise glauben können, was Barak Obama unlängst sich selbst und einigen Militärveteranen einzureden versuchte: “Dies ist kein Krieg, den wir uns ausgesucht haben. Dies ist ein notwendiger Krieg … Diejenigen, die uns am 11. September angegriffen haben, wollen das wieder tun.” Überlasse man den Taliban in Afghanistan das Feld, könne dort auch das Terrornetzwerk Al Qaida ungestört “Pläne schmieden, Amerikaner zu töten”, deshalb ist der Militäreinsatz “fundamental für die Verteidigung unseres Volkes”. – Dazu ließe sich vieles sagen, das vom ungelösten Palästinakonflikt bis hin zur Ghettoisierung muslimischen Parallelgesellschaften in Europa oder dem Missionseinsatz saudiarabischer Wahhabiten reicht. Nur soviel, die berühmten Rückzugsräume für Al Qaida gibt es zu Hauf. Der Jemen, Somalia, der Maghreb, der Irak (aktuell erst recht) und natürlich Pakistan fallen einem spontan ein. Zumindest letzteres hat die US-Regierung auch erkannt. Vor hochrangigen US-Offizieren und Offizieren der Nato, also keinen Veteranen, wird dann schon mal neben dem bekannten Bla-Bla (bessere Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte, verstärkter ziviler Aufbau, Gespräche mit moderaten Taliban) die Ausweitung des Einsatzes auf Pakistan erläutert. – Gut, ich ziehe das Bla-Bla zurück, doch diese Maßnahmen wären vielleicht eine klügere Strategie für die vergangenen Jahre gewesen, aber jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. – Schon längst geht es um die Stabilisierung der Atommacht Pakistan, versichern uns die ganz schlauen Strategen und Analysten – na dann, Gute Nacht!
- Frank Deppe: Wie die “strategische Lähmung” der Gewerkschaften überwunden werden kann
Wenn es zutrifft, dass in der gegenwärtigen “großen Krise” zugleich das Verhältnis Ökonomie und Politik, von Kapital und Arbeit neu “justiert” wird und dass die Dynamik der sozialen und politischen Kämpfe über die Richtung der Re-Regulation entscheidet, dann ist die strategische Vermittlung der verschieden Ebenen (der betrieblichen, der staatlichen (politischen) Ebenen und der Tarifpolitik WL) für die Gewerkschaften eine geradezu existentielle Herausforderung.
Quelle: Labournet [PDF – 144 KB]
- Wie die SPD rot-rot-grüne Zeiten plant
Nach den Wahlen vom Wochenende sind in Thüringen und im Saarland rot-rot-grüne Bündnisse möglich. Die Prognosen für die Bundestagswahl lassen eine solche Koalition trotz aller Beteuerungen der SPD auch im Bund nicht unmöglich erscheinen. Dies lässt eine programmatische Schrift von Andrea Nahles und Jon Cruddas über eine „gute Gesellschaft“ in einem neuen Licht erscheinen.
Quelle: FAZ
Anmerkung WL: Mit der Roten-Socken-Kampagne kann man sich nun wirklich nur noch lächerlich machen Kann. Es wird nun schon für die Zeit nach der Wahl Verdacht gestreut. Im conjunktivus irrealis sozusagen: Es könnte ja sein, dass nach den Wahlen, wenn die SPD eine Niederlage eingesteckt haben könnte, die Linke in der SPD den Schulterschluss mit der Partei die Linke suchen könnte. Ein Papier von Nahles und Cruddas, das in der SPD nicht das geringste Echo erfahren hat, muss dazu herhalten, die Hirngespinste der FAZ-Autoren zu stützen. Im Übrigen, selbst wenn man die herausgegriffenen Zitate ernst nähme, so könnte man – jedenfalls seit der Wirtschaftskrise – selbst in der FAZ ähnliche Sätze finden. Mit derselben Methode könnte man auch den Verdacht einer geplanten Fusion zwischen FAZ und Neuem Deutschland schüren.
- Wer Koalition sagt, muss auch Ministerpräsident sagen
Doch unabhängig davon, ob die SPD jetzt noch hinter ihr Wahlversprechen zurückkönnte, stellt sich die Frage, ob dieses sinnvoll und angemessen war. Und darauf kann nur mit einem klaren Nein geantwortet werden. Denn die Argumentation der SPD, eine Koalition mit den Linken sei möglich, das Amt des Regierungschefs könne man ihr aber nicht zugestehen, entbehrt jeder nachvollziehbaren Grundlage.
Schließlich kann es unter Parteien kein höheres Maß der Anerkennung geben, als dass sie sich zur Koalition miteinander bereit erklären. Wenn aber eine Partei eine andere für demokratisch genug ansieht, um mit ihr eine gemeinsame Regierung zu bilden, dann gibt es keinerlei Grund, die Zusammenarbeit unter weitere Vorbehalte zu stellen. Dann müssen die üblichen demokratischen Spielregeln gelten, und die besagen nun mal, dass die stärkere Fraktion den Ministerpräsidenten stellt…
Die Gründe, die Matschie nun ins Feld führt, wirken dagegen noch weit mehr an den Haaren herbeigezogen …
Dass die SPD die Linken aber einerseits als Steigbügelhalter auf dem Weg an die Macht benutzen will, ihnen gleichzeitig aber mangelnde demokratische Reife bescheinigt – das ist eine Position, die sich für die SPD gerade im Osten noch rächen könnte. Denn aus dieser Haltung spricht eine Form von Arroganz, gegen die gerade die Menschen in den “neuen” Bundesländern ziemlich empfindlich sind.
Quelle: ZEIT Online
Anmerkung WL: Einmal abgesehen davon, dass die Autorin der Zeit ein solches Bündnis ablehnt (das ist politisch ihr gutes Recht), ist die Argumentation über die Taktik der Thüringer SPD stringent.
- Zur Verlässlichkeit von Wahlumfragen
Quelle 1: Wahlrecht.de Saarland
Quelle 2: Wahlrecht.de Thüringen
Quelle 3: Wahlrecht.de Sachsen
Anmerkung WL: Im Saarland wurde in den Umfragen des Jahrs 2009 die CDU und die SPD deutlich zu hoch und die Linke ganz erheblich zu niedrig eingeschätzt. Das gleiche Bild in Thüringen: die Union viel zu hoch, die Linke zu niedrig. In Sachsen wurden für die SPD überwiegend viel zu hohe Werte prognostiziert. Fazit: die Umfragen verfehlen das tatsächliche Wahlergebnis teilweise um 10%. Auch die Hof-Umfrage-Institute von ARD und ZDF weichen etwa im Saarland bei der Linken um bis zu 5% von den Wahlergebnissen ab. Fairerweise sollte man hinzufügen, dass die Institut meist eine Fehlerquote von bis zu 3% einräumen, aber dieser Hinweis wird beim Polit-Barometer oder beim Deutschland-Trend meist geschlappert.
- Intakter Pluralismus – Eine Satire
Es muss ja förmlich schlaflose Nächte und Magenkrämpfe stiften, wenn man mit einer Legion von Parteien konfrontiert wird, die den Pluralismus dieses Landes auszeichnen. Da spricht sich zum Beispiel die Union für militärische Auslandseinsätze aus, während die SPD strikt dafür, die Grünen wiederum mit Abstrichen bereit sind – und die FDP andererseits sieht ein solches Vorgehen für dringend geboten an.
Quelle: ad sinistram
- Bundesweiter Aktionstag am 17. September 2009: Wir zahlen nicht für Eure Krise
Quelle: Aktionsbündnis Wir zahlen nicht für Eure Krise
- Zu guter Letzt: Volker Pispers: „Aufwachen, Ihr Nichtwähler!
Ihr könntet den 27.9. zu einem unvergesslichen Wahlabend werden lassen.“
Quelle: WDR