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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 3. April 2008 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Siehe dazu auch:
Lohnrückforderungen – Die blanke Wut
Bevor die Insolvenzordnung von unseren heiß geliebten „Volksparteien“ geändert worden war, waren Löhne grundsätzlich unantastbar und ausstehende Löhne sogar bevorzugt gegenüber Gläubigerforderungen. Aber genau das hat man aus der neuen Fassung gestrichen. Wer hat diese Änderung der Insolvenzordnung durchgeboxt? Schröder mit seiner SPD – und noch unterstützt von den Grünen, die natürlich auch nichts von dieser Geschichte wissen wollen.
Quelle: Berliner Umschau
Anmerkung: Nach den Prognosen unserer Konjunkturforschungsinstitute soll doch die Konjunktur in diesem Jahr durch den Binnenkonsum stabilisiert werden.
Anmerkung: An dem Interview lässt sich auch ablesen, welche Schwierigkeiten der DGB mit seiner Einzelgewerkschaft transnet hat.
Dazu auch:
Die wollen die Menschen für dumm verkaufen
Der Bund der Strafvollzugsbediensteten hält die erste Teilprivatisierung eines Knasts für eine Mogelpackung. Ein Gespräch mit Anton Bachl, Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), der mit 25 000 Mitgliedern größten Beschäftigtenorganisation im Justizvollzug:
„2009 soll auch in Offenburg in Baden-Württemberg eine teilprivatisierte Anstalt nach dem Vorbild Hünfeld entstehen, ähnliche Projekte sind in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen geplant. Glauben Sie, der Fall Hünfeld läßt die Verantwortlichen umdenken?
In Nordrhein-Westfalen wurde ein derartiges Projekt nach genauer Prüfung wieder begraben. In anderen Ländern geht man die Pläne vorsichtiger an. Vielleicht braucht es ja noch ein, zwei Reinfälle nach Hünfelder Muster, bis die Politik zur Vernunft kommt. Ich bin überzeugt: Der Tag der Umkehr kommt bestimmt.“
Quelle: Junge Welt
Anmerkung Martin Betzwieser: Ins Sammelalbum gehört aber unbedingt Otto Schily. Besonders dem Chefbiometriker Schily haben wir die Entwicklung zu verdanken und jetzt verdient er sein Geld als Aufsichtsrat in der Branche.
Quelle 3: Lobbycontrol
Anmerkung WL: Das ist eine Einigung zu Lasten der Rentner. Als ob die Senkung der Rentenbeiträge das wichtigste Problem der gesetzlichen Rente wäre.
Nach Angaben des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft liegt das derzeitige Durchschnittsbruttoeinkommen eines Arbeitnehmers bei 2.250 Euro. Eine Senkung von 19,9 auf 19,5 Prozent, also eine Senkung des Arbeitnehmeranteils um 0,2 Prozentpunkte, bringt dem Arbeitnehmer 4,50 Euro im Monat, 2013 – also bei 19,1 Prozent – wären das 18 Euro im Monat. Dafür soll aber der Arbeitnehmer allein (ohne Arbeitgeberanteil) 4 Prozent seines Bruttoeinkommens in die Riester-Rente bezahlen, um eine auskömmliche Altersversorgung zu haben, dass sind 90 Euro monatlich.
Ein wunderschöner Kompromiss!
Anmerkung: Hierauf sei besonders hingewiesen: „Die angesprochene Quersubventionierung in der Arztpraxis mag es ja geben. Aber zuvor ist dem System der gesetzlichen Krankenversicherung sehr viel mehr Geld entzogen worden – durch den Marsch der jungen, gesunden Gutverdiener zur privaten Krankenversicherung.“
Dazu die taz vom 24.2.2008:
Dass sich unter den 12 Nachzüglerinnen “harte” Verweigerung verstecken sollte, scheint auch unwahrscheinlich. Die durchweg kleinen ASAs auf dieser Liste haben nämlich teilweise bereits für Anfang März zu ihren Generalversammlungen eingeladen, bei denen als Tagesordnungspunkt ausdrücklich “Erfüllung des Quotengesetzes” auftaucht. Andere scheinen nur noch auf dem Papier zu existieren.
Die Zeit vom 25.3.2008:
Sie haben in den Kursen neben ihrem Job norwegisches Aktienrecht gepaukt, Bilanzen lesen gelernt und auch so genannte soft skills trainiert.
Die taz vom 20.10.2007:
Das Argument: ‘Wir haben keine guten Frauen’ ist ab heute gestorben
Eingeführt wurde der Vorschlag einer Mindestquote 2002 ausgerechnet von einem konservativen Wirtschaftsminister, dem es aber nicht in erster Linie um Gleichberechtigung ging, sondern der der Überzeugung war, dass Frauen an der Spitze von Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher agieren.
Und sogar die FAZ schreibt darüber positiver als unsere immer tendenzösere Tagesschau
Männer haben Männernetzwerke, Frauen haben Frauennetzwerke.
Von den so genannten “Kuschelfaktoren”, wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Intuition und Einfühlsamkeit, mit denen Frauen angeblich das Klima in den Führungsetagen verbessern, ist in Norwegen übrigens noch nie die Rede gewesen. Dort spricht man von Vielfalt und Kompetenz. Norwegische Unternehmen müssen und wollen wettbewerbsfähig bleiben. Da sind kompetente Frauen in Führungspositionen schon allein aus ökonomischen Gründen langfristig unverzichtbar: schlicht und einfach, weil es nicht mehr ausreichend männliche Führungstalente gibt und die Alten bald in Rente gehen – wie in Deutschland übrigens auch.
Anmerkung: Ein Thema, über das man bei uns nur am Rande etwas hört.
Anmerkung: Es ist immer wieder das gleiche Spiel: Erst vertuschen und nur, wenn es nicht mehr anders geht, mit der Wahrheit herausrücken.
Kommentar AM: Ein Musterbeispiel dafür, wie sehr versucht wird, wichtige Entscheidungen der SPD von außen zu bestimmen, wahrscheinlich unter Mitwirkung von Schröder – wie wir aus Erfahrung wissen, meist mit Erfolg. Im konkreten Fall wird mit Gefälligkeitsumfragen Stimmung bis weit hinein in die SPD gemacht. Auch mit dem Ziel, einen blassen Kanzlerkandidaten hochzuloben („Kompetent, weltmännisch, glaubwürdig, reif fürs Kanzleramt“), der gegen Frau Merkel mit Sicherheit verliert. Siehe „Betrifft den Kampf um Hessen – Zeichen für die Auszehrung demokratischer Verhältnisse“ und „Kurt Beck wird zum Sündenbock für den Niedergang der SPD gemacht“.
In dieser Kampagne darf natürlich der Stern nicht fehlen. Dort darf der Ypsilantie-Heckenschütze Clement ran:
Das Dilemma ist offenkundig geworden, seit sich die SPD in der Verantwortung von Kurt Beck von der Reformagenda des bis dato letzten sozialdemokratischen Kanzlers Gerhard Schröder absetzte und sich fast zeitgleich anschickte, der von Oskar Lafontaine zur “Linken” aufgemotzten ehemaligen PDS Tür und Tor zu öffnen.
Diese Analyse ist so weit neben der Wirklichkeit, dass sie schon wieder interessant ist: Sie spiegelt nämlich nur noch die Ängste von Clement wieder, dass sich die Einsicht durchsetzen könnte, dass er einer der Hauptverantwortlichen für den Niedergang der SPD und für ihren heutigen Zustand ist.
In aktuellen Debatten über die neoliberale Wirtschaftsideologie versäumt es kaum einer ihrer Befürworter, die “unsichtbare Hand” von Adam Smith (1723 – 1790) zu zitieren, die als der beste Regulator makroökonomischer Prozesse anzusehen sei. Ob dabei alle Publizisten, ja selbst die professionellen Experten den konzeptionellen Zusammenhang bei Smith im Original 1) überhaupt gelesen, geschweige denn studiert und verstanden haben, sei dahingestellt; zu bezweifeln ist es jedenfalls.
Wie dem auch sei. Smith wird offenbar vom mainstream als Autorität der ökonomi-schen Theorie geschätzt. Dies legt eigentlich nahe, auch zu anderen Themen bei ihm Rat zu suchen, z. B. zum Mindestlohn.
Das birgt allerdings die Schwierigkeit in sich, Adam Smith nicht nur auf eine Floskel zu reduzieren; dafür muss man sich ernsthaft mit dem komplexen Inhalt seiner Lehren beschäftigen! Der “Grundleger der politischen Ökonomie” als Wissenschaft, wie ihn Marx gewürdigt hat, versuchte nämlich hinter den Schleier der äußeren Form wirtschaftlicher Erscheinungen vorzudringen.
Lohn ist für Smith nicht einfach der Geldbetrag, den der Arbeiter vom Kapitaleigentümer (“employer” von Arbeit [Beschäftiger Arbeitgeber]) erhält und der durch Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt “frei” ausgehandelt wird; vielmehr unterliegt der Arbeitslohn einer ökonomisch-gesetzmäßigen Bestimmung.
Ausgangspunkt hierfür ist das (materielle) Produkt der Arbeit, das in einem “ursprünglichen Zustand” der Gesellschaft gänzlich dem Arbeiter zufiel. Doch als Boden und die übrigen Produktionsmittel Privateigentum geworden waren, war der Arbeiter gezwungen, mit dem Bodeneigentümer und dem kapitalistischen Unternehmer (Pächter) zu teilen. Grundrente und Profit sind nach Adam Smith “Abzüge vom Produkt des Arbeiters”. 2)
Um die Aufteilung des Produkts in Lohn und Profit/Rente gibt es immer von unvereinbaren Interessen geleitete Auseinandersetzungen. Als deren realistischer Beobachter weiß Smith, dass die Arbeiter dabei in der Regel benachteiligt sind. Aber auf längere Sicht, meint er, “gibt es doch eine bestimmte Rate, unter die ein Herabdrücken der üblichen Löhne, sogar für die niedrigsten Arbeitsarten” nicht möglich zu sein scheint. 3)
Und wie hoch ist diese Rate? “Ein Mensch muss immer von seiner Arbeit leben, und sein Lohn muss mindestens zu seiner Erhaltung ausreichen,” was nach Smith die Deckung der Kosten für die Familie in sich einschließt, da sonst “das Geschlecht der Arbeiter … nicht länger als eine Generation existieren könnte.” 4)
Das ist im Kern auch die Bestimmung des “Werts der Ware Arbeitskraft” nach Marx. Bei Einhaltung des Wertgesetzes, das die Preise normalerweise auf dem Markt reguliert.
– wenn dem keine monopolartigen Machtstrukturen entgegenstehen -, müssen die Reproduktionskosten der Arbeitskraft mit dem Lohn ersetzt werden. Ansonsten zieht das Kapital “vom Produkt des Arbeiters” mehr ab, als ihm nach den Gesetzen der (Markt-)Wirtschaft gebührt. Das ist dann Umverteilung von unten nach oben oder Erhöhung des “absoluten Mehrwerts” (Marx).
Dieser historisch-theoretische Hintergrund erhellt die ganze Tiefgründigkeit des Denkens von Herrn Prof. H.-W. Sinn (Ifo-Institut f. Wirtschaftsforschung, München), der “die Forderung, dass jeder von seiner Hände Arbeit leben können müsse, für den >> dümmsten Spruch des Jahres <<" hält 5), und jetzt wieder darüber schwadroniert, dass Mindestlöhne den Untergang des Abendlandes heraufbeschwören. 6) Im Übrigen wäre auch darüber nachzudenken, ob die uferlosen Debatten um Kinderarmut, Bevölkerungsschwund, staatliche Familienunterstützung usw. zumindest teilweise gegenstandslos würden, wenn es in Deutschland Löhne gäbe, die dem Niveau entsprächen, welches Adam Smith für unabdingbar hielt. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle näher auf die Profittheorie einzugehen, mit der Adam Smith die objektiven Ursachen für die Bestimmung der Profithöhe aufzudecken suchte. Doch all jenen, die aus Mindestlöhnen den unausweichlichen Niedergang der Wirtschaft ableiten, sei das folgende Smith-Zitat ins Stammbuch geschrieben: "Unsere Kaufleute und Fabrikherren beschweren sich viel über die schlechten Auswirkungen hoher Löhne, dass sie die Preise steigern und deshalb den in- und ausländischen Absatz ihrer Waren schmälern. Über die schlechten Auswirkungen hoher Profite äußern sie sich nicht. Im Hinblick auf die verwerflichen Folgen ihrer eigenen Gewinne schweigen sie. Sie klagen nur über die anderer Leute." 7) Neiddebatte einmal gegen den Strich gebürstet. ________ 1) Vgl. Adam Smith, Eine Untersuchung über das Wesen und die Ursachen des Reichtums der Nationen, 2. Band, Akademie-Verlag Berlin 1975, S. 213 2) Vgl. ebenda, 1. Bd., Berlin 1963, S. 85 3) Ebenda, S. 89 4) Ebenda. 5) Vgl. Hans-Werner Sinn, 'Außenansicht' zum Mindestlohn, Süddeutsche Zeitung v. 28. 12. 2007 6) Vgl. www.sueddeutsche.de v. 01. 04. 2008. 7) Adam Smith, a. a. O., 1. Bd., S. 128 Biographische Angaben zu Ihrer Information: Autor (Jahrgang 1933) war bis zu seiner Abwicklung (1991/92) Professor für "Geschichte der ökonomischen Lehrmeinungen" an Martin-Luther- Universität Halle- Wittenberg
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3116