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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 11. Februar 2008 um 9:28 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Bundesbankpräsident Weber: „Ich sehe keinen Einbruch der Konjunktur“
    Kalenderbereinigt erwarten wir als Bundesbank unverändert rund 1,6 Prozent für dieses Jahr. Es könnte sein, dass es zu einer gewissen Abschwächung kommt, aber ich sehe keinen Einbruch der Konjunktur. Für diskretionäre Schritte zur Stimulierung der Konjunktur besteht weder in Deutschland noch im Euro-Raum eine Notwendigkeit. Wir sind sicher in einer Spätphase des Konjunkturzyklus, aber üblicherweise trägt in solchen Spätphasen der private Konsum dazu bei, die Dynamik aufrechtzuerhalten. Diese Phase liegt eher noch vor als hinter uns. Meine zentrale Botschaft an die Märkte ist: Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass die Inflationserwartungen sich aus dem Bereich der Preisstabilität heraus entwickeln. Wir werden auch handeln, wenn über Lohnverhandlungen Zweitrundeneffekte drohen und somit sich die kurzfristig erhöhten Inflationsraten verfestigen würden.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung WL: Die Bundesbank beschönigt mal wieder die Wirtschaftswelt. Erstens mit 1,1 Prozent Wachstum (2004), 0,8 % (2005), 2,9% (2006) und 2,5 % 2007 hatte Deutschland gemessen etwa dem Euro-Raum eine eher schwache Konjunktur. Jetzt bricht das Wachstum gegenüber 2006 schon wieder fast um die Hälfte ein, aber Weber sieht keinen Einbruch. Zweitens, die Bundesbank hat selbst in der Phase der Stagnation keinen Anlass zur Stimulierung der Konjunktur gesehen, sie kommt wie üblich zu spät. Drittens, die vage Hoffnung auf den privaten Konsum ist angesichts der Tatsache, dass z.B. der Einzelhandel 2007 das schlechteste Jahr seit 2002 erlebte und im Jahresvergleich 1,6 Prozent weniger Umsatz gemacht hat, gerade zu lächerlich. Viertens, und wie sollte der private Konsum zulegen, wenn Weber gegen Lohnerhöhungen sofort wieder Zinserhöhungen androht.

    Das ist Wirtschaftspolitik nach der Art des Lügenbarons Münchhausen: Die Wirtschaft zieht sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf und sollte ihr das tatsächlich gelingen, dann setzt die Bundbank die Zinsbremse.

    Vergleiche dazu:

    Die amerikanische Zentralbank Fed hat in weniger als 10 Tagen ihren Leitzinssatz um insgesamt 1,25 Prozentpunkte gesenkt und im amerikanischen Kongress haben sich Republikaner und Demokraten innerhalb von zwei Wochen auf ein Konjunkturpaket von über 150 Milliarden $ verständigt. (Was man auch immer von Steuersenkungen für Besserverdienende halten mag.)

    Dazu passt:

    Konsum? Welcher Konsum?
    Der Privatkonsum als Ausgleich für nachlassenden Außenhandel? Die Kunden werden den Ökonomen diesen Gefallen nicht tun. Deren Berechnungen fußen in erster Linie auf drei Annahmen: Auf sinkender Arbeitslosigkeit, auf steigenden Löhnen und auf der Erfahrung, dass unter solchen Bedingungen der Konsum automatisch anzieht. Alle drei Annahmen zusammengenommen hinken, zumindest im konkreten Fall. Ja doch, die Arbeitslosenzahlen sinken. Aber heißt das auch, dass in den betroffenen Haushalten nun entschieden mehr Geld zum Ausgeben da wäre? Nicht unbedingt. Denn es spricht viel dafür, dass ein Teil der neuen Stellen zum Niedriglohnbereich zählt.

    Der Aufschwung kam 2007 an, aber nicht bei allen. Dumm für den Konsum. Denn am ehesten geben jene zusätzliches Geld aus, die ohnehin wenig davon haben. Betuchte dagegen neigen zum Sparen, wenn am Monatsende mehr übrig bleibt – man weiß ja nie, wann’s wieder knapp wird. Eine Haltung, die sich etwa darin widerspiegelt, dass hauptsächlich Besserverdiener riestern. Das freut die Finanzindustrie, dämpft aber den Konsum.
    Quelle: manager-magazin

    Anmerkung: Eine bemerkenswerte Analyse dieses Wirtschaftsmagazins.

  2. Die Ratingagenturen als Gefangene ihrer eigenen Versäumnisse
    Die US-Anleihen-Versicherer befinden sich in einer Krise, die sich zuletzt immer weiter verschärft hat: Gemäss der Ratingagentur Moody’s Investors Service haben Bond-Versicherer wie MBIA, Ambac und FGIC Obligationen im Wert von insgesamt 2300 Mrd. $ versichert, und Abwertungen dieser Bonds verursachten bei ihnen bereits Milliardenverluste. Die Herabstufung der Bond-Versicherer führt durch einen Domino-Effekt zu Abstufungen bei den versicherten Anleihen, die wiederum für neuerlichen Wertberichtigungsbedarf bei den Kunden sorgen. Den Banken drohen gemäss einer Schätzung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) im Falle einer breiten Herabstufung der Bond-Versicherer auf «A»-Ratings Abschreibungen im Wert von bis zu 120 Mrd. $. Am Markt heisst es, die am stärksten betroffenen Banken seien Citigroup, Merrill Lynch und die UBS.

    Die schwierige Lage bringt die Ratingagenturen in ein klassisches Dilemma. Stufen sie die Noten der Bond-Versicherer herab, könnten sie an den Finanzmärkten Panik auslösen – und müssten sich vorwerfen lassen, sie hätten die Finanzkrise verschärft und eine Abwärtsspirale ausgelöst; belassen sie die Bewertungen der Anleihen-Versicherer auf ihrem derzeitigen Stand, wird ihnen von anderer Seite vorgehalten, die Auswirkungen der Subprime-Krise zu beschönigen und zu unterschätzen. An dieser Zwickmühle sind die Ratingagenturen aber selbst schuld. Jahrelang gaben sie den Bond-Versicherern zu gute Ratings. Diese Tatsache mache S&P, Moody’s und Fitch nun zu den Gefangenen ihrer eigenen Versäumnisse. Bereits während des Skandals um die Bilanzfälschungen der US-Konzerne Enron und Worldcom in den Jahren 2001 und 2002 warf man den Bonitätswächtern vor, zu spät mit Herabstufungen reagiert zu haben.
    Quelle: NZZ

  3. In den Fängen der Lobbyisten: Robert Reich stellt fest, dass die amerikanische Demokratie von der Wirtschaft überwältigt wurde
    Die amerikanische Demokratie wurde von der Wirtschaft überwältigt – ein Schicksal, das übrigens auch Deutschland in zehn Jahren blühe, wie Reich im Vorwort zur gerade erschienenen deutschen Ausgabe prophezeit.

    Die Politik ist in Reichs Darstellung getrieben von einem Heer von Wirtschaftslobbyisten, das die Gesetzgebung weitestgehend bestimmt. Und Reich weiß, wovon er schreibt. Der Ökonomieprofessor in Berkeley war Mitte der 90er Jahre Arbeitsminister unter dem Präsidenten Bill Clinton. Schon damals habe es rund 10 000 Lobbyisten in Washington gegeben, erinnert sich Reich. Mittlerweile sei die Zahl auf mehr als 30 000 angestiegen. Hinzu kommen die riesigen Wahlkampfspenden der Unternehmen, ohne die ein amerikanischer Politiker es nie zu etwas bringen kann.
    Quelle: Tagesspiegel

  4. Roland Pofalla: Das Prinzip Leistung
    Weniger als ein Fünftel der Bürger glaubt noch, dass es in Deutschland gerecht zugeht. Dagegen hilft nur eine Politik, die zeigt: Leistung lohnt sich! Und zwar für alle. Für den Unternehmer genauso wie für den Schüler aus einem bildungsfernen Elternhaus. Für den Facharbeiter genauso wie für den Langzeitarbeitslosen. Das hat viel mit Wirtschafts- und Sozialpolitik zu tun. Das ist aber auch das Ziel der Familien-, Integrations- und Bildungspolitik der CDU: Chancen für alle. Jeder muss aufsteigen, etwas erreichen können, wenn er sich anstrengt. Das ist die Antwort der Union auf die unerfüllbaren Verteilungsversprechen der Linken.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: Gegen zunehmende Ungerechtigkeit hilft nach Pofalla also der Aufruf, strengt Euch an, dann sorgst Du selbst für Gerechtigkeit. Wie schrieb doch Herbert Achternbusch so richtig: „Du hast keine Chance, aber nutze sie.“

    Typisch auch, dass Pofalle die von der BILD-Zeitung verfälschend wiedergegebene IAB-Studie nachplappert, wonach die große Mehrheit der Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht bereit sei, Arbeitsangebote anzunehmen. „77 Prozent der befragten Langzeitarbeitslosen lehnen eine geringere Bezahlung als in ihrem letzten Job rundweg ab“, schreibt Pofalla. Das ist eine grobe Irreführung der Öffentlichkeit:

    Die IAB-Studie besagt, dass Arbeitslose, die zuvor zwischen 1 und 5 Euro netto pro Stunde verdient haben, im Durchschnitt das 1,53-fache ihres früheren Lohnes in einem neuen Job verdienen „wollen“. Wer zwischen 5 und 10 Euro verdient hat, will wenigstens wieder genauso viel verdienen wie vorher. Wer zwischen 10 und 15 Euro verdient hat, wäre bereit, auf etwas mehr als ein Viertel seines alten Lohnes zu verzichten. Wer zwischen 15 und 20 Euro verdient hat, würde sogar für 40 Prozent weniger Lohn arbeiten. (Vgl. Hinweise (2) vom 8.2.08 Ziffer 10)

    Vergleich dazu einmal die Reaktionen in den USA: Die amerikanische Zentralbank Fed hat in weniger als 10 Tagen ihren Leitzinssatz um insgesamt 1,25 Prozentpunkte gesenkt und im amerikanischen haben sich Kongress Republikaner und Demokraten innerhalb von zwei Wochen auf ein Konjunkturpaket von über 150 Milliarden $ verständigt. (Wie sinnvoll man Steuersenkungen für Besserverdienende auch immer halten mag.)

  5. Recherchetipp: Magisterarbeit über die Privatisierung der WOBA Dresden
    Titel: Ursachen und Auswirkungen von Entstaatlichung öffentlicher Einrichtungen auf die Stadtentwicklung im Kontext einer gesamtgesellschaftspolitischen Entwicklung (am Beispiel der Privatisierung der WOBA Dresden). Mit umfassendem Quellenverzeichnis sowie einem Vergleich mit Privatisierungen in Kiel, Frankfurt, Berlin, Aachen, LEG (NRW), Stuttgart, Flensburg und Leipzig.
    Quelle: Gesellschaft für internationale Kulturprojekte e.V.

    Anmerkung: Der Einfluss der europäischen Institutionen scheint uns darin überbewertet zu werden. Es gibt durchaus Beispiele für erfolgreiche Gegenwehr auf regionaler Ebene. Ansonsten informativ und lesenswert.

  6. Brückenbauer für die Bahn gesucht
    Sie lassen nicht locker. Die Freunde des Bahnverkaufs in der Bundesregierung, allen voran in den SPD-geführten Ministerien für Verkehr und Finanzen, wollen in den nächsten Wochen die Weichen für eine Privatisierung des bundeseigenen Mobilitätskonzerns stellen – so wie es sich Bahn-Chef Hartmut Mehdorn wünscht. Offiziell handelt es sich zwar um Prüfaufträge, mit denen verschiedene Privatisierungsmodelle bewertet werden – aber es zeichnet sich ab, wohin die Reise noch vor der nächsten Bundestagswahl gehen soll: Die Bahn soll unwiderruflich ein Unternehmen werden, in dem private Eigentümer maßgeblichen Einfluss haben. Die SPD-Parteibasis muss höllisch aufpassen, will sie nicht über den Tisch gezogen werden.
    Quelle: taz
  7. Alle zieht es nach Rumänien
    Wieso also kamen die Finnen hierher? Zum einen weil die Lohnkosten nur ein Zehntel des europäischen Durchschnitts betragen. Und weil die Stadtväter Millioneninvestitionen in die Infrastruktur versprachen. Sie wollen für 33 Millionen Euro Gas-, Strom- und Wasserleitungen verlegen, für 90 Millionen den Provinzflughafen ausbauen und planen eine Autobahn. All das bieten zwar andere Standorte längst, aber Cluj versprach noch mehr: Rumänien ist für deutsche Firmen ein Steuerparadies.
    Zudem locken die Stadtväter von Cluj mit weiteren Steuererleichterungen: Auf 30 Jahre wollen sie Nokia die Immobilien- und Grundstücksabgaben erlassen, macht 18 Millionen Euro. Zusätzlich bekamen sie das Tetarom-Grundstück zum Sonderpreis. Wie hoch er war, sagt keiner, aber eines wissen hier alle: 90 Prozent der verfügbaren Grundstücke gehören dem Staat und den Kommunen. Deshalb konnten die Stadtväter 160 Hektar zum Spottpreis abgeben. Und es sollen noch einmal 170 Hektar sein, vielleicht für Mercedes. Der kommunale Landbesitz ist auch der Grund, warum die Politiker zu Tetarom schweigen: Es gibt Gerüchte, dass etliche von ihnen selber Grundstücke kauften, als sich der Vertrag mit Nokia abzeichnete.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung WL: Dieser Subventions- und Steuersenkungswettlauf verbunden mit mafiösem Profitstreben lokaler Politiker hat mit der dem Freihandelsgedanken zugrunde liegenden Theorie der komparativen Kostenvorteile nichts mehr zu tun.

  8. Den Deutschen ist’s egal
    Nur die Hälfte des Obstes und Gemüses, das in Deutschland erhältlich ist, ist unbehandelt. Teurer ist nicht unbedingt besser.
    Quelle: TAZ

    Anmerkung: „Andernorts spielt die Qualität eine größere Rolle. Etwa in Großbritannien sind die Kunden wählerisch. “Den Deutschen geht es vor allem um den Preis”, sagt Fruchthändler Brügger.“ heißt es in dem Artikel. Ob das eventuell etwas mit den sinkenden Realeinkommen hierzulande zu tun haben könnte?

  9. „Verluste für die Linke“, schreibt der Spiegel – Linke kann auch im Deutschlandtrend zulegen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters
    Spiegel: Der Höhenflug der Linken ist einer Umfrage zufolge gebremst. Im jüngsten Deutschlandtrend verlor die Partei zwei Prozent.
    Quelle: Spiegel

    Reuters: Im jüngsten Deutschlandtrend hat die Linke wie in anderen Umfragen zulegen können.In der am Freitag veröffentlichten Erhebung für die ARD und mehreren Tageszeitungen verbessert sich die bei den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen erfolgreiche Partei im Vergleich zum Januar um zwei Prozentpunkte auf elf Prozent. In Umfragen anderer Institute lag die Linke jüngst bei 14 Prozent.
    Quelle: Reuters

    Anmerkung: Bei solchen Irreführungen der Öffentlichkeit braucht man sich nicht darüber zu wundern, warum der Verkauf des Spiegels einbricht. Die Einzelverkäufe sind im vierten Quartal 2007 auf 337.500 Exemplare gesunken. Im dritten Quartal waren es noch 416.800 gewesen.

  10. Rudolf Dressler: Die SPD muss sich erklären
    Eine Machtperspektive in Hessen gibt es zur Zeit nicht. Bleibt die SPD bei ihrer voreiligen Festlegung, fehlt ihr in fast allen Länderparlamenten und im Bund für viele Jahre jede Machtperspektive. Das erkennt auch die CDU. Ihr Werben um die Grünen wird lauter. Schwarz-Gelb-Grün ist nur eine Frage der Zeit. Dann steht die SPD alleine im Fünf-Parteien-Parlament.

    Vor 25 Jahren behandelte die SPD die Grünen ähnlich wie sie es heute mit der Partei DIE LINKE macht. Es gibt eine gesellschaftliche und eine parlamentarische Mehrheit ohne CDU und FDP, und Sozialdemokraten wollen sie nicht. Das muss die SPD jenen erklären, von denen sie gewählt werden will.
    Quelle: ND

  11. SPD-Politiker entwickelt Hartz-IV-Speiseplan
    Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin rechnet in seinem Speiseplan vor, dass ein Ein-Personen-Haushalt mit knapp vier Euro pro Tag auskommen kann. Nach den Vorstellungen des SPD-Politikers gibt es beispielsweise zum Frühstück zwei Brötchen, Marmelade, eine Scheibe Käse, einen Apfel, ein Glas Saft sowie zwei Tassen Tee.
    Quelle: WELT

    Anmerkung eines unserer Leser: Dank an Thilo Sarrazin. Ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung eines linken Profils der SPD!

    Anmerkung WL: Der Zynismus ist, dass Herr Sarrazin das Doppelte für einen Flasche Wasser ausgibt, wenn er abends essen geht.

    Dazu kann man nur noch den Versepos Heinrich Heines gegen die Restauration „Deutschland. Ein Wintermärchen“ aus dem Jahre 1844 zitieren:

    Sie sang vom irdischen Jammertal,
    von Freuden, die bald zerronnen,
    vom Jenseits, wo die Seele schwelgt,
    verklärt in ewigen Wonnen.
    Sie sang das alte Entsagungslied,
    das Eiapopeia vom Himmel,
    womit man einlullt, wenn es greint,
    das Volk, den großen Lümmel.
    Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
    ich kenn’ auch die Herren Verfasser,
    ich weiß, sie tranken heimlich Wein
    und predigten öffentlich Wasser.

  12. Anmerkung KR: Zur Vermeidung von Missverständnissen: Besteht der Zynismus nicht vor allem darin, die Politik des Lohndumpings und der Unternehmenssteuersenkung, also die Agenda 2010, zu preisen und für ihre Fortsetzung zu kämpfen, selbst also zum sozialen Abstieg Hunderttausender viel beigetragen zu haben – und zugleich den Verlierern dieser Politik Genügsamkeit zu predigen und sich anzumaßen, aus einer äußerst komfortablen, eigenen Position heraus Vorschläge für die Anzahl der Brotscheiben zum Frühstück zu machen?

  13. Jenseits der Fünfzig wenig Chancen
    Jeder vierte Arbeitslose im Landkreis Tübingen/Reutlingen ist 50 Jahre alt oder älter. Die Weitervermittlung von den über 50-Jährigen gestaltet sich ebenfalls sehr schwierig. Lediglich 12,5 Prozent von ihnen werden nach über zwei Jahren Arbeitslosigkeit in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis weiter vermittelt.
    Die Chance, in Baden-Württemberg eine unbefristete Vollzeitstelle zu bekommen, ist geringer geworden. Bei den befristeten Arbeitsstellen ist gegenüber 1996 ein Anstieg von rund 75 Prozent zu verzeichnen, jeder zehnte abhängig Erwerbstätige im Land hat nach Auskunft von Monika Hirn, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, mittlerweile einen Zeitvertrag.
    Quelle: Online-Ausgabe des Reutlinger General-Anzeigers
  14. Bundesregierung: Wegsperren hilft nicht
    In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion musste die Bundesregierung zugeben, dass das Wegsperren von jugendlichen Straftätern zu besonders hohen Rückfallquoten führt. Nach einer Haftstrafe ohne Bewährung werden demnach 78 Prozent der Verurteilten erneut straffällig. Dagegen werden mit 60 Prozent deutlich weniger Jugendliche rückfällig, die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden. Völlig kontraproduktiv erscheint auch der Jugendarrest. Mit diesem Begriff wird eine Inhaftierung für die Dauer von einem Wochenende bis zu vier Wochen bezeichnet. 70 Prozent der damit bestraften Jugendlichen wurden erneut straffällig. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erteilte am Wochenende jeder Verschärfung des Jugendstrafrechts eine Absage.
    Im Januar hatte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) – vergeblich – versucht, die Landtagswahlen mit populistischen Forderungen nach härteren Strafen zu gewinnen. Dabei wurde er von der Spitze der CDU einschließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt.
    Quelle: junge Welt
  15. Unser Kampf?
    Die CSU spricht nun von einer “gescheiterten Kommunikationsstrategie”, andere Politiker reden weiter drum herum: Deutsche Soldaten sind längst im Kampfeinsatz. Heuchelei oder Taktik?
    Quelle: taz

    Dazu:

    Falschverstandene Bündnistreue
    S-Verteidigungsminister Gates sieht die Existenz der Nato bedroht – wegen ihrer angeblichen Teilung in Mitglieder, die willens sind, in Afghanistan “zu kämpfen und zu sterben, und andere, die dazu nicht bereit sind”. Dies ist allerdings ebenso falsch wie Gates demagogischer Vorwurf, die Europäer unterschätzten die von den Taliban und al-Qaida ausgehende Gefahr des islamistischen Terrorismus und ließen es an Einsatz und Opfer zur Abwehr dieser Gefahr mangeln.
    Tatsächlich ist die Nato bedroht, weil ihre bislang im Wesentlichen auf Kriegsführung basierende Mission am Hindukusch gescheitert ist. Sie wirkt sogar kontraproduktiv, weil sie islamistischen Fundamentalismus und Terrorismus stärkt statt schwächt.
    Quelle: taz

  16. Schulleitungen in Nordrhein-Westfalen halten Kopfnoten für eine Kopflosigkeit
    Die Schulleitungsvereinigung Nordrhein-Westfalen hat die Ergebnisse ihrer gerade abgeschlossenen Umfrage bezüglich der neuen Kopfnoten in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Das wichtigste Ergebnis: 82 % aller Schulleitungen in unserem Bundesland halten die aktuelle Form der Kopfnoten für unangemessen, zeitverschwenderisch und nutzlos.
    Quelle: Schulleitungsvereinigung NRW [PDF – 44 KB]
  17. “Die Parallelisierung von 1933 und 1968 – Ein Binsenirrtum!” Eine Erwiderung auf Götz Alys Essay “Die Väter der 68er”. Von Peter Grottian, Wolf-Dieter Narr und Roland Roth
    Welch ein von dieser Seite aber nicht erwarteter Mangel an politisch-humanem Augenmaß, dem Sinn für Proportionen, Kontext, Ursachen und Wirkungen nämlich. Wie kann man im Jahre 2008 die Ursachen, die Verlaufsmuster und die Wirkungen der NS-Herrschaft derart verniedlichen, dass man sie mit der “68er Bewegung” auf eine Stufe stellt? Wie kann man die Erinnerung an die Naziherrschaft und ihre bis heute bei weitem nicht ausreichend gezogenen Folgerungen so missbrauchen, um damit “die Studentenbewegung” und ihre längst etabliert und altersrunzelig gewordenen Angehörigen (wie auch sich selbst) zu geißeln?
    Quelle: FR

    Anmerkung: Die FR versucht einen schrecklichen Missgriff auszubügeln.


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