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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 19. Februar 2008 um 9:19 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Das Gerede vom zwangsläufig ineffektiven Staat als Eigentümer dient vor allem dazu, sinnvolle Regulierungsversuche durch den Staat zu diskreditieren. Es entlässt die Politiker aus der Verantwortung. Das wiederum gefällt manchen Bankern, macht es damit aber nicht richtiger.
Es gibt immer noch Leute, die die Staatsbeteiligung an Banken als das eigentliche Übel in der aktuellen Krise sehen. Vermutlich geht diese Ansicht auf einen lange eingeübten Reflex zurück. Was des Staates ist, kann danach nicht des Marktes und muss deshalb ineffizient sein. Wer so denkt, dem mutiert unter der Hand die Düsseldorfer Bank IKB ganz schnell zu einer Staatsbank – schon wegen ihres spektakulären Wertberichtigungs- und Abschreibungsbedarfs. Da sich der Bund dieser Nöte in geradezu liebevoller Weise annimmt und dem privaten Bankgewerbe bei den Sanierungsbeträgen nur Kleckerbeträge übrig lässt, müsste also die Verantwortung (und das schlechte Gewissen?) der öffentlichen Hand für das kleine Institut beachtlich sein.
Tatsächlich hat ja Hans Eichel, damals Bundesfinanzminister, im Jahr 2001 die bundeseigene Bank KfW angewiesen, der Allianz ihren Anteil an der IKB für gutes Geld abzukaufen. Diesen Gefallen konnte er damals Paul Achleitner, Manager des umfangreichen Beteiligungsportefeuilles der Allianz, schlecht abschlagen. Auf die Münchner Versicherung ganz speziell zugeschnitten hatte Hans Eichel ja schon zuvor die revolutionäre Steuerbefreiung von allen Gewinnen, die beim Verkauf von Unternehmensbeteiligungen anfallen. So eine Steuerbefreiung kann ihre segensreiche Wirkung ja gar nicht entfalten, wenn keine Beteiligungen mit Gewinn verkauft werden. In einem fallenden Aktienmarkt, ähnlich wie jetzt, hatte es die Allianz 2001 nicht leicht, ihr IKB-Paket zu einem guten Preis loszuwerden. Da war es nur konsequent von Eichel, öffentliche Gelder zum Erwerb eines 38-Prozent-Pakets an der Mittelstandsbank einzusetzen. Wäre Eichel der Sparminister gewesen, als der er sich öffentlich ausgab, und wäre die Allianz noch heute größter Aktionär bei der Bank, dann – so nehmen die Vertreter der These vom schädlichen Staatseinfluss vermutlich an – wären die außerbilanziellen Engagements der IKB in strukturierten Kreditprodukten niemals vorgekommen.
Angesichts der riesigen Beträge, die Großbanken wie UBS, Merrill Lynch, Citicorp oder HSBC ganz ohne Staatseinfluss in den Sand gesetzt haben, ist die These vom generell schädlichen Staatseinfluss ernsthaft nicht zu vertreten. Zu behaupten, dass staatlicher Einfluss gar keinen Einfluss auf die Geschäftsergebnisse der Banken hat, wäre andererseits auch übertrieben. Es kommt eben darauf an, welche Politik welcher Staat gerade betreibt. Hans Eichel war mit seiner blinden Hörigkeit gegenüber der Finanzlobby sowie der verfehlten Steuerreform ein Beispiel für misslungene Finanzpolitik. Ein Beispiel für kluges staatliches Handeln ist in Spanien zu betrachten. Unter den Großen der internationalen Bankbranche, die satte Abschreibungen auf ihre Kreditportefeuilles vornehmen und außerbilanzielle Vehikel auf ihre Bücher transferieren müssen, findet sich erstaunlicherweise keine spanische Bank. Eine Erklärung für das Phänomen fand sich kürzlich in der Financial Times. Vor einigen Jahren hätten, so wird dort berichtet, einige spanische Institute bei der Zentralbank nachgefragt, ob sie Einwände habe gegen die Einrichtung außerbilanzieller Vehikel wie die mittlerweile berüchtigten SIVs. Die Bank von Spanien hatte solche Einwände und verlangte auf SIVs die übliche achtprozentige Eigenkapitalunterlegung, womit der Anreiz für die Banken erledigt war.
Quelle: FTD
Anmerkung WL: Der ausnahmsweise etwas längeren Auszug aus dem Beitrag von Lucas Zeise erklärt sich damit, dass ich bevor ich ihn las, gerade dabei war einen Text über die jetzt weit verbreitete These zu schreiben, dass die Staatsbeteiligung der Hauptgrund für die deutsche Bankenkrise sei und das Spekulantentum von IKB oder WestLB als Anlass für eine allgemeine Privatisierungsdebatte genommen wird. Lucas Zeise hat mir meine Argumente weitgehend vorweggenommen.
Ich möchte Sie zum Eindruck, die IKB sei eine staatliche Bank, auch nochmals auf meinen Beitrag „IKB: Sozialisierung der Verluste zur Stabilisierung des Bankenplatzes Deutschland“ verweisen.
Anmerkung AM: Lesenswert, erstens wegen der Informationen über die Liebesdienste des angeblichen Sparkommissars Hans Eichel für die Allianz AG (der Übernahme des IKB-Pakets der Allianz durch die bundeseigene KfW). Das ist wiederum ein Fall, an dem deutlich wird, wie wichtig es wäre, über eine Privathaftung von Politikern bei offensichtlich falschen Entscheidungen zu Gunsten privater Interessen nachzudenken. Zweitens wegen des Beispiels der Bankenaufsicht in Spanien und drittens wegen der Informationen darüber, dass bei uns auch jetzt noch nicht daran gedacht wird, effizientere Regeln der Bankenaufsicht einzuführen.
Anmerkungen Martin Betzwieser: Herbert Rische ist Präsident der Deutschen Rentenversicherung, und dieses Internetportal „Ihre Vorsorge“ ist „Eine Initiative der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See“. Und hier werden weder höhere Rentenzahlungen noch eine Abweichung vom Renteneintrittsalter 67 als Option dargestellt, sondern nur Beitragssenkungen. In diesem Zusammenhang sind auch die Hinweise auf die attraktiven Möglichkeiten der Riester-Rente (unten rechts) bemerkenswert – als würde das Schwein Werbung für den Schlachthof machen.
Anmerkung G.G.: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Stichwortgeber für BDI-Propaganda. Versuchen Sie mal ein kritisches Infragestellen platter Phrasen zu finden.
Anmerkung WL: Ein ganz typisches Beispiel dafür, wie die sog. „Reformer“ das Scheitern ihrer Rezepte zu verleugnen versuchen, indem sie nach einer Erhöhung der Dosis rufen. Hat etwa der Sparkurs Eichlers zu einer Konsolidierung der Haushalte beigetragen? War es das Sparen oder war es die Konjunktur, die zu einer Senkung der Kreditaufnahme geführt hat?
Anmerkung WL: Der Mecky (McKinsey-Netzwerker) Zumwinkel wird dieser Tage oft als vorbildlich sozialer Manager dargestellt. Er war auch Präsident des wesentlich von der Post finanzierten Think Tanks „Institut zur Zukunft der Arbeit“ (IZA). Lesen sie nur einmal beispielhaft, welche Studien dort in Auftrag gegeben wurden.
Acht Häuser für Lakeisha
Ganz vorn in Jacksons Klageschrift steht die Deutsche Bank, 60 Wall Street, New York. Über 4750 Häuser hat diese in den vergangenen vier Jahren in Cleveland räumen lassen. Mehr als jede andere Bank. So ließ die Deutsche Bank im November 2007 das erste Haus von Lakeisha Williams zwangsversteigern. Das zweite kam am 17. Januar 2008 unter den Hammer. Die Gerichtsbriefe für das dritte Haus schickt die Post seit Ende des Jahres an den Absender zurück, »Adressat unbekannt verzogen«.
Die Banker (der Deutschen Bank) bündelten solche Hypotheken, die sie fleißig im ganzen Land zusammenkauften, zu Packen von jeweils einigen Tausend. Und so wie ein Chocolatier den Prozentsatz an echtem Kakao in der Schokolade festlegt, bestimmten die Banker den Prozentsatz an Erste-Klasse-Krediten im jeweiligen Packen. Je mehr Zweite-Klasse-Kredite wie der von Lakeisha Williams beigemischt wurden, desto höher waren der Zinssatz und der erwartete Gewinn des Pakets, desto süßer schmeckte die Mischung. 2005 waren 20 Prozent aller neuen Kredite subprime. Sie hatten einen Wert von 625 Milliarden Dollar.
Um das Risiko dieser Kreditbündel zu bestimmen, ließ die Deutsche Bank die Packen von einer Ratingagentur begutachten. Auch die Ratingagentur guckte in ihre Computer. Anhand der Studien und Datenreihen dort bestimmte sie, wie die Rückzahlerquote der unterschiedlichen Kredittypen in dem Paket in den letzten Jahren waren. Und die Daten sagten der Ratingagentur, historisch gesehen seien diese Hypotheken sehr sicher.
Quelle: Die Zeit
Anmerkung WL: Ein Beispiel dafür, warum die Deutsche Bank so gute Rendite erzielte und warum sie so glimpflich aus der Subprimekrise herauskam: Sie hat diese Subprime-Geschäfte selbst getätigt und die faulen Kredite rechtzeitig abgestoßen; da sie wusste, worum es sich bei den von Ratingagenturen als sicher gehandelten Hypotheken tatsächlich handelte, war sie nicht so doof wie andere Banken, die auf ihren faulen Wertpapier-Paketen sitzenblieben. Wenn man die Täuschung kennt, fällt man auf betrügerische Machenschaften auch nicht mehr so leicht herein.
In den vergangenen zehn Jahren blieb der Anteil der Studierenden mit ausländischer Nationalität, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im deutschen Bildungssystem erworben haben, mit 2,9% annähernd konstant.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Anmerkung WL: Die Zahlen etwa für die Grundschulen machen deutlich, dass die dramatisch hohen Ausländeranteile nur für ganz wenige Schulen zutreffen können. Außerdem belegen diese Zahlen – jenseits von Pisa – die soziale Selektivität unseres Bildungssystems.
Die Umfrage zeigt außerdem, dass die deutschen Bürger Wettbewerb unter den Bundesländern ablehnen. Deutschlandweit zieht eine große Mehrheit der Befragten die Solidarität zwischen den Ländern dem Wettbewerb vor. In Sachsen-Anhalt ist die Zustimmung mit 96 Prozent am größten, in Bayern mit 83 Prozent am niedrigsten. Die Solidarität unter den Bundesländern wird auch in allen Geberländern des Länderfinanzausgleichs klar befürwortet. Bundesweit sprechen sich drei von vier Bürgern für die Beibehaltung des Länderfinanzausgleichs aus.
Quelle 1: Bertelsmann Stiftung
Quelle 2: Umfrage [PDF – 1,7 MB]
Anmerkung WL: Die Bertelsmann Stiftung plädiert aus Effizienzgründen für eine Reduzierung der Zahl der Bundesländer. Deswegen die suggestive Überschrift: „Jeder vierte Bürger hält die Bundesländer für überflüssig.“ Das heißt allerdings tatsächlich, dass 75% der Bürger die Länder eben gerade nicht für überflüssig halten. Eine ähnliche, manipulative Verdrehung liegt in der Aussage, dass die Mehrheit in acht von 16 Bundesländern für eine Fusion mit einem Nachbarland eintritt.
Aber tatsächlich wollen 60% der Bürger keinen Zusammenschluss. Zu einem Zusammenschluss gehören eben immer zwei oder mehrere. Abstrakt mag man für einen Zusammenschluss sein, wenn es dann aber konkret wird bei der Frage Zusammenschluss mit welchem Land, sieht die Sache anders aus. Siehe etwa die Volksabstimmungen in Berlin und Brandenburg. Würden die Bremer für einen Zusammenschluss mit Niedersachsen stimmen oder die Schleswig-Holsteiner für einen Zusammenschluss mit Hamburg? Das ist doch die viel entscheidendere Frage, und deshalb gibt solchen Volksabstimmungen kaum jemand eine Erfolgsaussicht.
Interessanter finde ich die Befunde, dass 88% der Deutschen keinen Wettbewerbsföderalismus möchten. Das ist wieder einmal ein nachdrücklicher Beleg dafür, wie die Politik an den Wünschen und Vorstellungen der übergroßen Mehrheit vorbei entscheidet. Die Föderalismusreform, die ganz im Sinne der Bertelsmannschen Vorstellungen der Herrschaft des Wettbewerbsprinzips politisch durchgesetzt wurde, hat gerade die Abkehr vom kooperativen zum Wettbewerbs-Föderalismus gebracht.
Anmerkung AM: Man muss dieses Stück nicht lesen. Wer sich aber dafür interessiert, was der ehemalige Leiter des Berliner Büros des Spiegels in Amerika treibt, sollte mal rein schauen. Steingart agitiert weiter.
Vergleiche dazu den Eiertanz von Hans-Gert Pöttering (CDU), Präsident des Europa Parlaments (DLF-Interview zur Unabhängigkeit des Kosovo).
Quelle: DLF (Audio/MP3)
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