Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 13. September 2007 um 9:32 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Albrecht Müller
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Kommentar: Dass diese guten Absichten realisiert werden, glaube ich erst, wenn das entschieden ist. Jahrelang wusste man zum Beispiel um die Unmöglichkeit, amerikanische Filmfonds mit deutschen Steuergeldern zu fördern. In der im Jahr 2004 erschienenen „Reformlüge“ wies ich auf die Verlogenheit der Gegner von Subventionen wie zum Beispiel Professor Kirchhof hin. Sie haben gegen diese Subventionen zu Gunsten vor allem ihrer bayerischen Spezies genauso wenig unternommen wie gegen die neue Milliardensubvention für Riester-Rente und Rürup-Rente. Siehe dazu auch “Eine differenzierte Betrachtung des Themas Subventionen” auf den NachDenkSeiten. Erst im Jahr 2005 wurden diese Privilegien gestrichen.
Kommentar Orlando Pascheit: Es mag ja stimmen, dass selbst die Ratingagenturen nicht mehr die ursprünglichen Kredite hinter den grassierenden “strukturierten Produkten” erkennen – so schön euphemistisch heißen die Zockerangebote der Banken, welche nur über komplizierte Wahrscheinlichkeitskalküle mit großen Datenbanken anzustellen sind. Wäre es aber nicht viel sinnvoller, einen Großteil dieser Schachtelprodukte abzuschaffen, auch wenn sich die Finanzindustrie mit weniger Rendite und weniger hohen Gehältern abfinden müsste? Die Wirtschaft in vielen Ländern Asiens wächst offensichtlich ohne den Zugang zu hoch verschachtelten Finanzprodukten. Übergroße Verschuldung sichtbar machen ist keine Lösung. Sie überhaupt nicht zuzulassen, ist das Gebot der Stunde. – Wir werden ja sehen, in den nächsten zehn Tagen werden ca. 20 Prozent aller kurzfristigen von europäischen Instituten gegebenen Kredite fällig.
Dass Hedge-Fonds besser als deutsche Landesbanken zu zocken verstehen, braucht der Autor des Artikels, Wolfgang Münchau, nicht hervorzuheben, reguliert gehören sie trotzdem. Ein Anfang wäre z.B., den rechtlichen Sitz vieler Fonds wieder onshore zu bringen. Der Verlust von Steuervorteilen an Offshore-Plätzen und der dort erlaubten Finanzinstrumente würde manche riskanten Techniken und Anlageformen der Hedge-Fonds-Manager minimieren.
Die Forderung, “die deutsche G7-Präsidentschaft sollte ihren verlustreichen ideologischen Kampf gegen “Heuschrecken” aufgeben”, ist selbst hochideologisch, aber wahrscheinlich spricht hier eher der interessengeleitete Leiter und Inhaber eines Wirtschaftsinformationsdienstes und nicht der Kolumnist eines Finanzblattes. Die Möglichkeit, sich über Private Equity am Eigenkapital von Firmen zu bereichern, ist skandalös und gehört beseitigt.
Noch eine Anmerkung von GG: Nicht schlecht für jemanden, der noch vor drei Wochen indirekt zum bank-run auf die Sparkassen geblasen hat. (Münchau in seiner FTD-Kolumne: “Da wir es mit einer nichttrivialen Wahrscheinlichkeit einer systemischen Bankenkrise zu tun haben, sollte
man auf keinen Fall sein gesamtes Vermögen auf der Bank halten, etwa in der Form eines Sparbuchs. Wenn man sieht, wie sich gerade die öffentlichen Banken in Deutschland im Kreditmarkt verzockt haben, dann kommt man zu dem Schluss, dass das Sparbuch bei der Sparkasse eines der riskantesten Anlageobjekte überhaupt ist.”)
Wie sich die Hedge-Fonds “zumindest gegen die großen Risiken abgesichert” haben sollen, wenn man nicht mehr weiß, was die hinterlegten Sicherheiten noch wert sind, wüßte man allerdings doch gerne.
Kommentar O.P.: Beispiele für die Verquickung von Wirtschaft und Politik überraschen Leser der NachDenkSeiten wirklich nicht, aber auch der normale Zeitungsleser wird sich nicht die Augen reiben. Der Übersichtsartikel lädt immerhin dazu ein, sich einmal anzuschauen, wie sich Ökonomen diesem Phänomen in verschiedenen Epochen und unterschiedlichen politischen Systemen annähern.
Der rein ökonomische Blickwinkel ist aber auch die Schwäche dieser Untersuchungen. In einer Zeit grundlegender Ökonomisierung der Gesellschaft unter neoliberalem Heilsanspruch ist die Frage, inwiefern ineffiziente Unternehmen durch politische Patronage über Wasser gehalten werden oder andere zu Extraprofiten kommen, eher marginal. Untersuchungen dieser Art auf der Basis einfacher Korrelationen machen Sinn, wenn die Sphäre der Politik von derjenigen der Wirtschaft in dem Sinne getrennt ist, daß die Sache des Gemeinwesens Vorrang hat. Dies ist heute nicht mehr gegeben, da von den Funktionseliten bis tief in die Gesellschaft hinein die Vorstellung herrscht, das Gemeinwesen werde durch das rationale Verhalten von Nutzenmaximierern im Gleichgewicht gehalten, sofern man sie nur lässt. Für den Staat bedeutet dies, er hat sich selbst hat selbst als Agentur zu begreifen, welche zwischen Kunden und Unternehmen vermittelt.
Darüber hinaus hat die Landnahme des ökonomischen Kalküls im Politischen heute eine ganz andere Dimension, sowohl Art und Ausmaß der Korruption betreffend als auch den Schaden für die Gesellschaft. Nehmen wir die Privatisierung der Daseinsvorsorge. Wie selbstverständlich lassen sich Politiker, Wissenschaftler beispielsweise ihr Werben für eine kapitalgedeckte Rentenversicherung bezahlen, direkt oder auf diversen Pöstchen, und wie selbstverständlich nimmt die Bevölkerung dies als systemimmanent hin. Es lebe die Mafia, schade nur, daß ich nicht dazugehöre. Jenseits der Frage, inwiefern Nutzenmaximierer das Fundament eines Gemeinwesens sein können, ist die Desavouierung der Politik durch Politikverzicht entscheidend. Sie zwingt den Bürger gerade dazu, sich blindlings den Märkten anzuvertrauen und als Spielball der Märkte zu enden.
Jede Zeit definiert ihren Untergang anders. Er muß nicht rassistisch und martialisch herkommen wie 1933. Heute heißt es einfach: It’s economy, stupid!
IMI-Analyse 2007/031 – in: FriedensForum 4/2007 S. 21
EU: Aufrüstung und Militarisierung
Tücken im Entwurf für den neuen EU-Reformvertrag – vormals EU-Verfassungsvertrag
Quelle 1: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e. V.
Quelle 2: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e. V. [PDF – 108 KB]
Anmerkung: Freundlicherweise gibt es auf dieser Seite zwei Links zu Angeboten der kommerziellen Pflegeversicherung sowie einen Link zur BILD-Seite “Brauche ich jetzt eine private Pflegeversicherung?”
Anmerkung eines NDS-Lesers: Passt meines Erachtens ganz gut zu Ihrem Beitrag “Immer wieder der gleiche Versuch, uns einzureden, wir erlebten einen Boom und dies sei eine „Reformrendite“(NachDenkSeiten 12.9.07).“ Neben den immer gleichen Worthülsen hat die Studie aber doch ein interessantes Detail: Man betont plötzlich die wichtige Rolle des Staates auch(!) in einer globalisierten Welt. Bisher wurde der Staat ja immer als ohnmächtig gegenüber der Globalisierung erklärt.
Zum Gutachten des IW auch:
Thomas Fricke: Initiative neu entdeckte Reformrendite
Ein Drittel des Aufschwungs kommt von den Reformen der letzten Jahre. Das schätzen in einer gerade publizierten Veröffentlichung die Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft. Das Gute daran ist, dass die Leute um IW-Chef Michael Hüther damit den Mut aufbringen, solche Effekte überhaupt einmal zu schätzen; und dass Hüther selbst damit hohe Konsequenz beweist, da er die Reformen immer gelobt hat. Das Gute ist auch, dass der Studie eine prima Gesamtdokumentation über die Reformen der vergangenen Jahre anhängt.
Weniger gut ist bei näherer Betrachtung, wie die vermeintliche Reformrendite nachgewiesen wird. Das hat eher etwas Abenteuerliches.
Quelle: FTD
Kommentar eines Wiener Freundes der NachDenkSeiten: .. das vordergründige “strunzdumme” Gewäsch der Eva Hermann ist Teil des neoliberalen Mainstreams und passt gut in deren reaktionäre Ideologie. Auf der privaten Seite bereitet sie mit ihren Gedanken zur neuen Mütterlichkeit meines Erachtens den Boden für die politischen Ansätze der Konservativen. Spätestens seit ihrer Zusage, bei den österreichischen Freiheitlichen aufzutreten, ist klar, wes Geistes Kind sie ist.
Anmerkung: Was daran infam sein soll, verstehe ich nicht.
Machen Sie sich selbst ein Bild. Hier ist
Lafontaines Rede
Quelle: Linksfraktion.de
Und zur Haushaltsdebatte auch:
Merkel jubelt Opposition nieder
Die Kanzlerin nutzt die Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag, um sich und ihrer Regierung ein Traumzeugnis auszustellen. Ihre Gegner tun sich dagegen schwer.
Quelle: TAZ
Die Welt mit „Schaum vor dem Mund“, wie einer unserer Leser meint:
Quelle: WELT
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=2637