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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 8. Juli 2009 um 9:19 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Albrecht Müller
(WL/AM)
Heute unter anderem zu folgenden Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung Orlando Pascheit: Die Titelung weckt Hoffnungen, die durch die Fakten nicht gedeckt sind, auch wenn ein optimistischer Analyst meint, von einem “unglaublichen Comeback” sprechen zu müssen. Tatsache ist, nach einem grottenschlechten April haben sich die Auftragseingänge in der Industrie zum Mai um 4,4 % Prozent erhöht. Es kommt immer auf die Ausgangsbasis an. Das dicke Ende steht im letzten Satz: “Trotz des Mai-Anstiegs liegen die Aufträge noch um fast 30 Prozent unter dem Vorjahreswert.” Ja, wenn jetzt die Industrieaufträge noch 10 Mal um 4,4 Prozent zulegen würde, ja wenn … Ein zweiter Analyst spricht zwar von der Wende, räumt aber ein, dass, bis die Industrieproduktion ihr Vorkrisen-Niveau erreicht, es noch Jahre dauern könne. Die Börse vermutet wohl letzteres, denn der DAX fiel.
Debatte um Konjunkturpakete – US-Börsen rauschen ins Minus
Schlechte Stimmung an den amerikanischen Aktienmärkten: Der Dow Jones ist auf den tiefsten Stand seit Ende April gefallen. Anleger verunsichert offenbar die Diskussion um ein weiteres US-Konjunkturpaket.
Quelle 3: Spiegel Online
Anmerkung AM: So wird Stimmung gegen Konjunkturprogramme gemacht. Indem einfach ein Konnex zu sinkenden Aktienkursen hergestellt wird. Ähnlich auch in den Tagesthemen. Die Meinungsmacher sind überall zugange.
Anmerkung WL: Nun soll also der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden. Die zu geringe Unterlegung mit Eigenkapital bei Kreditderivaten und Zweckgesellschaften hat die Spekulationsblase aufgebläht und jetzt soll durch eine Entlastung beim Eigenkapital das Kreditgeschäft angekurbelt werden.
Die Überlegung basiert auf der Fiktion, dass nicht die Wirtschaftskrise den Kreditbedarf der Unternehmen stagnieren lässt, sondern die mangelnde Bereitschaft der Banken Kredite auszureichen.
Anmerkung Orlando Pascheit: Offensichtlich ist Bundesbank-Präsident Axel Weber von der EZB zurückgepfiffen worden, drohte er doch den Banken am 23. Juni mit einer härteren Gangart, sollten sie die Zinssenkungen nicht weitergeben: “Sollten die Maßnahmen der Notenbanken am Deleveraging der Banken scheitern, dann werden die Notenbanken die Banken umgehen müssen und die Wirtschaft direkt stützen, was ich derzeit noch nicht für nötig halte.”
Desweiteren wurde die Forderung Peer Steinbrücks Basel-II-Vorschriften zu lockern von den EU-Finanzministern abgelehnt. Bezeichnenderweise sind sie sich darin einig, die Bilanzierungsstandards der Banken in Angriff nehmen. Sowohl Steinbrück als auch seine französische Amtskollegin Christine Lagarde plädieren dafür, den Wettbewerbsvorteil US-Banken durch mehr Flexibilität bei der Bilanzierung von problematischen Papieren zu beseitigen – Wenn es nach diesem Muster weitergeht, wird sich die Regulierung der Finanzmärkte auf niedrigstem Niveau abspielen.
Anmerkung WL: Nach allem was bisher geschehen ist, wäre es nicht erstaunlich, wenn nun eine weitere staatliche Rettungsaktion erfolgte.
Anmerkung WL: Im täglichen Leben nennt man das Nötigung durch Androhung von Selbstmord. Siehe “Ein Protokoll, das einem Angstschauer über den Rücken jagt”.
Anmerkung WL: Knapp 60 Prozent der Banken lagen aber über den in der produzierenden Wirtschaft erzielten durchschnittlichen Renditen.
Anmerkung WL: Früher nannte man das Sklavenmarkt.
Anmerkung: Gut das einmal klar ausgesprochen wird, dass der hochgrühmte Boom sich im Nichts aufgelöst hat. Durchaus interessant auch die Zeitreise der G 6/8 von L’Aquila (2009) in das Schloss Rambouillet (1975). Allerdings wird Ulrike Herrmann mit den Devisenpolstern der Schwellenländer als wesentliche Ursache der Vielschichtigkeit der heutigen Krise nicht gerecht, wahrscheinlich weil sie unbedingt die latente Währungskrise neben dem Erdölpreis als Generalspekt sowohl der heutigen wie auch der derzeitigen Krise ausmachen will.
Anmerkung WL: Hier einige Auszüge aus der Sozial-Enzyklika:
Der Gewinn ist nützlich, wenn er in seiner Eigenschaft als Mittel einem Zweck zugeordnet ist, welcher der Art und Weise seiner Erlangung ebenso wie der seiner Verwendung einen Sinn verleiht. Die ausschließliche Ausrichtung auf Gewinn läuft, wenn dieser auf ungute Weise erzielt wird und sein Endzweck nicht das Allgemeinwohl ist, Gefahr, Vermögen zu zerstören und Armut zu schaffen…
Absolut gesehen, nimmt der weltweite Reichtum zu, doch die Ungleichheiten vergrößern sich. In den reichen Ländern verarmen neue Gesellschaftsklassen, und es entstehen neue Formen der Armut. In ärmeren Regionen erfreuen sich einige Gruppen einer Art verschwenderischer und konsumorientierter Überentwicklung, die in unannehmbarem Kontrast zu anhaltenden Situationen entmenschlichenden Elends steht. »Der Skandal schreiender Ungerechtigkeit« hält an.Korruption und Illegalität gibt es leider im Verhalten wirtschaftlicher und politischer Vertreter der alten und neuen reichen Länder ebenso wie in den armen Ländern selbst. Manchmal sind es große transnationale Unternehmen oder auch lokale Produktionsgruppen, welche die Menschenrechte der Arbeiter nicht respektieren…
Der global gewordene Markt hat vor allem bei den reichen Ländern die Suche nach Zonen angetrieben, in die die Produktion zu Niedrigpreisen verlagert werden kann, mit dem Ziel, die Preise vieler Waren zu senken, die Kaufkraft zu steigern und somit die auf vermehrtem Konsum basierenden Wachstumsraten für den eigenen internen Markt zu erhöhen. Folglich hat der Markt neue Formen des Wettstreits unter den Staaten angeregt, die darauf abzielen, mit verschiedenen Mitteln – darunter günstige Steuersätze und die Deregulierung der Arbeitswelt – Produktionszentren ausländischer Unternehmen anzuziehen. Diese Prozesse haben dazu geführt, dass die Suche nach größeren Wettbewerbsvorteilen auf dem Weltmarkt mit einer Reduzierung der Netze der sozialen Sicherheit bezahlt wurde, was die Rechte der Arbeiter, die fundamentalen Menschenrechte und die in den traditionellen Formen des Sozialstaates verwirklichte Solidarität in ernste Gefahr bringt. Die Systeme der sozialen Sicherheit können die Fähigkeit verlieren, ihre Aufgabe zu erfüllen, und zwar nicht nur in den armen Ländern, sondern auch in den Schwellenländern und in den seit langem entwickelten Ländern. Hier kann die Haushaltspolitik mit Streichungen in den Sozialausgaben, die häufig auch von den internationalen Finanzinstituten angeregt werden, die Bürger machtlos neuen und alten Gefahren aussetzen; diese Machtlosigkeit wird durch das Fehlen eines wirksamen Schutzes durch die Arbeitnehmervereinigungen noch erhöht. Die Gesamtheit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen bewirkt, dass die Gewerkschaftsorganisationen bei der Ausübung ihrer Aufgabe, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten, auf größere Schwierigkeiten stoßen, auch weil die Regierungen aus Gründen des wirtschaftlichen Nutzens oft die gewerkschaftlichen Freiheiten oder die Verhandlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften selbst einschränken. So haben die traditionellen Netze der Solidarität wachsende Hindernisse zu überwinden. Der Vorschlag seitens der Soziallehre der Kirche – angefangen von der Enzyklika Rerum novarum –, Arbeitnehmervereinigungen zur Verteidigung der eigenen Rechte ins Leben zu rufen, sollte darum heute noch mehr nachgekommen werden als früher, indem man vor allem eine sofortige und weitblickende Antwort auf die Dringlichkeit gibt, neue Formen des Zusammenwirkens nicht nur auf lokaler, sondern auch auf internationaler Ebene einzuführen…
Die Arbeitsmobilität ist in Verbindung mit der verbreiteten Deregulierung ein wichtiges Phänomen nicht ohne positive Aspekte gewesen, denn sie ist imstande, die Produktion von neuem Vermögen und den Austausch zwischen verschiedenen Kulturen anzuregen. Wenn jedoch die Unsicherheit bezüglich der Arbeitsbedingungen infolge von Prozessen der Mobilität und der Deregulierung um sich greift, bilden sich Formen psychologischer Instabilität aus, Schwierigkeiten, eigene konsequente Lebensplanungen zu entwickeln, auch im Hinblick auf die Ehe. In der Folge ergeben sich Situationen nicht nur sozialer Kräftevergeudung, sondern auch menschlichen Niedergangs. Vergleicht man dies mit dem, was in der Industriegesellschaft der Vergangenheit geschah, so provoziert die Arbeitslosigkeit heute neue Aspekte wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit, und die augenblickliche Krise kann die Situation nur noch verschlechtern. Der langzeitige Ausschluss von der Arbeit oder die längere Abhängigkeit von öffentlicher oder privater Hilfe untergraben die Freiheit und die Kreativität der Person sowie ihre familiären und gesellschaftlichen Beziehungen, was schwere Leiden auf psychologischer und spiritueller Ebene mit sich bringt. Allen, besonders den Regierenden, die damit beschäftigt sind, den Wir-schafts- und Gesellschaftsordnungen der Welt ein erneuertes Profil zu geben, möchte ich in Erinnerung rufen, dass das erste zu schützende und zu nutzende Kapital der Mensch ist, die Person in ihrer Ganzheit – »ist doch der Mensch Urheber, Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft«.
Quelle: Sozial-Einzyklika [PDF – 442 KB]
Wir werden auf diesen „Rundbrief“ noch kritisch eingehen.
Siehe dazu.
Attac: Sozialenzyklika des Papstes hilfloser Appell an Moral
Leider ist der römisch-katholischen Kirche schon seit Jahrzehnten der Blick auf die notwendige Korrektur ungerechter wirtschaftlicher Strukturen abhanden gekommen, der die Soziallehre mit der Betonung der Gleichrangigkeit der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ursprünglich einmal geprägt hatte. So bleibt Benedikts positiver Bezug auf einen Markt, der gut sein könnte, wenn denn nur die Menschen gut, verantwortungsbewusst und liebevoll wären, ausgesprochen hilflos angesichts weltweiter struktureller Ungleichheiten. Wer nicht weite Bereiche der sozialen Sicherung dem Markt und seiner Konkurrenz entzieht, wird trotz aller Appelle an die Moral der Wirtschaftssubjekte eine gerechte und liebende Gesellschaft verfehlen.
Quelle: attac
Anmerkung WL: Es gibt im Vatikan einen Rat für Sozialfragen, zu dem unter anderem zum Beispiel auch Herr Tietmeyer gehört. Der frühere Bundesbankchef, Aufsichtsratsmitglied von HRE und Depfa, der Hohe Priester der neoliberalen Glaubenslehre und Wegbereiter für die Finanz- und Wirtschaftskatastrophe ist also im Vatikan Ratgeber für Sozialfragen.
Quelle: DLF
Nur das Folgende stört offenbar die Harmonie der Liberalen:
Anmerkung WL: Das 7. bis 10. Dezil hatte einen Anteil am Nettoäquivalenzeinkommen von 62,1 Prozent und einen Anteil an der Einkommensteuer von 87,8 Prozent. Wo ist da der Skandal. Insbesondere wenn man bedenkt, dass von der gesamten Steuerlast im Jahr 2007 auf die Einkommensteuern nur 31,7 %, und zwar 26,7 % oder 131,7 Mrd. Euro auf die Lohnsteuer und 5 % oder 25,0 Mrd. Euro auf die „Veranlagte Einkommensteuer“ entfiel.
68,3 % aller Steuereinnahmen 2007 entfielen auf die Umsatzsteuer, auf Verbrauchssteuern (Energie-, Tabaksteuer) und auf die gewerblichen Steuerarten einschließlich Kapital- und Zinssteuern. An den Umsatz- und Verbrauchssteuern trägt die große Masse der niedrigeren
Einkommensbezieher jedoch den Löwenanteil. Vgl. “Der Griff nach dem Geld”
Anmerkung AM: Obama ist einigermaßen verlässlich. Siehe auch unsere Anmerkung am 6.7., Nr. 22.
Anmerkung AM: Nach meinem Eindruck eine manipulative Sendung mit der klaren Absicht, den Konflikt USA-Russland am Leben zu halten.
Ziemlich anders die Deutsche Welle:
USA wünschen “starkes Russland”
US-Präsident Obama hat in Moskau für eine neue “globale Partnerschaft” zwischen Russland und den USA geworben. Die Welt brauche Russland als moderne Großmacht, die Abschied nehme vom Denken in alten Kategorien…
Zuvor war Obama mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin zusammengetroffen. Beide Politiker waren sich seit Obamas Amtsantritt im Januar 2009 noch nicht begegnet. Obama sprach von einer “exzellenten Gelegenheit, das amerikanisch-russische Verhältnis auf eine starke Grundlage zu stellen”. Er räumte ein, dass die Regierungen in Washington und Moskau nicht in allen Fragen einer Meinung seien.
Die Vorbedingungen für das Treffen waren allerdings eher schwierig gewesen, nachdem Obama am vergangenen Donnerstag in einem Interview gesagt hatte, dass Putin teilweise noch der Mentalität des Kalten Krieges verhaftet sei. Putin hatte die Kritik postwendend zurückgewiesen. Nach dem Treffen am Dienstag hieß es nun aus der US-Delegation, Obama betrachte den russischen Ministerpräsidenten keinesfalls als Mann der Vergangenheit. Der Präsident sei “sehr überzeugt”, dass Putin ein Mann der Gegenwart sei und den Blick fest nach vorn richte, sagte ein US-Regierungsbeamter. Beide teilten die Sorge bezüglich des Terrorismus und der Verbreitung von Atomwaffen. Das Weiße Haus sprach von einer “sehr offenen Diskussion über harte Sicherheitsinteressen”.
Putin sagte zu Beginn des Treffens mit Obama, Russland setzte große Hoffnungen auf den US-Präsidenten. “Wir verknüpfen mit Ihrem Namen die Hoffnungen auf einen Ausbau unserer Beziehungen”, so der Ministerpräsident. Zugleich verwies er auf die wechselvollen Beziehungen beider Länder. Das bilaterale Verhältnis habe gute Jahre, aber auch schwierige Phasen erlebt. Mit dem früheren Kremlchef sprach Obama unter anderem über das von Moskau kritisierte US-Raketenabwehrprojekt in Mitteleuropa.
Quelle: Deutsche Welle
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