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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 1. Oktober 2008 um 10:11 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Die CDU ist schuld, dass Steinbrück als verantwortlicher Minister die Steuer noch weiter erhöhte, als die Union zuvor gefordert hatte. In keinem seiner selbstherrlichen Vorträge darf der Hinweis fehlen, dass jede andere Meinung ein “Kaputtreden” sei – der Märkte, der Wirtschaft und des Standorts. Zuletzt waren es die kerngesunden deutschen Banken, sicher wie die Rente, denen man keine Krise andichten durfte. Heute haut er Steuermilliarden zur Eindämmung der Krise raus. Das geht dann natürlich nicht zu Lasten der nachfolgenden Generationen.
Quelle: Feynsinn
Doch bei dieser Aufgabe haben alle beteiligten Regierungen bisher kläglich versagt. Darum ist das Rettungsprogramm der US-Regierung auch zunächst daran gescheitert, dass viele Abgeordnete ihren Wählern nicht erklären konnten, wie die veranschlagten 700 Milliarden Dollar dereinst aus Bankgewinnen zurück in die Staatskasse fließen sollen. Kaum besser als ihre US-Kollegen agieren auch die deutsche Kanzlerin und ihr Finanzminister. Quasi über Nacht haben sie mehr Geld für eine Bankbürgschaft riskiert, als alle Hartz-IV-Empfänger im ganzen Jahr aus der Bundeskasse erhalten. Aber Frau Merkel hielt es bislang nicht einmal für nötig, diesen Anschlag auf das Geld ihrer Wähler mit einer Rede an die Nation zu erklären, geschweige denn sicherzustellen, dass die Verantwortlichen zur Kasse gebeten werden. Von Harald Schumann.
Quelle: Tagesspiegel
Ich bin nicht zuversichtlich, dass Finanzminister Peer Steinbrück dieser Aufgabe gewachsen ist. Jetzt rächt es sich, einen Finanzminister in diesem Amt zu haben, der lieber mal kräftig auf den Tisch haut, anstatt gestaltende Politik zu machen, und der mit seinem Desinteresse an internationaler Finanzpolitik einst prahlte.
Der Finanzsektor hat uns eine Krise eingebrockt. Die Politik ist gerade dabei, daraus eine Katastrophe zu machen.
Quelle: FTD
Anmerkung WL: Gegen Münchaus Kritik muss man selbst Steinbrück in Schutz nehmen. Waren es nicht seine Zeitung und seine Kollegen aus den Wirtschaftsredaktionen, die den Finanzminister seit Jahren bedrängten, den Finanzsektor immer weiter zu liberalisieren? Hat man nicht immer behauptet, die Märkte seien effizienter als staatliche Aufsicht? Was bieten eigentlich unsere Experten und Wirtschaftsjournalisten Steinbrück für eine Strategie an? Jetzt, wo alles zusammenbricht, wird plötzlich der Staat für die Katastrophe verantwortlich gemacht. Dabei ist der „Staat“ doch bislang nur den Empfehlungen des Finanzsektors blindlings hinterhergelaufen, es sind doch gerade die Politiker in ihre Ämter gehievt worden, die sich als Befehlsempfänger am besten eigneten. Wie sollen nun gerade diese Politiker eine Lösung der Probleme liefern?
Quelle: Axel Troost, MdB
Die potenzielle Belastung der privaten Banken durch das Rettungspaket ist offenbar geringer als bislang angenommen. Der Bankenverband BdB bestätigte Informationen aus Finanzkreisen, wonach die Geschäftsbanken lediglich 3 Mrd. Euro der ausgehandelten Ausfallbürgschaften stellen. Dies sei bei den Krisengesprächen am Wochenende vereinbart worden. Die Bundesregierung hatte am Montag noch mitgeteilt, die Privatbanken gäben Garantien über insgesamt 8,5 Mrd. Euro. In dem Schreiben von BaFin und Bundesbank heißt es hingegen, die Belastung des Finanzsektor sei “auf maximal 8,5 Mrd. Euro begrenzt”. Zunächst war sogar gemeldet worden, die Privatbanken würden die Rettung komplett finanzieren. Aus Finanzkreisen hieß es nun, es liefen derzeit Verhandlungen mit anderen Finanzinstituten wie etwa Versicherern, wer die restlichen 5,5 Milliarden Euro übernehme.
Die Fraktionen der Regierungsparteien stimmten dem Rettungsplan am Dienstag zwar grundsätzlich zu, kritisierten aber deutlich, das es kein stärkeres Engagement privater Banken geben habe. Der SPD-Finanzexperte Florian Pronold sagte: “Es hat in der Fraktion große Verärgerung darüber gegeben, dass die Banken nicht bereit sind, stärker ins Obligo zu gehen.” Fraktionsvize Joachim Poß räumte ein, man müsse sich fragen, “ob die Interessen der Steuerzahler ausreichend berücksichtigt sind.”
Dietmar Bartsch, Geschäftsführer der Linken, sagte:
Was da passiert, ist unfassbar, ist ein beredter Ausdruck dafür, dass wir eine Regulierung der Finanzmärkte brauchen und stürzt auch uns in große Sorge. Niemand kann voraussehen, welche Ausmaße das noch annimmt und welche Auswirkungen es für alle Menschen haben wird.
Quelle: FTD
Anmerkung K.F.: Wie lange dürfen Politiker die Bürger noch ungestraft belügen?
“The interbank market has collapsed,” said Hans Redeker, currency chief at BNP Paribas. “The ECB is no longer able to inject liquidity because the money is just coming back to them again. This is extremely serious. If monetary policy is no longer working, there is a risk that the whole system will blow up in days,” he said.
Quelle: Telegraph (UK)
Die Aktien der vier am schwersten gebeutelten Banken machten nach der Ankündigung binnen Minuten ihre Vortagesverluste wett. Gegen Mittag lag die Dubliner Börse mit 2,4 Prozent im Plus. Der Analyst Kevin McConnell von Bloxham Stockbrokers sagte, Irland sei nunmehr für Einlagen der sicherste Platz in Europa. „Das könnte ein Vorbild für viele andere europäische Länder werden, mit der Finanzkrise fertig zu werden.“ Scott Rankin von Davy Stockbrokers wies jedoch darauf hin, dass der Steuerzahler im schlimmsten Fall mit 500 Milliarden Euro belastet würde – mehr als das doppelte des irischen Bruttoinlandsprodukts und zehn mal so viel wie die Staatsschulden des Landes.
Quelle: FAZ
Einige Hedgefonds müssten zusätzlich auch Vermögenswerte unter Wert verkaufen, um die Gelder an die Investoren auszahlen zu können, berichten Fachleute. Viele Anleger misstrauen den Hedgefonds, weil sie durch die Finanzkrise reichlich Geld verloren. Zudem fliehen viele in sicherere Anlageformen. Die Folge: Immer mehr Hedgefonds verschwinden komplett vom Markt. “Ein Großteil der Fonds wird am Ende der Krise nicht mehr da sein”, sagte ein Investmentbanker.
Quelle: ZEIT
Anmerkung K.F.: Endlich mal eine erfreuliche Nachricht.
Anmerkung Orlando Pascheit: Ganz so schlicht agieren die wahlkämpfenden Parteien in den USA nicht. Die Republikaner haben sich eindeutig verspekuliert, da sie davon ausgingen, dass die Demokraten in Gänze für das Rettungspaket stimmen würden, und dieses eindeutig als eine Maßnahme der Demokraten dargestellt werden könnte – für den wahrscheinlichen Fall, dass die Hilfe nur das Allerschlimmste verhindern würde, aber nicht die Krise an sich. Die Demokraten haben allerdings den Braten gerochen und mehrheitlich, aber nicht in ihrer Gesamtheit für das Hilfspaket gestimmt. Somit war das Scheitern des Stability Act von den Republikanern zu verantworten. Aus dieser Betrachtungsweise ist vielen amerikanischen Zeitungen berichtet worden. Bei der nächsten Abstimmung dürfte nach einigen kosmetischen Veränderungen, welche sich die Republikaner an die Brust heften werden, das Gesetz angenommen werden. Die US-Amerikaner sind sich bei aller Wut auf die Wall Street durchaus bewusst, dass ihre Pensionen in hohem Maße von den Aktienwerten abhängig sind und beobachten die Kurse genau. Auf diesen Punkt hat auch Präsident Busch in seiner Reaktion auf die Abstimmungsniederlage deutlich hingewiesen.
Bedrohlich scheint vor allem die neue Qualität der Krise. Längst sind es nicht mehr die aggressiven Investmentbanken mit ihren riskanten Geschäftsmodellen, die auf der schlüpfrig gewordenen Kapitalmarkt-Rennbahn aus der Kurve geflogen sind. Es sind auch nicht mehr die schlecht gemanagten Verliererbanken, die von unfähigen Risikomanagern und gierigen Anlagestrategen in den Subprime-Sumpf gesteuert wurden.
Quelle: ZEIT Online
Doch ist die Situation in den Krankenhäusern in Deutschland zurzeit widersprüchlich. Zum einen gibt es – aufgrund des Kostendrucks im verschärften Wettbewerb – immer weniger Personal für mehr und schwer kranke Patienten. In Deutschland kommen durchschnittlich 20 Patienten auf eine Pflegekraft, im europäischen Durchschnitt sind es 13. Verkürzte Liegezeiten führen dabei noch zu Arbeitskonzentration. Hinzu kommt, dass ca. 20 Prozent der Arbeitszeit für bürokratische Tätigkeiten wie z.B. das Dokumentieren gebraucht werden. Auch dies ist eine notwendige Folge des Wettbewerbs: denn nur was dokumentiert wird, wird auch bezahlt. Ebenfalls aus betriebwirtschaftlichen Gründen werden zunehmend Leistungen von hochqualifiziertem Personal an weniger qualifiziertes – und damit schlechter bezahltes – Personal delegiert, andere Arbeiten werden outgesourced und an Fremdfirmen vergeben, in der Regel nicht zum Vorteil der Arbeitsabläufe. Weil die öffentliche Hand, die Länder und Kommunen, ihren Investitionsverpflichtungen seit langem schon nicht mehr angemessen nachkommen, werden seit Jahren Gelder der Gesetzlichen Krankenversicherung, die eigentlich für Sach- und Personalkosten verwendet werden sollen, für dringend notwendige Investitionen genutzt. Das ist nicht nur gesetzeswidrig, sondern führt zusätzlich zu Personaleinsparungen (seit 2004 hat alleine das ca. 17.000 Stellen im Pflegebereich gekostet!). Die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern sind heute unmenschlich und gefährden das Wohl der Patienten. Deshalb sind dringend Verbesserungen notwendig. Die nun von der Gesundheitsministerin zugesagten 3 Milliarden Euro, mit denen 21.000 Stellen in der Pflege geschaffen werden sollen, sind vor diesem Hintergrund und angesichts der Stellenstreichungen der letzten Jahre deshalb sicher zu wenig. Es ist außerdem nicht einzusehen, warum dieses Geld den Versicherten der GKV durch eine weitere Beitragssatzerhöhung aufgebürdet werden soll. Hier ist zuallererst die Öffentliche Hand gefordert. Dass die öffentlichen Kassen leer sind, ist weder naturwüchsig noch Zufall, sondern Resultat einer bewussten Politik aller großen Volksparteien in den letzten Jahren, die Arbeitgeber und Unternehmen systematisch von allerlei Steuer”lasten” befreit hat.
Überall kann man im Moment von Wirtschaftsexperten Sätze wie diesen lesen: “Das Vertrauen in den Markt ist vollständig erloschen.” Wann endlich hören wir solche Sätze auch von Gesundheitspolitikern?
Quelle: Verein demoktratischer Ärztinnen und Ärzte e.V.
Die deutschen Töchter von US-Banken leiden nach Angaben der Am-Cham bislang nicht unter Kapitalbeschränkungen. Zudem wollen einige Industriekonzerne und Zulieferer aus den USA laut Umfrage ihre Präsenz in Deutschland ausbauen, da viele Branchen wie der deutsche Maschinenbau Weltmarktführer sind. “Die US-Firmen haben Deutschland über die China-Euphorie einige Jahren vernachlässigt und entdecken den Industriemarkt nun wieder”, sagte Am-Cham-Geschäftsführer Dierk Müller.
Quelle: Tagesspiegel
Eine solche Privatisierung im Bereich der Daseinsvorsorge sei “grundsätzlich problematisch”, kritisierte Müller. Der Berliner Landesverband hatte schon beim SPD-Bundesparteitag im Oktober 2007 in Hamburg gegen eine Privatisierung der Bahn gestimmt. “Wenn nun zusätzlich das Umfeld mit abstürzenden Aktienkursen derart schlecht ist und damit auch ein finanzieller Reinfall droht, muss die Bundesregierung die Konsequenzen ziehen”, forderte Müller. “Es geht hier schließlich um öffentliche Gelder.“
Quelle: Tagesspiegel
Neu sind die Methoden der EU nicht. Bereits vor vier Jahren schrieb sie ein Förderprogramm aus, für das sich private und öffentlich-rechtliche lokale und regionale Fernseh- und Rundfunksender bewerben konnten. 6,4 Millionen Euro wurden für Europa bereitgestellt, auf Deutschland entfiel knapp eine Million Euro. Zwölf deutsche Projekte erhielten diese „Unterstützung“ für journalistische Beiträge, die explizit der „Imageverbesserung“ der EU und ihrer Institutionen dienen sollten. „Die Bürger sollen deren Aufgaben, Strukturen und Leistungen besser kennenlernen und verstehen“, hieß es damals in einer EU-Mitteilung. Zu den Geförderten, die sich verpflichten mussten, das Image der EU „weder direkt oder indirekt zu schädigen“, gehörten private Sender wie „Untersberg Live“, „Oberpfalz TV“ oder „TV Touring“ sowie öffentlich-rechtliche wie der Bayerische Rundfunk, der Südwestrundfunk und der Mitteldeutsche Rundfunk. Zu sehen bekamen die Zuschauer in der Folge unkritische Beiträge über EU-Subventionen oder distanzlose Beiträge über die Arbeitsweise von EU-Institutionen.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
Man sollte eigentlich nicht schadenfroh sein? Eigentlich? Gibt es denn Ausnahmen?
Quelle: ad sinistram
Anmerkung WL: Der von Werner Perger benutzte Populismusbegriff, der links(radikale) genauso wie rechts(extrme) oder basis- und radikaldemokratische Strömungen auf einen Nenner bringt, ist viel zu unscharf und verschwommen, als dass er sich für eine Beschreibung der politischen Stimmungslagen eignete. Die Bezeichnung eines Parteiprogramms als „populistisch“ ist sowenig aussagekräftig wie der Begriff Protestpartei, weil in beiden Fällen keine Aussage über die dahinter steckende Ideologie getroffen wird (vgl. dazu Christoph Butterwegge „Was ist eigentlich Populismus“).
Der Vorwurf, die Parteien dächten nur an sich selbst, geht an der Wirklichkeit ziemlich vorbei. Dächte beispielsweise die SPD an sich, so würde sie eine Politik machen, mit der sie wieder mehr Wählerinnen und Wähler erreichte. Das Problem ist vielmehr, dass es nur noch um den Machterhalt der Führungsriegen geht, die der Ideologie der einflussreichen Wirtschaftskreise befangen sind und ihr gegen die weitverbreitete Wählermeinung blindlings folgen.
Siehe dazu auch:
Ecuadorianer schaffen Neoliberalismus ab
So ist nach dem Referendum in Ecuador trotz vieler offener Fragen eines klar: Die neue Linke Lateinamerikas ist gekommen, um zu bleiben. Der Neoliberalismus ist in der Defensive.
Quelle: Telepolis
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