Schlagwort:
Breivik, Anders

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Leserbriefe zu „Eine schrecklich schweigsame Familie: Die Kirchen sollten jetzt massiv zurückgedrängt werden“

Der Artikel “Eine schrecklich schweigsame Familie: Die Kirchen sollten jetzt massiv zurückgedrängt werden” stieß, wie zu erwarten auf ein großes breit gefächertes Echo bei den Lesern der Nachdenkseiten. Auch in der Redaktion gibt es unterschiedliche Meinungen über die Form, den Sinn und den Inhalt einer Kirchenkritik. Deshalb, und weil einige Leser, teilweise zu Recht, sehr pikiert waren, gibt es zu diesen Leserbriefen auch noch eine kurze Vorbemerkung des Herausgebers Albrecht Müller. Vielen Dank an alle Leser, für ihre Beiträge! Zusammengestellt von Moritz Müller.

Von Orlando bis München: Amok oder Terror?

Der Amoklauf von München markiert den vorläufigen Schlusspunkt einer Blutspur, die Terrorakte und Amokläufe in den letzten Monaten durch Europa gezogen haben. In den USA sind Amokläufe beinahe alltägliche Ereignisse. Die Grenzen zwischen Amok und Terror sind unscharf und müssen in jedem einzelnen Fall bestimmt werden. Den Opfern und ihren Angehörigen wird es egal sein, welcher Kategorie die Mörder zugeordnet werden. Einer kritischen Öffentlichkeit kann es indessen nicht gleichgültig sein, wie Verbrechen gesellschaftlich angeeignet und codiert werden. Mit Etikettierungen verbinden sich strategische Interessen, und zwar sowohl auf der Seite der Täter als auch der Gesellschaft. Von Götz Eisenberg[*].

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Verrückt“ oder „böse“? Zum Prozessauftakt gegen Anders Behring Breivik

Amokläufe enden meist mit dem Tod des Amokläufers, der sich am Ende seines mörderischen Wütens selbst umbringt, von den Sicherheitskräften getötet wird oder sich von der Polizei umbringen lässt. Man hat es oft bedauert, dass man sie deswegen nicht vor Gericht stellen und der irdischen Form der Gerechtigkeit zuführen kann.
Wie schwer sich allerdings eine Gesellschaft mit einem überlebenden Amokläufer und der juristischen Wahrheitsfindung tun kann, ist seit Juli 2011 in Norwegen zu beobachten. Der Prozess gegen Anders Breivik wird am heutigen Montag beginnen und wir können gespannt sein, wie das Gericht in der umstrittenen Frage der Schuldfähigkeit entscheidet und wie es seine von Größen- und Allmachtsphantasien und paranoiden Projektionen durchtränkte Programmatik wertet: böse oder krank, Gefängnis oder Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt? Gespannt aber vor allem auch darauf, was der Prozess an wirklicher Aufklärung über die Hintergründe und Motive der Tat und für die Aufrechterhaltung des Zusammenhalts der norwegischen Gesellschaft leistet. Von Götz Eisenberg

Vom braunen Jucken – Ein Rückblick auf die Tat des Anders Behring Breivik

Zur Erinnerung: Am 22. Juli 2011 zündete der 32-jährige Norweger Anders Behring Breivik zunächst im Regierungsviertel in Oslo Bomben, wobei sieben Menschen ums Leben kamen. Dann fuhr er zur Insel Utoya und eröffnete das Feuer auf Jugendliche, die dort ihre Ferien in einem Lager der Norwegischen Arbeiterpartei verbrachten. Im Laufe von 60 Minuten erschoss er 69 Jugendliche. Ein Deutungsversuch von Götz Eisenberg

Es lebe die Anonymität im Netz!

Zwei Wochen nach den schrecklichen Anschlägen in Norwegen wagt sich Innenminister Hans-Peter Friedrich aus der Deckung und versucht in einem Interview mit dem SPIEGEL Kapital aus dem Fall Breivik zu schlagen. Nicht die rechtspopulistische Hetze als solche, sondern das Internet trage die Verantwortung für die „Radikalisierung des Einzeltäters“, so die Quintessenz des Interviews. Nicht Aufklärung und die politische Auseinandersetzung, sondern die Aufhebung der Anonymität im Netz sei ein probates Mittel, um die Radikalisierung zu verhindern. Dabei geht es jedoch weniger um Klarnamen und Anonymität, als vielmehr um die Verlagerung der Diskussion um Rechtspopulismus auf ein „Netzthema“. Von Jens Berger

Die Verschiebung der Achse nach Rechts ist das Ergebnis eines Zusammenspiels von solchen, die sich Demokraten nennen, mit der Rechten – verbunden über „kommunizierende Röhren.“

Mit bisher drei Beiträgen sind wir bei der Analyse der Gewalttat in Norwegen auf die Rolle der „Brandstifter“ eingegangen – hier, hier und hier. Ich verstehe, dass sich die möglichen Brandstifter gegen diesen Vorwurf wehren. Aber sie täten besser daran, darüber nachzudenken, wie eng ihr Denken und Handeln mit dem Gewalttäter von Norwegen verbunden ist und wie weit dies zurückreicht. Politik, Wissenschaft und Publizistik sind in vielfältiger Weise und seit langem mit der gewaltbereiten Rechten verbunden – viele sicher ohne es zu wollen, aber das macht im Ergebnis keinen Unterschied. Ich bin einigen Belegen für diese Beobachtung nachgegangen und skizziere sie im Folgenden. Das sind Denkanstöße für eine Einordnung des Geschehens und der weiteren Entwicklung. Albrecht Müller.

Die Brandstifter wehren sich – die Springer-Zeitungen blasen zum Gegenangriff

Ein bisschen scheinen die Zeitungen des Axel Springer Verlags doch vom schlechten Gewissen geplagt zu sein, wenn sich sowohl die „bürgerlichere“ „Welt“ als auch das Boulevardblatt „Bild“ zu massiver Selbstverteidigung wegen der in manchen Medien zu findenden Kritik an ihrem Starjournalisten Henryk M. Broder oder an ihrer „Bauchredner-Puppe“ Thilo Sarrazin veranlasst sehen.
Von Wolfgang Lieb.

„Wehre den Anfängen! Zu spät wird die Medizin bereitet, wenn die Übel durch langes Zögern erstarkt sind.“

So lautet das vielzitierte vollständige Zitat des römischen Dichters Ovid. Sind wir in Deutschland nicht über die Anfänge längst hinaus? Hat das Suchen nach einer Medizin überhaupt schon begonnen? Während der norwegische Ministerpräsident als Antwort auf die Terroranschläge
„mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Humanität“ fordert, trumpfen bei uns die Sicherheitsfanatiker und die abwiegelnden Brandstifter auf. Das Feindbild des „Islamismus“ wird verstärkt und die rechte Gewalt verharmlost – dabei ist die Gefahr des Rechtspopulismus und Rechtsextremismus viel größer. Von Wolfgang Lieb

Der Brandstifter und die Biedermänner

Politik und Medien gaben sich sehr überrascht, als offenbar wurde, dass die Terroranschläge in Norwegen von einem bekennenden „Konservativen“ verübt wurden. Diese Überraschung ist aber schlussendlich nur ein Beleg für Blindheit auf dem „rechten“ Auge. In den letzten Jahren hat sich der rechte Rand merklich radikalisiert. Anstatt diese Radikalisierung zum Thema zu machen und auf die Gefahren hinzuweisen, haben Politik und vor allem die Medien sie stattdessen in unverantwortlicher Weise angeheizt. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Gerade auch Deutschland ist nicht vor einem Terrorismus von rechts gefeit. Von Jens Berger