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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 15. Januar 2009 um 8:31 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Markus Marterbauer: Österreich macht Konjunkturpolitik vor
  • Joseph E. Stiglitz: Der steinige Weg zur Erholung
  • Viel Geld, wenig Zukunft
  • Gewinner des Konjunkturpakets II sind die Unternehmen
  • Deutsche Bank in Turbulenzen: Alleinkämpfer Ackermann setzt auf Risiko
  • Unverantwortliches Versprechen
  • Risse im Fundament
  • Die Koalitionsspitzen zur Lohnuntergrenze
  • Bundesrat will Informationsfreiheit im Finanzsektor deutlich einschränken
  • USA erhöhen Druck in der Steueraffäre mit der UBS
  • Angriffsziel: Der Öffentlich-rechtliche Rundfunk
  • Stadt Duisburg gewährt »weltweite Verbreitung von Hetze« gegen Hartz IV- Bezieher
  • Betriebsrenten bleiben für Arbeitgeber ein Milliardenrisiko
  • Matthias Wissmann: Guter Draht zur Kanzlerin
  • Hartz IV: Schwarze Pädagogik
  • Warum ich meinen Lehrstuhl räume

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Markus Marterbauer: Österreich macht Konjunkturpolitik vor
    Österreichs Regierung hat bereits vier Pakete von Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen verabschiedet. Das dürfte dafür sorgen, dass das Land besser durch die Krise kommt als andere EU-Länder.
    Quelle: FTD
  2. Joseph E. Stiglitz: Der steinige Weg zur Erholung
    Wir brauchen nicht nur vorübergehende Anreize, sondern längerfristige Lösungen. Es ist nicht so, dass es einen Mangel an Bedürfnissen gäbe; es ist nur so, dass diejenigen, die diese Bedürfnisse erfüllen könnten, einen Engpass an Mitteln haben. Erstens müssen wir den beunruhigenden Trend der wachsenden Ungleichheit umkehren. Zweitens braucht die Welt gewaltige Investitionen, wenn sie auf die Herausforderungen der Erderwärmung reagieren soll. Drittens wird ein globales Währungsreservesystem benötigt.
    Quelle: Project Syndicate
  3. Viel Geld, wenig Zukunft
    Die Energie- und Klimawochenschau: Die Umweltverbände und die Solar-Industrie sind enttäuscht vom Konjunkturprogramm, aber auch für den Öffentlichen Nahverkehr ist wenig drin.
    Quelle: Telepolis
  4. Gewinner des Konjunkturpakets II sind die Unternehmen
    Spätestens bei der Umsetzung des Investitionsprogramms schlägt für die Koalition jedoch die Stunde der Wahrheit. Jeder weiß, dass die finanzschwachen Kommunen mit erheblichen Schwierigkeiten zu rechnen haben werden, die verlangte Kofinanzierung aufzubringen, um diese Mittel abrufen zu können. Und klar ist auch, dass ein schnelles Ausgeben der Investmittel durch das liberalisierte Vergaberecht mit seinen europaweiten Ausschreibungen behindert wird. Dass das Volumen des Programms etwa dem entspricht, was der Staat allein zur Stützung der zum Verkauf stehenden Commerzbank ausgeben will, wirft ein grelles Licht auf die deutsche Staatsräson.
    Das Konjunkturpaket II markiert so keinen Rückzug neoliberaler Politik, sondern deren Neuformierung inklusive einiger sozialer Zugeständnisse.
    Quelle: ND
  5. Deutsche Bank in Turbulenzen: Alleinkämpfer Ackermann setzt auf Risiko
    Deutsche-Bank-Chef Ackermann in der Krise: Sein Geldinstitut erwartet den schlimmsten Jahresverlust seiner Geschichte, die Postbank-Übernahme musste neu verhandelt werden, um die Kapitaldecke zu schonen. Doch Ackermann sagt erneut Nein zu jeder Staatshilfe – ein riskanter Kurs.
    Quelle: Spiegel Online

    Kommentar AM: Was SpiegelOnline hier behauptet, ist schlicht falsch. Ackermanns Deutsche Bank ist schon auf vielfältige Weise in den Genuss von Staatshilfe gekommen, allerdings immer indirekt. Zum Beispiel: die Deutsche Bank hat risikobeladene Papiere an die Industriekreditbank (IKB) verkauft, die dann maßgeblich vom Bund mit 10 Milliarden gerettet wurde; die Deutsche Bank nimmt jetzt die Hilfe der Post AG in Anspruch und bekommt die Postbank billiger; auch in diesen Deals steckt öffentliches Geld. Siehe dazu auch hier. – Offensichtlich hat die Deutsche Bank die SpiegelOnline-Redaktion mit PR überzogen. Von einer unabhängigen Berichterstattung kann man, wie man an diesem Artikel erneut sieht, nicht sprechen.

  6. Ackermann im Milliardenloch
    Das größte heimische Geldinstitut hat für das vierte Quartal sowie für das Gesamtjahr hohe Fehlbeträge gemeldet. Auslöser waren die Turbulenzen nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers. Eine Dividende will Josef Ackermann den Aktionären dennoch zahlen. Und der Einstieg der Post ist perfekt.
    Quelle: FTD
  7. Deutsche Bank schockiert Börsen weltweit
    Ein Milliardenverlust der Deutschen Bank löst an den Börsen weltweit Schockwellen aus. In New York verzeichnen Banken massive Kursverluste.
    Quelle: FR
  8. Unverantwortliches Versprechen
    Irgendwann in den vergangenen eineinhalb Jahren hätte es Vorstandschef Josef Ackermann doch dämmern müssen, dass die ausschließliche Ausrichtung auf die Gewinnmaximierung falsch ist. Mit seinem aberwitzigen Versprechen, das eingesetzte Kapital mit 25 Prozent zu verzinsen, hat er das Institut auf eine viel zu riskante Bahn gelenkt. Darüber hinaus zeigt es aber auch, dass Ackermann alles andere als der solide Unternehmenslenker ist, als der er sich gerne präsentiert. Das letzte Mal, dass in Deutschland hochdefizitäre Unternehmen Geldgeschenke an Aktionäre verteilten, war in der Blütezeit des Neuen Marktes. Unverantwortlich ist das Dividendenversprechen aber auch deshalb, weil das Institut damit kostbares Eigenkapital durchbringt. In Zeiten, in denen immer mehr Geldinstitute vom Staat rekapitalisiert werden, sollte die Deutsche Bank nicht 290 Millionen Euro an eine Investorenkarawane verteilen, die schon morgen weiter zieht.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Nein, Josef Ackermann hat alles richtig gemacht. Schließlich lebt er in einer Gesellschaft, in der sich Gewinnmaximierung in einer Weise zur Kardinaltugend entwickeln durfte, wie es sich Adam Smith nie erträumt hätte. Er hat auf diese Gesinnung gesetzt und sich bis zuletzt optimistisch gegeben, jetzt und in der Zukunft mehr Rendite zu machen als andere. Zu einem Zeitpunkt, als viele Institute riesige Verluste einfuhren, konnte Ackermann sein Institut als sichere Bank darstellen. Die heutige, überraschte Reaktion der Analysten zeigt, dass er auch die Fachwelt überzeugte. Die Deutsche Bank hat bestimmt nicht die Abflüsse anderer Banken zu verzeichnen gehabt, sondern hat wahrscheinlich sogar davon profitiert. Auch jetzt bleibt Ackerman auf Kurs. Trotz des hohen Verlusts verspricht er eine Dividende, er schließt weiterhin jede staatliche Hilfe aus, und auch die zur Zeit diskutierte Bad Bank sei “absolut nichts, was die Deutsche Bank braucht”. So spricht ein Feldherr, dem wir gerne unsere noch verbliebenen Vermögen anvertrauen: “Wir sind über das Ergebnis im vierten Quartal, das zu einem Verlust im Gesamtjahr geführt hat, sehr enttäuscht. Das extrem schwierige Marktumfeld hat einige Schwächen in der Bank aufgezeigt. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, um diese Schwächen zu beheben. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist bereits im Gange.” – Soll man da die Stimmung eintrüben und z.B. auf den hohen Verschuldungsgrad der Bank hinweisen, d.h. die Bilanzsumme ist im Verhältnis zum Eigenkapital viel größer als bei ihren direkten Konkurrenten? Nein, feiern wir Josef Ackerman, der es geschafft hat, uns Laien und die Fachwelt so lange an der Nase herumzuführen. Auf diesen Banker ist Verlass!

  9. Risse im Fundament
    Der Euro bindet Länder aneinander, die sich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit unterscheiden. Mit der Finanzkrise driften die Mitglieder der Währungsunion nun gefährlich weit auseinander.
    Quelle: FTD

    AM: Interessant.
    KR: Wenn auch nicht neu, siehe etwa Hinweis 3 vom 8. Januar 2009.

  10. Die Koalitionsspitzen zur Lohnuntergrenze
    Die Koalitionsspitzen verständigten sich am Montagabend auf die Einführung einer Lohnuntergrenze für die etwa 700 000 Leiharbeiter. Allerdings wird diese nicht über das Entsendegesetz, sondern über das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt. Die Union wertete dies als Erfolg, da sie einen Mindestlohn nach den Vorstellungen der SPD verhindert habe. Branchen-Mindestlöhne soll es künftig in fünf weiteren Wirtschaftszweigen mit über einer Million Beschäftigten geben.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung KR: Diesen Abschnitt sollte man ausdrucken und jedem Zeitarbeiter zur Kenntnis geben: „Die Union … beanspruchte für sich, dass sie einen Mindestlohn in der Zeitarbeit verhindert habe. „Der Mindestlohn, so wie ihn die SPD gefordert hat, wird nicht kommen“, erklärte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Es gebe keine Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrages. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, die Bezahlung werde sich am niedrigsten Tariflohn der Branche orientieren. „Das ist momentan der Tarifvertrag der Christlichen Gewerkschaft“, sagte Kauder am Rande einer Fraktionssitzung.“

  11. Bundesrat will Informationsfreiheit im Finanzsektor deutlich einschränken
    Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung 2008 wenige Tage vor Weihnachten eine Stellungnahme (PDF-Datei) zu einem Gesetzesentwurf für Zahlungsdienste beschlossen, wonach die Informationsfreiheit im Bankensektor noch kürzer treten soll. Die Länder fordern überraschend, dass sämtliche Aufsichtsbehörden und sonstigen öffentlichen Kontrollstellen im Finanz- und Versicherungssektor vom allgemeinen Recht auf Aktenzugang gemäß Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) ausgenommen werden sollen. Konkret nennt der Bundesrat etwa die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank. Zivilgesellschaftliche Organisationen laufen nun Sturm gegen das Vorhaben.
    Quelle: Telepolis
  12. USA erhöhen Druck in der Steueraffäre mit der UBS
    Der suspendierte Chef des weltweiten Vermögensverwaltungsgeschäfts der UBS, Raoul Weil, ist in den USA nun als Flüchtiger ausgeschrieben. Dies verfügte ein Richter in Florida.
    Quelle: NZZ
  13. Angriffsziel: Der Öffentlich-rechtliche Rundfunk
    Die Deutsche Welle darf man getrost als staatsfromm bezeichnen. Trotz ihres weitgehenden Konformismus’ ist sie seit Monaten Ziel reaktionärer Gesellschaftsveränderer. Hauptaussage in deren demokratiefeindlicher Kampagne: Der Sender verbreite besonders in den Programmen für die VR China kommunistische Propaganda. Mit diesen Vorwürfen beschäftigt sich jetzt sogar der Bundestag. Von Volker Bräutigam.
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung
  14. Stadt Duisburg gewährt »weltweite Verbreitung von Hetze« gegen Hartz IV- Bezieher
    Das Internet- Forum »Diskussionsforum der Sozialämter«, das nach eigenen Angaben ausschließlich nur Mitarbeitern der bundesweiten Sozialämtern bzw. Argen vorbehalten ist, wurde wiederholt verächtlich über Hartz IV Betroffene Meinungen von öffentlich ausgetauscht. Den derzeitigen Höhepunkt bildete eine Diskussion über die Forderung von Professors Peter Oberender, Volkswirtschaftswissenschaftler an der Universität Bayreuth, der in einem Interview mit dem Radiosender »Deutschland Radio Kultur« forderte, den Organhandel in Deutschland zur »Finanzierung des Lebensminimums« freizugegeben. Diese Meldung wurde per Link auch in dem benannten »Diskussionsforum der Sozialämter« veröffentlicht. Der anschließende Meinungsaustausch von Mitarbeitern der Hartz IV-Behörden und Sozialämter ließ einem allerdings den Atem gefrieren und schlimmstes für Betroffene erahnen.
    Quelle: Redaktion GEGEN-HARTZ.DE
  15. Betriebsrenten bleiben für Arbeitgeber ein Milliardenrisiko
    Das Bundesarbeitsgericht hat ein mit Spannung erwartetes Urteil in letzter Sekunde abgesagt. An diesem Mittwoch wollte das Gericht klären, inwieweit Arbeitgeber haften, wenn sie ihren Angestellten ermöglichen, eine Betriebsrente zu besparen. Je nach Ausgang hätte das Urteil verheerende Folgen für Unternehmen haben können. Doch der Arbeitgeber, der sich gegen seine vorinstanzliche Verurteilung gewehrt hatte, zog seine Revision jetzt zurück. “Es drängt sich die Vermutung auf, dass man ein höchstrichterliches Grundsatzurteil zu Lasten der Arbeitgeber verhindern wollte”, sagt Dorothea Mohn, Altersvorsorge-Expertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (Vzbv). In dem Fall hatte eine Arbeitnehmerin drei Jahre lang insgesamt 6230 Euro in eine betriebliche Altersvorsorge eingezahlt, die ihr Arbeitgeber für seine Angestellten ausgewählt hatte. Als sie vorzeitig ausschied, sollte sie jedoch lediglich 639 Euro ausbezahlt bekommen. Mehr als 5000 Euro seien Provision gewesen, teilte man ihr mit. Das hielt das Landesarbeitsgericht München im März 2007 für falsch. Der Arbeitgeber müsse der Mitarbeiterin den Differenzbetrag aus eigener Tasche ersetzen, entschied das Gericht (Aktenzeichen: 4 Sa 1152/06). Das Urteil sorgte für enorme Aufregung – bei Arbeitgebern, weil sie ein Milliardenrisiko befürchteten, und bei Versicherern, weil sie um eine beliebte Praxis bangten: die Zillmerung. “Bei den meisten Verträgen der betrieblichen Altersvorsorge wird die Vermittlungsprovision gleich am Anfang der Vertragslaufzeit oder in den ersten fünf Jahren nach Vertragsbeginn fällig”, erklärt Verbraucherschützerin Mohn. Beides führt dazu, dass sich in den ersten Jahren meist kein nennenswertes Guthaben auf dem Vertrag ansammelt. Diese Praxis ist daher nach Ansicht der Münchner Arbeitsrichter im Bereich der betrieblichen Altersvorsorgeverträge nicht erlaubt. Für die staatlich geförderten Betriebsrenten gelte das “Gebot der Wertgleichheit”. Das heißt, dem Arbeitnehmer müsse in der Ansparphase immer mindestens so viel zustehen, wie er eingezahlt hat. Andernfalls hafte der Arbeitgeber für die Differenz.
    Quelle: Süddeutsche

    Kommentar AM: Siehe dazu auch zwei ältere Meldungen in den NDS, so etwa vom 27.4.2007 „Eine wichtige Information für Arbeitnehmer mit betrieblicher Altersversorgung und für Betriebsräte“ oder vom 2.5.2007 „Nachtrag zum Problem Abschlusskosten bei betrieblicher Altersversorgung“.

  16. Matthias Wissmann: Guter Draht zur Kanzlerin
    Dieses war der zweite Streich: Erst die befristete Aussetzung der Kfz-Steuer und nun auch eine Abwrackprämie von 2500 Euro. Und das alles in zwei Monaten. Es lohnt sich, wenn man einen guten Draht zur Kanzlerin hat. Matthias Wissmann hat einen besonders engen Kontakt zu ihr, mit der er einst als Verkehrsminister im Kabinett Kohl saß. Diese guten Kanäle verschweigt er auch gar nicht, denn er ist ähnlich eitel wie die meisten Berliner Lobbyisten und lässt gern durchblicken, dass er die Handynummer Angela Merkels hat, somit regelmäßigen SMS-Kontakt.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine
  17. Hartz IV: Schwarze Pädagogik
    Die wichtigste Arbeitsmarktreform der Bundesrepublik wirkt weit in die Sphäre der Lohnarbeit hinein – und schönt in großem Stil Erwerbslosenzahlen.
    Quelle: Freitag
  18. Warum ich meinen Lehrstuhl räume
    Die Ungeheuerlichkeit der staatlichen Zumutungen an die Studierenden und Professoren wird nur noch übertroffen von der Bereitwilligkeit, mit der sich die Betroffenen alles gefallen lassen. Ohne diese Bereitwilligkeit der Betroffenen wäre die Umwandlung der Universität in eine Tretmühle und Lernfabrik gar nicht möglich. Widerstand? Demonstrationen? Boykott? Der berühmte „Aufschrei“? Nichts oder fast nichts von alledem. Man versichert mir von verschiedener Seite, gegen das Hochschulestablishment und die Bildungsbürokratie seien die Hochschullehrer praktisch machtlos. Leben wir denn in einer Diktatur?
    Nun können Hochschullehrer als Beamte nicht streiken. Und ihre persönliche Unabhängigkeit und Freiheit wird schon seit Jahren immer mehr beschnitten durch Drittmittelabhängigkeit, leistungsorientierte Besoldung und fragwürdige Evaluationen. Aber nicht einmal die immer noch gegebenen Möglichkeiten des Widerstands sind wirklich ausgeschöpft worden. Auf der hochschulpolitischen Ebene hat nur der Deutsche Hochschulverband eine entschieden kritische Haltung eingenommen. Ist die Mehrheit der Professoren feige oder nur müde? Oder sind sie gar alle oder fast alle für das neue System? Finden sie es etwa besser?
    Da niemand mit mir kämpfen will, bleibt mir nur das Opfer. Ich bin nicht „rekrutiert“, sondern berufen worden. Die wichtigste Voraussetzung für meine Berufung aber ist mit dem neuen System in meinen Augen nicht mehr gegeben. Deshalb habe ich die Entlassung aus dem Dienst beantragt.
    Quelle: FAZ


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