Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Heribert Prantl: Guttenbergs Großkanzlei
Bundeswirtschaftsminister Guttenberg hat das “Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes” von der britischen Großkanzlei Linklaters ausarbeiten lassen – und zwar komplett… Das “Outsourcing” der Gesetzesproduktion ist in jüngerer Zeit durchaus Usus. Zuletzt hatte das Finanzministerium einen Rohling für das HRE-Enteignungsgesetz von der Kanzlei Freshfield ausarbeiten lassen. Aber bisher war es stets so, dass die Ministerien dies als Zuarbeit, als Arbeitsgrundlage verwendet haben. Dies wurde jedenfalls bei öffentlicher Kritik so behauptet.
An der Nutzung externen Sachverstands ist im Grunde nichts einzuwenden, solange “die Legitimität beim Minister bleibt”, so der Hamburger Professor Ulrich Karpen, Vorsitzender der Gesellschaft für Gesetzgebung. Das heißt: der Rohling darf nicht einfach als fertiger Text übernommen werden.
Dies ist aber offensichtlich beim Guttenberg’schen Kreditwesengesetz geschehen; das Ministerium hat sich nicht einmal bemüht, das zu kaschieren. Auf dem Text, der den anderen Ministerien zugeleitet wurde, steht nicht nur “Entwurf, Stand 27. Juli 2009”, sondern auch auf jeder der 28 Seiten oben das Signum “Linklaters”. Der Text ist anscheinend eins zu eins weitergeleitet worden. Das ist ein neues Kapitel im Buch “Großkanzleien als Gesetzgeber”.
Quelle: SZ
Anmerkung WL: Es wäre interessant, zu erfahren, wie viel Geld zu Guttenberg für die Fertigung dieses „Gesetz“-Entwurfes bezahlt hat. Letztlich sind das Wahlkampfkosten auf Kosten der Steuerzahler, denn dieser Entwurf dient einzig und allein dazu zu Guttenberg ein paar Schlagzeilen zu verschaffen.
Die Rechtsanwaltsfabrik Linklaters gehörte übrigens zu den Großkanzleien, die beim Schattenbanking, also der Verlagerung von Finanzanlagen aus den Bilanzen der Banken und bei der Vermarktung toxischer Finanzprodukte über Off-Shore-Plätze besonders viel Beratergeld kassiert hat. Nachdem dieser Markt augenblicklich nicht so gut läuft, wird jetzt das Geschäftsfeld auf die Beratung beim Restrukturierungsgeschäft und bei der Konstruktion von Badbanks ausgedehnt. Man verdiente also beim Aufbau des Casinos und nun auch noch wieder beim Aufräumen. Das nennt man wohl „Full Service“.
- HSH Nordbank: Polizei ermittelt wegen “Untreue und Bilanzfälschung”
Die Ermittlungen gegen die Verantwortlichen für die Schieflage der HSH Nordbank haben eine neue Dimension erreicht.
Wie die Staatsanwaltschaft gegenüber dem Abendblatt erklärte, hat die Abteilung “Wirtschaftskriminalität” des Landeskriminalamts (LKA) eine zehnköpfige Sondergruppe mit acht LKA-Beamten und zwei Staatsanwälten eingerichtet, die “in Richtung Untreue und Bilanzfälschung” ermitteln, sagte Sprecher Wilhelm Möllers. Die Ermittler seien auf “Ansätze problematischen Risikomanagements” und “Hinweise für besonders verlustreiche Bankgeschäfte” gestoßen. Rund 5000 Seiten mit Prüfberichten würden ausgewertet. Gegen “namentlich Beschuldigte” aus der HSH-Führungsetage laufen aber noch keine Ermittlungen, sagte Möllers.
Quelle: Hamburger Abendblatt
- Hohe Boni in der Finanzindustrie sorgen für einen neuen Skandal in Frankreich
Wesentliche Inhalte eines in der frz. Tageszeitung Le Monde am 7.8.09 erschienen Artikels; Originaltitel «Les salaires dans la finance font à nouveau scandale» , Autorin Glaire Gatinois, übertragen von Gerhard Kilper.
Die von der französischen Bank BNP-Paribas an ihre Trader versprochenen Milliarden-Bonus-Zahlungen sorgen in Frankreich für einen neuen Skandal. Die Zahlungsversprechen sind für die französische PS der Beweis dafür, dass sich in der Finanzindustrie überhaupt nichts geändert hat und für die Gewerkschaft CGT stehen mit dem Fall erneut die maßlosen Finanz-Gehälter zur Diskussion.
Am 5.August enthüllte die Tageszeitung Libération, dass die BNP-Bank – der vom frz. Staat mit 5,1 Milliarden € auf die Beine geholfen wurde – in diesem Jahr fast 1 Milliarde €, d.h. 41 300 € pro Mitarbeiter oder den Gegenwert von 30 Monaten Mindestlohn an ihre Führungskräfte als Boni auszahlen will.
Kaum drei Monate nach dem G20 Gipfel in London, der dem Kapitalismus eigentlich moralische Fesseln anlegen wollte, zeigt der Fall, dass die für die Krise mitverantwortlichen exzessiven Gehälter in den Banken in großem Maße fortbestehen. Nach Meinung der Vereinigung kleiner Anleger hat die BNP mit den vom Staat erhaltenen 5,1 Milliarden Euro Riesen-Gewinne gemacht, die sie nun quasi zum Dank an ihre Trader verteilt.
Die BNP selbst verteidigt ihr Vorgehen. Sie respektiere die Vorgaben des G20 Gipfels, da sie ihre Bonuszahlungen zeitlich aufteile und keine festen Prämiengarantien gebe. Angesichts der üblichen Bonusbeträge sieht sie ihre Zahlungsversprechen sogar als eher mäßig an. BNP-Generaldirektor Baudouin Prot erklärte, es sei niemals die Rede davon gewesen, die Bonuszahlungen ganz einzustellen und wenn man in Frankreich Finanzaktivitäten haben wolle, müsse man auch wettbewerbsfähig sein. Michel Sapin, Ex-Finanzminister und PS-Verantwortlicher für Ökonomie äußerte die Meinung, auch Trader müssten wie normale Händler eine variable Entlohnung haben. Das sei ihr Einkommen und man solle jetzt nicht in eine Anti-Bonus-Hysterie verfallen. Allerdings hält er es für legitim, dass die BNP-Bank zuerst die vom Staat geliehenen Gelder zurückerstattet, bevor sie Gelder an eigene Leute verteilt.
Thomas Piketty von der Pariser Wirtschaftshochschule meint, die Empfehlungen der Londoner G20 Konferenz seien nur schöne Worte. Der Staat sei aber nicht dazu da, Empfehlungen zu geben, sondern verbindliche Vorgaben als Regeln festzulegen. Zur Setzung von Grenzen habe der Staat die Fiskalpolitik, Steuergesetze seien die einzig wirklich wirksame Maßnahme gegen exzessive Boni. Piketty schlägt vor, für Jahreseinkommen von mehr als 1 Million € den Einkommensteuersatz bei 70% festzulegen. Er verweist dabei darauf, dass der Spitzensteuersatz in den USA unter Roosevelt für Jahreseinkommen von über 1 Million $ mehr als 90% betrug!
Insgesamt bringt die BNP-Paribas Affäre die französische Regierung in eine peinliche Lage, versteht sich doch Sarkozy als „leader“ bei der Moralisierung des Welt-Kapitalismus. In ersten Reaktionen forderten nun Industrieminister Estroi und Wirtschaftsministerin Christine Lagarde französische Zentralbank und Bankenkommission auf, die BNP-Zahlungen anhand der definierten Bonuszahlungs-Kriterien zu überprüfen.
Quelle: Le Monde
- Milliardengrab Landesbanken: Banker kassieren, Politiker schauen zu
Die Rettung der Banken mit Steuergeldern sollte an strikte Regeln geknüpft sein: keine Boni, nicht mehr als 500.000 Euro für die Manager. So ist es im Gesetz für Bundeshilfen geregelt, an dem sich mehrere Bundesländer angeblich orientieren.
Doch Recherchen von Panorama zeigen: Wenn die Länder für ihre maroden Landesbanken zahlen, sind die Regeln viel weniger streng – und werden teilweise auch noch gebrochen. In Nordrhein-Westfalen etwa wurde die Bundesregelung gar nicht erst übernommen. Obwohl an die WestLB Millionen Steuergelder fließen, bezogen die Vorstandsmitglieder 2008 im Schnitt mehr als eine Million Euro Jahresgehalt. Beispiel Baden-Württemberg: Hier hat der Landtag zwar im März beschlossen, dass es keine Boni und kein Gehalt über 500.000 Euro geben soll, zumindest solange die Bank Verluste schreibt. Doch schon wenige Wochen nach dem Beschluss wird ein neuer Vorstandsvorsitzender eingestellt, mit einem Gehalt weit über der vereinbarten Grenze.
Quelle 1: ARD Panorama (PDF, ca. 31 KB)
Quelle 2: ARD Panorama (Video, ca. 8 min.)
Anmerkung Martin Betzwieser: Die Herren Ministerpräsidenten scheinen es überhaupt nicht mehr gewohnt zu sein, kritische Fragen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen beantworten zu müssen. Landesvater Oettinger will sich gar gleich beim Intendanten beschweren.
- Lafontaine: Die Banken haben aus der Krise nichts gelernt
Nach der Rettung des Finanzsystems durch den Staat machen die Banken mit ihren riskanten Geschäften weiter wie bisher. Das kritisiert Linke-Fraktionschef Oskar Lafontaine: „Die Bundesregierung ist die Hehlerin der Steuerhinterziehung.“
Quelle: MDR
- Der lange Weg zum Aufschwung
Die hiesigen Exporteure leben derzeit von den weltweit aufgelegten Konjunkturprogrammen. Deren Wirkung aber wird nachlassen. Die Politik darf nicht den Fehler wiederholen und einseitig auf den Außenhandel bauen.
Quelle: FR
- Gute Zeichen, schlechte Zeiten
2010 wird schwierig für die Firmen. Und für die Verbraucher, denen die rasant steigende Arbeitslosigkeit die Konsumfreude verhagelt. Nach der Bundestagswahl werden viele Firmen ihre Zurückhaltung aufgeben und sich Entlassungen häufen. Und dann? Noch ein Konjunkturprogramm? Besser nicht.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist doch immer das Gleiche. Da wird die Lage einigermaßen treffend beschrieben, aber nachdem die Garantien und Bürgschaften für die Zocker stehen und ein wenig Geld für die durch diese Zocker verursachte realwirtschaftliche Krise in die Hand genommen wurde, wird mit Höhe der Summe, die da auf uns zukommt, gegen weitere Ausgaben argumentiert. Dabei werden wir mit der steigenden Arbeitslosigkeit einen Nachfrageausfall zu verkraften haben, die nur der Staat über Schuldenaufnahme für öffentliche Sachinvestitionen mildern kann.
- Das Konjunkturpaket II kommt nicht in Gang
Zehn Milliarden Euro hat die Bundesregierung den Ländern zur Ankurbelung der Konjunktur bereitgestellt. Doch abgerufen wurden gerade mal 200 Millionen Euro. Das Konjunkturpaket II kommt ein halbes Jahr nach seiner Verabschiedung nur äußerst schleppend in Gang. Die gesteckten Ziele sind kaum noch zu erreichen.
Quelle: WELT
Anmerkung WL: Und bald wird es wieder heißen, Konjunkturprogramme bewirken nichts. Wo der Aufwand für Genehmigungsverfahren bei Sanierungen liegen soll, ist ziemlich unerfindlich.
- Regierung ordert 31 Limousinen für 8,6 Millionen
31 gepanzerte Luxuskarossen von Mercedes, BMW und Audi hat die Bundesregierung zur Erneuerung ihrer Dienstwagenflotte bestellt. Das Geld für die Limousinen mit einem durchschnittlichen Preis von 275.000 Euro kommt aus dem Konjunkturpaket II. In einem Papier des Innenministeriums heißt: „Konjunkturpolitisch kann mit der Maßnahme fehlende private Nachfrage kompensiert werden. Mithin können die vorhandenen Beschäftigungsverhältnisse an deutschen Standorten zumindest zeitweise gesichert werden.“
Quelle: WELT
Anmerkung Orlando Pascheit: Da lachen ja die Hühner.
Ergänzende Anmerkung WL: Abwrackprämie für Luxuskarossen. Wie sagte Trittin heute so richtig: Die Abwrackprämie hat das Elektroauto kaputt gemacht.
- Bahnchef Grube will Ex-Manager verklagen
Überfüllte Züge, gestresste Fahrgäste – das Berliner S-Bahn-Desaster hat offenbar ein Nachspiel: Der neue Bahnchef will den Ex-Manager auf Schadenersatz verklagen. Denn die Probleme mit den Berliner Zügen seien schon seit einigen Jahren bekannt.
Quelle: FTD
Anmerkung Orlando Pascheit: Das Maß der Dinge wird allerdings sein, ob Rüdiger Grube auch den Hauptverantwortlichen, seinen Vorgänger Hartmut Mehdorn belangen wird. In der Summe müsste wegen konzernschädigenden Verhaltens mindestens die Abfindung zurückgefordert und eine fristlose Kündigung pro forma nachgereicht werden.
- Bundeswehr: Jung will an die Verfassung ran
Nach der “Hansa Stavanger”-Freilassung fordert Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung eine Grundgesetzänderung: “Wir sollten über eine Verfassungsänderung nachdenken, die der Bundeswehr den Zugriff dann ermöglicht, wenn die Polizei nicht handeln kann, da sie beispielsweise gar nicht am Ort des Geschehens ist.” Spätestens nach der Bundestagswahl wolle er das Thema wieder auf die Tagesordnung setzen und die Diskussion über eine Grundgesetzänderung nicht nur mit Blick auf Einsätze im Ausland führen, sondern auch mit Blick auf bestimmte Situationen im Innern.
Quelle: FR
Anmerkung Orlando Pascheit: Einsatz der Bundeswehr “mit Blick auf bestimmte Situationen im Innern”. Franz Josef, mir graut´s vor dir! Dass sich Abgründe hinter der Maske des Biedermanns auftun, ist für uns Deutsche nichts Neues. Wie kann ein Deutscher, und einige in der CDU versuchen das schon länger, dem Staat solche Mittel zur Verfügung stellen wollen? Und wahrscheinlich meinen es Leute wie Schäuble und Jung gar nicht böse, aber schon Hanna Ahrendt schrieb etwas fassungslos, “dass eine solche Realitätsferne und Gedankenlosigkeit in einem mehr Unheil anrichten können als alle die dem Menschen innewohnenden bösen Triebe”. Ich weiß, sie beschrieb einen Massenmörder und weder Herr Jung noch Herr Schäuble gehören in diese Kategorie, aber sie müssten als Deutsche doch eine leise Ahnung verspüren, was mit solchen Gesetzen möglich ist. Es ist diese Phantasielosigkeit, diese Gedankenlosigkeit und nicht der wiedergekehrte Cesare Borgia, die einem Sorgen machen. Wir haben doch im Vorfeld von Heiligendamm erlebt, wie schnell die Bundesanwaltschaft unter dem Deckmäntelchen des Terrorparagraphen 129a in Aktion getreten ist und in einer landesweiten Razzia einen nicht vorhandenen Linksterrorismus gejagt hat. Da möchte ich nicht erleben, wie die Bundeswehr bei wirklichen sozialen Unruhen agiert – vielleicht unter einer ordentlichen Rechtsregierung.
- Deutsche Bank plant Lobbybüro in Berlin
Die Deutsche Bank erwägt, ihre Lobbyarbeit massiv auszubauen und eine Repräsentanz in Berlin zu eröffnen. Bank-Chef Josef Ackermann hat dazu schon vor geraumer Zeit ein sogenanntes Hauptstadtkomitee eingerichtet, in dem neben dem pensionierten Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck beispielsweise auch Rainer Neske sitzt, der seit April Vorstandsmitglied des Geldhauses ist. Neske betreut das Projekt von Frankfurt am Main aus. Er ist der Überzeugung, das Institut brauche einen Brückenkopf in die Politik. Der direkte Zugang von Bank-Chef Ackermann zu Kanzlerin Angela Merkel oder Finanzminister Peer Steinbrück reiche nicht aus. Hintergrund der Überlegungen ist auch die Tatsache, dass der einst mächtige Bundesverband deutscher Banken (BdB) “nur noch ein Schatten seiner selbst ist”, wie ein Manager der Deutschen Bank spottet. Jedenfalls habe sich der BdB in den vergangenen Wochen und Monaten bei keinem der relevanten Finanzthemen Gehör verschaffen können.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung WL: Vielleicht sollte die Deutsche Bank für die Besetzung des Büros noch den 27. September abwarten, da werden sicherlich ein paar gut „verdrahtete“ Männer zur Verfügung stehen.
- Lobbyismus und Rentenreform: Der Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche auf die Teil-Privatisierung der Alterssicherung
Mit der Teil-Privatisierung der Alterssicherung markiert die Rentenreform 2001 einen Systembruch in der deutschen Rentenpolitik. Zweifelsohne profitieren insbesondere Banken, Versicherungen und Investmentfonds von diesem rentenpolitischen Paradigmenwechsel. Deren Gewinnaussichten haben sich infolge der Leistungskürzungen bei der gesetzlichen Rente und der Förderung der privaten „Riester-Rente“ massiv verbessert, so dass sich unweigerlich die Frage nach dem Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche im Politikfeld Alterssicherung stellt. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit stehen der Zugang der zentralen Akteure der Finanzbranche zum rentenpolitischen Policy-Netzwerk sowie deren lobbyistischen Aktivitäten und Beziehungsstrukturen. Die empirischen Befunde zeigen den Einfluss privatwirtschaftlicher Verbände und Großunternehmen auf und erklären, warum die Teil-Privatisierung der Alterssicherung in Deutschland überhaupt politisch durch- und umgesetzt werden konnte.
Über die Autor(in): Diana Wehlau ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am artec | Forschungszentrum Nachhaltigkeit der Universität Bremen im Forschungsfeld Industrial Ecology, Technik und Konsum.
Quelle: VS Verlag
- Gebt den armen reichen Rentnern mehr Geld!
Die FTD hat sich wieder einmal für ein Werbeartikelchen für die private Altersvorsorge einspannen lassen. Auf Weissgarnix findet sich ein angemessener Kommentar dazu von Thomas Strobl: „August-Hitze trifft auf Sommerloch, die wirtschaftlich auf dem letzten Loch pfeifenden Verlagshäuser sparen an den Klimaanlagen – eine teuflische Mischung, wie leider an viel zu vielen redaktionellen Veröffentlichungen sichtbar wird. Wie auch heute wieder in der Financial Times Deutschland. In deren Redaktion soll es ja besonders “heiß” hergehen, wir legen also zunächst eine kurze Schweigeminute ein, und lassen uns sodann von diesem Machwerk verblüffen – dessen Titel “Rentenlücke trifft vor allem Reiche” schon die schrecklichste Vorahnung in uns aufsteigen lässt.“
Quelle: weissgarnix
- Diener zweier Herren
Der Rat der fünf sogenannten Wirtschaftsweisen ist ein hoch angebundenes Gremium. Seine Gründung im Jahr 1963 basierte auf dem eigens verabschiedeten »Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung«. Darin ist die Rede von einem Rat von »unabhängigen Sachverständigen«, der die »Urteilsbildung bei allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie in der Öffentlichkeit« erleichtern soll. Kritiker werfen dem Rat nun mangelnde Unabhängigkeit vor. Der Vorsitzende des Gremiums, der Konstanzer Wirtschaftsprofessor Wolfgang Franz, steht der neoliberalen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) nahe. Franz übt zwar kein offizielles Amt bei der INSM aus, wirbt aber seit geraumer Zeit in einem “Plädoyer” auf der Webseite der Lobbyorganisation für eine Reform des Kündigungsschutzes und dafür, das Arbeitslosengeld II soweit zu senken, “wie es aus verfassungsrechtlicher Sicht möglich ist”.
Auch die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro, Professorin für Volkswirtschaftslehre in Mainz, steht der INSM nahe. Weder di Mauro sitzt darüber hinaus im Aufsichtsrat der ERGO-Versicherungsgruppe. Die Tochterfirmen dieses Konzerns, wie die Hamburg-Mannheimer, bieten Altersvorsorgeprodukte an, die direkt abhängig sind von der Rentenpolitik der Bundesregierung – die auch von Weder di Mauro beraten wird. Daneben sitzt die Italo-Schweizerin seit 2006 im Verwaltungsrat des Schweizer Pharmakonzerns Roche. Laut dem Roche-Geschäftbericht 2008 erhielt Weder di Mauro, die dem Gremium noch bis 2010 angehören wird, für ihre Dienste im abgelaufenen Jahr insgesamt 300000 Schweizer Franken (ca. 196000 Euro) »Entschädigung« und weitere 60000 Franken »Aufwandsentschädigung« für die Mitgliedschaft in Unterausschüssen des Verwaltungsrats. Dem Bericht zufolge hielt die Wirtschaftsweise Roche-Aktien im Wert von über 20000 Euro. Weder di Mauros Engagement bei Roche ist deshalb problematisch, weil sich der Sachverständigenrat auch zu gesundheitspolitischen Fragestellungen äußert.
Quelle: Junge Welt
- Aufgrund einer Unterlassungsverfügung gelöscht
- Vom Wert des Nachrichtenwerts
Ziffer sieben des Pressekodexes »gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch (…) persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden«. Ziffer 15 nennt die »Annahme von Vorteilen jeder Art, die geeignet sein könnten, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion zu beeinträchtigen«, mit dem »Ansehen, der Unabhängigkeit und der Aufgabe der Presse unvereinbar«. Dabei sind Journalisten durchaus für Organisationen tätig, über die sie berichten. Handelsblatt-Chefredakteur Bernd Ziesemer moderierte am 2.Juni eine Podiumsdiskussion auf einer Veranstaltung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) im Hotel Adlon in Berlin.
Quelle: Junge Welt
- ZDF: „Das Leben ist Hartz“ oder: Hartmut Schlüter muss vor jeder Wahl herhalten
Am 5. August 2009 zog ZDF-Autorin Anette Hoth mal wieder eine Reformbilanz zu den Hartz-Gesetzen. Als Beispiel für einen arbeitsscheuen „Drückeberger“ und wurde dabei ein Hartz IV-Empfänger namens Hartmut Schlüter dargestellt.
Dieselbe Autorin durfte unter dem Titel „Druck auf Drückeberger“ schon am 31. August 2005, also sicher rein zufällig auch damals ein paar Wochen vor der Bundestagswahl, ein Loblied auf Hartz im ZDF singen. Den Beispielsfall gab damals ab: Hartmut Schlüter.
Auch auf 3sat diente Hartmut Schlüter am 20. September 2005 in der „ZDF.reportage: Hartz IV und das wirkliche Leben“ nur wenige Tage vor der Wahl als Beleg dafür, wie richtig der „Druck auf Drückeberger“ durch Hartz IV ist.
Hat das ZDF keinen anderen „Drückeberger“ gefunden? Oder ist Hartmut Schlüter Darsteller einer einschlägigen Hartz IV-Serie für Vorwahlzeiten?
Hoffentlich hält Hartmut Schlüter seine Drückebergerei bis 2013 durch – wie sollte das ZDF sonst für die übernächste Wahl seinen Wahlkampfspot für die ach so erfolgreiche „Reform“-Politik drehen können?
- OSZE schickt Wahlbeobachter nach Deutschland
Das gab es noch nie: Die europäische Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit wird zum ersten Mal Wahlbeobachter nach Deutschland entsenden – um den korrekten Ablauf der Bundestagswahl zu überprüfen. Grund: Die umstrittene Ablehnung mehrerer Kleinparteien.
Der Staatsrechtler Martin Morlok warnt im SPIEGEL davor, dass die Entscheidungen des Bundeswahlausschusses eine Wiederholung der Wahl nach sich ziehen könnten. Das Gremium hätte bei seiner entscheidenden zweiten Sitzung am vergangenen Donnerstag “nicht nur das Recht, sondern die Pflicht gehabt, eine erkennbar falsche Entscheidung zu revidieren”.
Bei der Ablehnung der Freien Union etwa, bei der es um einen Formfehler der Vorsitzenden Pauli ging, habe der Ausschuss den “wesentlichen rechtlichen Aspekt überhaupt nicht diskutiert”: Paulis fehlende Unterschrift hätte im Prinzip auch nach Fristablauf noch nachgeholt werden können.
Quelle: SPIEGEL
Anmerkung WL: Vielleicht sollten sich die OSZE-Wahlbeobachter zunächst einmal das einschlägige Bundesverfassungsgerichtsurteil ansehen. Danach findet die nächst Bundestagswahl auf der Grundlage eines verfassungswidrigen Wahlgesetzes statt, dessen Änderung die Große Koalition verschlampt hat. Es könnte dazu kommen, dass Schwarz-gelb nicht aufgrund einer Mehrheit der Wählerstimmen, sondern deswegen zustande kommt, weil die Union übermäßig von Überhangmandaten profitiert.
- Parteigründung in Hessen: SPD-Rebellen dementieren Plan
Die beiden hessischen SPD-Rebellen Jürgen Walter und Carmen Everts wollen entgegen einem Zeitungsbericht keine neue Partei gründen.
Die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” (“FAS”) hatte zuvor berichtet, dass ein Teil der vier hessischen SPD-Rebellen nach der Bundestagswahl die Gründung einer neuen Partei erwäge.
In der “FAS” hatte es außerdem geheißen, auch der frühere SPD- Spitzenpolitiker Wolfgang Clement solle für die neue Partei gewonnen werden. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister, der im vergangenen November die SPD verlassen hatte, wies dies am Sonntag ebenfalls zurück.
“Ich habe derzeit nichts im Sinn damit”, sagte Clement der “Financial Times Deutschland” (Montag). Er bestätigte jedoch Kontakte zu den vier SPD-Rebellen. Clement war parteiintern wegen seiner Kritik an Ypsilanti gerügt worden.
Quelle: FR
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Zunächst einmal bleibt festzuhalten: Der von der Frankfurter Rundschau wiedergegebene dpa-Beitrag behauptet, “Clement war parteiintern wegen seiner Kritik an Ypsilanti gerügt worden.”
Auch der dpa dürfte bekannt sein, dass die SPD-Rüge in Richtung Clement nicht wegen dessen Kritik an Frau Ypsilanti erfolgte, sondern wegen der unmissverständlichen Aufforderung Clements an die Wähler, Schwarz-Gelb und damit Roland Koch zu wählen.
Nun wird die von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung behauptete Absicht eines Teils der vier hessischen SPD-Abweichler, eine “rechte SPD” zu gründen, zwar dementiert. Jedoch: Schon das Hochkochen dieses Themas bietet den zahlreichen rechtskonservativen bzw. neoliberalen Medien und Schwarz-Gelb einmal mehr die wohl bewusst beabsichtigte Gelegenheit, das Ammenmärchen zu verbreiten, die in den vergangenen 10 Jahren nach rechts abgedriftete SPD sei angeblich nach links gerückt.
Der SPD-Rechtsschwenk lässt sich an konkreten Gesetzesänderungen unter sozialdemokratischer Regierungsverantwortung festmachen:
- Erhöhung des Drucks auf Beschäftigte und Arbeitslose, Arbeit zu nahezu jedem Preis und zu nahezu jeder Bedingung zu akzeptieren. Hartz IV wurde eingeführt, das Arbeitslosengeld 1 wurde verschlechtert.
- “Rente mit 67”.
- Einstieg in die Privatisierung der Altersvorsorge und der damit verbundenen einseitigen Belastung der Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Entlastung der Unternehmen.
- Starke Absenkung des Spitzensteuersatzes (von 53 Prozent auf 42 Prozent; die sog. “Reichensteuer” (3 Prozent) kennt viele Ausnahmen und greift erst ab sehr hohen Einkommen).
- Absenkung der Erbschaftsteuer für große Vermögen.
- Mehrmalige Absenkung der Unternehmenssteuern.
- Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte (diese trifft überdurchschnittlich stark kleine und mittlere Einkommen).
- Deregulierung der Finanzmärkte.
- Starke Ausweitung der Auslandseinsätze der Bundeswehr, auch unter Inkaufnahme des Bruchs des Völkerrechts.
Die SPD hält unverändert an diesem Rechtsschwenk fest (gelegentlich “linke” Aktzente sind, analog den Bündestagswahlkämpfen der Jahre 2002 und 2005, lediglich dem aktuellen Bundestagswahlkampf geschuldet).
Siehe dazu auch:
- Jürgen Walter: Links blinken, rechts abbiegen
Über die „Kunst, Politik zu machen“, hat Jürgen Walter oft und gern gesprochen. Hauptsächlich bestand sie darin, nichts mit dem zu tun zu haben, was man selber angezettelt hat, seine Absichten zu verbergen, andere für sich handeln zu lassen. Seine Wahl zum Fraktionsvorsitzenden 2003 mit Hilfe der SPD-Linken und den anschließenden Schwenk nach rechts erklärte er so: „Links blinken und rechts abbiegen.“ Ein anderes Kunststück: „Ich treibe jemanden aufs Dach und nehme dann die Leiter weg.“ Vielleicht hat Walter das von Roland Koch gelernt, der die SPD 1999 mit seiner Unterschriftenkampagne aufs Dach trieb, wo sie dann die nächsten Jahre zubrachte. Im Wahlkampf 2008 hatte die SPD dasselbe mit ihm gemacht.
Volker Zastrow, verantwortlich für den Politikteil der FAS, hat ein Buch über die Geschichte der vier hessischen SPD-Abgeordneten geschrieben, die sich im November 2008 der Wahl ihrer Parteivorsitzenden Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin verweigerten.
Quelle: FAZ.Net
Anmerkung WL: Wenn nur einiges davon zutrifft, so wirft das Buch einen bezeichnenden Blick auf die Gewissenshelden der hessischen SPD.
- Steinmeiers Mittelstandsexperte Harald Christ löscht seine Internetauftritte
Harald Christ, SPD-Mittelstandsbeauftragter im Kompetenzteam des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, irritiert Parteifreunde mit einer groß angelegten Säuberungsaktion im Internet. Seit der Nominierung des Multimillionärs Ende Juli galt die Webseite www.belair-constantia.com unter Genossen als Geheimtipp für gehobensozialdemokratische Lebensart. Dort offerierte der Multimillionär seine in den Hügeln über Kapstadt in Südafrika gelegene Villa für “kleine kulinarische Events” und “formelle Empfänge” oder als Feriendomizil “mit Butler-Service”. Auch als Location für Werbeaufnahmen sei der weitläufige Besitz mit “tropischem Garten” bestens geeignet. Kurze mit Lounge-Music unterlegte Videos zeigten exklusive Räumlichkeiten, in denen afrikanische Diener in weißen Handschuhen Champagner umhertragen. Seit vergangenen Donnerstag aber erscheint auf der Seite nur noch ein stilisierter gelber Notizzettel, auf dem “… under construction” – im Umbau – steht.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung WL: Eigentlich haben wir nichts gegen erfolgreiche reiche Leute, wenn sie die richtigen politischen Ziele vertreten. Darüber würde man gerne auf der Internetseite von Harald Christ oder sonstwo etwas lesen oder hören.
- Franz Müntefering: Grundgesetzänderung für mehr Kooperation in der Bildung
BILD: …mit dem Thema Bildung zieht doch jede Partei im Wahlkampf über die Dörfer. Dabei hat der Bund da doch gar nichts zu sagen – oder?
Müntefering: Bildung ist Menschenrecht, erstens. Und der Arbeitsplatz der Zukunft braucht immer besser ausgebildete Menschen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen Bund, Länder und Gemeinden endlich an einem Strang ziehen. Es darf nicht sein, dass diese wichtige Frage im Kompetenzgerangel zerredet wird. Gute Kooperation ist unverzichtbar. Von der Krippe bis zur Hochschule. Wir wollen im Grundgesetz die Voraussetzung dafür schaffen, dass eine solche Kooperation möglich ist. Die Zeit ist reif.
Quelle: Bild.de
Anmerkung WL: Sie erinnern sich sicherlich noch gut daran: Erst vor drei Jahren, Ende 2005, wurde die „Mutter aller Reformen“, die Föderalismusreform, verabschiedet. Ein wichtiger Bestandteil dieser Reform, war, dass die Rahmengesetzgebungs-Kompetenz des Bundes im Bildungs- und Hochschulwesen noch weiter aufgeweicht und zugunsten der Länderzuständigkeit weitgehend abgeschafft wurde. Es war der Systemwechsel vom kooperativen Föderalismus zum Wettbewerbsföderalismus, siehe u.a. hier.
Als Begründung für die Vermehrung der Länderzuständigkeiten hörte man landauf landab, dass mehr Deregulierung mehr Wettbewerb zwischen den Ländern ermögliche und dass dies unser gesamtes Land – endlich – voranbrächte. Schon vier Jahre später muss man aber nun erkennen, dass der Wettbewerb zu Partikularismus, z.B. zu einem Verlust der Vergleichbarkeit der Abschlüsse und zu einem Chaos bei den Zugangsbedingungen führte und dass nationale Standards und Rahmensetzungen unumgänglich sind.
Wir erleben mittlerweile im Wochentakt, wie sich Bund und Länder in Bildungsfragen nicht einigen können und am Ende mit einer schlichten Vertagung der kritischen Punkte verbleiben.
Hätte doch Müntefering, statt nun eine aussichtslose Änderung des Grundgesetzes zu fordern, ein einziges Mal gesagt, wir haben damals einen Fehler gemacht und wir wollen ihn jetzt korrigieren, dann wäre sein Vorschlag glaubwürdiger.
- Fachkräftemangel und Bildungsarmut – Die Krise des deutschen Berufsbildungssystems
Wir sitzen auf einer seit Jahren tickenden Zeitbombe, denn jeden siebten jungen Erwachsenen oder knapp 1,5 Mio. junge Menschen schicken wir ohne eine Berufsausbildung ins Erwerbsleben bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit in Hartz IV. In Ostdeutschland wird sich der rapide Rückgang der Ausbildungs-Jahrgangsstärken bis 2010 fortsetzen, in Westdeutschland geschieht dies schrittweise bis 2025.
Die Annahme ist weitverbreitet, dass sich die Ausbildungskrise durch die demografische Entwicklung quasi von selbst erledigen wird. Die Demografie wird diese Zeitbombe aber keineswegs entschärfen, denn es handelt sich nicht nur um eine quantitative, sondern auch qualitative Krise.
Wie kommt es zu diesem Widerspruch zwischen vorhandener Ausbildungskrise und den Erfolgsmeldungen seitens der Wirtschaft und Politik?
Seit 1977 werden in der Ausbildungsbilanz als Nachfrager nur jene Ausbildungssuchende betrachtet, die am 30.9. eines Jahres einen Ausbildungsplatz haben oder bei der Bundesagentur für Arbeit als noch „unversorgt“ gelten. Jugendliche, die eine Maßnahme im „Übergangssystem“, ein Praktikum, eine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben oder die jobben, gelten hingegen als „versorgt“ und werden nicht zu den Nachfragern gezählt. Diese Ausbildungsbilanzierung unterschätzt jedoch systematisch und wissentlich die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage erheblich.
Quelle: WSI Mitteilungen 8/2009 [PDF – 87 KB]
- Business Schools in der Sinnkrise
Kritik am MBA ist keine Sache von wirtschaftsfeindlichen Weltverbesserern mehr – die Schulen selbst stellen ihre Ausbildung infrage. „Gierige Absolventen ohne moralischen Kompass“ hätten sie hervorgebracht, bemängelt etwa Michael Czinkota, Professor an der Graduate School of Business der Georgetown-Universität. Die Finanzkrise ist zu einer Sinnkrise vieler Business Schools geworden.
Quelle: wiwo
Anmerkung KR: Schön, wenn MBA-Studenten zukünftig auch Lektionen in Moral erhalten. Doch ein Ersatz für mehr Regulierung ist das nicht. Entscheidend sind die Ziele, die diesem Personal von den Arbeitgebern gesetzt werden.
- Keiner will Bruchsaler Studenten
Die insolvente International University (IU) in Bruchsal hat nach Informationen der FTD offenbar große Schwierigkeiten, die noch verbleibenden rund 70 Studierenden zum Wintersemester an anderen Hochschulen unterzubringen.
Quelle: FTD
Anmerkung WL: Schein und Sein privater Universitäten.
- Niemand will den Dialog führen
In der Welt der Friedensforschung wird Johan Galtung wie ein Heiliger verehrt. Der 78-jährige Norweger ist Mitbegründer des Fachs und hat in den letzten vierzig Jahren nicht nur detaillierte Theorien über Konfliktlösungen formuliert, sondern auch in mehr als 40 Konflikten in der Welt vermittelt. Woran es dabei heute am meisten fehlt, meint Galtung, ist die Einsicht, dass jede beteiligte Partei berechtigte Interessen hat: „Es gibt zwei Kriterien für eine Konfliktlösung: Sie soll vernünftig und nachhaltig sein. Vor allem anderen aber ist Respekt für beide Seiten nötig.“
Quelle: Tagesspiegel
- Hochrangige Juristen fordern Einschränkungen des Bundesverfassungsgerichts
Künftig soll der Gesetzgeber das Bundesverfassungsgericht darauf verpflichten, Verfahren zu europarechtlichen Fragen zuerst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorzulegen; das fordern 30 Juristen, vor allem hochrangige Hochschullehrer und Richter. Hintergrund für die von ihnen verfasste Denkschrift ist das Urteil des Verfassungsgerichts zum EU-Vertrag von Lissabon. Dem entnehmen die Unterzeichner, dass das Verfassungsgericht bereits in Kürze “auf einen Justizkonflikt mit dem EuGH zusteuert”. Die Folgen einer solchen Konfrontation wären aus Sicht der Juristengruppe “außerordentlich fatal”: Denn die EU-Kommission müsste in diesem Fall ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten – und das dann zu erwartende Urteil des EuGH wäre “mit einschneidenden Finanzsanktionen” verbunden. Die Zahlungen hätte Deutschland sogar “dauerhaft zu entrichten”, da der Gesetzgeber an der Entscheidung des Verfassungsgerichts nichts ändern könne. Der drohende Justizkonflikt ließe sich deshalb nur entschärfen, indem das Verfassungsgericht gesetzlich dazu verpflichtet wird, die Verfahren vor der eigenen Entscheidung beim EuGH vorzulegen. Unterzeichnet wurde die Denkschrift unter anderen von den beiden Bevollmächtigten des deutschen Bundestags im Lissabon- Verfahren, den Juraprofessoren Ingolf Pernice und Franz Mayer.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung WL: Die Vorschlag „hochrangiger Juristen“ das Bundesverfassungsgericht per Gesetz zum „Landgericht“ herabzustufen, ist eigentlich nur konsequent. Karlsruhe hat den Lissabon-Vertrag passieren lassen und nur für zukünftige Kompetenzabtretungen an Brüssel mehr demokratische Beteiligung von Bundestag und Bundesrat verlangt.
Wenn der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt, wird er höherrangiges Recht gegenüber dem Grundgesetz, und über die Auslegung des europäischen Rechts entscheidet der Europäische Gerichtshof. Wenn das Bundesverfassungsgericht bei einer solchen Entscheidung das Grundgesetz verletzt sähe und ein entsprechendes Urteil fällen würde, wäre in der Tat die Bundesregierung an das Karlsruher Urteil gebunden und würde damit wiederum gegen europäisches Recht verstoßen.
Die „hochrangigen Juristen“ decken also nur schonungslos die Lücke auf, über die sich das Bundesverfassungsgericht hinwegzumogeln versuchte. Mit der Zustimmung zum Lissabon-Vertrag hat Karlsruhe seine Rolle als Hüter des Grundgesetzes verloren, und es hat sich damit selbst zum Untergericht des EuGH gemacht. Siehe dazu auch Nachtwächter über den Nachtwächterstaat.
- Eine hessische überparteiliche Initiative zur Bundestagswahl 2009
Leute, geht wählen! Für einen Politikwechsel!
Quelle: Die Initiative [PDF – 84 KB]
- Zu guter Letzt:
Wer zahlt die Schweinegrippeimpfung
Quelle: Stuttmann