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Titel: Steuerentlastungsvorschläge aus der CDU – Versicherte werden für dumm verkauft
Datum: 23. Oktober 2008 um 8:28 Uhr
Rubrik: „Lohnnebenkosten“, CDU/CSU, Gesundheitspolitik, Steuern und Abgaben
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Statt eines Konjunkturprogramms fallen der Union zur Belebung der Wirtschaft nur Steuer- und Abgabensenkungen ein. Besonders dreist ist der Vorschlag des CDU-Mittelstandschefs, Michael Fuchs. Er will die Erhöhung, des erst ab 2009 noch einzuführenden Einheitsbeitrags für die gesetzlichen Krankenversicherungen statt auf 15,5 auf 15,0 Prozent begrenzen und außerdem sollen die Beitragsbemessungsgrenzen für die Sozialversicherungen nicht ansteigen. „Das brächte eine Milliarden-Entlastung“ wird er von BILD zitiert. Dass damit allerdings nur die Arbeitgeberseite entlastet und die Arbeitnehmer zusätzlich belastet würden, wird verschwiegen. Die Union will mit ihren „Entlastungs-Vorschlägen“ die Beitragszahler einmal mehr für dumm verkaufen. Wolfgang Lieb
Die noch gar nicht in Kraft getretene Erhöhung der Krankenkassenbeiträge von durchschnittlich 14,9 auf 15,5 Prozent (die Beitragsätze liegen je nach Kasse derzeit zwischen 12 und 16 %) soll nach den Vorschlägen der CDU gesenkt werden und dies wird dann als eine Entlastung ausgegeben.
Doch wer würde eigentlich ab 2009 tatsächlich entlastet, wenn der Beitrag auf 15,0 Prozent begrenzt würde?
Wie die meisten Sozialversicherungsbeiträge wird auch der Krankenkassenbeitrag (grundsätzlich) paritätisch aus dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt, also von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert.
Lassen wir einmal beiseite, dass seit Mitte 2005 im Sinne des Mythos von der Senkung der „Lohnnebenkosten“ die Krankenkassen ihre bisherigen Beitragssätze um 0,9 % senken mussten, dafür wurden aber von den Arbeitnehmern (alleine) ein zusätzlicher Beitrag von 0,9 % erhoben. Insofern hatte sich der Krankenversicherungsbeitrag schon damals gegenüber der bis dato geltenden Parität zu Lasten der Arbeitnehmer verschoben.
Mit der Einführung des „Gesundheitsfonds“ soll ein (für den Durchschnitt der Beitragszahler erhöhter) Einheitsbeitrag von 15,5 Prozent erhoben werden. Der „Gesundheitsfonds“ war ein typischer großkoalitionärer Kompromiss zwischen der Forderung der SPD nach einer Bürgerversicherung (in die alle, also auch Selbständige und Beamte einzahlen) und der Kopfpauschale, die die Union vorschlug, wonach jeder Versicherte, egal ob Gering- oder Höchstverdiener in absoluter Höhe den gleichen Beitrag leisten sollte – der Manager also genau so viel wie der Pförtner.
Von der Bürgerversicherung blieb zwar nichts übrig, weil die Union die privaten Krankenkassen mit Zehen und Klauen verteidigte. Die CDU konnte aber von der Kopfpauschale immerhin so viel durchsetzen, dass wenn die gesetzlichen Krankenversicherungen mit den Leistungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen würden, diese dann einen pauschalen Zusatzbeitrag von ihren Versicherten erheben dürfen. Dieser Zusatzbeitrag müsste ausschließlich und zusätzlich nur von den Krankenversicherten bezahlt werden. Die Arbeitgeberseite hätte damit nichts mehr zu tun.
Am selben Tag, an dem die Union ihre „Entlastungs-Vorschläge“ ankündigte, meldete gleichfalls Bild, dass die gesetzlichen Krankenkassen mit dem Start des Gesundheitsfonds einen Zusatzbeitrag von bis zu 4,30 Euro pro Monat erheben müssen, weil der Einheitsbeitrag von 15,5 % nicht ausreichen wird, um die Kosten zu decken.
Würde also der Einheitsbeitrag jetzt zusätzlich noch von 15,5 auf 15,0% begrenzt, so kann sich jeder an fünf Fingern abzählen, dass die monatliche Zusatzpauschale noch höher als 4,30 Euro liegen müsste.
Der „Entlastungs-Vorschlag“ der CDU würde also ausschließlich die Arbeitgeberseite von der geplanten Erhöhung entlasten, die Arbeitnehmer aber zusätzlich belasten. Bei einem Pauschalbetrag für den Zusatzbeitrag von (absolut) 4,30 Euro im Monat, wären natürlich Niedrigverdiener prozentual an ihrem Einkommen bemessen höher belastet als Besserverdiener.
Rechnen wir also einmal nach: (der Einfachheit lassen wir die Mehrbelastung der Arbeitnehmer aus der „Reform“ von 2005 außen vor)
Nehmen wir an, ein Arbeitnehmer verdient als Bruttolohn 2.000 Euro. Von dem Beitragssatz von künftig 15,5 % bezahlt er 7,75 %, das sind monatlich 155 Euro. Gleichzeitig müsste er auch den jetzt schon geplanten Zusatzbeitrag von 4,30 Euro an seine Kasse abführen. Er bezahlt also 159,30 Euro.
Würde der Beitragssatz nach den Unions-Vorschlägen auf 15,0 % gesenkt, dann würde der Arbeitnehmer 7,5 %, also monatlich 150 Euro an die Krankenkasse bezahlen. Hinzu kommen auch hier noch 4,30 Euro. Der Arbeitnehmer würde dann 154,30 Euro bezahlen und hätte somit 5 Euro gespart.
Wenn die Kassen aber 0,5%, in unserem Fall also 10 Euro, weniger bekämen, würde noch weniger Geld in den Gesundheitsfonds fließen und sie müssten den Zusatzbeitrag sicherlich deutlich über die 4,30 Euro erhöhen.
Für den Arbeitnehmer bliebe dann im besten Fall Null-Komma-Nix.
Für ein Nullsummenspiel für die Krankenkassen bezahlt der Arbeitgeber 7,5 %, der Arbeitnehmer bezahlt 7,5 % + 4,30 Euro + das durch die Begrenzung entstehende weitere Defizit bei den Kallen als Zusatzbeitrag.
Im Ergebnis wäre also die Arbeitgeberseite entlastet und die Arbeitnehmerseite würde eher zusätzlich belastet.
Das gleiche gilt für den Unions-Vorschlag zur Beibehaltung der bisherigen Beitragsbemessungsgrenzen. Auch damit flösse weniger Geld in den Gesundheitsfonds und die Kassen wären gezwungen den Zusatzbeitrag für ihre Versicherten gleichfalls zu erhöhen.
Wie sagte doch der Chef des CDU/CSU-Arbeitnehmerflügels, Gerald Weiß der Bild:
„Nach den Banken sind jetzt auch die kleinen Leute dran. Wir brauchen Entlastung wie einen ´Paukenschlag` zum 1. Januar 2009.“
Wenn die Vorschläge der Union umgesetzt würden, dann wären die Arbeitnehmer, statt vom Paukenschlag eher vom Donnerschlag berührt, wenn sie ihre monatliche Abrechnung für die Krankenkassenbeiträge zu Gesicht bekommen.
Wieder einmal sollen die Versicherten für dumm verkauft werden.
Und wie Wirtschaftsminister Glos mit solchen Vorschlägen die Wirtschaft ankurbeln will, wenn die Arbeitnehmer nach deren Umsetzung nicht „mehr netto“, sondern eher weniger in der Tasche hätten, bleibt sein Geheimnis.
Aber die Nachfrageseite hat diesen Wirtschaftsminister noch nie interessiert, ihm geht es immer nur um die Entlastung der Arbeitgeberseite.
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