Hinweise des Tages
(KR/WL)
Heute unter anderem zu folgenden Themen
- Reformen in Holland: Auf der anderen Seite ist das Gras immer grüner
- Neues Taktgefühl bei der Arbeit
- Schwarzarbeit als Notwehr gegen den Staat?
- Enteignung von Frührentnern
- 10.000 Euro sind den Ärzten nicht genug
- 1758 Euro für einen Job
- Atommüll nach Celle
- Heuschrecken erfinden sich neu
- Machenschaften um die IKB werden nicht untersucht
- 10 Prozent Lohnerhöhung reichen Ärzten nicht
- Georgisches Militär in Deutschland trainiert
- Gorbatschows Kaukasus-Analyse
- UN: Deutsche Schulen diskriminieren sozial Benachteiligte – Deutsche sehen das auch so
- Studieren auf Hartz IV – Niveau
- Leerveranstaltungen an Privatuni
- Medienkritik
- Nochmals Haftung bei Atomunfällen
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Niederlande: Brodeln im Vollbeschäftigungsland
Die Niederlande haben die geringste Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union. Doch mit den Reformen ist noch lange nicht Schluss. Denn dem Land drohen die Arbeitskräfte auszugehen. Deshalb soll der Sozialstaat wieder einmal umgebaut werden.
Quelle: FAZAnmerkung:
Zitat:
Wenn Niederländer erst einmal unbefristet angestellt sind, genießen sie einen in Europa fast einzigartigen Schutz. Denn Kündigungen können nur durch die Arbeitsvermittlung CWI oder die Gerichte ausgesprochen werden. Das ist in der Regel langwierig und teuer: Vergangenes Jahr gaben die Unternehmen für Abfindungen rund 3,5 Milliarden Euro aus.
In den Niederlanden gibt es einen Mindestlohn von 8,17 Euro pro Stunde. Das wird die FAZ nicht daran hindern, Kündigungsschutz und Mindestlohn auch in Zukunft für beschäftigungsschädlich zu erklären.
- Neues Takt-Gefühl
“Menschliche Arbeitswelten” waren gestern: An den Fließbändern hat eine stille Revolution begonnen – vorwärts in die Vergangenheit stupider Handgriffe wie zu Zeiten Henry Fords.
Quelle: SPIEGEL - Schwarzarbeit boomt gewaltig
Auch der Staat macht Jagd auf Schwarzarbeiter. Kein Wunder: Durch nicht gezahlte Steuern und Sozialbeiträge entstehen Schäden in Milliardenhöhe. Expertenschätzungen zufolge hatte die Schattenwirtschaft im vergangenen Jahr in Deutschland ein Volumen von rund 350 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 3,5 Milliarden gegenüber 2006.
Die enorme Belastung der Löhne durch Steuern und Sozialabgaben ist laut Wirtschaftswissenschaftlern Hauptursache für Schwarzarbeit. Prof. Karl-Heinz Paqué, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Magdeburg.Fakt ist aber: mit den Abzügen für Steuern und Sozialabgaben liegt Deutschland weltweit im Spitzenfeld.
Quelle: ARD plusminusAnmerkung Roger Strassburg: Detektive im Auftrag der Personalabteilung, die einen Mitarbeiter beschatten, der krankfeiert und schwarz arbeitet. Man schaut bei den Ermittlern zu, es kommt einem wie eine Verbrecherjagd vor. Und siehe da, der Mitarbeiter arbeitet schwarz, wie es viele tun, weil sie von ihrem normalen Lohn nicht leben können.
Die Lösung? Was könnte es sonst sein, als die “enormen” Steuern und Sozialabgaben zu senken, denn “mit den Abzügen für Steuern und Sozialabgaben liegt Deutschland weltweit im Spitzenfeld. Immer mehr Menschen sind knapp bei Kasse.” Ja, da haben wir es wieder, der Staat ist daran schuld. Kein Wort darüber, dass dies nur die Belastung für Sozialvorsorge vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer verlagern, also den überlasteten Mitarbeiter noch mehr belasten statt entlasten würde.
Auf die naheliegende Idee mehr Brutto zu bezahlen oder gar einen Mindestlohn einzuführen, kommt man natürlich nicht.
Die Mehr-Netto-Kampagne geht weiter, in diesem Fall mit unseren Rundfunkgebühren. Dreister geht’s nimmer.Ergänzende Anmerkung WL: Schwarzarbeit wird ähnlich wie Steuerhinterziehung oder Steuerflucht als Notwehr gegen den alles verschlingenden Staat dargestellt.
Der Beitrag strotzt darüber hinaus nur so von Fehlinformationen und tendenziösen Behauptungen.Da wird z.B. Schwarzarbeit mit „Schattenwirtschaft“ gleichgesetzt, zur Schattenwirtschaft gehören aber etwa auch Drogen-, Frauen- und Waffenhandel, Diebstahl, Hehlerei usw.. Was von den angeblichen 350 Milliarden zu halten ist siehe Schwarzarbeit in Deutschland oder die langen Schatten des Prof. Schneider.
Dem Statistischen Bundesamt zufolge liegt Deutschland im Vergleich mit 27 EU-Staaten beim Gesamtanteil der „indirekten“ Arbeitskosten auf Platz 14, bei den per Gesetz vorgeschriebenen Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung sogar nur auf Rang 17 (vgl. Das kritische Jahrbuch, Nachdenken über Deutschland und Lohnnebenkosten – die Wirklichkeit zerstört einen Mythos nach dem anderen).
- Wie künftige Rentner enteignet werden
Bis Ende 2007 konnten Erwerbslose, die mindestens 58 Jahre alt waren, weiterhin Arbeitslosengeld oder ALG II beziehen, ohne dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen zu müssen. Nach Auslaufen dieser Regelung ist das für rund 360000 ALG-II-Empfänger vorbei – obwohl es für sie praktisch keine Jobs gibt. Auch Arbeitssuchende ohne Leistungsbezug, die zum Teil kurz vor der Möglichkeit stehen, in Rente zu gehen, werden mit neuen Sanktionen bedacht.
Quelle: junge WeltAnmerkung WL: 2008 endete die befristete 58er-Regelung, die noch aus der Ära Kohl stammt. Damit konnten ältere Arbeitslose offiziell darauf verzichten, dass ihnen ein neuer Job vermittelt wird, und erhielten trotzdem weiter Arbeitslosenunterstützung. Für ältere Hartz-IV-Empfänger hat es schwerwiegende Folgen, wenn diese Bestimmung gestrichen wird. Statt bis 65 Arbeitslosengeld II zu beziehen, ohne dass ihnen Jobs angeboten werden, müssen sie dann so früh wie möglich in Rente gehen – auch wenn das dauerhafte Abschläge beim Ruhegeld bis zu 18 Prozent bedeutet. Und wenn sie nicht selbst den Rentenantrag stellen, kann das an ihrer Stelle die zuständige Behörde tun, sogar gegen ihren Willen.
Arbeitslose, die 58 Jahre oder älter sind und die von der sog. “58er-Regelung” Gebrauch gemacht haben, müssen sich von der Politik in besonders zynischer Weise getäuscht fühlen. Viele Menschen, die sich mit dem Versprechen, bis zur Rente ohne Abschläge Arbeitslosengeld oder –hilfe beziehen zu können, aus ihrem (ungekündigten oder gar unkündbaren) Beruf haben drängen lassen, werden sich nun ein weiteres Mal betrogen fühlen.
- 10.000 Euro sind nicht genug
Sollen die Ärzte gut verdienen? Ja, selbstverständlich. Sollen sie sehr gut verdienen? Ja, meinetwegen gern. Darum geht es nicht. Es geht um die Frage: Sollen sie sehr gut verdienen, gleichzeitig ständig jammern und 10 Prozent Lohnerhöhung als unzureichend zurückweisen?Derzeit verhandeln die Ärzte-Funktionäre (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Andreas Köhler) mit den Krankenkassen über eine Erhöhung des Ärztehonorars ab 1. Januar 2009. Die Kassen haben den Ärzten 2 Milliarden Euro angeboten. Die Ärzte-Funktionäre sagen, die angebotene Erhöhung betrage, wenn man richtig rechne, nur 1,4 Milliarden Euro. Gut. Gehen wir mal davon aus, es seien „nur“ 1,4 Milliarden Euro.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat 132.900 Ärzte als Mitglieder, dazu kommen 15.400 Psychotherapeuten. Zieht man von der Gesamtzahl die Privatärzte ohne Kassenzulassung ab, kommt man auf rund 140.000 Ärzte. Bereits die von den Krankenkassen angebotenen 1,4 Milliarden Euro würden also für jeden Arzt durchschnittlich eine Honorarerhöhung von 10.000 Euro pro Jahr bedeuten, pro Monat wäre es ein Plus von 830 Euro.
Quelle: stern blogs - Berlin will Ausschuss zur IKB abwenden
Die Affäre um Milliardenverluste der IKB wird aller Voraussicht nach nicht Gegenstand eines Untersuchungsausschusses. Die Bundesregierung hat der FDP stattdessen ein Gespräch zur Aufklärung der Affäre angeboten. Den Liberalen, ohne deren Zustimmung die Opposition keinen Ausschuss erzwingen kann, kommt das Angebot gelegen.
In FDP-Kreisen zeigte man sich erleichtert über das Angebot. Denn Parteispender aus der Bankenszene hatten zuvor bei Liberalen vorgesprochen, um den möglichen Ausschuss zu verhindern. Sie fürchten ein öffentliches Spießrutenlaufen angesichts der Fehler in der IKB-Affäre. Um eine Pleite der IKB abzuwenden, mussten der Bund, die staatliche KfW-Bankengruppe und die deutschen Banken Risiken in Höhe von 8,5 Mrd. Euro übernehmen.
Quelle: HandelsblattAnmerkung WL: Unter anderem wäre in einem Untersuchungsausschuss zu klären, ob die IKB nicht die Müllhalde für faule US-Kredite der Deutschen Bank gewesen ist.
- Ein Job kostet 1785 Euro
Die Arbeitsagentur in Frankfurt am Main grenzt Arbeitssuchende mit Hilfe privater Zwischenhändler vom Jobmarkt aus, droht Sanktionen an und feuert sie aus der Erwerbslosenstatistik.
Quelle: Junge Welt - Atommüll: Verstrahlte Lauge nach Celle transportiert
In das ehemalige Kalisalzbergwerk Mariaglück ist offenbar seit Jahren Lauge aus dem Atommüllversuchslager Asse geleitet worden.
Quelle: SZ - Heuschrecken erfinden sich neu
Die Finanzinvestoren sitzen auf Bergen von Geld, das möglichst gewinnbringend angelegt werden will. Führende Private-Equity-Häuser wie Texas Pacific Group (TPG) und Blackstone haben deshalb Anlagevehikel gegründet, die den Banken Kredite abkaufen. Meistens geht es dabei ausgerechnet um Kredite, die zuvor für große Firmenübernahmen an andere Finanzinvestoren vergeben wurden.Immerhin wurde publik, dass Lonestar für die Merrill-Kredite im Wert von ursprünglich 30,6 Milliarden Dollar lediglich 6,7 Milliarden bezahlte. Pro Dollar also lediglich 22 Cent. Das rechnet sich – selbst wenn ein Teil der Kredite ausfallen sollte. Und bezahlt wird wie gehabt mit möglichst wenig Eigenmitteln, für den Rest wird ein neuer Kredit aufgenommen.
Quelle: FR - Deutsche Schulen diskriminieren nach Einschätzung des Uno-Sonderberichterstatters Vernor Muñoz sozial benachteiligte, ausländische und behinderte Schüler
Muñoz forderte am Mittwoch vor dem Uno-Menschenrechtsrat in Genf die deutsche Politik auf, die Aufteilung in Haupt-, Realschulen und Gymnasien zu überdenken, um Ungleichheit und Chancengerechtigkeit zu beseitigen. “Ich glaube, dass das gegliederte System und die Art der Aufteilung der Schüler soziale Ungleichheit betont”, sagte Muñoz. Auf die Kritik reagierten Bildungsfunktionäre zum Teil mit scharfen Worten.
Quelle. FTDWie Muñoz denkt offenbar auch die Hälfte der Deutschen:
Hälfte der Deutschen hält Schulsystem für ungerecht
Die deutsche Bevölkerung gibt dem Bildungssystem schlechte Noten: Fast jeder Zweite findet es ungerecht, eine deutliche Mehrheit plädiert dafür, dass Kinder länger gemeinsam lernen sollen – am besten sechs statt nur vier Jahre. Das zeigt eine neue Umfrage.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung Orlando Pascheit: Man darf gespannt sein, wie die Bertelsmann AG die Umfrage auswerten wird. Wetten, dass dabei etwas mit Eigenverantwortlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit herauskommt. Der Kommentar von Jörg Dräger, dem neuen Stiftungsvorstand und neuen Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) lässt das schon erahnen: “Der ausgeprägte Reformwille der Bevölkerung ist eine Chance für den zügigen Umbau unseres Bildungssystems”. In Hamburg hat Dräger mit der Einführung der Studiengebühren deutlich gemacht, in welche Richtung der “zügige Umbau unseres Bildungssystems” gehen soll, und sich für die höheren Weihen der Bertelsmann-Stiftung empfohlen – trotz oder vielleicht wegen seines schlechten Abschneidens beim letzten Ranking deutscher Bildungspolitiker (fünf minus). Dennoch machen es sich manche Kritiker Drägers zu einfach, wenn sie schreiben: “Gehen Sie nicht über Kompetenz, gehen Sie direkt aus dem Amt und verlassen Sie das Spielfeld.” Denn mit dem Wechsel zu Bertelsmann wechselt er in das Feld Kompetenzkompetenz, d.h. sich Zuständigkeiten zu verschaffen, von denen die eigentlichen Kompetenzkompetenzler nichts merken sollen.
- Georgisches Militär in Deutschland trainiert
Mit umfassenden diplomatischen Initiativen und der Entsendung eines Sonderbeauftragten interveniert die Bundesregierung im bewaffneten Konflikt zwischen Georgien und Russland. Man sehe sich dort “in besonderer Verantwortung”, umschreibt das Auswärtige Amt den deutschen Anspruch, im Südkaukasus als Mittler aufzutreten. Die drei südkaukasischen Staaten, darunter Georgien, gehören zu den besonderen Interessengebieten der Berliner Außenpolitik: Sie bilden einen prowestlichen Staatengürtel südlich von Russland und eröffnen dem Westen den direkten Zugang zu den Energieressourcen des Kaspischen Beckens.
Quelle: Neue Rheinische Zeitung - Gorbatschows Kaukasus-Analyse
Die USA bezichtigen Russland der Aggression. Das ist verlogen, meint Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow. Tatsächlich habe Georgien den Krieg gestartet – weil Präsident Saakaschwili sicher mit der Unterstützung des Westens rechnete. Jetzt müssten EU und USA umdenken.
Quelle: Spiegel Online - Studieren auf Hartz-IV-Niveau
Nach einer repräsentativen Umfrage des Online-Antiquariats ZVAB haben zwei Drittel aller Studierenden weniger als 600 Euro pro Monat zur Verfügung, ein Drittel sogar weniger als 400 Euro. Damit dürften viele nach Abzug der Wohnkosten noch deutlich unter dem Hartz-IV-Regelsatz von 351 Euro und damit unter dem Existenzminimum liegen. Wenig verwunderlich also, dass die meisten Studierenden einen Nebenjob brauchen, um das Studium überhaupt bestreiten zu können.
Quelle: Linkszeitung - Deutschlands erste kommerzielle Hochschule macht keine Umsätze
Der groß angekündigte Start der Hanseuniversität in Rostock, Deutschlands erster kommerzieller Hochschule, ist gründlich misslungen. Gerade einmal drei Studenten sind für den Bachelorstudiengang Business Administration eingeschrieben. Für das zweite angebotene Fach, Information Technology, konnte sich bislang niemand erwärmen.
Quelle: FTD - Bürger halten den Einfluss der Medien für größer als ihren eigenen
Der politische Einfluss der Medien wird als größer eingeschätzt als der Einfluss der Bürger selbst. Dies geht aus einer im Juni durchgeführten Umfrage bei mehr als 1000 Personen hervor. Nach Meinung der Befragten ist der Einfluss der Medien auf die politischen Entscheidungen in den letzten Jahren sogar noch gestiegen. Die Befragten sehen allerdings den Einfluss der Medien auf die eigene politische Meinungsbildung als gering an, sehr viel stärker würde aber durch die Medien beeinflusst, was die Allgemeinheit politisch denkt.Dieses Phänomen ist in der Fachliteratur als “Third-Person-Effect”, eine Art “Selbsttäuschung über anonyme Dritte”, bekannt. Die anderen werden manipuliert, man selbst aber selbstverständlich nicht.
Quelle: Linkszeitung - „Andrea Ypsilanti steht für die SPD“
Mit ihrer Hinwendung zur Linken verabschiedet sich die SPD vom Wettstreit darum, wie die Fliehkräfte der modernen Gesellschaft zusammengehalten und die Chancen des Einzelnen gefördert werden können. Sie überlassen einer schwarz-gelben Koalition das zentrale Feld politischer Gestaltung für die nächsten Jahre. Denn für die SPD steht jetzt Andrea Ypsilanti. Ihr Name ist zum politischen Programm geworden. Auch Kurt Beck hat sich ihr unterworfen.
Quelle: Kölner Stadt-AnzeigerAnmerkung WL: Angst bedeutet immer auch Realitätsverlust. In panischer Angst vor der Linken verlieren viele Medien offenbar jeden Wirklichkeitsbezug. Da wird die Beck-, Steinmeier-, Steinbrück-, Clement-SPD dann plötzlich zur Ypsilanti-SPD. Aus politischen Kräften, die die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben haben, werden dann plötzlich solche, die die „Fliehkräfte der modernen Gesellschaft“ zusammenhalten. Der Kölner Stadt-Anzeiger scheint komplett auf die Linie des Aufsichtsratsmitglieds seines Verlages, Wolfgang Clement, eingeschwenkt zu sein.
Siehe dazu etwa auch:
Kurt Beck, der neue Charlie Brown
„Steinmeier muss Farbe bekennen“
Der Kölner Stadt-Anzeiger auf Müller-Vogg-Niveau.
Siehe dazu:
Roberto De Lapuente: Ypsilanti & Lafontaine basteln an einem neuen Deutschland
Quelle: ad sinistram - Im Menschenzoo
TV-Journalisten machen außerhalb ihrer natürlichen Umgebung eine noch schlechtere Figur als Politiker. Erst recht, wenn sie mit einem Bäh-Linken wie Oskar Lafontaine sprechen müssen.
Quelle: SZAnmerkung WL: Immerhin empfand auch die SZ dieses „Sommerinterview“ nur noch peinlich.
- Nochmals zu Anne Will: Hungern muss hier keiner
Eine detaillierte Analyse der Sendung.
Quelle: notatio - Hinweis in eigener Sache:
Gestern hatten wir in Hinweis Ziffer 6 auf einen Telepolis-Beitrag verwiesen, dort wurde gesagt, dass in Österreich und Deutschland die Haftung bei Atomunfällen unbegrenzt sein.
Unser Leser W.B. merkt dazu an:
Ich lese regelmäßig Ihre Informationen im Internet und bin stets über Ihre sachlichen Berichte/Infos und Meinungen angenehm überrascht. Heute finde ich allerdings einen Verweis, dass in Österreich und Deutschland die Haftung bei nuklearen Schaden unbegrenzt. sei. Da frage ich mich unwillkürlich, wer da haftet. Der AKW-Betreiber der einzelnen KK-Werke, oder trägt die Last im GAU-Fall der Staat also der Steuerzahler? Das Kernkraftwerk Brunsbüttel zum Beispiel wird von der “Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH & Co. OHG” betrieben, der selbstredend nur mit dem eingesetzten/vorhandenen Kapital haftet Die Gesellschafter sind Vattenfall und E.ON. Da diese Gesellschaft aber eine GmbH ist, ergibt sich, dass etwaige Gewinne immer brav an Vattenfall und E.ON abgeführt werden können. Ob die Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH & Co. OHG auch unbegrenzt haftet? Natürlich zahlt der Steuerzahler die Zeche bei dieser rechtlichen Konstruktion – oder?
Für Risikoabschätzungen, Schadensermittlungen und -regulierungen ist niemand kompetenter als die Versicherungswirtschaft. In den allgemeinen Versicherungsbedingungen aller deutschen Haftpflichtversicherer steht jedoch geschrieben: „Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden …. durch Kernenergie.” Mit Fußnote ist vermerkt: „Der Ersatz dieser Schäden richtet sich in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Atomgesetz. Die Betreiber von Kernanlagen sind zur Deckungsvorsorge verpflichtet und schließen hierfür Haftpflichtversicherungen ab.” Diese Pflichtversicherung deckt aber – mit politischer Billigung – weniger als 0,1% des möglichen Schadens ab! Daran ändert sich auch nichts, wenn die Deckungssumme in einem novellierten Atomgesetz auf 5 Milliarden DM angehoben würde.
Es widerspricht den Prinzipien der Ethik und der Gerechtigkeit, Risiken und mögliche Schäden mit solch ungeheurem Ausmaß aus privatwirtschaftlicher Tätigkeit der Allgemeinheit aufzubürden und von den Energiekonzernen, die Atomkraftwerke betreiben, keine betriebliche Haftpflicht in der Größenordnung des real möglichen Schadens zu verlangen, wie dies in allen anderen Wirtschaftsbereichen Standard ist.
Siehe hierzu den Artikel im SPIEGEL 23/2001 vom 02.06.2001, Seite 42, Autor: Gerd Rosenkranz:
Peanuts für den Ernstfall
… müssten die Atomstromer ihre 19 hier zu Lande betriebenen Meiler tatsächlich gegen das Risiko eines verheerenden Super-GAUs versichern wie jeder Pkw-Besitzer seine Limousine gegen den Crash auf der Straße, würde sich die Kilowattstunde Atomstrom schlagartig von heute fünf bis acht Pfennig um eine volle Mark verteuern – so errechnete es das Baseler Prognos-Institut schon 1992.
Ein Super-GAU – etwa im hessischen Atomkraftwerk Biblis – würde schlimmstenfalls Sach- und Personenschäden von bis zu 10 Billionen (10 000 Milliarden) Mark verursachen. Schon nach der Reaktorkatastrophe im mehr als 1000 Kilometer entfernten Tschernobyl zahlte der Bund 1986 etwa 400 Millionen Mark an Entschädigungen. Nach geltendem Recht sind die Betreiber aber nur gegen Schäden von 500 Millionen Mark versichert, für weitere 500 Millionen müsste der Staat einstehen. Peanuts.
Die rot-grüne Bundesregierung hat seit ihrer Wahl immer wieder versichert, die Schieflage wenigstens entschärfen zu wollen. Dazu sollen sich die Betreiber künftig gegen Schäden in Höhe von fünf Milliarden Mark absichern, immerhin eine Verzehnfachung ihrer bisherigen Eigendeckung.
Wenige Tage bevor Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Minister Jürgen Trittin und Werner Müller und die Vorstandschefs der wichtigsten Reaktorbetreiber am 11. Juni in Berlin die Atomkonsens-Vereinbarung unterzeichnen wollen, wird die verabredete Aufstockung der so genannten Deckungsvorsorge unvermittelt zum Stolperstein.
Zuletzt waren die Stromer während der Konsensverhandlungen im vergangenen Jahr gegen rotgrüne Versuche Sturm gelaufen, “der Kernenergie durch wirtschaftliche Erschwernisse und Sonderlasten den Garaus zu machen”. Auch die Erhöhung der Haftpflicht im Fall eines schweren Unfalls, mutmaßte E.on-Energie-Vorstand Walter Hohlefelder, diene als “Stellschraube für den kalten Ausstieg”, weil so Atomstrom “spürbar” teurer werde.
Doch dann, nach der Paraphierung des Vertrags im Juni 2000, in dem die Aufstockung der Schadensvorsorge auf fünf Milliarden Mark bestätigt wurde, herrschte plötzlich Ruhe. Die Politik wiegte sich in Sicherheit. Auch während der nachfolgenden Auseinandersetzungen um das Ausstiegsgesetz, das den Atomkonsens umsetzen soll, spielte die Haftungsfrage kaum eine Rolle.
Der tiefere Grund für die entspannte Haltung der Konzerne erschloss sich erst, als deren Juristen Beamten aus dem Umwelt- und aus dem Wirtschaftsministerium Ende Januar offenbarten, wie sie die Fünf-Milliarden-Deckung bewerkstelligen wollen. Danach werden die vier großen AKW-Betreiber E.on Energie, RWE Power, Energie Baden-Württemberg und Hamburgische Electricitäts-Werke im Katastrophenfall “solidarisch füreinander eintreten”.
Im Falle eines Unfalls in einem Kernkraftwerk würden also nicht nur der Betreiber und dessen Mutterunternehmen für Sach- und Personenschäden in der Umgebung geradestehen, sondern auch die anderen “Solidarpartner”, und zwar umso mehr, je größer ihr Anteil am gesamten deutschen Reaktorarsenal ist.
Das klingt altruistisch, ist es aber nicht. Die Atomkraftwerker agieren, als wären sie ihre eigenen Versicherer – ein Etikettenschwindel, denn “unbegrenzt” haften müssten sie auch ohne das Solidarkonstrukt. Vor allem ersparen sich die Atomstromer mit ihrem trickreichen Modell der Selbstversicherung Prämien in Höhe von rund 100 Millionen Mark pro Jahr. Es bliebe wie bisher bei einer jährlichen Belastung von rund 12 Millionen Mark.
Die Beamten des Umweltministeriums fürchten, dass die in den Konzernzentralen ausgeheckte Billiglösung im Ernstfall zu Lasten der Opfer und Geschädigten eines Super-GAUs geht. In einer Ministervorlage für Trittin meldeten die Fachbeamten Anfang Mai weiteren “Klärungsbedarf” an.
Unklar sei zum Beispiel, was mit den anderen Meilern geschehe, wenn ein schwerer Unfall tatsächlich passiere. Sie wären dann schlagartig ohne entsprechenden Versicherungsschutz. Die Atommanager entgegneten, sie könnten im Fall dieses “absolut unrealistischen Szenarios” auch “mehrfach füreinander einstehen”.
Sauer auf das neue Deckungsmodell reagiert vor allem die Versicherungswirtschaft. Die in der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft (DKVG) in Köln zusammengeschlossenen Assekuranzen hatten wegen der Verzehnfachung der Deckungsvorsorge lange auf ein hübsches Zusatzgeschäft gehofft.
Man sei keinesfalls bereit, erklärten die Versicherungsvertreter verärgert, Schäden aufzunehmen und zu regulieren, die über die bisherige Haftungssumme von 500 Millionen Mark hinausgingen, wenn nicht gleichzeitig “die Versicherungssumme erheblich ausgeweitet” werde. Mit anderen Worten: Nach einem schweren Unfall müssten die Atomstromer nicht nur Millionen Betroffene entschädigen, sondern auch selbst die aufwendige Schadensregulierung übernehmen.
“Darauf”, schimpft ein Experte aus der Versicherungsbranche, “sind die Energieunternehmen überhaupt nicht eingerichtet.” Zwar wollen die AKW-Betreiber nun 220 Millionen für die Schadensregulierung gesondert ausweisen. Doch diese Summe halten die Versicherungen für viel zu gering. Das Chaos bei der Abwicklung der Schäden wäre programmiert.
In den Konzernzentralen belastet das niemand, weil dort ohnehin keiner an den ganz großen Unfall in einem deutschen Meiler glaubt. Die Politik möchte das Problem am liebsten verdrängen. Mit der Einladung des Bundeskanzlers an die Konzernherren zur Unterzeichnung der Konsensvereinbarung seien “Fakten geschaffen”, heißt es im Kanzleramt.
Die Haftungsfrage, bestätigt auch Trittins Staatssekretär Rainer Baake, werde den Atomkonsens nicht verzögern. Fraglich nur, ob die Regierungsfraktionen den Versicherungsrabatt im bevorstehenden Gesetzgebungsverfahren durchwinken. Baakes größter Wunsch: “Nicht noch einmal lange dran rumdiskutieren.”
Quelle: SPIEGEL - Zu guter letzt:
Heute ist der 13. August. Vor 47 Jahren wurde von Ulbricht in Berlin die Mauer errichtet.
Diesen Hinweis vor allem deshalb, damit uns die BILD-Zeitung nicht vorhalten kann, wir, die NachDenkSeiten, hätten selbst an diesem Tag mit unserer Kritik nicht eingehalten, ohne des Mauerbaus gedacht zu haben.