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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Nachtrag zum Hamsterfilm des BMF – Leser machen auf dreiste Manipulation aufmerksam
Datum: 17. September 2007 um 9:41 Uhr
Rubrik: Finanzpolitik, Manipulation des Monats, Schulden - Sparen
Verantwortlich: Albrecht Müller
Die NachDenkSeiten gewinnen immer wieder durch spannende Hinweise unserer Leser. So erreichten mich nach Veröffentlichung des Beitrags über den Hamsterfilm des Bundesministers der Finanzen zur Staatsverschuldung zwei Mails mit konkreten Hinweisen auf Manipulationen. Einer unserer Leser beschaffte sich beim BMF die Daten zur Pro-Kopf-Verschuldung von 1950 bis 2006, wandelte das Datenmaterial in zwei Grafiken um und verglich diese mit der einschlägigen Grafik im Film des BMF. Das ist eine sehr verdienstvolle Arbeit, weil sich daran nicht nur zeigen lässt, wie mit einfachen Tricks eine Abbildung zu Stande kam, die die Agitation des Hamsterfilms stützen sollte. An den beiden Grafiken wird der in meinem letzten Beitrag schon angesprochene Zusammenhang zwischen einer guten konjunkturellen Entwicklung und der Chance zum Schuldenabbau an mehreren Stellen deutlich und es lassen sich einige der gängigen Vorurteile über verschiedene Zeiträume der letzten 55 Jahre in Luft auflösen. Albrecht Müller.
Da die Staatsverschuldung und die Frage, wie wir davon loskommen, viele Menschen bewegt, gehe ich einigermaßen ausführlich auf die Entwicklung ein. Dabei wiederhole ich nicht die Argumente und Fakten des Beitrags vom vergangenen Freitag. Wer sich für das Thema interessiert, und wer den Hamsterfilm noch nicht gesehen hat, sollte sich jenen Tagebucheintrag noch ansehen.
Nun zunächst zu den Manipulationsversuchen:
Ich zitiere dazu die beiden erwähnten Mails von Benutzern der NachDenkSeiten:
Soeben habe ich mir Ihren Beitrag zu dem Hamsterfilm angeschaut. Als ich mir die Grafik zur Pro-Kopf-Verschuldung genauer ansah, wurde ich stutzig: Die Zeitachse verläuft nicht linear, der Zeitraum 2000-2006 ist so breit wie es eigentlich 2000-2010 sein müßte. Allerdings sind die Y-Werte auch nicht vollständig linear aufgeführt.
Mich wunderte, daß man die in der Grafik zur Gesamtverschuldung sichtbare Abnahme der Neuverschuldung zwischen 1995 und 2000 nicht in der Hamster-Grafik bemerken kann, als Wendepunkt mit folgender geringerer Steigung.
Daher schaute ich mir die Zahlen des Finanzministeriums an und erstellte selbst auf der Basis der Original-Dateien des BMF eine Grafik. In dieser läßt sich die Beziehung zur Gesamtverschuldung, speziell der Rückgang zwischen 1995 und 2000 und der stärkere Anstieg danach, besser erkennen.
In der “Hamstergrafik” dagegen erscheint nur 2003 als leichter Wendepunkt zu einer geringeren Zunahme, so als ob es in den Jahren zuvor keine solche Entwicklung gegeben hätte.
Ein interessanter Punkt ist vielleicht auch der Wert für 1990. Durch die Wiedervereinigung wurden in die Berechnung der Pro-Kopf-Verschuldung nicht mehr 62 Millionen Menschen wie im Vorjahr, sondern 80 Millionen einbezogen. Dadurch fiel der Pro-Kopf-Wert niedriger aus als in den Jahren zuvor, obwohl die Gesamtverschuldung stieg.
Und nun die zweite Mail:
Ich würde gern auf die Technik der Manipulation hinweisen. Täuschung wird u.a. erreicht durch folgende Punkte:
- die Einteilung der Zeitachse ändert sich in der Grafik — vor 2000 entspricht der Abstand der Balken etwa 1 Jahrzehnt, danach plötzlich 6 Jahren. Damit erhält der jüngste Anstieg dieselbe Richtung wie das Jahrzehnt zuvor.
- Die Höhe der Schuldenbalken ist nicht linear. Damit fällt der viel steilere Anstieg zwischen 1990 und 2000 bzw. der Rückgang der Neuverschuldung zwischen 1997 und 2000 völlig unter den Tisch. Die Rolle des prozyklischen Sparens kann gar nicht interpretiert werden. Deshalb fehlt auch …
- … die senkrechte Achse, ggf. mit horizontalen Hilfslinien. Mit einer solchen würde man diesen Trick schnell entlarven.
- Informationen zum Verlauf zwischen 1990 und 2000 fehlen völlig. Die Neuverschuldung nahm zwischen 1997 und 2000 deutlich ab.
- Der Graph suggeriert einen Trend in eine Zukunft, für die noch gar keine Daten vorliegen.
Und nun zusammenfassend zur Performance in Sachen Staatsverschuldung in den vergangenen 5 1/2 Jahrzehnten und zu interessanten Zusammenhängen zwischen der konjunkturellen Entwicklung und der Entwicklung der Staatsverschuldung.
Basis der Betrachtung sind die beiden Abbildungen der Staatsschulden je Einwohner – einmal als Linie mit Punkten und dann mit Balken und den Ziffern der Pro-Kopf-Verschuldung:
Jetzt wäre noch interessant zu erfahren, wieviel der Bundesminister der Finanzen für diesen manipulativen Film bezahlt hat.
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