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Finanzen und Währung

Nochmals: Unternehmenssteuerreform

Zwischen dem Jahr 2000 und 2005 ging der tatsächlich bezahlte Ertragssteuersatz von 20% auf 15% zurück. Der tatsächlich bezahlte Ertragssteuersatz auf sonstige Unternehmens- und Vermögenseinkommen sank um selben Zeitraum von 27% auf 17%, er war zwischenzeitlich sogar auf 15% gefallen. Der tatsächlich bezahlte Steuersatz auf Unternehmens- und Vermögenseinkommen einschließlich Bestandssteuern sank von 28% auf 19%.
Die Wundererwartungen der bisherigen Unternehmensteuerreformen blieben aus, im Gegenteil die Investitionen in neue Maschinen gingen zurück. Der Investitionsrückgang war in anderen Ländern wesentlich schwächer als in Deutschland.
Lesen sie einen Beitrag „Zur weiteren Senkung der Körperschaftssteuer“ von Karl Mai.

Quelle: Zur weiteren Senkung der Körperschaftssteuer, Karl Mai, Stand: 11.7.2006 [PDF – 156 KB]

Ursula Engelen-Kefer: Eine immanente Kritik der unendlichen Geschichte der Gesundheitsreformen. Es gibt viel Reformbedarf an der neuesten „Reform“.

Die ehemalige DGB-Vizechefin und Sozialpolitikerin Ursula Engelen-Kefer war schon an vielen Gesundheitsreformen der letzten zwei Jahrzehnte beteiligt und hat schon einige „Durchbrüche“ erlebt. Die jüngst von der Großen Koalition beschlossenen „Eckpunkte“ sind nach ihrer Meinung auch nur wieder Verschiebemanöver beim Stopfen der Finanzlöcher, dem neu erfundenen Gesundheitsfonds sei mangels Einbeziehung der privaten Krankenkassen die Basis entzogen, die Zwei-Klassen-Medizin werde verfestigt, ohne Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen würden die Arbeitnehmer weiter einseitig belastet, bei der Begrenzung der Ausgaben hingegen bewegte sich die Koalition nur in Mini-Schritten.
Weil auch bei dieser Reform nur an Symptomen kuriert wird, dürfte gelten: Nach der Reform ist vor der nächsten Reform. Siehe dazu auch die Anmerkungen der Herausgeber am Ende des Textes.

Dass Unternehmen in Deutschland nach geltendem Recht im internationalen Vergleich überdurchschnittlich belastet sind, hält einer seriösen Betrachtung nicht stand.

Die „offizielle“ Begründung für eine weitere steuerliche Netto-Entlastung der Unternehmen steht auf tönernen Füßen: Untermauert wird die These von der fehlenden Konkurrenzfähigkeit des Steuerstandorts Deutschland ausschließlich mit hypothetischen Modellrechnungen, die die Komplexität der gegebenen Steuersysteme nur unzureichend erfassen. Die empirisch messbare Realität der Kapitalbesteuerung wird weitgehend ignoriert. Sobald die steuerliche Gesamtbelastung von Kapital- und Personengesellschaften in den Blick genommen wird, müssen auch die Verfechter einer weiteren Netto-Entlastung des Unternehmenssektors einräumen, dass Unternehmen in Deutschland im internationalen Vergleich bereits nach geltendem Recht nicht überdurchschnittlich belastet sind. Lesen Sie dazu einen Beitrag von Andreas Bovenschulte.

Quelle: Dr. Andreas Bovenschulte, Juni 2006, Anmerkungen zur tariflichen, effektiven und tatsächlichen steuerlichen Belastung deutscher Unternehmen im europäischen Vergleich [PDF – 524 KB]

Joachim Jahnke: Warum kann die Regierung nicht aus den Steuersenkungen der Vergangenheit lernen? Zu einem konjunkturankurbelnden Ausgabenschub der von Steuersenkungen begünstigten Unternehmen und Besserverdiener ist es nie gekommen.

Die nun von der Großen Koalition am 4. Juni in den Eckwerten bereits festgelegte Unternehmenssteuerreform soll die Unternehmenssteuern weiter drastisch absenken und erregt daher zu Recht die Gemüter. Denn während der Staat zu Lasten der „kleinen Leute” die Mehrwertsteuer erhöht und die Steuererleichterungen von der Entfernungspauschale und dem Sparerfreibetrag kürzt, verzichtet er hier auf etwa 5 Mrd Euro an Steuereinnahmen. Und dies geschieht zugunsten im Durschschnitt sehr gut verdienender Unternehmen. So sind die Gewinne der 30 führenden Konzerne in Deutschland im Jahr 2005 um 36 Prozent auf 51 Milliarden Euro gestiegen – so stark wie noch nie zuvor.

Quelle: Zusammenstellung der Daten und Grafiken

Joachim Jahnke: Fünf Fehlentscheidungen der Großen Koalition

Durch Steuererhöhungen für Normalverdiener bei gleichzeitiger Steuersenkungen für Unternehmen und Besserverdienenden, durch die Reduzierung der die Konjunktur stützenden öffentlichen Nachfrage, durch Beitragserhöhungen als wesentlicher Teil der Gesundheitsreform und durch das Herausschieben des Renteneintrittsalters werde die Solidargemeinschaft im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft weiter ausgehebelt wird. Der einsame deutsche Sonderweg mit eingefrorener oder rückläufiger Massenkaufkraft, stagnierender Binnenkonjunktur und hoher Arbeitslosigkeit werde fortgesetzt. Das ist das Fazit von Joachim Jahnke zu den jüngsten Entscheidungen der Großen Koalition mit negativen Auswirkungen auf die Inlandsnachfrage, der Hauptursache für die anhaltende Wirtschaftsschwäche und die hohe Arbeitslosigkeit.

Mitarbeiter der HSH Nordbank und der Deutschen Börse AG formulieren im Bankenreferat des Finanzministeriums die einschlägigen Gesetze

Bei Bundesfinanzminister Steinbrück sind im Bankenreferat zwei hochrangige „Finanzexperten“ tätig, die auf der Payroll einer Bank und der Deutschen Börse AG stehen. Das Ministerium zahlt Ihnen zusätzlich noch eine Ministerialzulage. Der frühere Finanzminister und heutige Chef der Linksfraktion Oskar Lafontaine nennt den Vorgang “schamlosen Lobbyismus”. Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Wiederholt sich die Geschichte? Das könnte man glauben, wenn man die Anpassung der SPD nach rechts beobachtet.

„Steuerreform gegen die SPD-Linke
Parteirat der Sozialdemokraten akzeptiert grundsätzlich die Senkung der Gewinnsteuer für Firmen und hohe private Kapitalerträge. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück spielt die Union und die Kritiker in der eigenen Partei gegeneinander aus.“
So beginnt ein Beitrag in der taz. Mich erinnert das an den Beginn der Weimarer Republik, Sebastian Haffner, an meine Erfahrungen mit den Seeheimern. Zu allem einige Hinweise.

Jeder Haushalt hat im Durchschnitt 70.000 Euro Nettogeldvermögen. Oder: Für wie dumm hält uns der Bundesbankpräsident eigentlich?

Er muss es ernst gemeint haben, denn es steht schwarz auf weiß in einer offiziellen Pressenotiz der Deutschen Bundesbank [PDF – 244 KB] vom 19.06.06:
„Ende 2005 kamen die deutschen Haushalte auf ein Nettogeldvermögen von 2,69 Billionen €. Das sind pro Haushalt im Durchschnitt knapp 70.000 €, in etwa doppelt so viel wie Anfang der neunziger Jahre.“
Die ökonomische Logik unseres obersten Bankers lautet also etwa so: Wenn ich 20.000 Euro auf dem Sparkonto habe und mein Nachbar hat 10.000 Euro Schulden, dann haben wir beide im Durchschnitt 5.000 Euro. Darüber kann sich mein Nachbar aber richtig freuen!
Eigentlich müsste ein homerisches Gelächter über Axel Weber durch den Blätterwald schallen. Aber fast alle drucken diese Durchschnittszahl ohne jeden realen Aussagewert über die tatsächliche Verteilung des Nettogeldvermögens nach.

Mit der Unternehmenssteuerreform heizt Deutschland den europäischen Steuerwettlauf nach unten weiter an. Die Steuerpolitik wird immer unsozialer.

Die offensichtlich geplante drastische Absenkung der Unternehmenssteuern soll angeblich einen „international konkurrenzfähigen Steuersatz“ bringen. Tatsächlich würde sich Deutschland beim Steuerwettlauf nach unten weit nach vorne schieben. In Zusammenwirken mit der Mehrwertsteueranhebung wird das deutsche Steueraufkommen noch unsozialer als bisher verteilt sein, ohne dass davon positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu erwarten sind. Anbei eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Steuerpolitik unter Benutzung internationalen Datenmaterials von Joachim Jahnke.

Quelle: http://www.jjahnke.net/unsozsteuern.html

Casino-Kapitalismus: Oder wie beim Poker zwischen Bayer und Merck um die Übernahme von Schering 400 Millionen Euro verzockt wurden, ohne dass auch nur ein Euro an Wert geschaffen wurde.

Wie zwei Zocker saßen sich die Pharmabosse von Merck, Michael Römer, und von Bayer, Werner Wenning, wochenlang gegenüber und pokerten um den im „Jackpott“ liegenden Pharmakonzern Schering. Am Ende gewannen alle, Merck, Bayer, Schering und natürlich die Berater. Die Zeche zahlen die Arbeitnehmer und der Fiskus.

Inkompetente EZB

Gestern hat die europäische Zentralbank den Leitzins auf 2,75% erhöht, zum dritten Mal innerhalb eines halben Jahres, und weitere Zielschritte angedeutet. „EZB reagiert auf Inflationsrisiken“, meldet die „Welt“ von heute. Wir stehen so in der Gefahr, dass der minimale europäische und noch geringere deutsche Aufschwung wieder einmal im Keim erstickt wird – mit dem Ziel Inflationsrisiken zu bekämpfen, die im wesentlichen aus Ölpreiserhöhungen folgen. Das ist ein Zeichen von Ignoranz.

Bundesbank bereitet die Öffentlichkeit darauf vor, das bisschen Konjunktur schon wieder abzuwürgen.

Ein aufmerksamer Nutzer der NachDenkSeiten macht mich auf den jüngsten Monatsbericht aufmerksam. Siehe unten Anhang. Dort werden die im April kräftig gestiegenen Verbraucherpreise notiert und daraufhingewiesen, dass dafür höhere Kraftstoff- und Heizölpreise und die durch den langen Winter verteuerten Nahrungsmittel mitverantwortlich sind, und dass die geplante Mehrwertsteuererhöhung Anlass für Verteuerungen sein wird. Dies – zusammen mit der angeblich fortschreitenden Belebung der Inlandsnachfrage – spreche „für ein hohes Maß an stabilitätspolitischer Wachsamkeit“. Hier werden geldpolitische Gegenmaßnahmen vorbereitet. Das ist der helle Wahnsinn.

Unfähig zu einer guten Konjunkturpolitik – oder der Wahnsinn der Mehrwertsteuererhöhung

Zur Zeit erleben wir eine heftige Diskussion um die am 19.5. beschlossene Mehrwertsteuererhöhung (Siehe dazu unten die beiden Links I und II). Wenn Sie in den letzten Wochen NachDenkSeiten gelesen haben, dann waren Sie auf diese Debatte vorbereitet (Siehe zum Beispiel III und IV). Die Mehrwertsteuererhöhung ist schlimm, erstens weil sie ungerecht ist, zweitens weil sie dringend gebrauchte Kaufkraft entzieht und drittens weil sie tendenziell die Exportwirtschaft begünstigt und die für den Binnenmarkt arbeitende Wirtschaft (Einzelhandel, Handwerk, Binnenmarkt-Gewerbe) überproportional belastet. (Siehe auch III, kritisches Tagebuch vom 8.5.2005.) Unsere Eliten in Wirtschaft, Politik und Publizistik haben zum großen Teil diese Sachverhalte nicht begriffen, sie haben schon gar nicht begriffen, dass man die richtige Konjunkturpolitik nicht erst machen kann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Die Weichen hätten spätestens im letzten Jahr bei der Erarbeitung der Koalitionsvereinbarung richtig gestellt werden müssen. Siehe dazu auch den einschlägigen Auszug aus „Machtwahn“ unter V.