AMs Wochenrückblick. Bestimmender Eindruck beim Rückblick auf diese Woche : Die Regierenden arbeiten hart und erfolgreich am Ruin unseres Ansehens.
Wenn man wie ich als junger Mensch (1961, also 15 Jahre nach der Naziherrschaft in Griechenland) die Gastfreundschaft der Griechen genossen hat, wenn man mit erlebt hat, wie engagiert deutsche Politiker (Es waren Brandt, Ehmke und andere Sozialdemokraten) den Griechen geholfen haben, sich vom Regime der Obristen zu befreien und wenn man bedenkt, dass früher nahezu alle Verantwortlichen – von Kanzler Adenauer (CDU) bis Bundespräsident Heinemann, Kanzler Brandt und Schmidt (alle SPD) sich bemüht haben, unseren Ruf in der Welt auf friedliche und freundliche Weise zu verbessern und viele von uns, Touristen und Wirtschaft, davon auch profitiert haben, dann kann man ermessen, was für Typen uns heute vertreten und was sie Schlimmes anrichten. Albrecht Müller.
Unsere Kinder und Enkel werden nicht mehr so willkommen sein. In vielen Teilen Europas wird man uns scheel ansehen. Merkel, Schäuble, Westerwelle werden uns teuer zu stehen kommen.
- Ein befreundetes Volk erniedrigen, Menschen noch ärmer machen, als sie ohnehin sind, um Deutschlands öffentliche Meinung zu befriedigen – kann das wahr sein?
Es ist wahr und deshalb gebrauche ich den Begriff Typen ohne Gänsefüßchen. Im Hinweis Nummer 1c vom 14. Februar haben wir auf einen Artikel im Telegraph vom 12.2.2012 aufmerksam gemacht (Deutschlands karthagische Bedingungen für Griechenland, Quelle: The Telegraph) In diesem Artikel wird von einem Gespräch des deutschen Finanzministers Schäuble mit seinem portugiesischen Kollegen berichtet. Es folgt gleich das englische Original-Zitat aus dem Telegraph und dann der Kern auf Deutsch:
It is clear that Germany’s finance minister Wolfgang Schäuble wishes to expel Greece from the euro, calculating that Euroland is now strong enough to withstand contagion, and that the European Central Bank’s `Draghi bazooka’ for lenders has eliminated the risk of a financial collapse.
“We can’t keep sinking billions into a bottomless pit,” he said on Friday.
Earlier he was caught on camera telling his Portuguese colleague that Lisbon can expect softer terms on its rescue package but only once Europe has dealt harshly enough with Greece to satisfy German public opinion.Schäuble setzt auf den Hinauswurf Griechenlands aus der Eurozone und hat gegenüber seinem portugiesischen Kollegen gesagt, Portugal könne mit sanfteren Bedingungen zur finanziellen Rettung rechnen, aber dies erst, wenn Europa mit Griechenland harsch genug umgegangen ist, um auf diese Weise die deutsche öffentliche Meinung zu befriedigen.
Ein solcher Umgang zwischen Völkern ist unerträglich. Er widerspricht völlig einem nur ansatzweise guten Geist innerhalb Europas. Dieser Umgang verändert die Atmosphäre zwischen den Völkern Europas.
Im konkreten Fall ist die Argumentation von Schäuble besonders absurd, weil die angesprochene deutsche öffentliche Meinung ja vorher von den Verantwortlichen in der Politik und einigen Medien wie vor allem der Bild-Zeitung und SpiegelOnline so gemacht worden ist. Die aggressive Haltung gegenüber Griechenland, die man in der Tat bei vielen Menschen findet, ist nicht vom Himmel gefallen. Sie ist gemacht.Übrigens: Dass Schäuble die Äußerung getan hat, ist glaubhaft. Vergangenen Samstag traf ich einen CDU Bundestagsabgeordneten, der genau so argumentierte. Offensichtlich ist das die gängige Münze in den Kreisen der Unionsfraktion.
Bei ein bisschen Nachdenken erinnert mich die spießige Arroganz von Merkel, Kauder, Schäuble, Rösler, Westerwelle usw. an den Umgang des rechts-konservativen Teils unserer Gesellschaft in den fünfziger und beginnenden sechziger Jahren mit den Polen, den Russen, den Tschechen, … Damals hat man genauso wie heute sich selbstgefällig überhöht und dadurch größer gemacht, dass man andere erniedrigte und ihnen aggressiv begegnete. Damals noch vermischt mit einem gehörigen Schuss Antikommunismus. Dass diese Völker unter Deutschen extrem gelitten haben, spielte bei der Urteilsbildung genauso wenig eine Rolle, wie heute der Terror der Nazis und der Deutschen gegenüber dem griechischen Volk.
(Ergänzung am 19.02.2012 siehe hier)
- Das Auftreten der Regierenden in Berlin vermindert in der jetzigen Situation offensichtlich nicht ihren Einfluss in Brüssel
Ein Zeichen dafür ist die Bewunderung für das deutsche Modell. Jens Berger ging am 15. Februar 2012 darauf ein: Fatale Weichenstellung – Brüssel erklärt das deutsche Modell zum Vorbild für Europa
Die ideologische Nähe der Brüsseler Führung zur deutschen Spar- und Reformpolitik ist offenbar sehr groß. Das wissen wir zwar, aber wir verdrängen das manchmal hinter der Einsicht, von Europa nicht lassen zu wollen.
- Der Rücktritt des Bundespräsidenten als Schlusspunkt der Arbeitswoche
Christian Wulff verdient ein bisschen Respekt, weil er in seiner Rücktrittserklärung etwas zur Sache gesagt hat: zur Vielfalt in unserem Land und zur Integration. Angesichts dessen wollen wir vorerst nicht mehr mit ihm hadern.
Es wird interessant sein zu beobachten, ob der doppelte Missgriff von Frau Merkel – erst Köhler, dann Wulff – irgendwo und irgendwie an der CDU-Vorsitzenden hängen bleibt. Zu erwarten ist das nicht. Die Medien werden weiterhin freundlich mit Frau Merkel und ihren Resten an politischen Begabungen umgehen. Ein kleines Indiz dafür, wie unkritisch die Medien sind: Bei SpiegelOnline tauchte heute ausgerechnet Bundesfinanzminister Schäuble als einer der potentiellen Bundespräsidentenkandidaten auf – ohne jeglichen kritischen Unterton. Das ist eine reife Leistung.
Da in der SpiegelOnline-Liste wieder der unselige Gauck auftaucht, verweise ich wieder auf einen Text zu dieser Person und der seltsamen Strategie von SPD und Grünen: Siehe 6. der Leseproben.
- Glücklicherweise gibt es immer wieder Belege dafür, dass kein Verschwörungstheoretiker ist, wer Schlimmes vermutet, zum Beispiel zu den Hintergründen der Sparpolitik
Die Realität ist schlimmer als die Theorie: nachträglich wiesen wir auf eine Äußerung des Ökonomen Herbert Giersch hin. Zitat aus einem Spiegelartikel zur systematisch betriebenen Verarmung des Staates:
Dringend, schrieb in den neunziger Jahren so ein mehr in Wirtschaftskreisen bekannter Experte, müsse der Staat an Macht verlieren. Dagegen sei Widerstand zu erwarten. Zu lösen sei das Problem, indem man beispielsweise Steuern senke. Man brauche „das Diktat der leeren Kassen“. Man brauche „ein Defizit, das als anstößig gilt“. so könne man den Staat beschneiden.
- Schauen Sie den Wirtschaftsverbänden auf die Finger
In dieser Woche haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass der Bundesverband der Industrie (BDI) im wesentlichen Punkten nicht die Interessen der Industrie sondern die der Finanzwirtschaft vertritt und auch der Verband der Einzelhändler (HDE) vertritt in entscheidenden Fragen wie der Einschätzung der Binnennachfrage und des Konsums nicht die Interessen der Einzelhändler. Sie sind alle, auch personell, im Milieu der herrschenden Kreise eingebunden, und dieses wird stark von den Interessen der Finanzwirtschaft bestimmt.
Vermutlich könnte man diese Beobachtung auch bei anderen Verbänden wie etwa beim Zentralverband des Deutschen Handwerks bestätigt finden.
Wir empfehlen Ihnen, diese Hypothesen auch bei anderen Verbänden zu prüfen und selbst aktiv zu werden. - Am Anfang der Woche erschien Jens Bergers Buch „Stresstest“: Die schwäbische Hausfrau als Kardinalfehler deutschen Denkens
Wir freuen uns über diesen gelungenen Start Jens Bergers als Autor und zitieren zu Ihrer Information noch einmal den Text aus den Hinweisen vom Montag:
Angela Merkels wirtschaftspolitisches Leitbild führt uns mit Vollgas in die Sackgasse
Mit ihrem Leitbild der „schwäbischen Hausfrau“ prägt Angela Merkel das volkswirtschaftliche Denken der politischen Elite Deutschlands. Dabei eignet sich die schwäbische Hausfrau denkbar schlecht als Modell, mit dem man gesamtwirtschaftliche Probleme erörtern könnte. Mit der Eurokrise wurde die schwäbische Hausfrau sogar zum volkswirtschaftlichen Leitbild für die gesamte Eurozone. Dieser Prozess ist nicht nur wirtschaftspolitisch fragwürdig, sondern sogar brandgefährlich – auch für die echte schwäbische Hausfrau. Dieser Text ist ein Auszug aus dem jüngst erschienen Buch “Stresstest Deutschland” des Redakteurs der NachDenkSeiten, Herausgebers desSpiegelfechters und Telepolis-Autoren Jens Berger.
Quelle: Auszug auf TelepolisAnmerkung: Heiner Flassbeck über Bergers „Stresstest“: “Jens Berger hat ein herausragendes Buch geschrieben. Es ist gut recherchiert und der Autor argumentiert bei all den verschiedenen Themen, die er seinem Stresstest unterzieht, klar und sicher. Zu einem wirklich außergewöhnlich guten Buch wird es aber dadurch, dass hier die politische Analyse in umfassender Weise mit einer tragfähigen ökonomischen Analyse verknüpft wird. Nur wer die wirtschaftlichen Fehler des Mainstream versteht, kann politisch wirklich relevante Schlussfolgerungen ziehen.”
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