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Titel: Wetten, dass Guttenberg seinen Doktortitel behalten darf, schreibt NachDenkSeiten-Leser H.K.

Datum: 18. Februar 2011 um 16:37 Uhr
Rubrik: Erosion der Demokratie, Hochschulen und Wissenschaft, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich:

Nicht aus Überzeugung, sondern aus Lust, setze ich dagegen. Eine Flasche Südpfälzer Rotwein Cuve. Wenn HK gewinnt, dann ist wieder mal bewiesen: Unsere Demokratie wird von den Herrschenden kaputt gemacht, Sanktionen gibt es nicht mehr, mit Frechheit und der notwendigen PR kann man alle Schandtaten überlagern; wer über viel Geld und publizistische Kraft verfügt, kann aus Mist Marmelade machen und sowohl die Personalpolitik als auch die Sachentscheidungen bestimmen. Wenn ich die Wette gewinne, dann keimt ein bisschen Hoffnung. Albrecht Müller.

Zunächst die Mail unseres Lesers, die sich auf meinen Beitrag über die „Flüchtigkeit des Anstands der Konservativen“ und auf einen Hinweis von Wolfgang Lieb bezieht:

„Liebe Redakteure,
eigentlich spricht es nicht für eine Demokratie, wenn Minister, die verfassungswidrige Kriege führen nur wegen solcher privaten Betrügereien in Verlegenheit gebracht werden. Aber ich gebe Herrn Müller völlig recht, es ist Teil eines “Sittengemäldes”, in das m. E. auch Universität und Doktorvater integriert sind. Denn Herr Lieb hat allen Grund, seine Vermutung, Guttenberg habe seine Diss. nicht selbst geschrieben, für völlig realistisch zu halten. Ich habe selbst viele Doktoranden betreut, darunter auch sehr intelligente und effizient arbeitende, aber keine(r) hätte eine “summa cum laude” neben einem solchen Job ohne Hilfe Dritter auch nur annähernd fertig gebracht. Eigentlich kann man das für unmöglich halten. Und wenn jemand in G.s Lage sich der Hilfe Anderer bedient hätte, dann wäre ich der erste gewesen, der das bemerkt hätte. Denn zur Betreuung gehören ja laufende inhaltliche Gespräche, in denen einem das nicht entgehen kann.
Und wenn jemand eine Arbeit selbst erdacht und geschrieben hat, dann schreibt er auch die Zusammenfassung selbst und übernimmt sie nicht einer Zeitung. Das machen nur Ghostwriters. Insofern ist der Minister sogar “unschuldig”. Mir sind diese Herrschaften (einschließlich ihrer servilen professoralen Zuträger) einfach nur widerlich und das waren sie auch schon immer.
Ich wette, er kann seinen Doktortitel behalten. Alles andere wäre “abstrus”.
Herzliche Grüße H.K.

 
Dafür, dass HK die Wette gewinnt, spricht noch mehr:

  • Viele Medien wiegeln immer noch ab, genauso wie die Justizministerin und die Universität und natürlich die Parteifreunde des Barons. Von Plagiat-„Vorwürfen“ ist die Rede, man müsse erst mal prüfen, man lasse sich von zu Guttenberg dies erklären. – Prüfen ist gut und bei der Universität Bayreuth auch angebracht, aber am Plagiat selbst gibt es nichts zu deuteln und auch an der Tatsache nicht, dass Guttenberg nicht einmal die wichtige Einleitung komplett selbst geschrieben hat.
  • Vieles spricht für Aussitzen, auch zu Gutenbergs Ankündigung, den Doktortitel vor erst nicht gebrauchen zu wollen entspricht dieser Strategie.
  • Von einer Kampagne linker Kräfte gegen Guttenberg ist die Rede. Das hilft in dem herrschenden Klima, das so anti-kommunistisch aufgeheizt ist wie die Fünfzigerjahre.
  • Viele Medien winden sich. Sie wollen nicht zugestehen, dass der Aufstieg zu Guttenbergs ein PR Produkt ist und dass daran nicht nur die Springer-Presse, namentlich die Bild-Zeitung, mitgewirkt haben, sondern die Mehrheit der Medien selbst. Siehe bei Zapp die Einlassungen des Vertreters der Süddeutschen Zeitung:

    Die wundersame Beliebtheit der zu Guttenbergs – ZAPP – NDR

  • Guttenberg hat schon einmal eine grobe Unwahrheit politisch überstanden: Die Behauptung, in einem Unternehmen tätig gewesen zu sein. Siehe hier und dazu die Sendung von Zapp:

    ZAPP – Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg

  • Die Universität Bayreuth ist vermutlich finanziell und politisch abhängig von der fränkischen und bayerischen CSU und Wirtschaftskreisen. Das ist so in Zeiten der hochgespielten Bedeutung von Drittmitteln. Entsprechend abwiegelnd sind die Einlassungen der Universität. Was interessiert uns die Einlassung, das Promotionsverfahren sei ordentlich abgelaufen. Das ist doch gar nicht das Thema.
    Hinweis: Im Werbefilm der Uni Bayreuth tritt Herr z. Guttenberg als Werbeträger für das Jurastudium auf – als Dr.
    Video (ab 0:45 )
  • Der Doktorvater ist auf rührende Weise politisch eingenordet.
  • Für den Gewinn der Wette spricht vor allem, dass die konservative Welt, der Springer-Konzern und offensichtlich auch die USA schon viel in Guttenberg und das Ehepaar Guttenberg investiert haben. Sie wollen auch die Rendite dieser Investition ernten und werden deshalb alles tun, um nach dem Abwarten mit entsprechender PR ihr Kunstprodukt „erfolgreicher und überaus fähiger Baron zu Guttenberg“ am Leben zu erhalten.

Gegen den Gewinn der Wette sprechen auch ein paar wenige Dinge:

  • Es ist ein grandios skandalöser Vorgang
  • Immerhin zwei konservative Medien, die FAZ und die Neue Zürcher Zeitung, sind direkt vom Plagiat betroffen. Das ist etwas dumm gelaufen für den Baron.
  • Auch zu Guttenberg macht Fehler. Sich vor einem ausgewählten Kreis von Journalisten zu präsentieren und vor der Bundespressekonferenz nicht, das war vermutlich nicht hilfreich für ihn. Zum Vorgang siehe hier.
  • Es sind Wissenschaftler betroffen, deren Texte in Guttenbergs Doktorarbeit übernommen worden sind, die diesen Vorgang nicht einfach auf sich sitzen lassen werden.

Wer möchte, dass die Wette nicht gewonnen wird, sollte mobil machen. Ein wichtiger Ansatz ist die Universität Bayreuth. Dort muss der Druck ansetzen.


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