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Wichtige Debatten

Die Quote: Voraussetzung oder Hemmnis für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags?

Mit dem folgenden Beitrag setzen wir die mit dem Artikel von Erika Fuchs „Occupy WDR“ auf den NachDenkSeiten angestoßene Debatte über den Programmauftrag, über Qualitätsansprüche und journalistisches Profil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fort. Der WDR-Hörfunkdirektor hat auf unserer Website geantwortet und unsere Autorin hat kurz erwidert. Die Diskussion über dieses medien- und kulturpolitisch wichtige Thema – angestoßen durch eine Programmreform des Kulturradiosenders WDR 3 – hat inzwischen beachtlich große Kreise gezogen: Fast 17.000 Interessierte unterzeichneten einen Offenen Brief einer neu gegründeten Initiative für Kultur im Rundfunk, „Die Radioretter“.
Der „Initiativkreis Öffentlicher Rundfunk“ (IÖR) hat ein Symposion zum Thema „Was soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Gesellschaft leisten?“ veranstaltet. Gert Monheim hat uns sein dort gehaltenes Referat mit einer Kritik am Einfluss der Einschaltquote auf die Programminhalte zur Verfügung gestellt. Dr. Manfred Kops, der Vorsitzende des IÖR, hat auf dieser Tagung ein Schlusswort gehalten, das wir in einer überarbeiteten und erweiterten Fassung dokumentieren.

Dazugelernt

“Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand, – ist ein alter Scherz, den man wohl in unsern Zeiten nicht gar für Ernst wird behaupten wollen.” Diesen Satz schrieb der große deutsche Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel schon 1821 in der Vorrede zu den „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ und diese Kritik trifft gewiss auch die heutige Politikergeneration. Aber immerhin scheint der neue Bundespräsident Joachim Gauck – kaum im Amt – dazugelernt zu haben. Offenbar nimmt er die Kritik, die an seinen bisher geäußerten Positionen geübt wurde, ernst. In seiner Rede nach seiner Vereidigung vor Bundestag und Bundesrat hat er Töne angeschlagen und Themen aufgegriffen, die man so von ihm noch nicht gehört hatte. Von Wolfgang Lieb.

Tarifrunde 2012 – Medizin für eine kränkelnde Volkswirtschaft

Die Zeichen stehen auf Sturm. Nachdem die Arbeitgeberseite trotz Warnstreiks bis dato noch nicht ernsthaft auf die Forderungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eingegangen ist, droht dem Land nun ein zäher Arbeitskampf mit massiven Streiks im öffentlichen Dienst. Dabei sind die Forderungen der Arbeitnehmer nicht nur im Sinne der Frage eines gerechten Lohns gerechtfertigt, sondern stellen ein zwingend notwendiges Korrektiv für die Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone dar. Da bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Staat auf Seiten der Arbeitgeber verhandelt, könnte hier die Politik endlich ein Zeichen setzen, gelten die Verhandlungen doch auch als Vorlage für etliche Tarifverhandlungen, die in den nächsten Monaten anstehen. Von Jens Berger.

Die Quote ein Hindernis für die Erfüllung des öffentlichen-rechtlichen Programmauftrags ?

Sendeplatz im Programm wurde ursprünglich nach qualitativen Gesichtspunkten und gesellschaftlichen Bedürfnissen getroffen. Die Redakteure und auch Intendanten und Programmdirektoren hatten so etwas wie den innewohnenden Programmauftrag eines „Rundfunks der Gesellschaft“, der die Gebührenzahler mit den für sie wichtigen Informationen in der gebotenen Nachhaltigkeit zu versorgen, die Grundversorgung sicherzustellen.
Das änderte sich in den 90er Jahren, als die kommerziellen Sender stärker auf den Markt drängten. Das Programm wurde immer weniger nach qualitativen Gesichtspunkten geplant. In den Vordergrund rückte die Frage, wie organisieren wir ein Programm, das möglichst viele Zuschauer erreicht. Nun ist das a priori nicht schlecht: jeder Autor will möglichst viele Leser oder Zuschauer, jeder Künstler große Aufmerksamkeit. Aber diese Entwicklung hatte die fatale Wirkung, dass die Inhalte, die vorher im Zentrum des Programms gestanden hatten, plötzlich immer mehr an den Rand gedrängt wurden. Von Gert Monheim.

Amok im Krieg

Gegen 3 Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag hat ein 38-jähriger US-Feldwebel südwestlich von Kandahar seinen Stützpunkt verlassen und ist in nächste Dorf gegangen. Dort brach er in Häuser ein und tötete wahllos schlafende Bewohner, darunter auch Kinder und Frauen. Danach soll er versucht haben, die Leichen anzuzünden. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand kamen 16 Menschen bei dem Amoklauf ums Leben. Der Täter ergab sich anschließend widerstandslos den Behörden. Die US-Armee betont, das Massaker sei die Tat eines Einzelnen, den man zur Rechenschaft ziehen und einer Bestrafung zuführen werde.
Solche Massaker geschehen in Kriegen regelmäßig, sie gehören zum Krieg wie der Unfall zum Straßenverkehr. Von Götz Eisenberg.

Debattenkultur im WDR

Vor einigen Tagen hatte ich für die Nachdenkseiten einen kritischen Artikel über den WDR verfasst. Darin wurde die derzeitige Unruhe in den Redaktionen geschildert, der Niedergang und die Banalisierung in Teilen der WDR-Programme beschrieben. Seitdem ist viel passiert: unter anderem hat sich die Unterschriftenaktion, bei der unter www.die-radioretter.de gegen die Organisationsreform bei der WDR-3-Kulturwelle protestiert werden kann, zu einem vollen Erfolg für die Initiatoren entwickelt. Rund 2.400 Menschen (Stand: 28.2., 16 Uhr) haben sich nach nur wenigen Tagen an dieser Aktion beteiligt und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Und auch in der Führungsspitze des WDR scheint die Unruhe groß geworden zu sein. Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz hat uns ein Schreiben zukommen lassen, das wir unseren Lesern hiermit zur Kenntnis geben. Von Erika Fuchs

Occupy WDR? Nein danke!

Das ist schon ein Kunststück, das Ihrer Autorin gelungen ist: Über zweitausend Wörter formte sie zu einem Artikel, in dem keine einzige Behauptung stimmt, kein lustvoll ausgebreitetes Gerücht einer Überprüfung auf seinen Wahrheitsgehalt standhielte. Das mag damit zusammenhängen, dass man Erika Fuchs eher in Entenhausen kennt als im seriösen Medienjournalismus, der beispielsweise seine Quellen benennt, aber sei’s drum. Von Wolfgang Schmitz, WDR-Hörfunkdirektor

Aus dem Leben eines Taugenichts

Kurz nach seiner Geburt schwächelte BP10XH noch ein wenig, dann ging es steil bergauf. Am Ende kollabierte das innovative Produkt der BNP Paribas jedoch. Brauchen wir Finanzinnovationen wie BP10XH eigentlich? Von Günter Wierichs

Occupy WDR

Im WDR gärt es, und zwar seit langem. Ob es um die schleichende Boulevardisierung des Fernseh-Nachrichtenmagazins Aktuelle Stunde geht oder den Abbau von lokaler Berichterstattung im Hörfunk: vor allem die Mitarbeiter des Senders, die ihre Aufgabe als kritische Wächter in Nordrhein-Westfalen noch ernst nehmen wollen, fragen sich, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben. Die größte ARD-Anstalt verliert unter der Ägide ihrer Intendantin Monika Piel (Jahresgehalt 2009: 308.000 Euro) immer mehr an Anspruch und journalistischem Profil. Gleichzeitig scheint es, als räume Monika Piel als derzeitige ARD-Vorsitzende auch noch bundesweit wichtige Bastionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugunsten der privaten Verleger. Von Erika Fuchs.

Grünes Licht für das zweite Hilfspaket

Abermals wird aus Brüssel die Rettung Griechenlands gemeldet. Eine „vorläufige“ Rettung, betonen die meisten Beobachter. Und das nicht nur, weil wichtige Komponenten der Beschlüsse – etwa die Beteiligung von europäischen Zentralbanken an dem bevorstehenden Schuldenschnitt – noch nicht klar sind. Für Griechenland waren die Beschlüsse von heute morgen wieder einmal „schicksalhaft“. Die endgültige Freigabe des neuen „Rettungspakets“ von 130 Milliarden Euro ist eine Voraussetzung dafür, dass die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt mit dem privaten Gläubigern Griechenlands (über das sogenannte Private sector involvement oder PSI), noch in dieser Woche abgeschlossen werden können. Beides ist wiederum Voraussetzung dafür, dass Athen die am 20. März fälligen 14,5 Milliarden Euro für auslaufende Staatsobligationen begleichen kann. Von Niels Kadritzke.

Die neue Wohnungsnot

Über 600 Kältetote in Ost- bzw. Ostmitteleuropa erregten zuletzt großes Aufsehen. Gleichzeitig explodiert die Zahl der Obdachlosen in Griechenland, das von der EU und dem IWF „kaputtsaniert“ wird, geradezu. Dort ist es zwar wärmer als im Osten des Kontinents, ein Leben auf der Straße aber nicht minder beschämend, besonders für jene „Neuarmen“, die als unmittelbare Opfer der rigiden „Sparauflagen“ des Finanzimperialismus vom sozialen Absturz betroffen sind. Auch hierzulande sind erfrorene und an offenen Feuern verbrannte Obdachlose zu beklagen, ohne dass sich Politik und Öffentlichkeit bisher ernsthaft mit dem Problem beschäftigt hätten. Dabei gehört eine warme Wohnung aufgrund der klimatischen Gegebenheiten bei uns zur verfassungsrechtlich geschützten Menschenwürde. Sein Obdach etwa im Falle der Überschuldung durch eine Zwangsräumung zu verlieren bedeutet einen Schritt in die absolute, extreme oder existenzielle Armut. Von Christoph Butterwegge.

Die konspirative Beflissenheit des portugiesischen Finanzministers ist so abstoßend wie die Gemeinheit Schäubles gegenüber Griechenland und der deutschen Öffentlichkeit

Wenn Sie noch nicht wissen, wie Sie von unseren Oberen betrogen werden, dann schauen Sie sich dieses Video an. (Es gehört zum Wochenrückblick, dort Ziffer 1.) Beobachten Sie zum gesprochenen Wort den Gesichtsausdruck und die Haltung der Beiden. – Der Portugiese ist ohne Zögern damit einverstanden, dass Griechenland abgestraft wird, Hauptsache, dann wird auf den griechischen Trümmern freundlich und gut mit ihm und den Portugiesen zusammengearbeitet. Wenn Europas Völker so miteinander umgehen, dann gute Nacht. Es ist zum Ko…. . – Albrecht Müller

AMs Wochenrückblick. Bestimmender Eindruck beim Rückblick auf diese Woche : Die Regierenden arbeiten hart und erfolgreich am Ruin unseres Ansehens.

Wenn man wie ich als junger Mensch (1961, also 15 Jahre nach der Naziherrschaft in Griechenland) die Gastfreundschaft der Griechen genossen hat, wenn man mit erlebt hat, wie engagiert deutsche Politiker (Es waren Brandt, Ehmke und andere Sozialdemokraten) den Griechen geholfen haben, sich vom Regime der Obristen zu befreien und wenn man bedenkt, dass früher nahezu alle Verantwortlichen – von Kanzler Adenauer (CDU) bis Bundespräsident Heinemann, Kanzler Brandt und Schmidt (alle SPD) sich bemüht haben, unseren Ruf in der Welt auf friedliche und freundliche Weise zu verbessern und viele von uns, Touristen und Wirtschaft, davon auch profitiert haben, dann kann man ermessen, was für Typen uns heute vertreten und was sie Schlimmes anrichten. Albrecht Müller.

Griechenland gleicht einem Labyrinth, bei dem alle Ausgänge blockiert sind

So sieht und fühlt es Maria Margaronis, die in ihrem lesenswerten Text „Athens Burning“ die Stimmung in der griechischen Hauptstadt beschreibt (Nachdenkseiten vom 15. Februar). Nachdem das griechische Parlament am Sonntagabend die nächste Stufe des „Sparprogramms“ verabschiedet hat, ist der Begriff „Sackgasse“ zu einem Euphemismus geworden, der viel zu gemütlich klingt. In einer Sackgasse kann man sich immerhin eine Zeitlang aufhalten und über einen Auswege nachdenken. Davon kann in Griechenland keine Rede sein. Das Land steht ständig unter dem Druck alter „deadlines“ – was wörtlich „Todesfristen“ bedeutet – und neuer Ultimaten. Und dieser Druck hat sich noch einmal erheblich verschärft, seitdem die Möglichkeit eines „ungeordneten“ Bankrotts und des Herausfallens aus der Eurozone von einer abstrakten Drohung zu einer sehr konkreten Planung geworden ist, die in wichtigen Entscheidungszentren als „Plan B“ vorangetrieben wird. Von Niels Kadritzke.