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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 20. Juli 2009 um 9:42 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Stegner griff Carstensen scharf wegen der HSH-Boni an. “Man weiß gar nicht, was man merkwürdiger finden soll: dass jemand dem Parlament die Unwahrheit sagt, oder aber dass er behauptet hat, dass er den Brief nicht richtig gelesen hat, der etwas mehr als eine Seite lang war”, sagte Stegner der “Berliner Morgenpost“. “Jemand, der die Koalition gesprengt und das Parlament belogen hat, sollte nicht daran denken, den Landtag aufzulösen, sondern der sollte eher zurücktreten”, polterte der Chef des Landes-SPD.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung AM: Die übliche Asymmetrie auch hier. Der SPD Chef „poltert“. Das ist die zu besorgende Imageprägung. Man stelle sich vor, Stegner hätte gelogen wie Carstensen. Er wäre wie Andrea Ypsilanti oder Beck in der Luft zerrissen worden von diesen formidablen Medien.
Der Regierungschef hätte Nonnenmacher klar machen müssen, dass nach der Rettung der Bank durch Steuergelder keine Millionengehälter mehr gezahlt würden. Die Zahlung an Nonnenmacher sei “unverantwortlich”. “Damit hätte auch das Kabinett befasst werden müssen”, kritisierte Marnette. Wäre dies geschehen, könnten SPD und CDU sich jetzt nicht gegenseitig die Schuld zuweisen. “Da hat Carstensen versagt”, kritisierte Marnette.
Quelle: Spiegel Online
Der Steuersatz für Spitzenverdiener würde damit in den USA auf 45 Prozent klettern. Auch andere Gutverdiener wollen die Demokraten stärker zur Kasse bitten: Ein Prozent mehr Steuern sollen Paare mit einem Jahreseinkommen von mehr als 350.000 Dollar zahlen, ein Plus von 1,5 Prozent komme auf diejenigen zu, die mehr als eine halbe Million Dollar jährlich verdienen. Eine weitere Anhebung wurde nicht ausgeschlossen.
Quelle: manger-magazin Krisenticker 15.07.09, 6.00Uhr
Anmerkung WL: Sozialistische Republik Amerika?
Die Gewerbesteuer ist traditionell die Haupteinnahmequelle von Städten und Gemeinden. Aber auch andere Einnahmen wie der kommunale Anteil an der Einkommensteuer gehen dem Bericht zufolge in oft zweistelliger Millionenhöhe zurück. Die Kommunen müssen im kommenden Jahr mit weiteren Einbußen rechnen.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung WL: Damit werden die Kommunen entweder zu die Rezession beschleunigenden Investitionskürzungen gezwungen, also etwa bei der Sanierung von Schulen und Straßen, oder die sozialen oder kulturellen Aufgaben müssen drastisch eingeschränkt werden.
Um die Einnahmen bei der Gewerbesteuer zu verstetigen, wäre es nötig gewesen, sie als „Kommunale Betriebssteuer“ umzugestalten, die Gewerbebetriebe wie Freiberufler einbezieht und die gesamte Wertschöpfung vor Ort zur Bemessungsgrundlage zu machen.
Angesichts solcher Entgleisungen stelle ich mir schon die Frage, ob wir es nicht auch in Deutschland mit der Deregulierung zu weit getrieben haben. Selbstkritisch gebe ich zu, dass auch meine Partei jahrelang im Deregulierungszug saß, wenn auch nie in der Lokomotive. Wir mussten dazulernen.
Quelle: SZ
Anmerkung WL: Einsicht ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Nur wo bleiben jetzt die konkreten Schritte, die von Steinbrück vorangetriebene Deregulierung auch bei uns im Lande rückgängig zu machen? Noch sitzt er doch in der Regierung.
Anmerkung Orlando Pascheit: Man könnte Nouriel Roubini als Kassandra vom Dienst abtun, nur dass leider seine bisherigen Prognosen nicht falsch lagen. Leider lassen neben seiner Analyse auch seine Ratschläge kaum Raum für Hoffnung: “Um eine noch langwierigere Rezession zu vermeiden, erscheinen also weitere Konjunkturprogramme notwendig, die sich die Regierungen allerdings kaum leisten können: Wofür sie sich auch immer entscheiden, sie haben keine Chance, es richtig zu machen.” Nun könnte man einwenden, da das deutsche Konjunkturprogramm so mickrig ausgefallen sei, bestünde hierzulande noch Spielraum – nur dass bis zur Wahl und wahrscheinlich etliche Zeit danach nichts mehr passieren wird. Und dann kann es zu spät sein bzw. je länger die die Rezession bzw. Stagnation auf tiefem Niveau anhält, desto teurer wird jede Intervention.
Alle Faktoren, die die Beschäftigung in den Unternehmen verstetigen, machen die Arbeitsmärkte unabhängiger von den Gütermärkten. Hierzu gehören Maßnahmen, die Beschäftigung trotz schwankender Güternachfrage im Unternehmen halten:
Darüber hinaus werden folgende wirtschaftspolitische Maßnahmen vorgeschlagen:
Die vorgetragene Argumentation legt die Schlussfolgerung nahe, dass – will man eine „Verstetigung der Beschäftigung“ erreichen – ein Szenario von geringem Kündigungsschutz
und daraus folgend niedrigen Einstellungsbarrieren insbesondere vor dem Hintergrund von Humankapitalüberlegungen obsolet ist.
Quelle: Wirtschaftsdienst
Anmerkung unseres Lesers P.S.: Professor Blum beschwert sich hier, dass er quasi als unverbesserlich angesehen wird. Doch dann kommt der für einen Wissenschaftler bemerkenswerte Satz “Auch heute spreche ich mich weiter für Deregulierung aus, weil man dem Staat in wirtschaftlichen Dingen häufig nun wirklich nicht über den Weg trauen kann” und er begründet das mit dem Versagen der BaFin und der Landesbanken. Dabei haben ideologisch verblendete Politiker auf Geheiß ihrer Einflüsterer diese Banken doch erst aus ihren traditionellen Rollen in das riskante Geschäft und auf Renditejagd gedrängt, und dass die BaFin zu schwach ist und ihre Aufgaben nicht erfüllen kann, zeigt doch gerade, dass eine funktionierende Finanzmarktaufsicht dringend geboten wäre.
Kein Wort zu Interessenlagen, kein Wort zu der gescheiterten Angebotstheorie und den sogenannten “freien” Märkten.
Darf man im übrigen Herrn Professor Blum nicht die Frage stellen: Kann man denn den Privaten trauen?
Für mich ist der Beitrag von Prof. Blum ein äußerst bedauerliches Beispiel, wie man sich selbst demontiert, und es ist ein Beweis dafür, dass Leute, die eine Verantwortung für die Krise tragen, nicht zur Lösung derselben geeignet sind.
Siehe zu Professor Blum auch: Unbeantwortete Fragen an die Gegner des Mindestlohns
Kritiker sticheln, Weber sei bereits von einer zweiten Karriere beseelt. Er ziehe alle Register, um Jean-Claude Trichet als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) zu beerben. Trichets Amtszeit läuft Ende Oktober 2011 aus. Deshalb schweige Weber lieber zu wichtigen Themen, die Merkel verärgern könnten. Denn nur über sie kann sein Traum von der EZB-Spitze wahr werden. Viele sprechen von “eklatanten Fehlurteilen”, der Präsident sei “selbstherrlich”, schlicht “außer Kontrolle”, wollen sich aber nicht mit Namen zitieren lassen.
Für viele ist Weber der am stärksten angepasste Präsident, den die Bundesbank je hatte. Verglichen damit wird selbst der regierungsnahe Hans Tietmeyer als ausgesprochen kantig angesehen.
Quelle: Handelsblatt
Insgesamt ist das Finanzsystem um Längen komplexer als irgend jemand vermutet hatte. Es ist auch viel zu groß, gemessen am Anteil an den Beschäftigten, oder seinem Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Dass die nationalen Aufseher, Regulierer, Gesetzgeber und auch die Notenbanken total überfordert waren, ist leider zu verstehen, dass es aber auf akademischer Seite nur ein unterentwickeltes Problembewusstsein gab, ist kaum verständlich.
Die Krise hat deutlich gemacht, dass neue Ansätze her müssen, dass Makro und Mikro nicht getrennt voneinander gesehen werden dürfen, dass Risiko nicht vor allem aus den Schwankungen der Marktkurse besteht, und dass die nationale Sicht nur einen beschränkten Wert hat.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung WL: Siehe zu diesem Lob der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) aber auch Bank der Zentralbanken: Alle sind schuld, alle sind Opfer, keiner konnte die Finanzkrise erahnen und niemand ist verantwortlich
Besonders deutlich fiel das Votum bei den ostdeutschen Teilnehmern der Umfrage aus. Dort gaben fast 83 Prozent der Befragten an, Deutschland für ungerecht zu halten. „Es besteht offenbar ein leichter Zusammenhang zwischen dem Gerechtigkeitsempfinden und dem wirtschaftlichen Wohlstand der Region, in der die Befragten leben“, sagte GfK-Experte Klaus Hilbinger.
Quelle: Welt Online
Anmerkung WL: Drei Viertel finden, dass es in Deutschland ungerecht zugeht, und dennoch würden die Hälfte aller Deutschen nach einer aktuellen Umfrage die Union (36%) und die FDP (14%) wählen. Parteien also, die nun gewisse nicht dafür stehen, dass es unter ihrer Regierung gerechter zuginge. Dieser Widerspruch belegt die mangelnde politische Aufklärung in Deutschland.
Der Sündenfall Riester-Rente: Die Riester-Rente senkt das Rentenniveau auch für jene, die gar keine Riester-Rente abschließen. Die Schwächeren zahlen die Rechnung für Leistungen, die Stärkere erhalten. Das ist Solidarität für Geisterfahrer. Eine solche Rentenformel gab es noch nie. Mit der Riester-Rente ist das Kunststück gelungen, dass ein niedrigeres Gesamtrentenniveau (also staatliche plus Riester-Rente) schon 2021 entstanden sein wird und gleichzeitig höhere Gesamtbeiträge (zur Rente plus Riester-Rente) notwendig werden. Also: „Weniger für mehr Geld“ ist das originelle Reformergebnis – ein Unikat. Man glaubt es kaum. Möglich wurde dieser Trick, weil der Arbeitgeberanteil bei der Riester-Rente entfällt und die Arbeitnehmer alleine bezahlen. Außerdem ist die Privatversicherung teurer und ihr Absicherungsumfang schmaler. Verlierer dieser Reform sind Rentner und Beitragszahler, also Alt und Jung. Es gibt nur zwei Gewinner: die Arbeitgeber und die Privatversicherung. (Eine “Goldquelle“ nannte Maschmeyer, AWD, die Riester-Rente.)
Quelle: Welt
Siehe dazu auch:
Madig gemacht
Norbert Blüm im Interview mit dem Soester Anzeiger.
Quelle: Soester Anzeiger
Anmerkung MB: Das ist gesetzlich legitimierte Körperverletzung.
Um hierzulande die Zulassung für ein neues Medikament zu erhalten, muss ein Pharmaunternehmen lediglich nachweisen, dass das Mittel wirkt. Dafür, ob es besser oder gleich gut ist wie ein älteres Präparat, interessiert sich die Zulassungsbehörde nicht.
Mit der weltweit einzigartigen Freiheit der Pharmahersteller, den Preis für ein neu entwickeltes Medikament in Deutschland selbst festlegen zu können, geht es langsam zu Ende. Fast überall sonst müssen sie bereits verhandeln – etwa mit einer Zulassungsbehörde.
Versuche, die freie Preisbildung zu beschränken, etwa durch so genannte Positivlisten scheiterten in Deutschland regelmäßig, meist begründet mit den Forschungskosten der Hersteller. Dass die deutsche Politik oft stark auf die Industrie Rücksicht nehme, versteht etwa der Heidelberger Pharmakologe Ulrich Schwabe nicht: “Viele der deutschen Firmen sind doch längst durch internationale Konzerne aufgekauft worden.”
Quelle: FTD
„Mein Karstadt/Quelle-Aktienpaket war in der Spitze 3 Milliarden Euro wert. Heute sind es gerade noch 27 Millionen.“
„Wir leben von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten. Ich spare, wo ich kann. Wir reduzieren unsere persönlichen Ausgaben – von den Lebensmitteln bis zu Kosmetik und Kleidung“, sagt die Millionärin mit Ferienhäusern in Frankreich, Spanien und der Schweiz.
Quelle: Bild.de
Anmerkung WL: Die Armut ist in der Oberschicht angekommen. Schickedanz lebt auf Basis der Grundsicherung. Schaeffler musste den Pelz ablegen und trägt Windjacke. Merckle wirft sich vor den Zug.
Interessant ist, die unterschiedliche Tonart von BILD und BILD am Sonntag. Während man nach dem Beitrag in der BamS sich geradezu aufgerufen sah, einen Spendenaufruf zu verfassen, malt BILD das Bild eines Jammerlappens.
Der Radtechnikexperte Vatroslav Grubisic sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitagausgabe), die möglicherweise bevorstehende Zwangsuntersuchung aller Güterwaggons »würde ein Desaster und wahnsinnig teuer«. Er nannte das Verfahren eine Folge der bisherigen Arbeitsweise im Güterverkehr. »Es wurde verheimlicht, was sich da abspielt.« Viele Waggons würden mit Belastungen fahren, die bei der Zulassung nicht vorgesehen waren.
Quelle: Junge Welt
Anmerkung Orlando Pascheit: Der ansonsten so flotte “Spiegel” wagt nicht, Stellung zu beziehen. Zwar wird die hessische Landesärztekammer zitiert, die diese Diagnosen als “Gefälligkeitsbegutachtung” einschätzt, aber der entscheidenden Frage, wem diese Gefälligkeit erwiesen wurde, verweigert sich der Spiegel. Da war die Frankfurter Rundschau schon weiter.
Siehe: NDS vom 16. Juli, Punkt 16.
Dazu auch:
Freunde für Opel
Im Kampf um Übernahme des Opel-Mutterkonzerns GM sieht “Bild” den Finanzinvestor RHJ vor Konkurrent Magna. Dass Springer-Chef Mathias Döpfner im RHJ-Aufsichtsrat sitzt, schreibt die Zeitung nicht.
Quelle: Tagesspiegel
Die Deutsche Bahn AG schickte über den Werbezeitenvermarkter RMS einen Brief mit genauen Angaben an die Sender, wie denn eine positive Bahn-Berichterstattung auszusehen habe, wenn man das Angebot des Vermarkters für die Schaltung von Werbung im Radio annehme. Wie „unsere Mitkämpfer“ blogmedien.de auflisten, folgte zum Beispiel der Kommerzradiosender Radio Hamburg mit Freude. Ein Moderator schilderte eine Fahrt mit dem Autozug nach Bozen und bedankte sich dann für den tollen Bahn-Service.
Quelle: ver.di
Doch was sich aber seit Tagen und Wochen hier immer wieder ergießt, ist ein aggressiver Ton der Beschwichtigung, der alle Inhalte, all meine Empörung über Mißstände, meine ehrliche Entrüstung am real Gegebenen, zu einer Übertreibung herabmindern will. Weder würden Arbeitslose so leiden, noch würde die Bundeswehr unehrenhaft handeln und auch der Roma würde weniger angstvoll leben müssen, wie man das gemeinhin wahrnimmt, wie ich das gemeinhin wahrnehme. Besonders infam unterstellt man mir “Hetze von der anderen Seite”, weil ich eigentlich lebenswerte Zustände in Grund und Boden schrübe, wenngleich natürlich wenig talentiert und stilistisch zum Haareraufen.
Quelle: ad sinistram
Siehe dazu auch:
Leserbrief für die Atomlobby
Quelle: LobbyControl
Anmerkung WL: Auch die NachDenkSeiten bekommen natürlich Mails, deren Inhalte den Verdacht interessengeleiteter Beeinflussung erwecken. Bei uns hält sich das aber in Grenzen. Das liegt natürlich auch daran, dass wir kein Forum haben. Und wir haben deshalb kein Forum, weil wir schlicht nicht die Arbeitskapazität haben, die hunderte von Eingängen zu moderieren. Wir müssten jedoch moderieren, schon allein um nicht gegen die Netiquette zu verstoßen. Uns wird ein anderes Phänomen zurückgemeldet, nämlich dass Leserbriefe, die auf Beiträge oder Argumente der NachDenkSeiten Bezug nehmen – manchmal sogar mit dieser Begründung – von den Moderatoren der Foren etwa der Rundfunkanstalten oder von Zeitungen blockiert werden (…)
Unterschiede zeigen sich zwischen der Förderung von SchülerInnen und Studierenden. Während die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die BAföG erhielten, gleich blieb, bekamen mehr Studierende die Bildungsförderung (+3%). Etwas über die Hälfte der BAföG-EmpfängerInnen erhielt den maximalen Förderbetrag (52%), 48 Prozent eine Teilförderung. Die Zahl der Vollgeförderten ist um zehn Prozent gestiegen, die der Teilgeförderten um sechs Prozent gesunken. Die Steigerung der BAföG-Geförderten ist vor allem auf das 22. BAföG-Änderungsgesetz vom 1. August 2008 zurückzuführen, das höhere Freibeträge und Bedarfssätze vorsieht.
Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, kritisierte, das Eigenlob der Bundesbildungsministerin: „Schavan verkauft ein laues Lüftchen als Aufwind“. In ihrem „unverbesserlichen Irrglauben an ‚Privat vor Staat’“ wandele Schwarz-Gelb weiterhin auf dem „Studiengebühren- und Studienkredit-Irrweg“.
Quelle: Zweiwochendienst
Der SFB-Kritiker Peer Heinelt betrachtet in seinem Aufsatz “Herrschaftswissen. SFB 700: Ein Institut an der FU Berlin liefert Informationen und Strategiekonzepte für bundesdeutsche Großmachtpolitik” besonders argwöhnisch den Ansatz von Juniorprofessor Sven Chojnacki, einem der Projektleiter des SFB 700. Der Politologe Chojnacki arbeite an einem “Datenbankprojekt”, das Informationen zu “Akteurskonstellationen, Strukturbedingungen und Gewaltdynamiken inner- und substaatlicher Kriege nach 1990” bereitstellen solle. Sein erklärtes Ziel sei dabei die “präzise Erfassung von gewaltsamen Konflikthandlungen auf Ereignisbasis” und die Kartierung “lokaler, regionaler oder transnationaler Konfliktformationen”. Damit sei möglich, einen “systematischen Einblick” in “Eskalations- und Deeskalationsdynamiken” zu gewinnen. Neben Angaben zu den “militärischen und finanziellen Möglichkeiten der involvierten Akteure” solle die Datenbank auch “Informationen zu militärischen Handlungen” enthalten und “Häufigkeiten und Charakteristika externer Steuerungsversuche (militärische Intervention)” berücksichtigen.
Auf der Basis der Untersuchung der Modalitäten vergangener Bürger- und Interventionskriege würden also, so Kritiker Heinelt, Informationen über zukünftige Interventionsgebiete umfassend gebündelt und ausgewertet, wobei das Interesse vor allem rohstoffreichen Länder des Südens gelte.
Im Forschungsprojekt “Theoretische Grundlagen” des SFB 700 wird laut Peer Heinelt unter anderem der Frage nachgegangen, wie internationale Institutionen und NGOs (Non-Governmental-Organizations) eine so genannte “Good Governance” verdeckt steuern können und inwieweit externe Eingriffe und Aufbauhilfen notwendig wären.
Ob die ethische Seite solcher Forschungen wirklich ausreichend geklärt ist, dürfte zweifelhaft sein. Die Studien sind nicht so angelegt, dass sie Opfern von Ausbeutung und Unterdrückung Hilfe anbieten, sondern scheinen eher die Methoden kolonialistischer Herrschaft perfektionieren zu wollen.
Sichtbar werden dabei auch neue Steuerungsmodelle, die Herrschenden auch hierzulande helfen könnten: Wie man mittels NGOs (Bertelsmann Stiftung) und internationalen Organisationen (EU, Lissabon-Vertrag) eine im Sinne der so steuernden Akteure “gute Regierung” praktiziert, können wir gerade erleben
Quelle: Telepolis
Erstens: Sie haben 1982 das sogenannte Lambsdorff-Papier entworfen, das den Zweck hatte, über eine zugespitzte ökonomische Kontroverse innerhalb der regierenden Koalition diese zu beenden und die CDU/CSU an die Regierung zu bringen. Tatsächlich ist seither die öffentliche Gesamtverschuldung auf das Vierfache gestiegen, die Steuer- und Abgabenlast ist höher als jemals, vor allem hat die Arbeitslosigkeit ein unerhörtes Maß erreicht – lediglich die Inflationsrate ist geringer als 1982, als sie infolge der beiden Opec-Ölpreisexplosionen vorübergehend höher war. Müßten Sie nicht zugeben, daß Ihre und Lambsdorffs Erwartungen keineswegs eingetroffen sind?
Zweitens: Sie trugen im Frühjahr 1990 als persönlicher Berater des Kanzlers für Fragen der Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft mit der DDR hohe Mitverantwortung für schwere Fehler und utopische Versprechungen. Müßten Sie nicht heute zugeben, daß die mehr als hundertprozentige Aufwertung der Mark Ost eine der Hauptursachen für den Zusammenbruch der alten DDR-Industrie war? Oder daß das Versprechen, keinerlei Steuererhöhungen würden nötig werden, bodenloser Unfug war? Und ebenso die Verheißungen “blühender Landschaften” und westdeutscher Löhne im Osten binnen vier Jahren?
Drittens: Sie waren führend beteiligt an den Zinserhöhungen der Bundesbank, die nach 1990 den Geldmengenstoß wieder einfangen sollten. Sie waren beteiligt an der regelwidrigen Verweigerung einer dadurch notwendig gewordenen Anhebung der D-Mark-Wechselkurse innerhalb des Europäischen Währungssystems (EWS), an dessen totaler Verwässerung, indem die zulässigen Bandbreiten für Wechselkursschwankungen auf das mehr als Sechsfache erweitert wurden. Damit waren Sie zugleich beteiligt daran, daß dem Maastrichter Kriterium “Einhaltung der normalen Bandbreiten des EWS”, gerade erst beschlossen, die Grundlage entzogen wurde. Müssen Sie nicht heute zugeben, daß damit der Ecu de facto abgeschafft wurde, welcher an den Finanzmärkten der Welt gut eingeführt und für die Währungsunion hervorragend geeignet war? Ein böser Fehler!
Die Bundesbank, deren Direktorium Sie seit Anfang 1990 zugehören, hat die Formulierung der Maastrichter Konvergenzkriterien stark beeinflußt. Aber weder die Bundesbank noch das Finanzministerium hat jemals öffentlich begründet, warum die Gesamtschuld eines Teilnehmerstaates nicht höher sein soll als sechzig Prozent seines laufenden Sozialproduktes. Wieso funktioniert denn aber bereits seit den frühen zwanziger Jahren die Währungsunion zwischen Belgien und Luxemburg, und wieso ist der Wechselkurs des belgischen Franc relativ stabil gegenüber der Welt, obschon Belgiens Gesamtverschuldung heute bei dem Doppelten und diejenige Luxemburgs bei nur einem Zehntel des Kriteriums liegt?
Ebenso ist das andere schuldenrelevante Kriterium ökonomisch nicht begründet, nach dem die jährliche Kreditaufnahme eines Teilnehmerstaates nicht höher sein soll als drei Prozent seines Sozialproduktes. Wenn ein Staatsvolk viel spart, dann kann der Staat durchaus höhere Kredite aufnehmen, ohne damit die Finanzierung privatwirtschaftlicher Investitionen zu behindern; wenn aber ein Volk wenig oder gar überhaupt nichts spart, dann sind drei Prozent als Grenze für staatliche Kreditaufnahme viel zu hoch!
Quelle: Die Zeit 1996
Anmerkung WL: Sie erinnern sich: Tietmeyer ist Kuratoriumsvorsitzender der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und war zuletzt Mitglied im Aufsichtsrat der HRE. Er ist mitverantwortlich dass der Steuerzahler diese Bank mit hundert Milliarden Euro stützen muss. Und dennoch wollte ihn Merkel zum Vorsitzenden der Expertengruppe zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine neue Weltfinanzordnung machen.
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