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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 15. April 2009 um 9:39 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Die deutsche Industrie hat im Februar erneut weniger umgesetzt. Die Erlöse im verarbeitenden Gewerbe sackten im Vergleich zum Vorjahr arbeitstäglich bereinigt um 23,3 Prozent ab, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mit. Dies sei der stärkste Einbruch gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1991. Damit beschleunigte sich das Tempo des Einbruchs: Im Januar waren die Umsätze noch um 19,9 Prozent zurückgegangen.
Im Februar gab vor allem der Auslandsumsatz nach – er brach um 27,5 Prozent ein. Im Inland erlösten die Unternehmen 19,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Quelle: FTD
Anmerkung WL: Aber in Deutschland gilt die Hauptsorge der Inflation!
“Woher soll denn der Nachfrageschub kommen, den wir brauchen“, fragt Krugman. “Exporte werden uns nicht retten, weil die gesamte Welt am Boden liegt. Es sei denn, wir finden einen neuen Planeten, der uns unsere Waren abkauft.“
“Wir haben noch nie einen so rasanten Absturz erlebt“, sagt er, “nicht einmal zu Zeiten der Großen Depression.“ Stärker noch als die USA würde Europa von den weltwirtschaftlichen Verwerfungen getroffen, glaubt Krugman.
Es gebe trotz Einheitswährung keinen einheitlichen Anleihenmarkt. “Eine Euro-Anleihe ist keine Euro-Anleihe, weil Investoren weit höhere Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen verlangten als für spanische, französische oder deutsche“, sagt Krugman. Diese Fragmentierung bedeute, dass der Euro auf absehbare Zeit auf dem Devisenmarkt nicht zum Dollar aufschließen werde.
Trotz seiner düsteren Lagebeschreibung will er seiner Heimat eine europäische Kur verschreiben.
“Amerika braucht einen Sozialstaat nach dem Vorbild Europas und ein stark reguliertes Finanzsystem”, sagt er. “Bankgeschäfte müssen dringend wieder langweilig werden.” Nur dann gäben die Finanzmärkte Ruhe und die Wirtschaft könnte wieder wachsen. Ganz gemächlich.
Quelle: SZ
Siehe auch:
Krugmann geißelt Europas Krisenmanagement
Quelle: FAZ
Zur These Krugmanns, dass es trotz Einheitswährung keinen einheitlichen Anleihemarkt gäbe:
Staaten mit einem zu Beginn vergleichsweise tiefen Preisniveau haben höhere durchschnittliche Preissteigerungen erlebt als solche mit einem durchschnittlichen Ausgangsniveau. Damit verteuerten sich ihre Exporte, was einen (kleinen) Teil der Verluste an Wettbewerbsfähigkeit erklärt. Ein wesentlicher Teil der Divergenzen aber hätten beunruhigende Ursachen, mahnt die Kommission. Hierzu zählt sie etwa eine enttäuschende Produktivitätsentwicklung in manchen ärmeren Staaten und eine über dem Produktivitätswachstum liegende Lohnentwicklung. So seien die Lohnstückkosten in Griechenland 2003–07 deutlich gestiegen, da der zuvor verzeichnete Anstieg der Arbeitsproduktivität versiegte, die Löhne aber weiter wuchsen. Umgekehrt war Lohnzurückhaltung ein Grund für die Steigerung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit. Die ärmeren Staaten haben im Allgemeinen einen hohen Kapitalzufluss erlebt, da mit der Schaffung der Währungsunion ihr zuvor hohes Wechselkursrisiko entfiel, die von den Investoren verlangten Risikoprämien sanken und die Gemeinschaftswährung die Integration der Finanzmärkte förderte. Doch das ausländische Kapital sei nicht immer für die produktivsten Zwecke genutzt worden, betont der Kommissionsbericht. Statt in Investitionen sei es vor allem in den Konsum und in den Wohnungsbau geflossen, womit es statt des Wachstums die Verschuldung der privaten Haushalte und Immobilienblasen gefördert habe. Zu Letzteren trugen auch tiefe Realzinsen bei, die sich in diesen Staaten aus der Kombination einer über dem Durchschnitt der Euro-Zone liegenden Inflation mit einer einheitlichen Geldpolitik ergaben. All dies macht die Defizitländer anfällig für abrupte Änderungen der Finanzmarkt-Bedingungen, weshalb sie der jetzigen Finanzkrise besonders stark ausgesetzt sind.
Quelle 1: NZZ
Quelle 2: Europäische Kommission [PDF – 1,1 MB]
Anmerkung Orlando Pascheit: Einmal mehr erfolgt der Beleg, dass die Konvergenzkriterien von Maastricht, welche bestimmte Werte bei Inflation, langfristigen Zinssätzen und beim Haushaltsdefizit sowie stabile Wechselkurse vorschrieben, wenig über die reale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft aussagen – zudem sind sie extrem manipulationsanfällig. Einen einheitlichen Währungsraum sollten nur Länder bilden, die sich realwirtschaftlich ähnlich sind, d.h. vor allem ein ähnliches Produktivitätsniveau aufweisen. So sonnten sich kurzfristig gewählte Politiker inklusive Kommission im viel zu ambitiös angelegten Projekt einer großen Währungsunion, das das Langfristprojekt, das gemeinsame Haus Europa, heute zu zerreißen droht. Natürlich hat sich Deutschland, durch extreme Lohnzurückhaltung, sprich Lohndumping, auf Kosten der übrigen Eurozone und der eigenen Arbeitnehmer Wettbewerbsvorteile verschafft, aber nichtsdestotrotz waren die Südländer für einen derartigen Schritt schlecht gerüstet.
Vor diesem Hintergrund kommt der Vorschlag von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy wie auch des IWF, die osteuropäischen EU-Mitglieder angesichts der aktuellen Krise so schnell wie möglich in die Eurozone aufzunehmen nur einer kosmetischen Korrektur gleich. Die meisten Länder sind in einer Währungsunion nicht wettbewerbsfähig. Während man Merkel und Sarkozy als ahnungslose Wichtigtuer abtun kann, ist es geradezu ein Alarmzeichen, dass eine Institution wie der IWF, dem die G-20 eine wichtige Rolle in der jetzigen Wirtschaftskrise zugeschrieben haben, auf solche Strategien setzt. Die baltischen Staaten und Bulgarien haben ihre Währungen bereits in einem fixen Wechselkurs an den Euro gebunden, d.h. sie können ihre Währung nicht abwerten und damit ihre Exporte fördern bzw. die Bevölkerung zwingen, beim Konsum ausländischer Waren zu sparen. Wachsende Defizite sind die Folge. Und was die Bewertung der hohen Verschuldung betrifft, die Zinsdifferenz (Spread) zwischen deutschen Staatsanleihen und denjenigen der Peripherie der Eurozone war noch nie so hoch wie heute. D.h. aber je höher die Zinsen, desto teurer wird die Finanzierung beispielsweise von Konjunkturprogrammen, was wiederum die Krise verschärft.
Die satte Zuwendung an die Commerzbank (zeigt), dass der Bankenrettungsplan ganz offen dazu genutzt wird, eine relativ große Bank noch größer zu machen und zugleich den Marktführer im Versicherungsgewerbe zu kräftigen. Mit diesen Zielen identifiziert sich das Team an der Regierungsspitze. Wir sollten ernsthaft überlegen, es bei der Wahl abzulösen.
Quelle: FTD
Bei dieser Argumentation versagt aber offensichtlich das Erinnerungsvermögen derer, die so argumentieren: Der Staat hat nämlich nicht “versagt”, sondern genau das getan, was die Ideologen des völlig freien, ungezügelten Marktes verlangt haben: Der Staat hat sich aus dem Finanzmarkt forderungsgemäß weitgehend herausgehalten.
Es fand also in der Tat keine oder kaum eine Kontrolle statt, wenn die Banken ihre dubiosen Geschäfte in Zweckgesellschaften auslagerten; das war nicht Schlamperei, Leichtsinn, Lustlosigkeit, Lethargie, Überforderung des Staates – das war so gewollt. Das angebliche Versagen der Finanzkontrolle war kein Versagen, sondern die konsequente Durchsetzung der Ideologie des freien, sich selbst kontrollierenden Marktes.
Der Staat war nicht Versager, sondern Verführter. Er wurde verführt und in die Irre geführt von den Lehren derer, die ihn jetzt Versager nennen, es aber selber sind. Erst haben sie versagt, jetzt stehlen sie sich aus der Verantwortung. Mit solchen Ökonomen ist das Vertrauen in die Wirtschaft nicht wiederherzustellen. Eine neue Führungsgeneration muss die Führung und die Verantwortung übernehmen.
Quelle: SZ
Die knapp 500 Milliarden Euro reichen dem Soffin wohl bald nicht mehr aus. Davon ist jedenfalls der Unions-Fraktionsvize Michael Meister überzeugt. “Es ist ausgeschlossen, dass die bisher vorgesehenen Mittel des Bankenrettungsfonds für eine Bereinigung der Bankbilanzen reichen”, sagte der Finanzexperte dem “Handelsblatt”. Der Soffin kann für Refinanzierungsgeschäfte der Banken bürgen oder sich zu ihrer Stabilisierung direkt in die Geldinstitute einkaufen.
Meister forderte, die Regierung müsse unverzüglich handeln, um ernsthafte Probleme bei der Kreditversorgung in der zweiten Jahreshälfte zu vermeiden. Die Banken sollten möglichst noch im zweiten Quartal von institutseigenen Bad Banks profitieren.
Quelle: SPIEGEL
Kommentar des NDS-Lesers J.A.: Die Unverfrorenheit, mit der hier Lobbyisten der Finanz-“industrie” im Gewand von Bundestagsabgeordneten hunderte Milliarden Euro vom Staat fordern, macht nur noch fassungslos.
Auf erschreckende Weise neu ist dagegen, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise nur altbekannte Reflexe beim Spitzenverband der deutschen Arbeitgeber auslöst.
Quelle 1: FR
Quelle 2: Die Krise bewältigen – Weichen für Wachstum und Arbeit stellen, BDA [PDF – 339 KB]
Anmerkung Orlando Pascheit: Etwas seltsam mutet die Aussage, dass die Preisgestaltung auf dem Wassermarkt erinnere an die Strom- und Gasbranche vor zwanzig Jahren. “Unbehelligt von Aufsichtsbehörden können die Wasserversorger ihre Preise und Gebühren festsetzen und das Geld von den Konten der rund 44 Millionen Kunden abbuchen. Wie die Preise zustande kommen, bleibt im Dunkel, bemängeln Kritiker.” Seit wann kennen wir die Preisstruktur der Strom- und Gasbranche?
Zu dieser Anmerkung passt:
Diese Bau- und Betriebsanweisung, kurz: Betra, legt Sonderregeln bei Bauarbeiten fest, wie zum Beispiel Geschwindigkeitsbegrenzungen, Umleitungen oder Streckensperrungen. Solche Sonderregeln muss der örtlich für die Sicherheit verantwortliche Fahrdienstleiter kennen, damit Unfälle vermieden werden.
Frontal21 liegen Dokumente vor, nach denen beispielsweise in der Eisenbahnregion West, das ist die meist befahrene Region Deutschlands, 40 Prozent der Bau- und Betriebsanweisungen zu spät eintreffen oder fehlerhaft sind. “Nicht qualitätsgerecht” waren bundesweit sogar 92 Prozent der Anträge für diese Anweisungen, beschwerte sich noch Ende 2007 der Bahngesamtbetriebsrat beim Vorstand der DB Netz AG.
Quelle: ZDF/Frontal21
Rentenberaterin Astrid Koser, Karlsruhe: „Die Riester-Rente ist die einzige Privatvorsorge, die Hartz-IV-sicher ist.“
Quelle: BILD
Anmerkung WL: Eine neue Variante der BILD-Kampagne zur „Schrumpf-Rente“ und eine unverhohlene Werbung für die private Riester-Rente. Das Wichtigste wurde typischerweise wieder einmal unterschlagen, nämlich dass jemand, der längere Zeit arbeitslos ist, sehr schnell unter den Betrag der Grundsicherung von 627 Euro monatlich fällt. Und wer diese (staatliche) Grundsicherung erhält, bei dem wird die Riester-Rente verrechnet. Wer als Hartz-IV-Empfänger riestert, läuft Gefahr, am Ende vergebens gespart zu haben.
Anmerkung KR: Dies nur als weiteren Beitrag zur Sicherheit der privaten Altersvorsorge.
Quelle: Die Welt Online
Die neue Leistung würde den Staat etwa 100 Milliarden Euro kosten. Allerdings würde sie durch Streichung aller bisherigen Familienleistungen zu 90 Prozent gegenfinanziert, rechnete Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, vor. Auch sollen die 500 Euro versteuert werden. Damit bliebe armen Familien meist alles davon, während Gutverdiener nur einen Teil behalten würden.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung WL: Im Ansatz richtig, der Teufel steckt im Detail. Sind damit die steuerlichen Kinderfreibeträge, mit denen gut Verdienende weit über das Kindergeld hinaus begünstigt werden, abgeschafft? Werden die 500 Euro bei Hartz IV-Beziehern angerechnet? Die Grundsicherung liegt unterhalb des BAföG-Höchstbetrages von 643 Euro.
Anmerkung Orlando Pascheit: Wenngleich Ilse Aigner betont, dass das keine „politische“, sondern eine „fachliche“ Entscheidung sei, können wir getrost davon ausgehen, die breite Ablehnung grüner Gentechnik bei Landwirten gerade in Bayern und den deutschen Verbrauchern angesichts der anstehenden Wahlen (Europa, Bund) eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt hat. Schön wäre es, wenn auch bei anderen Projekten wie z.B. beim Börsengang der Bahn der “Druck der Wähler” Ähnliches bewirken könnte.
Das klingt logisch und erscheint populär. Doch aus dem Munde der SPD-Granden entbehrt die Forderung jeder Glaubwürdigkeit. Schließlich waren es eben die Finanzminister der SPD, die über Jahre genau das Gegenteil betrieben haben. Erst senkten sie den Spitzensteuersatz von 52 auf 42 Prozent. Dann verschenkten sie mit der Minderung der Körperschaftsteuer auf nur noch 15 Prozent zweistellige Milliardenbeträge jährlich an Kapitalgesellschaften aller Art. Anschließend beteiligte sich die SPD, die so gern die Chancengerechtigkeit predigt, mit der Abschaffung der Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen zum Frohlocken des Geldadels an der garantierten Steuerfreiheit des Reichtums per Geburtsrecht. Und zu allem Überfluss setzte ausgerechnet der amtierende SPD-Finanzminister durch, dass private Kapitalgewinne jeder Art nur noch pauschal mit 25 Prozent besteuert werden. Ausgerechnet jene Einkommen also, die durch die Arbeit anderer erwirtschaftet werden und im Gegensatz zu den Löhnen in den ersten sieben Jahren dieses Jahrzehnts um 30 Prozent zulegten, ausgerechnet diese „leistungslosen“ Einnahmen der Vermögenden, wie sie Sozialdemokraten früher nannten, unterliegen nur noch einer Billigsteuer.
Über all das verlieren die SPD-Wahlkämpfer aber kein Wort.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung WL: Es geht ja nicht darum, gegen eine bessere Einsicht zu polemisieren, aber es ist einfach unglaubwürdig, in einem Atemzug die Schrödersche Agenda-Politik hochzuloben und ohne jede Selbstkritik daran jetzt plötzlich populistische Wahlkampf-Luftballons steigen zu lassen. Nicht nur der Steuersenkungswahn war ein Instrument der Umverteilung von unten und von der Mitte nach oben, auch der Sozialabbau und das Lohndumping-Instrument Hartz IV gehören dazu.
Anmerkung WL: Wolfgang Clement hat also die Liste seiner Jobs erweitert:
Ein Gutachten des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags etwa bescheinigt dem Sperrvorhaben, weitgehend wirkungslos und gleichzeitig grundrechtsgefährdend zu sein. Solche Aussagen hält die Ministerin für „unterirdisch“. Die Gesellschaft für Informatik (GI), also die größte Ansammlung von Fachkompetenz im deutschsprachigen Raum, plädierte Anfang April fast schon verzweifelt für eine effektivere Strafverfolgung. Die geplanten Sperrungen dagegen seien wenig hilfreich, sondern überwiegend schädlich.
Längst wurden sogar Forderungen laut, nach denen auf die Liste auch gewaltverherrlichende Inhalte und Glücksspielangebote gehören. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch radikale politische Aussagen ausgeblendet werden sollen. Dann fehlt nur noch ein Gesetz, das jedes Umgehen der technischen Sperre unter Strafe stellt, und die Machthabenden hätten ein perfektes Zensurwerkzeug.
Quelle: c`t magazin
Alle brisanten Themen der gegenwärtig relevanten ökonomischen Themen werden in diesem Buch leidenschaftlich angeschnitten und konkret erläutert. Das Buch ist für politisch bewusste Bürger eine Pflichtlektüre.
Quelle: Blog Acemaxx-Analytics
Anmerkung WL: Wir haben zwar regelmäßig die Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute kritisiert, aber nicht weil wir Konjunkturforschung für unnötig halten, sondern weil die Institute, die das Gemeinschaftsgutachten erstellten, bei ihren Prognosen von einseitigen und eindimensionalen Modellen ausgingen. Bis heute ist etwa das eher der nachfrageorientierten Schule anhängende und gewerkschaftsnahe IMK, das mit seinen Prognosen in den letzten Jahren immer am besten lag, kein Vollmitglied der Arbeitsgruppe.
Das DIW macht mit seinem Verzicht aus seiner Not eine Tugend. Dieses Institut ist aus dem Gemeinschaftsgutachten wegen mangelnder Qualität herausgeflogen. Der Chef des DIW, Klaus Zimmermann, hatte das ehemals vom Mainstream abweichende Institut in die neoliberale Phalanx der Forschungsinstitute eingereiht und Gustav Horn, den heutigen Leiter des IMK, mit ziemlich üblen Methoden rausgeworfen; auf dem Feld der Konjunkturforschung verlor das DIW daraufhin seinen wissenschaftlichen Ruf.
Mit dem Rauswurf als Gemeinschaftsgutachter floss natürlich auch kein öffentliches Geld mehr.
Von daher dürfte der Verzicht auf ein eigenes Konjunkturgutachten ziemlich leicht gefallen sein.
Der Verzicht ist im Übrigen nur konsequent, denn das Versagen der ökonomischen Ausrichtung, die Zimmermann vertritt, ist angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise ziemlich evident.
Am besten wäre es, wenn das DIW mit dieser Kapitulationserklärung gleich seinen Chef mit in die Wüste schicken würde. Zimmermann, zugleich Direktor des von der Deutschen Post AG ausgehaltenen Bonner Instituts Zukunft der Arbeit (IZA), ist ein Musterbeispiel für die Gleichschaltung der Wirtschaftswissenschaften in Deutschland
Anmerkung WL: Eine lesenswerte Abhandlung über den Wandel der inneren Organisation der Hochschulen von der Ordinarien über die Gruppenuniversität zur autokratisch verfassten, „unternehmerischen“ Hochschule. Wichtig erscheint mir auch der hier erörterte Konflikt zwischen grundgesetzlich garantierter individueller Wissenschaftsfreiheit und den Kompetenzen der Hochschulleitungen und der Hochschulräte.
Dass das Bundesverfassungsgericht auch die Studierenden als Grundrechtsträger der Wissenschaftsfreiheit anerkannt hat, wirkt angesichts der Einführung von Paukstudien im Rahmen der Bachelor-Studiengänge wie die Erinnerung an eine längst verlorene Zeit.
Quelle 1: Bericht über eine Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz im Landtag von NRW [PDF – 240 KB]
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Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3890