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Steuern und Abgaben

Die unendliche Leistungsträgerlüge

Heiner Flassbeck hat sich, angestoßen von Äußerungen Peter Sloterdijk wie in einem gerade erschienen Interview in der Süddeutschen Zeitung („Wider die Verteufelung der Leistungsträger“), mit diesen obskuren Vorstellungen auseinandergesetzt. Unten finden Sie Flassbecks Beitrag. Ich halte Sloterdijk für einen mit Steuergeld besoldeten Ignoranten. Er beschäftigt die öffentliche Debatte mit albernen Vorstellungen („Gaben- und Spendencharakter der zivilen Steuer“) und eine sich für seriös haltende Zeitung wie die SZ bietet ihm wieder einmal Raum. Albrecht Müller

Köln will Steuergeschenk für Hoteliers teilweise für die Kulturförderung zurückholen

Der Kölner Kämmerer Norbert Walter-Borjans hat vorgeschlagen, um die Steuerausfälle durch die Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers auf 7 Prozent zu kompensieren, in Köln eine Kurtaxe einzuführen. Der Kölner Hotel- und Gaststättenverband fand diese Idee natürlich „abenteuerlich“, hatten dessen Funktionäre für den Erfolg dieser „Gaga“-Idee noch unlängst die Sektkorken knallen lassen. Die Kölner SPD hat nun den Vorschlag in abgewandelter Form aufgegriffen. Ratsfraktionschef Martin Börschel will einen Antrag in den Kölner Rat einbringen und fünf Prozent des Übernachtungspreises von den Hoteliers fordern: Die geschätzten Einnahmen von rund 20 Millionen sollen kulturellen Zwecken dienen, um den von Kürzungen bedrohten Kulturetat Kölns aufzubessern. Die NachDenkSeiten haben den Kölner Kämmerer zu diesem Vorschlag befragt. Von Wolfgang Lieb.

Was sich unser Land leistet und was nicht

Es leistet sich eine Milliarde Steuersubventionen für Übernachtungen in Hotels, Pensionen oder Gasthöfen. Es leistet sich nicht eine halbe Milliarde für die Erhöhung des Kindergeldes für Familien, die auf Hartz IV angewiesen sind. Von unserem Leser Rüdiger Frohn.

Ein persönlicher Zustandsbericht eines Irritierten, aber dafür aus der Praxis.

Ein NachDenkSeiten-Leser, Wirtschaftsprüfer, Steuer- und Unternehmensberater hat uns folgenden Bericht über die Lage im Land geschickt. Er wohnt und arbeitet in einer Region, die als verhältnismäßig florierend gilt. Er hat den Eindruck, dass die Führungsschicht in Politik und Wirtschaft in einer abgehobenen Parallelgesellschaft lebt und nicht weiß oder verdrängt, wie die Wirklichkeit aussieht. Albrecht Müller.

Die neuen Sozialliberalen?

Wer gehofft hatte, Sloterdijks Provokation gegen den Sozialstaat und eine solidarische Gesellschaft in der wirtschaftsliberalen FAZ würde als das Krähen eines in die Jahre gekommenen eitlen Gockels abgetan, das allenfalls im Feuilleton ein Echo auslösen würde, hat sich getäuscht. Der Hahn krähte offenbar auf einem großen Misthaufen, auf dem sich die selbsternannten Zeitgeistinterpreten wonnig suhlen und den Gestank derJauche als Hauch einer neuen Epoche verkünden wollen. Da sind nicht nur die derben Zyniker von Sarrazin bis Buschkowsky, sondern von der „Welt“ über die Sendung von Anne Will bis hin in die Frankfurter Rundschau verteilt sich jetzt der reaktionäre Mief der Verächter einer solidarischen Gesellschaft über die Medien. Wolfgang Lieb

Steuersenkung die „Mutter aller Reformen“

Wenn man das, was über die bisherigen Koalitionsgespräche kolportiert wird, ernst nimmt, dann scheinen Steuersenkungen das oberste Ziel für die neue Regierung zu sein. Aktuell gehen die Positionen nur noch über die Höhe der Steuerentlastung (35 Milliarden will die FDP und 20 bzw. 25 Milliarden die Unionsparteien) und über den Zeitpunkt der Einführung auseinander.
Besonders die FDP macht sich für Steuersenkungen stark. Westerwelle ist an sein Wahlversprechen gebunden: Er werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, der nicht die bindende Zusage einer Steuersenkung enthält, hat er in seinen Reden immer wieder bekräftigt. Wolfgang Lieb

Westerwelle: Fünfzig Prozent der Bevölkerung tragen 94 % der Steuerlast

So stellt es Guido Westerwelle dar. Das klingt ungerecht. Sehr ungerecht. Warum sollte diese Hälfte der Bevölkerung soviel mehr als die Hälfte der Steuerlast tragen?
Was Westerwelle allerdings nicht erwähnt – und offenbar nicht ungerecht findet –, ist, dass diese obere fünfzig Prozent der Bevölkerung 82 % des Gesamteinkommens bezieht. Von Roger Strassburg

Wie Krugman und Galbraith zufolge neoliberale Ideologie das Weltgleichgewicht destabilisierte

Das Trauma der Großen Depression der 1930-er Jahre spukt noch immer in den Köpfen der Ökonomen. Paul Krugman, Ökonomie-Nobelpreisträger 2008, warnt in der neuen Ausgabe seines Buches „The Return of Depression Economics“: „Wenn die Depression auch nicht wieder offen ausgebrochen ist, so haben doch alle Depressions-Merkmale der 1930-er Jahre ein spektakuläres Comeback erlebt“. Beim nochmaligen Lesen seines Buches ist man von seiner zutreffenden, auf seinen Analysen beruhenden Vorhersage verblüfft. Seine Analysen zeigen, warum die Weltwirtschaft genau auf den gleichen Holzweg geraten ist wie mehrere Jahrzehnte zuvor.
Wesentliche Inhalte einer in der Pariser Tageszeitung Le Monde am 18. September 2009 erschienen Rezension zweier Bücher der amerikanischen Ökonomen Paul Krugman („The Return of Depression Economics“) und James K.Galbraith („Predator State“).
Originaltitel: Comment les doctrines «néoliberales» ont destabilisé l’équilibre mondial
Autor der Rezension: Le Monde-Redakteur Adrien de Tricornot
Autor der deutschsprachigen Zusammenfassung: Gerhard Kilper

Nochmals zur Rheinischen Post: „So viel kosten die Pläne der Linken“

Viele unserer Leserinnen und Leser haben uns gebeten, der Polemik in der Rheinischen Post unter dem Titel „So viel kosten die Pläne der Linken“ einmal etwas genauer nachzugehen. Darin wird behauptet, die Vorschläge der Partei Die Linke seien finanzpolitisch unseriös oder unbezahlbar. Damit wird – wie üblich – der Vorwurf der Unseriosität und des „Populismus“ dieser Partei begründet. Man muss kein Anhänger der Linkspartei sein und man muss z.B. ihre steuerpolitischen Vorschläge nicht als den Stein der Weisen betrachten, aber die Horrorgemälde, die da von konservativer Seite gemalt werden, dienen zu nichts anderem, als die Politik des „Weiter-so“ als alternativlos darzustellen.
Gehen wir deshalb einmal der Kritik der Rheinischen Post im Einzelnen etwas genauer nach. Wolfgang Lieb

Bei so genannten Wirtschaftsexperten fällt der Groschen – DIW für Wiedereinführung der Vermögenssteuer

SpiegelOnline verbreitet heute den Vorschlag des DIW, die Vermögen stärker zu besteuern. (Siehe Anlage 1). Dabei wird darauf verwiesen, mit dem konkreten Vorschlag würde die Belastung der Vermögen auf das Durchschnittsniveau der anderen EU-Staaten und wichtigsten Industrieländer angehoben.

Wir freuen uns über diese Einsicht, wir würden uns noch mehr freuen, wenn erstens diese Vorschläge von der Politik auch ernsthaft verfolgt und nach der Bundestagswahl umgesetzt würden, und wenn zweitens die Polemik gegen jene eingestellt würde, die nahezu die gleichen Forderungen bisher schon immer vertreten haben. Albrecht Müller.

Nachtrag zum Thema Staatsverschuldung

Im Beitrag „Bekommen wir die Verschuldung überhaupt noch in den Griff?“ hatte ich es unter Ziffer 4. versäumt, die Liste der sinnvollen Möglichkeiten zur Einnahmeverbesserung anzuhängen. Ich hatte dies unterlassen, weil unsere Vorstellungen dazu in den NachDenkSeiten immer wieder erwähnt worden sind. Außerdem ist es nicht in jedem Fall sinnvoll, solche Steuererhöhungen ins Spiel zu bringen, solange die Konjunktur noch nicht läuft. Aber die Zurückhaltung ist von einem Nutzer als schlimmes Versäumnis empfunden worden. Deshalb wird die Auflistung der Finanzierungsmöglichkeiten gerne nachgeholt – verbunden mit der Bitte um Nachsicht, wenn eine Möglichkeit vergessen worden sein sollte. Albrecht Müller

Mehrwertsteuererhöhung = Subvention des Exports zulasten des binnenmarktorientierten Gewerbes

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Klaus Zimmermann wirbt schon seit längerem auffallend beständig für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 25 %. So in der FAZ / Anlage 1. Auch in einer Befragung von Spiegel Online vom 27. Juni (Anlage 2) plädiert er für eine Mehrwertsteuererhöhung. Auch andere Ökonomen und Politiker insbesondere der Union werben dafür. Trotz aller Dementis von Seiten der Bundeskanzlerin wird diese Erhöhung vermutlich kommen. Damit wird die Union wieder einmal die von ihr ansonsten hoch gehaltenen Prinzipien einer funktionierenden Marktwirtschaft verletzen. Albrecht Müller

“Entstaatlichung, Privatisierung und Liberalisierung” – Eine kleine Zwischenbilanz anhand von neueren Studien

Bringt die Krise eine Rückkehr des Staates? – Die Ideologie, dass der Markt das effizienteste Steuerungsmittel für alle gesellschaftlichen “Vorgänge” ist ,erleidet in dieser Weltwirtschaftskrise – jedenfalls bei nüchterner Betrachtung ohne allzu ideologische Verblendung – ihren “Crash” – siehe zuletzt www.boeckler.de sowie die ersten drei Seiten des IMK-Report Nr. 38. Zusammengestellt von Volker Bahl

Bekommen wir die Verschuldung überhaupt noch in den Griff?

Viele Menschen sind angesichts der wachsenden Staatsverschuldung in Sorge und fragen, ob es überhaupt noch einmal möglich sein wird, diese Schulden abzubauen. Diese Sorgen sollte man ernst nehmen, auch dann, wenn das Thema erkennbar benutzt wird, um politische Entscheidungen gegen die Interessen der Mehrheit zu begründen – etwa um eine Mehrwertsteuererhöhung auf 25 % durchzudrücken oder den Abbau sozialer Leistungen fortzusetzen. Ich will versuchen, einige eher zuversichtliche Antworten zum gesamten Fragenkomplex zu geben. Albrecht Müller

Institut der deutschen Wirtschaft: Soziale Umverteilung von oben nach unten?

Mit einer geradezu trotzigen Provokation rechtzeitig zum Vorwahlkampf bestreitet das IW [PDF – 11 KB] nicht nur die für jedermann spürbare, immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich, es widerspricht auch allen Befunden und Studien, wonach in den letzten Jahren die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer geworden sind. Dass der Sozialstaat von unten nach oben verteile, dass sei nur ein Vorurteil, meint Michael Hüther, der Chef das arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Wolfgang Lieb