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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 25. August 2009 um 9:33 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Eine Möglichkeit, die mit den Staatsschulden verbundenen Probleme anzugehen und außerdem die wirtschaftspolitische Koordinierung zu verbessern, besteht in einer einfachen Erweiterung der bestehenden Regeln: Ein „Außenwirtschaftlicher Stabilitätspakt“ könnte eingeführt werden, um das aktuelle EWU-Regelwerk zu ergänzen. Dieser Pakt würde die Leistungsbilanzungleichgewichte überwachen und exzessive Defizite oder Überschüsse der Außenbilanz mit einer Strafe belegen.
Ein solcher Pakt würde die Regierungen dazu verpflichten, mithilfe der Finanz- und Lohnpolitik sowie der Wirtschaftspolitik insgesamt auf ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht hinzuarbeiten. Er würde auch zu einer umfassenderen wirtschaftspolitischen Koordinierung führen, insbesondere im Hinblick auf die Lohnsetzung, denn die Regierungen wären gezwungen, die Lohnpolitik durch nationale Gesetze und Lohnvereinbarungen im öffentlichen Sektor so zu beeinflussen, dass Ungleichgewichte zwischen den Euroländern verringert würden.
Ferner würde ein Außenwirtschaftlicher Stabilitätspakt die Regierungen verpflichten, beim Ausarbeiten nationaler Wirtschaftsreformen die Folgen für andere Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Wenn ein „Überschussland“ wie Deutschland die Lohnnebenkosten senken und die Mehrwertsteuer erhöhen wollte, um seine eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, so müsste es gleichzeitig eine expansive Fiskalpolitik einführen, um die negativen Effekte für den Außenhandel seiner Partner zu kompensieren.
Von Sebastian Dullien and Daniela Schwarzer
Quelle: Project Syndicate
Siehe auch:
Wortprotokolle der öffentlichen Sitzungen des HRE-Untersuchungsausschusses
Quelle: Axel Troost
Das Problem: Seit den 90er-Jahren müssen Werksangehörige die Rabatte, die ihnen ihr Unternehmen gewährt, als geldwerten Vorteil versteuern. Zur Ermittlung der Steuer wird dem Sonderpreis für Werksangehörige der Listenpreis für den Handel gegenübergestellt. Steuermindernd werden derzeit lediglich 50 Prozent der Rabatte berücksichtigt, die ein Käufer erzielen kann, der den Wagen im freien Handel einkauft.
Doch diese 50-Prozent-Regel rechnet sich für Mitarbeiter beim Kauf eines Werkswagens häufig nicht mehr.
Die SPD hat sich bereits Gedanken gemacht, wie eine Neuregelung konkret aussehen könnte: Sie will erreichen, dass nur noch die echte Differenz zwischen dem Verkaufspreis im Handel inklusive der Rabatte und dem Preis für die Werksangehörigen versteuert werden muss.
“Gerade um die deutsche Automobilindustrie langfristig zu fördern, ist eine steuerliche Optimierung beim Werkswagenkauf sinnvoll”, sagte CSU-Generalsekretär Dobrindt. “Damit würden wir vor allem Unternehmen wie Daimler und BMW helfen, die von der Abwrackprämie kaum profitiert haben”, ergänzt SPD-Mann Beckmeyer.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung WL: Man kann ja die Unterstützung solcher Pläne durch die Gewerkschaften verstehen. Das Hemd ist ihnen näher als der Rock. Dennoch handelte es sich bei diesen steuerlichen Neuregelungen des Werkwagenverkaufs um eine indirekte Subventionierung vor allem von BMW und Daimler, die von der Abwrackprämie nicht sonderlich profitiert haben.
Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden im Wesentlichen durch das Integrationsverantwortungsgesetz (16/13923) umgesetzt. Das Gesetz trägt der Maßgabe des Verfassungsgerichts Rechnung, dass der Bundestag eine besondere Integrationsverantwortung besitzt. Das neue Begleitgesetz soll sicherstellen, dass der Bundestag insbesondere bei den im Vertrag von Lissabon vorgesehenen Verfahren zur Vertragsänderung sowie bei Verfahren zur Änderung der Einzelheiten des Gesetzgebungsverfahrens ausreichend beteiligt wird. Dabei muss der Bundestag in einer Reihe von Fällen seine Zustimmung geben zum Beispiel beim vereinfachten Vertragsänderungsverfahren (§ 2 IntVG) oder bei den besonderen Vertragsänderungsverfahren (§ 3 IntVG). Werden bei den Verhandlungen auf EU-Ebene sogenannte Brückenklauseln, mit denen der Übergang von der Einstimmigkeit zu einer Mehrheitsentscheidung beschlossen werden kann, angewandt, darf der deutsche Vertreter im Europäischen Rat nur zustimmen, wenn Bundestag und Bundesrat dazu ein Gesetz nach Artikel 23 Absatz 1 des Grundgesetzes erlassen haben.
Das zweite Begleitgesetz (16/13924) regelt die Umsetzung der Grundgesetzänderungen für die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon. Aus rechtstechnischen Gründen muss es getrennt vom ersten Begleitgesetz verabschiedet werden, weil es erst ausgefertigt und verkündet werden kann, wenn der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist.
Die künftige Zusammenarbeit zwischen Bundestag und Bundesregierung in EU-Fragen wird in einem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (16/13925) geregelt. Das Gesetz regelt, dass die Bundesregierung den Bundestag frühzeitig, fortlaufend und in der Regel schriftlich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union unterrichten muss. Auch die Unterrichtung über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik werden darin nochmals gesondert geregelt. Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass bei Verhandlungen auf europäischer Ebene die Bundesregierung vor Festlegung ihrer Verhandlungsposition dem Bundestag die Möglichkeit gibt, eine Stellungnahme abzugeben, die die Bundesregierung ihren Verhandlungen zugrunde legt. Vor einer Entscheidung im Europäischen Rat bemüht sich die Bundesregierung, ein Einvernehmen mit dem Bundestag herzustellen. Außerdem muss der Bundestag bei zwei weiteren Fällen seine Zustimmung geben: bei der Aufnahme von Verhandlungen mit möglichen Beitrittsländern und bei der Aufnahme von Verhandlungen zur Veränderung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union.
In einem vierten Gesetzentwurf wird die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) sowie in der Anlage eine Bund-Länder-Vereinbarung (BLV) (16/13926) geregelt.
Einen fünften Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (16/13928) hat die Fraktion Die Linke vorgelegt. Darin fordert sie unter anderem, dass bei Vertragsänderungen ein Volksentscheid durchgeführt werden muss. Zudem möchte die Linksfraktion im Grundgesetz verankern, dass die Bundesregierung an Stellungnahmen des Bundestages prinzipiell gebunden ist.
Quelle: Deutscher Bundestag
Anmerkung WL: Kommentierung folgt.
Anmerkung Orlando Pascheit: Auszug aus der Eröffnung der Irak-Debatte durch den britischen Premierminister, Tony Blair, am 18. März 2003 im britischen Parlament: ” … Es [das Unterhaus] wird bestimmen, wie Großbritannien und die Welt die zentrale Sicherheitsbedrohung des 21. Jahrhundert angehen, es wird die Entwicklung der UN, die Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten, die Beziehungen innerhalb der EU und die Art und Weise bestimmen, wie die USA mit dem Rest der Welt umgehen. Es wird die Struktur der internationalen Politik für die nächste Generation bestimmen. …” Wie recht der gute Mann doch hatte, ein idealer Mann für den Posten.
Ein bemerkenswerter Befund. Nicht nur, dass sich damit jeder Funktionär der ostdeutschen „Volkssolidarität” auf die Palme treiben ließe. Er steht auch in scharfem Kontrast zu einer Fülle aktueller Daten über Arbeitsmarkt und Vermögensverteilung, etwa dem unlängst präsentierten „Armutsatlas” des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wo sich Dunkel-Deutschland auch nach zwanzig Jahren immer noch in den Grenzen der einstigen DDR abzeichnet.
Quelle: Der Westen
Anmerkung WL: Da haben sich die richtigen „Experten“ zusammengetan, die INSM und der Forschungsverbund SED-Staat. Dass das INSM eine reine PR-Agentur ist, ist ja nicht neu. Und Klaus Schroeder und sein Forschungsverbund SED-Staat sind inzwischen bekannt für ihre geradezu reaktionären Tendenzen. Schroeder hat unlängst gegenüber ZEIT online behauptet, dass Berichte über steigende Armut in Deutschland vor allem daran liegen, dass „sich Armutsforscher wichtigtun wollen, indem sie ihr Thema überbetonen.”
Bevor Sie sich von einem von der konservativen Provokation lebenden Wichtigtuer ins Bockshorn jagen lassen, schauen Sie lieber in den gewiss ausgewogeneren 2. Armuts- Reichtumsbericht der Bundesregierung oder auf die NachDenkSeiten.
Siehe dazu auch:
Perspektiven für Ost-Deutschland
Dass von einem wirklichen Aufholprozess keine Rede sein kann, zeigt sich an der Stagnation des Anteils der neuen Bundesländer am gesamtdeutschen BIP. Dieser hat sich zwischen 2000 (11,4%) und 2008 (11,6%) kaum verändert. Bei zentralen Indikatoren wie Bruttoinlandsprodukt (BIP), Arbeitsproduktivität, Investitionen, Arbeitslosigkeit findet seit Mitte der neunziger Jahre faktisch kein Annäherungsprozess an die alten Bundesländer statt. Zudem verfügt Ostdeutschland über einen ausgedehnten Niedriglohnsektor, eine etwa doppelt so hohe Arbeitslosenquote wie Westdeutschland und einen vergleichsweise hohen Anteil an Armut. Nahezu 20 Prozent der ostdeutschen Bevölkerung ist von Armut bedroht. Bei einem „weiter so“ droht dem Osten nicht nur Stagnation, sondern Schrumpfung aufgrund der demografischen Entwicklung im Verbund mit einer weiteren Abwanderung insbesondere von jungen Menschen, darunter besonders Frauen.
Quelle: ver.di [PDF – 544 KB]
Eine schwarz-gelbe Regierung wäre Ihrer Ansicht nach eine Katastrophe. Wie bringen Sie das den Wählern bei?
Ich sage ihnen, wie sich ihre Arbeits- und Lebensperspektiven mit Merkel und Westerwelle rapide verschlechtern würden.
Das Leipziger Programm der Union ist doch Geschichte, die Union immer sozialdemokratischer geworden.
Jetzt im Wahlkampf ist neoliberale Politik natürlich kein Thema, das hat Merkel 2005 gelernt. Aber nach der Wahl wird das wieder aus der Schublade gezogen. Weil sie ja keinen inhaltlichen Standort hat. Der Westerwelle hat das, und der wird sie beeinflussen.
Mit welchem Ergebnis?
Es wird um die Haushaltskonsolidierung gehen. Irgendwas in Sachen Steuersenkung werden sie machen müssen, weil sie das jetzt wie eine Monstranz vor sich hertragen. Um das zu finanzieren, muss man an die soziale Sicherung. Und das wird vielen Menschen wehtun. Ich sehe meine Aufgabe im Wahlkampf, dies immer wieder deutlich zu machen: Sparen bei der Gesundheit, höhere Eigenbeiträge und noch mehr kapitalgedeckte, private Vorsorge. Da gibt es für Frau Merkel doch überhaupt keine Haltelinie.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkungen unseres Lesers G.K.: Ergänzend zu den zahlreichen zutreffenden Charakterisierungen der Person des blaublütigen Barons von und zu Guttenberg, von dessen Politik und des medialen Umfeldes folgende Hinweise:
Ich bin der Auffassung, dass der weit überwiegende Teil der Medien (die rechtskonservativen und neoliberalen Medien) dieses Thema ganz bewusst sehr niedrig gehangen hat. Diesen Medien ist, ebenso wie den schwarz-gelben Politikern, der Bundestagswahlkampf des Jahres 2005 noch in sehr unguter Erinnerung. Seinerzeit trumpfte Schwarz-Gelb im Gefühl des sicheren Wahlsieges mit neoliberalen Themen (Stichwort: Paul Kirchhof) auf und verprellte die Wähler.
Insgesamt liegt Deutschland damit auf Platz 20 aller untersuchten Staaten. Dies bedeutet, dass die Top-Verdiener hierzulande weniger Steuern und Abgaben zahlen als etwa in den skandinavischen Ländern, Frankreich, Belgien und den Niederlanden.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Bedarf es eines weiteren Beweises, dass die OECD-Welt von einer Plutokratie beherrscht wird?
Anmerkung unseres Lesers J.B.: Während Ulla Schmidt in einem regelrechten Spießrutenlauf durch die Medien fertig gemacht wird, darf Merkel vom privaten Syltflug zwecks privater Buchvorstellung im Regierungsjet bis hin zu Ackermanns 60. Geburtstag ungestraft auf Staatskosten ausrichten?
Wenn für zusätzliches externes Servicepersonal Ausgaben in Höhe von 2100 Euro anfielen, dann kann man sich nur zu gut vorstellen, was der Gesamtetat dieses Spektakels des Klüngels war! Diese politische Kungelei sprengt inzwischen alle Vorstellungen! Demokratie? Besser wäre wohl „Korporatokratie“, wie es John Perkins in seinem Buch „Bekenntnisse eines Economic Hit Man“ richtigerweise ausdrückte.
Seit Johnson ist der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttosozialprodukt der USA dramatisch gestiegen. Lag dieser 1960 noch bei 5,2 Prozent, so wurden 1990 bereits 12,3 Prozent erreicht. Als sich Bill Clinton 1993 zu Beginn seiner Amtszeit der Reform des Gesundheitswesens annahm, war die Quote auf 13,7 Prozent gestiegen. Wie heute Obama hatte Clinton eine Gesundheitsreform in den Mittelpunkt seines Wahlprogramms gestellt und ein öffentliches System ausgeschlossen. Gleichwohl scheiterte das von der damaligen First Lady Hillary Clinton unter strenger Geheimhaltung entwickelte Reformpaket am Widerstand der Lobbys der demokratischen Mehrheit im Kongress. Bis zum Jahr 2007 erreichten die Gesundheitskosten dann sogar 16,2 Prozent des Bruttosozialproduktes. Diese Zahlen lassen eigentlich eine Reform des Gesundheitswesens mehr als dringlich erscheinen. Dass es Obama so schwer fällt, sie umzusetzen, hat einen Grund: Er hat aus dem Scheitern von Clintons Reform die falschen Lehren gezogen. Obama wollte beide Parteien für eine Reform gewinnen. Dabei hat er den Demokraten im Kongress die Initiative überlassen und bis heute selbst keine detaillierten Vorstellungen publik gemacht. Die Republikaner nutzten die Gelegenheit, die Reform zu blockieren, um Obama eine saftige Niederlage zu bereiten.
Quelle: NZZ
Anmerkung Orlando Pascheit: Bei Konzernen wie Philip Morris oder British American Tobacco weiß man, woran man ist, viel tiefer liegt der Ärger über unsere großen internationalen Organisationen wie die Weltbank. Ausbeutung ist eine Seite, die andere fragt nach Entwicklungskonzepten. Es ist für jede Volkswirtschaft mehr als ungesund, wenn ca. 80 Prozent der Devisen über Tabak erwirtschaftet werden. – Auf Druck von IWF und Weltbank hatte Malawi Mitte der 90er endlich die Subventionierung seiner Landwirtschaft eingestellt, – die Märkte regeln sich ja von selbst. Was folgte war der Zusammenbruch der Produktion und eine Hungerkatastrophe im Jahre 2005. Unter der neuen Regierung, Bingu wa Mutharika, wurde über Coupons subventionierter Dünger zur Maisproduktion Verfügung gestellt, Mais ist das Grundnahrungsmittel im Lande. Und siehe da, die Produktion wurde derartig gesteigert, dass Mais nach Simbabwe exportiert und dem „World Food Programm“ der UNO Mais bereitgestellt werden konnte. Das Subventionsprogramm die malawische Regierung kostete 74 Mio. Dollar und brachte etwas das Doppelte an zusätzlichem Ernteertrag. – Die Frage stellt sich, warum eigentlich unsere hochbezahlten Experten von der Weltbank, aber auch von der GTZ nicht auf solche Ideen kommen, sondern in einzelnen Projekten im Bildungs- oder Gesundheitsbereich “rumwursteln”, aber keine Konzepte entwickeln, um elementare gesamtwirtschaftliche Weichen aufzuzeigen.
Siehe dazu auch: “Ending Famine, Simply by Ignoring the Experts”
Der Frankfurter Rundschau liegt jetzt ein Vertrag aus Madagaskar vor, der die Kritiker bestätigt. Investor ist in diesem Fall das indische Unternehmen Varun Agriculture Sarl, Tochterfirma von Varun International in Bombay. Der am 26. Januar dieses Jahres mit 13 Landlords geschlossene “Farming Contract” sichert Varun rund 231.000 Hektar in der madagassischen Provinz Mahjanga für den Anbau von Grundnahrungsmitteln zu. Mit ausdrücklicher Exportklausel. Danach darf Varun 100 Prozent der angebauten Hülsenfrüchte ausführen.
Laufzeit des Vertrages: 50 Jahre, mit einseitigem Kündigungsrecht für Varun und der Option, den Kontrakt in beiderseitigem Einvernehmen auf 99 Jahre zu verlängern.
Eine neue madagassische Landgesetzgebung aus dem Jahr 2007 macht solche Pachtverträge mit ausländischen Unternehmen möglich. Die Europäische Union und die USA hätten diese Liberalisierung über ihre Mitsprache bei der Weltbank gefördert, kritisiert Ulrike Bickel, Referentin der katholischen Entwicklungshilfeorganisation Miseror. “Kontinuierlich wurde Druck auf die madagassische Regierung ausgeübt, ihre Gesetzgebung zu modernisieren und an die Anforderungen von Investoren anzupassen.”
Quelle: FR
Dazu auch:
China erfindet Globalisierung neu
Die Regierungen in Pakistan, Sudan und einigen anderen afrikanischen Ländern bekommen in diesen Wochen häufig Besuch: Mal sind es saudische Regierungsvertreter und Geschäftsleute. Mal sprechen Emissäre der Regierungen Chinas, Katars, aber auch Libyens vor. Und alle wollen nur das eine – Land. Sie sind die Vorboten eines sich beschleunigenden globalen Rennens um Agrarflächen, das erheblichen politischen und wirtschaftlichen Sprengstoff birgt. Denn mehr als ein Dutzend Regierungen wasserarmer oder bevölkerungsreicher, vor allem aber kapitalstarker Länder versucht derzeit, sich in großem Maßstab in Entwicklungsländern fruchtbare Anbaugebiete zu sichern – zur exklusiven Versorgung der Investorenländer.
Länder wie China verfolgen teilweise eine andere Strategie. Denn seit den Unruhen in Madagaskar sind Regierungen in Entwicklungsländern vorsichtiger bei Großprojekten geworden. Dafür kauft sich China nun unterhalb der internationalen und oft auch nationalen Wahrnehmungsschwelle in einzelne Farmen etwa im ostafrikanischen Land Mosambik ein – und bringt zur Bewirtschaftung oft gleich noch chinesische Bauern mit. Die Folgen können dramatisch sein. Mittlerweile hat der Landkauf solche Ausmaße angenommen, dass die Welternährungsorganisation FAO und Nichtregierungsorganisationen wie die Welthungerhilfe von einem „Neo-Kolonialismus“ sprechen. Der Uno-Sonderbeauftragte für Nahrung, Olivier de Schutter, hatte bereits im Mai bei einem Auftritt im Bundestag gewarnt, die Landkäufe seien zudem Vorboten für weltweit steigende Nahrungsmittelpreise – doch diese Aussicht lockt eben zusätzlich auch Konzerne wie Daewoo und Finanzinvestoren in das Rennen um Land. Aber letztlich heizen auch Biosprit-Importeure aus Deutschland, Großbritannien oder den USA die Konkurrenz an, weil sie große Anbaugebiete für energiereiche Pflanzen suchen
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung Orlando Pascheit: Es versteht sich von selbst, dass der Chef des Food Policy Research Institute (IFPRI), das der Weltbank unterstellt ist, die reine Lehre hochhält und Sache streng marktwirtschaftlich angeht: “Dabei müsste sich gerade eine Handelsnation wie Deutschland viel deutlicher zu Wort melden. Denn „land grabbing“ ist ein fataler Versuch der Selbstversorgung, der auch den Freihandel unterläuft. Es darf keine Schule machen, sich bilateralen Handel durch Investitionen zu kaufen.” – Spannend wird es natürlich, wenn es z.B. in Mosambik zu Hungerrevolten kommen sollte und es sich dann herausstellt, dass nicht nur chinesische Arbeiter das Land bearbeiten, sondern auch chinesische Soldaten, pardon, chinesisches Sicherheitspersonal, noch besser Personal von Blackwater das Land verteidigt.
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