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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 20. September 2007 um 10:02 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(AM/KR)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung M.B.: “… es ist Aufgabe des Gesetzgebers, eine Art Kundenfreundlichkeit auch auf diesem Gebiert herzustellen. Was im Sozialrecht möglich ist, sollte im Arbeitsrecht auch möglich sein.” Diese Drohung sollte sehr ernst genommen werden. Der zitierte stiftungseigene Experte Dr. Stefan Emptner sowie die nicht erwähnten Frank Frick (Agenda Moderne Regulierung) und Werner Eichhorst (Ex-Bertelsmann-Stiftung; jetzt Institut Zukunft der Arbeit / ITA), die an diesem Projekt arbeiten, waren für die Bertelsmann-Stiftung schon an der Benchmarkung-Gruppe zur Vorbereitung der Hartz-Reformen beteiligt.
Quelle: Helga Spindler: “War auch die Hartz-Reform ein Bertelsmann-Projekt” aus “Netzwerk der Macht: Bertelsmann – der medial-politische Komplex aus Gütersloh” (Seiten 243 – 276)
Siehe auch: Bertelsmann-Stiftung
Profite auf Kosten der Kommunen – Wie die Bahn die Steuerzahler abzockt
Die Bahn setze Gemeinden rücksichtslos unter Druck, um langfristige Verträge und stille Subventionen zu sichern, kritisieren Lokalpolitiker. Dabei nutze die Bahn ihre Monopolstellung aus. Kommunen wagen häufig nicht, sich zu wehren.
Quelle 1: ZDF-Frontal 21 (Text) [PDF – 48 KB]
Quelle 2: ZDF-Frontal 21 (Video)
Es folgen Hinweise auf verschiedene Artikel mit divergierenden Ansichten, die wir uns nicht alle zueigen machen.
Vorweg eine Anmerkung zum Brüsseler Vorstoß:
Dass bei uns recht und schlecht öffentlich kontrollierte Stromversorger in private Quasi-Monopole verwandelt wurden, folgte aus der auch in Brüssel propagierten Liberalisierungsforderung. Auch die jetzigen Vorschläge sind von der Fiktion geprägt, es lasse sich auf diesen Märkten z.B. durch die Trennung von Netz und Produktion Wettbewerb herstellen. Die Netze werden immer Monopolcharakter haben, weil es keinen Sinn macht, Stromleitungen neben einander zu verlegen und konkurrieren zu lassen. Regulierungsbehörden sind Krampf. Sie ersetzen mit viel bürokratischem Aufwand, was das öffentliche Eigentum an solchen Monopolstrukturen leisten könnte und vielerorts leistet.
Dazu eine Anmerkung eines NachDenkSeiten-Lesers:
Selbstverständlich müssen solche Forderungen langfristig so umgesetzt werden, dass die sozialen Ungleichheiten nicht größer werden und nicht unberechtigte Wettbewerbsvorteile international konkurrierender Unternehmen geschaffen werden. Doch bin ich sehr überrascht, dass die Äußerungen des E.on-Chefs in den letzten Tagen sehr einseitig nur unter der Prämisse diskutiert wurden, dass die EU durch Entflechtung der Netze und Versorger Preissenkungen durch Wettbewerb erzwingen müsse. Fragen des Umgangs der Energieversorger mit den CO 2-Kontingenten und viele andere Aspekte des Themas wurden öffentlich m. W. in den letzten Tagen nicht diskutiert.
Anmerkung: Dazu erreichte uns ein treffender Kommentar von W.S.:
So löblich das Unterfangen von Frontal21 ist, das Thema – in nachlesbarer Form – anzugehen, so muss man doch folgendes sehen:
- Zu Schröders Zeiten war das ZDF unter den Medien, die ständig getrommelt haben:
- Wer wirklich Arbeit will, findet auch welche.
- Und dass Arbeit mal nicht mehr zur Ernährung einer kleinen Familie ausreichen könnte, kam damals erst gar nicht vor.
- Wes Geistes Kind man in der ‘Frontal21-Redaktion wirklich ist, wird klar, wenn man den Bericht daraufhin durchsieht, ob es irgendwo einen Versuch gibt, die Frage zu beantworten, warum die Kinderarmut so hoch ist, und warum die Kinderarmut immer größer wird.
Nicht einmal die Politik wird dafür verantwortlich gemacht; über die Rolle der neoliberalen Bertelsmann-Krake sowie des feinen Herr Hartz wird schlicht der Mantel des Vergessens gezogen. Nicht einmal die gegenwärtige Regierung “bekommt ihr Fett ab”. …
So kann ich nicht umhin, auch die Frontal21-Redakteure für mitverantwortlich zu erklären —- für das, was sie selbst anprangern.
Kommentar: Auf der anderen Seite, welche Existenzberechtigung hat ein Unternehmen, dessen Existenz allein auf Löhnen gründet, welche nicht einmal das Existenzminimum abdecken. Alle anderen Fixkosten wie Strom, Wasser, Mieten usw. sowie die dahinter stehenden Profiteure werden akzeptiert. Existenzsichernde Löhne als Fixkosten gehören in das Kostenkalkül eines jeden Unternehmens. Dass ein sich als Makroökonom bezeichnender Wirtschaftsweiser als Argumentationshilfe für solche Unternehmen genutzt werde kann, ist eine Schande für den ganzen Stand. Wolfgang Franz ist jener Wirtschaftsexperte, der im April zur Freude der Finanziers des ZEW, dessen Leiter er ist, meinte, müsse man die unteren Löhne von drei oder vier Euro womöglich “noch einmal senken, damit mehr Stellen entstehen.”
Kommentar O.P.: Bla,bla, Bla … Ein Beispiel: “Die konkrete Ermittlung des notwendigen Lebensunterhaltes und eines sachgerechten Anpassungsmechanismus sind nicht einfach und unterliegen dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum.” Und dann werden die Regelsätze, wie vom Herrgott festgesetzt, durchdekliniert. Was heißt “gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum”? Ihr Politiker macht doch die Gesetze. Und dann das Hochhalten der Schröder-Agenda. Leute, tretet ab! Dann ist eine wesentliche Ursache der ansteigenden Armut vom Tisch.
Es tut mir leid, ich kann das Elaborat nicht analysieren, ohne ausfallend zu werden. Mein Gott, was haben diese Politiker Deutschland und der SPD angetan.
Afghanistan
Anmerkung: Die Süddeutsche Zeitung hatte am 19.9. schon ausführlich auf ihrer Seite 2 berichtet.
Anmerkung: Ein Leser machte uns darauf aufmerksam, dass unser Hinweis 11 von gestern wohl ein unvollständiges Bild zeichnet. In den Streit jedoch, ob Ahmadinedschad den Holocaust tatsächlich explizit geleugnet hat, ob er sich absichtlich oder versehentlich missverständlich ausgedrückt hat oder aber bewusst falsch übersetzt worden ist, wollen wir uns ausdrücklich nicht einmischen.
Roger Straßburg schreibt dazu:
Dieser Artikel im Tagesspiegel stößt bei mir etwas sauer auf. Die pauschale Anspielung auf eine Zusammenarbeit von transnationalen Multis und der CIA ist zwar ein populäres Klischee (es fehlt nur noch der Mossad und die Königin von England, dann wäre die Theorie perfekt), gehört aber nicht unkommentiert in die Nachdenkseiten.
Die Behauptung, dass die Privatisierungsideologie, die jetzt auch Europa erfasse (Sarkozy), in den USA bittere Realität sei, kann ich nicht so richtig nachvollziehen. Welche Privatisierungen in den USA meint sie denn? Die Post ist noch staatlich. Die Telefongesellschaften waren immer schon privat und als Monopole reguliert. Gleiches bei den Stromkonzernen. Flugverkehr und Eisenbahn waren auch immer privat. Bush wollte die gesetzliche Rente teil- (eigentlich voll-) privatisieren, ist aber damit gescheitert. Sie ist also immer noch staatlich und immer noch ein Umlageverfahren. Krankenversicherungen waren – bis auf Medicare – immer privat. Es gab schon immer private und öffentliche Krankenhäuser. Das Gesundheitssystem ist zwar eine Katastrophe. Eine Verstaatlichung würde es mit Sicherheit verbessern. Es wurde aber nie privatisiert, da sie im Großen und Ganzen immer privat war.
Also, was ist die “bittere Realität” der “Privatisierung” in den USA? Na ja, vielleicht habe ich ja was verpasst.
Die Privatisierungswelle in Europa fing auch nicht erst mit Sarkozy an, sie gibt es in Deutschland und anderswo in Europa schon eine ganze Weile. In Europa ist die Privatisierungsideologie schon sehr weit fortgeschritten. Da finde ich einen Vergleich mit den vermeintlich noch schlimmeren USA etwas naiv.
Doch die USA will ich auch nicht schönreden. Paul Krugman schreibt am 18.09.2007 in seinem Blog in der NYT zur Entwicklung der Ungleichheit in den USA: “Aber die Europäer sollten sich nicht deshalb auf die Schulter klopfen und meinen, “bei uns ist alles besser”. Das kann sich ja ändern.”
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