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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 28. Juli 2008 um 10:01 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Heute unter anderem zu folgenden Themen:

  • Frierende Deutsche oder gar Kältetote im Winter
  • Kombi- contra Mindestlohn: eine paradoxe Kontroverse
  • Unterschreitet jede dritte Baufirma in Berlin den Mindestlohn?
  • Der gespaltene Wohlstand
  • NRW, das Müllklo Europas
  • Abrechnungsbetrug bei Privatpatienten alarmiert Versicherer
  • Das Rezessionsrisiko im Euroraum steigt
  • Merkel stellt sich gegen Glos’ Konjunkturnotplan
  • Finanzkrise belastet Schweizer Pensionskassen
  • Porsche macht mehr Gewinn als Umsatz
  • WTO: Lamy-Vorschlag ist unsoziales Täuschungsmanöver
  • Iren würden wieder gegen EU-Vertrag stimmen
  • Brüssler Front gegen Gewerkschaften
  • CDU überholt SPD u. a.
  • Wie gefährlich wäre ein Militärschlag gegen Iran
  • Eingebürgerte sind gebildeter
  • Lieber in die Wirtschaft als in die Schule
  • Rosinenbomber für Kabul und mehr zu Obamas Plänen

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Frierende Deutsche oder gar Kältetote im Winter
    Der politische Kampf um die Energieversorgung ist aufgrund der hohen Preise für Benzin, Öl und Gas im Vorblick auf die Bundestagswahlen voll entbrannt. Der Ton wird entsprechend schärfer. Zentrales Thema ist für die einen die Atomenergie, für die anderen Energieeffizienz und der Ausbau der Erneuerbaren Energien.

    Mitten im Sommer warnte DGB-Chef Sommer vor den Folgen der hohen Heizkosten: “Es droht der erste Winter seit Langem zu werden, in dem Zehntausende Deutsche frieren müssen.” Frieren sei genau so schlimm wie Hungern, sagte er der Bild-Zeitung und forderte Sozialtarife für Heizung und Strom.
    Quelle: Telepolis

    Siehe auch:

    “Gysi, du hast schon einen Knall“
    Quelle: Tagesspiegel

  2. Kombi- contra Mindestlohn: eine paradoxe Kontroverse
    Die Hungerlohnbranchen, um die es bei der gegenwärtigen Mindestlohndebatte geht, sind durchweg nicht weltmarktexponiert. Es sind inländische Dienstleistungen, bei denen durch Immigranten und Schwarzarbeit, vor allem jedoch durch ein Überangebot an deutschen Arbeitssuchenden knallhartes Lohndumping herrscht. Diese deutschen Dumpinglöhne soll der Staat mit Subventionen ermöglichen und absichern, so wird gefordert. (Der Begriff „Dumping“ bezeichnet Preise unter den Entstehungskosten und exakt das ist bei Löhnen unter dem Existenzminimum der Fall.) Was für ein ordnungspolitischer, marktfeindlicher Irrsinn führt hier die Feder? Zugleich werden die Apologeten von Kombilöhnen nicht müde, Steuersenkungen und niedrige Lohnnebenkosten einzufordern. Einige medial omnipräsente Sachverständige laufen nur dann Sturm gegen Subventionen, wenn diese nicht in die Kassen der Firmen fließen. Hier wird zur Durchsetzung von Partikularinteressen mit dem Renommee wissenschaftlichen Expertentums Schindluder getrieben. Kombilöhne sind beschäftigungspolitisch im Saldo wirkungslos und fiskalisch ein Multimilliardengrab. Mindestlöhne hingegen kosten die öffentliche Hand keinen Cent. Sie sind ordnungspolitisch geboten und in allen vergleichbaren Volkswirtschaften gang und gäbe.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik [PDF – 252 KB]
  3. Baufirmen unter Verdacht
    Unterschreitet jeder dritte Berliner Betrieb den Mindestlohn?
    Das legt zumindest eine aktuelle Auswertung der Sozialkasse für das Berliner Baugewerbe nahe, die dem Tagesspiegel am Sonntag vorliegt. Demnach steht mindestens jeder dritte der rund 1800 mittelständischen Baubetriebe in Berlin im Verdacht, den Baumindestlohn nicht zu zahlen. „Die von uns erstellten Auswertungen der Arbeitszeiten und der Löhne der bei uns gemeldeten Arbeitnehmer lassen das zumindest vermuten“, erklärt Dietmar Witt, Geschäftsführer der Sozialkasse, einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifparteien.

    Aus den Daten geht hervor, dass in rund 35 Prozent der Betriebe weniger als die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit gearbeitet wird. Demnach müsste eine große Zahl der etwa 16 000 beim Berliner Bau beschäftigten Arbeitnehmer nur Halbtagsstellen haben. Das eben sei aber unwahrscheinlich, sagt Witt. Denn Teilzeit am Bau existiere eigentlich nur in der Theorie. „Die Vermutung, dass in einer Vielzahl dieser Betriebe gegen den Mindestlohn verstoßen oder schwarzgearbeitet wird, liegt da auf der Hand“, sagt Witt. Wolf-Burkhard Wenkel, Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau (FG Bau), sagt es noch deutlicher: „Der Mindestlohn wird in vielen Fällen offenbar dramatisch unterschritten.“
    Quelle: Tagesspiegel

  4. Das Müllklo Europas
    In Nordrhein-Westfalen wird Abfall aus Neapel verbrannt – weil dort große Überkapazitäten bestehen.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Zu den Hintergründen der Überkapazitäten bei der Müllverbrennung in NRW siehe Vom blauen Himmel über der Ruhr zur vergifteten Luft über NRW.

  5. Abrechnungsbetrug bei Privatpatienten alarmiert Versicherer
    Überhöhte Rechnungen, unnötige Behandlungen: Nach SPIEGEL-Informationen kassieren Ärzte, Therapeuten und Kliniken bei Privatpatienten ab. Die Versicherungen sind machtlos – und sehen das Geschäftsmodell ihrer gesamten Branche bedroht.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Roger Strassburg: Es gibt sicherlich Bestürzenderes als die Bedrohung des Geschäftsmodells der PKV.

  6. Das Rezessionsrisiko im Euroraum steigt
    Die jüngst veröffentlichten Konjunkturdaten haben die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Die Eurozone ist womöglich auf dem direkten Weg in eine Rezession. So ist nicht nur der deutsche ifo-Geschäftsklimaindex im Juli auf den niedrigsten Stand seit September 2005 gefallen, seine Pendants aus Frankreich und Italien erreichten ihrerseits die niedrigsten Niveaus seit fünf bzw. fast sieben Jahren. Zudem liegen die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor der Eurozone deutlich unter der Marke von 50 Punkten, was eine rückläufige Aktivität in beiden Sektoren anzeigt.
    Quelle: Handelsblatt
  7. Abschwunggefahr: Merkel stellt sich gegen Glos’ Konjunkturnotplan
    Kanzlerin Merkel will von Milliardengeschenken an die Bürger nichts wissen. Nach SPIEGEL-Informationen erwägt CSU-Wirtschaftsminister Glos, die Wirtschaft mit einem Konjunkturprogramm anzukurbeln – doch die CDU-Chefin blockt den Vorstoß ab. Hamburg – Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt sich offen gegen Überlegungen ihres Wirtschaftsministers Michael Glos, gegen den drohenden Abschwung ein Konjunkturprogramm zu starten. “Solche Überlegungen stehen derzeit nicht zur Debatte”, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm der “Bild am Sonntag” – ein ebenso kurzes wie klares Nein zu dem Vorstoß des CSU-Politikers.
    Quelle: SpiegelOnline

    Kommentar AM: Die völlige Abwesenheit der Einsicht in konjunkturelle Zusammenhänge ist immer wieder frappant. Da kommt der Wirtschaftsminister endlich und letztlich zu spät auf die Idee, seine genuine Aufgabe auch darin zu sehen, kritischen konjunkturellen Bewegungen entgegen zu steuern, also anti-zyklisch zu handeln. Dann meldet sich die Kanzlerin mit der Bemerkung, solche Überlegungen stünden derzeit (!) nicht zur Debatte. Offenbar haben sie und ihr Umfeld wie auch der Bundesfinanzminister keine Ahnung davon, dass konjunkturpolitische Maßnahmen nicht sofort wirken, dass man nicht warten kann mit ihnen, bis die Rezession da ist. Schon im Jahr 2006, spätestens 2007, war erkennbar, dass die wirtschaftliche Belebung eine viel zu geringe Dimension hat und der Konsum sogar schrumpft. Damals schon wäre es an der Zeit gewesen gegenzusteuern. Unsere führenden Personen einschließlich der Mehrheit der so genannten Sachverständigen haben keine makroökonomische Kompetenz. Das ist unser größtes Dilemma.

    Ergänzung WL: Allerdings ist von einem Konjunkturprogramm à la Wirtschaftsminister Glos nicht zuviel zu erwarten. Zu den geplanten Maßnahmen zählen

    • die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale,
    • ein höherer Freibetrag bei der Einkommensteuer,
    • eine Reform des Steuertarifs,
    • außerdem sollen haushaltsnahe Dienstleistungen besser steuerlich gefördert werden.

    Punkt Nr. 1 muss halt ein CSU-Politiker vor den bayerischen Landtagswahlen fordern,
    Punkt Nr. 2 bringt den niedrigen Einkommen wenig,
    Punkt Nr. 3 ist eher als eine Bedrohung zu betrachten und dürfte wohl eher in die Richtung von Kirchhofs Bierdeckel gehen,
    Punkt Nr. 4 ist die alte Forderung nach einem Dienstmädchen-Privileg für Besserverdienende.

    Ein wirkliches Konjunkturprogramm sieht anders aus.

  8. Finanzkrise belastet Schweizer Pensionskassen
    Die Schweizer Pensionskasse haben im ersten Halbjahr unter der Finanzkrise gelitten. Ihre Anlagen verloren durchschnittlich 5,4 Prozent. Damit vergrössert sich die Differenz zur geforderten Rendite des BVG-Mindestzinssatzes weiter.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung
    Anmerkung AM: Pflichtlektüre für die Bewunderer des Schweizer Rentensystems.
  9. Globalisierte Finanzmärkte mildern die Folgen der Kreditkrise
    Die internationale Verflechtung der Finanzmärkte hat stark zugenommen. Viele kritisieren, dies habe die gegenwärtige Kreditkrise verschärft, wenn nicht gar ausgelöst, und fordern schärfere Regulierungen. Der Autor wendet sich gegen diese Kritik. Die Verteilung von Kreditrisiken über die Welt hinweg bringe Wohlfahrtsgewinne. Zudem würden globalisierte Finanzmärkte mithelfen, die Folgen der Krise zu dämpfen.
    Quelle: NZZ

    Siehe dazu:

    Lessons to be learnt from the financial crisis
    Quelle 1: The Financial Times Ltd.
    Quelle 2: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist natürlich schön für den Finanzplatz Schweiz bzw. deren renommierteste Tageszeitung, wenn sich gerade in diesen Tagen ein Ökonom finden lässt, der für deregulierte globale Finanzmärkte eintritt. Auch der Wissenschaftler, Mathias Hoffmann, hat etwas davon, er kann sich mit seiner gegen den gegenwärtigen Trend gerichteten These größter Aufmerksamkeit sicher sein.

    Allerdings ist die Argumentation recht dünn. Schon die Grundüberlegung, dass ein Haushalt oder eine Volkswirtschaft „das gegenwärtige Konsumniveau von Schwankungen im Produktionseinkommen zumindest vorübergehend abkoppeln kann, etwa durch Sparen, durch die Aufnahme von Kredit oder durch Dividendenzahlungen aus einem Portfolio von Finanzanlagen“ ist ziemlich abgehoben. Denn die überwiegende Zahl von Haushalten und Ländern mag zwar potentiell Zugang zu Banken bzw. den Finanzmärkten haben, verfügt aber real über keinen Überschuss, der gespart werden könnte, ist wenig kreditwürdig und kann in den seltensten Fällen auf Dividendenzahlungen zurückgreifen, um „den Konsum auch in einer konjunkturellen Flaute zu glätten.“ Hoffmann schränkt seine Aussage bezeichnender Weise in Bezug auf etliche Schwellen- und Entwicklungsländern ein. Ebenso könnte er hinzufügen, dass diese Konsumglättung für einen Großteil der Haushalte ausfällt.

    Auch der Hinweis auf das Ergebnis empirischer Studien, dass „eng mit den Weltfinanzmärkten verflochtene Volkswirtschaften konjunkturelle Einbrüche, aber auch längerfristige strukturelle Anpassungen ohne allzu schmerzhafte Konsumanpassungen für die Privathaushalte abfedern können“, ist zu hinterfragen. Es stellt sich die Frage, was wird hier korreliert. Die wesentliche Eigenschaft von mit den Weltfinanzmärkten verflochtene Volkswirtschaften bzw. Volkswirtschaften mit entwickelten Binnenfinanzmärkten ist doch, dass sie hochentwickelte, reiche Industrienationen sind. Damit wird die These Hoffmanns auf die ziemlich banale Aussage reduziert, dass die an Spitze der Entwicklungs- bzw. Einkommensskala stehenden Volkswirtschaften Krisen besser überstehen als arme Länder, dito Haushalte.

    Hoffmann räumt zwar ein, dass die Finanzmärkte ihre Funktion der Risikoverteilung in Krisenzeiten weniger leicht erfüllen, aber er bleibt den Beweis schuldig, inwiefern diese sie doch erfüllen. Er mag ja bezweifeln, dass „eine verstärkte Regulierung notwendigerweise zu besseren Ergebnissen führen würde (etwa indem sie Finanzkrisen und deren internationale Ausbreitung vermeiden hülfe)“, aber dann sollte er doch konkret werden und nicht allgemein gehaltene Vergleiche mit den 30er Jahren bemühen. Er könnte sich z.B. die Frage stellen, warum die kaum in die globalen Finanzmärkte integrierten südostasiatischen Volkswirtschaften so wenig von der primären Finanzmarktkrise betroffen sind.

    Auch die Übertragung der eng miteinander verflochtenen US-Gliedstaaten auf die zukünftige Finanzmarktintegration auf internationaler Ebene ist bereits systematisch zu hinterfragen – gerade wenn aus dieser Betrachtung ein großes Plädoyer für eine Deregulierung der Finanzmärkte entwickelt werden soll. Es muss davon ausgegangen werden, dass in den USA bei der Überwindung von Krisen zentralstaatlichen Maßnahmen (Geld- und Fiskalpolitik) eine größere Rolle gespielt haben als sie zunehmende Deregulierung, die ja letztlich zum heutigen jämmerlichen Zustand geführt hat. Neben einer gewissen Eingleisigkeit – die ökonomische Forschung vielleicht zwangsläufig kennzeichnet – fehlt jedoch die Diskussion konkreter Deregulierungs- bzw. Regulierungsmaßnahmen, vor allem aber ein Gespür für den Ernst der Lage, wenn die heutigen Verwerfungen als „Imperfektionen im Finanzsystem“ abgetan werden

    Ein anderes Bild bietet der leitende Ökonom der Londoner Financial Times bei der Lektüre des Jahresberichts der BIZ (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich). Martin Wolf ist wahrlich ein Verfechter unseres kapitalistischen Systems, aber er bietet schon ein beachtliches Stück Kapitalismuskritik, wenn er schreibt: „Some instability is a normal part of a capitalist economy. But I do not accept that the huge bubbles in equities and housing over the past decade are normal. Moreover, even if normal, they cannot fall within any definition of desirability.” Selbst wenn Wolf abschließend, eher eine kurze weltweite Krise, als einen großen Anstieg der Inflation in Kauf nimmt und für Zinsanhebungen plädiert, ist er weit entfernt von der Selbstgewissheit Hoffmanns. „We do not have all the answers. But, to its great credit, the BIS has at least defined the right questions.”

  10. Porsche macht mehr Gewinn als Umsatz
    Das hat noch kein Konzern geschafft: Porsche erwartet nach SPIEGEL-Informationen dank seiner VW-Beteiligung einen Gewinn von rund elf Milliarden Euro – mehr als der Umsatz von 8,6 Milliarden Euro. Profitieren wird auch Vorstandschef Wiedeking. Sein Gehalt dürfte auf rund 100 Millionen Euro steigen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Das Spekulationsspiel dürfte dann bald ähnlich ablaufen wie bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone. Bei der damaligen Übernahmeschlacht stiegen die Mannesmann-Aktien auch von 144 auf 353 Euro. Die Aktienbesitzer erzielten eine Steigerung ihres Aktienwertes um fast das Zweieinhalbfache. Viele konnten bei dieser „Wertsteigerung“ steuerfrei Millionen, ja die hongkong-chinesische Firma Hutchinson Whampoa sogar Milliarden an Gewinnen einstreichen.

    Kurze Zeit danach sackten die Aktienwerte wieder drastisch ab. Durch passende konzerninterne Umgruppierungen konnten dann die Kursverluste in der Bilanz einer deutschen Vodafone-Tochter „wertberichtigt“ und die „Verluste“ gegen die jeweiligen Gewinne verrechnet und von der Steuer abgesetzt werden. Der Spekulationsgewinn an der Börse wurde also privat einkassiert, der Verlust vom deutschen Fiskus ausgeglichen.
    Man darf gespannt sein, welchen Steuertrick Porsche-Chef Wiedeking findet, um beim Absinken dieser Spekulationswelle die Gewinne den Aktionären zukommen zu lassen, den Kursverlust aber steuerlich geltend zu machen.

    Und sicherlich werden sich auch wieder die Ackermanns dieser Welt finden, die angesichts dieser Milliarden-„Wertsteigerung“, die durch die Neubewertung des 31-prozentigen Aktienanteils von Porsche an VW „geschaffen“ wurde, die gewinnabhängige Gehaltsteigerung auf 100 Millionen Euro für „angemessen“ halten, genauso wie damals die 60-Millionen-Euro-Abfindungen an die „Leistungsträger“ des Mannesmann-Vorstandes.

  11. WTO: Lamy-Vorschlag ist unsoziales Täuschungsmanöver
    Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat den von WTO-Generalsekretär Pascal Lamy am Freitag in Genf vorgelegten Vorschlag zu einer weiteren Liberalisierung der Märkte für Agrar- und Industriegüter als unsozial kritisiert und vor einer Liberalisierung wesentlicher Dienstleistungen bei den GATS-Verhandlungen gewarnt. “Lamy schlägt eine drastische Verschärfung der Liberalisierungsregeln insbesondere für Schwellen- und Entwicklungsländer vor, während sich die Industriestaaten mit nur geringen Zugeständnissen aus der Affäre ziehen können”, sagte Alexis Passadakis vom Attac-Koordinierungskreis. Die Vorschläge widersprächen dem Verhandlungsmandat, nach dem die Entwicklungsländer geringere Zollsenkungen als die Industriestaaten vornehmen sollen. So würden nach dem jetzigen Vorschlag die Industrieländer ihre Industriezölle um rund 30 Prozent senken, große Entwicklungs- und Schwellenländer dagegen um etwa 60 Prozent. “Aus sozialer, beschäftigungs- und entwicklungspolitischer Perspektive sind die Zollsenkungen bei Industriegütern für viele Prozenten im Süden eine Katastrophe”, betonte Alexis Passadakis. “Das Lamy-Papier täuscht mit kosmetischen Veränderungen Bewegung vor, um die Schwellenländer unter Druck zu setzen und ihnen den Schwarzen Peter als Blockierer zuzuschieben.”
    Quelle: ATTAC
  12. Iren würden wieder gegen EU-Vertrag stimmen
    Nach dem Nein der Iren zum EU-Reformvertrag von Lissabon im Juni würde eine abermalige Abstimmung derzeit kein anderes Resultat bringen. Damit bliebe unklar, wie die Krise um den Vertrag noch gelöst werden kann. Laut einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Instituts „Red C“ würden 62 Prozent der Stimmberechtigten den Vertrag ablehnen, aber nur 38 Prozent würden zustimmen. Zudem wandten sich 71 Prozent der Befragten dagegen, das Referendum zu wiederholen.
    Quelle: FAS
  13. Brüssler Front gegen Gewerkschaften
    Ein Konflikt zwischen der Europäischen Kommission und Gewerkschaften um die Sozialpolitik Brüssels spitzt sich zu. Nach mehreren arbeitsrechtlichen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) nun Alarm geschlagen. Die Richter stellten Regelungen für einen freien Markt über “fundamentale Rechte”, schrieb EGB-Generalsekretär John Monks. Der Streit dürfte die laufende französische EU-Ratspräsidentschaft und die Regierungen der 27 Mitgliedsstaaten in den kommenden Monaten beschäftigen. Denn entgegen aller beschwichtigenden Erklärungen aus Brüssel wollen Funktionäre der EU-Kommission auf höchster Ebene eine Strategie gegen die Gewerkschaften entwickeln.
    Quelle: Telepolis
  14. CDU hat die Genossen überholt
    Erstmals mehr Mitglieder – doch wegen der Altersstruktur verlieren beide Volksparteien Anhänger. Wie andere traditionelle gesellschaftliche Organisationen vermögen die Parteien nicht, genügend junge Menschen zu interessieren. Die SPD hat dazu ein Sonderproblem. Sie schrumpfte besonders im Zeichen der Reformen, die Bundeskanzler Gerhard Schröder unter dem Sammelbegriff Agenda 2010 angestoßen hat. In den Jahren 2003 und 2004 verabschiedeten sich pro Monat bis zu 10 000 Mitglieder von ihrer Partei.
    Quelle: FR
  15. Ypsilanti bezieht gegen Beck Position
    In der SPD zeichnet sich neuer Streit über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ab. Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti stellte sich am Wochenende offen gegen den Parteivorsitzenden Kurt Beck und erklärte, in den kommenden Wochen werde die Landes-SPD über einen neuen Anlauf zur Ministerpräsidenten-Wahl mit Hilfe der Linken entscheiden. Beck hatte dagegen im März die Ansicht vertreten, die hessische SPD werde sicher nicht zweimal mit dem gleichen Kopf gegen die gleiche Wand rennen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, bestätigte indirekt Berichte, wonach die SPD-Spitze Ypsilanti zu einem Verzicht auf einen zweiten Versuch drängen will.
    Quelle: Handelsblatt

    Kommentar AM: Wenn Andrea Ypsilanti am zweiten Versuch gehindert wird oder ihr der Versuch mit öffentlichem Getöse beschädigt wird, dann wird Roland Koch im Winter/Frühjahr 2007 auf Neuwahlen setzen, diese vermutlich gewinnen und mit der FDP und notfalls neu orientierten Grünen koalieren. Und das wird dann ein weiterer Schub für die SPD nach unten – ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl.

  16. Heil wirft Merkel “Heuchelei” bei Debatte um Links-Bündnisse vor
    SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel im Zusammenhang mit der Debatte um die Linkspartei “Heuchelei” vorgeworfen. Heil verwies gegenüber der “Saarbrücker Zeitung” (Montag) darauf, dass Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) “gerade öffentlich über CDU-Koalitionen mit der Linkspartei philosophiert” habe, und dass es in Ostdeutschland auf kommunaler Ebene bereits “vielfältige Kooperationen” zwischen Union und Linkspartei gebe. “Gleichzeitig stellen sich Angela Merkel und Erwin Huber hin und malen das Gespenst einer Volksfront an die Wand. Das ist eine unglaubliche Heuchelei”.

    Auch beim umstrittenen Koalitionsthema Zeitarbeit griff Heil Merkel an: “Frau Merkels Äußerung, es gebe kein Lohndumping in der Zeit- und Leiharbeit, zeugt davon, dass sie über die Lebenswirklichkeit der Menschen schlecht informiert ist”. Die SPD werde Mindestlöhne durchsetzen.
    Quelle: Linkszeitung

    Anmerkung KR: Das klingt ja richtig kämpferisch. Allerdings sei an Volker Pispers Worte erinnert: „Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, seit wann die SPD für einen Mindestlohn eintritt? Seitdem die in einer Koalition mit der CDU ist und genau weiß: Mit denen geht das nicht!“

  17. Merkels Coachingzone
    Vertraute, Lobbyistin: Der Fall Müller ist ein Lehrstück für die Machtpolitik der Kanzlerin.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung AM: Der Artikel zeigt ein bisschen etwas von dem Einfluss-Netz, das Angela Merkel und die CDU stricken. Die CDU ist insgesamt mehr und mehr eine reine Wirtschaftspartei. Alles andere ist Tünche. Der Einfluss der SPD geht proportional zum Mitgliederbestand abwärts.

  18. Wie gefährlich wäre ein Militärschlag gegen Iran
    Die Spekulationen über einen möglichen israelischen oder amerikanischen Militärschlag gegen Iran reißen nicht ab. Im folgenden Beitrag hinterfragt der Autor die Gründe für eine Strategie gegenüber Teheran, die auf Ausgrenzung und Konfrontation aus ist. Er plädiert für eine moderierende Politik, die ein Gleichgewicht zwischen den regionalen Kräften anstrebt.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung

    Kommentar AM: Immerhin liest man so etwas in der Neuen Zürcher Zeitung.

  19. Eingebürgerte sind gebildeter
    Der Integrationsbericht der nordrhein-westfälischen Landesregierung belegt, dass Zuwanderer nicht zwangsläufig Verlierer sind. Nach den Sommerferien legt das Ministerium seinen Integrationsbericht vor. Er soll den Blick auf die Stärken der Deutschen lenken, die nicht immer Deutsche waren.
    Quelle: WAZ
  20. Lieber in die Wirtschaft als in die Schule
    „Die Prüfungsämter registrieren massenhaft Abmeldungen von den Prüfungen – teilweise verschwinden halbe Mathematik- Seminare“, sagt der Vorsitzende des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger. Ähnlich schlimm sei es bei Physik und Informatik. „Tausende von Lehramtsstudenten“ entdeckten, dass die Wirtschaft mehr biete als der Staat. Zum Schulbeginn im Herbst werden nach Schätzungen des Verbandes insgesamt rund 20 000 Lehrer fehlen – vor allem in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Das ist erst der Anfang: Bis 2015 scheidet rund die Hälfte der im internationalen Vergleich völlig überalterten deutschen Lehrerschaft aus. Von den Hochschulen kommt aber selbst nach überholten Prognosen der Kultusminister von 2003 maximal die Hälfte dessen, was nötig wäre, um die Lücke zu füllen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung AM: Das ist kein Wunder. Wenn jahrelang gepredigt wird, dass der Beruf „Lehrer/in“ nicht so ganz ernst zu nehmen ist, dass Lehrer faul sind (Schröder) und das Ergebnis ihrer Tätigkeit minderwertig (so die Pisa-Agitation), dann muss man sich nicht wundern, dass das Image nicht sonderlich gut ist und dass dann junge Leute gerne in die Wirtschaft wechseln. Deren Image ist systematisch hochgeredet worden.
    Das ist eine sehr ungute Entwicklung. Denn wir bräuchten qualifizierte junge Menschen für die Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen.

  21. Recht auf Bildung – Zum Besuch des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen in Deutschland
    Eine Dokumentation u.a. Vernor Muñoz: Presseerklärung von 2006; Statement der Kultusministerkonferenz zum Deutschlandbesuch des Sonderberichterstatters; Ludwig Eckinger: Statement des Verbandes Bildung und Erziehung; Wilfried Steinert: Statement des Bundeselternrats oder die Sieben Berichte von Besuchsstationen in der Bildungslandschaft.
    Quelle: Budrich Verlag
  22. Rosinenbomber für Kabul
    Kaum fordert Obama eine stärkere Beteiligung beim Afghanistan-Krieg, bestätigt Berlin eine AWACS-Anfrage der NATO, und Steinmeier sondiert das Kriegsgebiet.
    Quelle: Junge Welt
  23. Deutsche nach Afghanistan, damit Amis Steuern sparen
    Bei seiner umjubelten Berliner Rede am Donnerstagabend fand Barack Obama Worte, die seine deutschen Zuschauer nur zu gern hörten. „Amerika kann es nicht alleine schaffen“, sagte der demokratische Präsidentschaftskandidat. Und fügte diplomatisch verpackt hinzu: „Das afghanische Volk braucht unsere Truppen und Ihre Truppen.“

    Was er wirklich meint, offenbarte Obama beim TV-Interview am Freitag im Berliner Hotel „Adlon“. Der US-Sender CNN wollte wissen: „Wie lautet die Botschaft an die Amerikaner, die sich fragen, was die Zwangsversteigerung meines Hauses oder die hohen Benzinpreise mit Ihrer Rede in Europa zu tun haben?“

    Obamas Antwort:

    Wenn wir mehr Nato-Truppen in Afghanistan haben, bedeutet das langfristig weniger amerikanische Truppen dort. Das wiederum bedeutet, dass wir Milliarden Dollar sparen, mit denen wir Steuersenkungen für Mittelklassefamilien finanzieren können, die unter den gestiegenen Benzinpreisen leiden.

    Dieser Obama-Plan löst in Deutschland heftigen Widerspruch aus!
    Quelle: Bild

    Wie meinte doch der Sprecher des republikanischen Gegenkandidaten McCain zu Obamas Auftritt in Berlin: Der Senator aus Illinois ziehe einen “Haufen unterwürfiger Deutsche” einem Besuch bei verwundeten Truppen vor.
    Quelle: Kurier

    Anmerkung WL: Eine schöne atlantische Partnerschaft.

    Siehe dazu:

    Karikatur

    Quelle: Klaus Stuttmann


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