Elterngeld – ein Kommentar in der Frankfurter Rundschau, aus dem ich nicht schlau werde
1975 waren Sozialdemokraten stolz darauf, dass sie die ungerechten Kindersteuerfreibeträge, mit denen dem Staat die Kinder gut verdienender mehr wert waren als jene der Normalverdiener, ersetzt haben durch ein gleiches Kindergeld für alle. Das nannte man damals Fortschritt. Ich wüsste nicht, warum sich diese Wertung geändert haben sollte. Und dennoch will die SPD-Führung in der jetzigen Koalition das Elterngeld durchsetzen, mit dem ein neues Kind mit 67% des letzten Gehaltes, maximal 1800 € im Monat, entgolten wird.
Wenn ich dieses Thema auf Versammlungen von Arbeitnehmerinnen/n oder bei Buchlesungen anspreche, bricht jedes Mal Empörung aus. Die Mehrheit versteht nicht, warum eine Verkäuferin mit 700 € zum Beispiel und eine Akademikerin mit 1800 € vom Staat zum Kinderkriegen animiert werden soll. Die Empörung wächst, wenn ich darauf hinweise, dass dieser Vorschlag auf der falschen Annahme beruht, die Akademikerinnen-Kinderlosigkeit sei mit 43% extrem viel höher als die von weniger verdienenden Frauen. Dass diese Annahme, von der sogar die ehemalige Familienministerin Renate Schmidt ausgegangen war und vielleicht immer noch aus geht, nicht stimmt, weiß man spätestens seit gut einem Jahr. (Siehe dazu auch den Tagebucheintrag in den NachDenkSeiten vom 10.10.2005 – “Von wegen 40%”) Aber die dahinter steckende Manipulation hat offenbar keine Bedeutung für den politischen Fortgang.
Sie erreicht offenbar auch die Medien nicht. Sie eiern. Ein Beispiel dafür ist der heutige Hauptkommentar in der Frankfurter Rundschau.
Was will uns Vera Gaserow in ihrem Kommentar „In der kinderarmen Republik“ eigentlich sagen? Ist es ein sinnvoller „Paradigmenwechsel“ oder ein „problematischer Kurswechsel“? Außerdem: Das Kindergeld flankierte bisher nicht das Kinderkriegen sondern das Kinderhaben.
Es wäre außerdem sehr verdienstvoll, wenn die Frankfurter Rundschau einmal dokumentieren würde, wie am Image der extrem hohen Kinderlosigkeit der Akademikerinnen gearbeitet wird. Und warum sich die Erkenntnis einer Manipulation nicht breiter herumspricht. Man sollte es nicht der Frankfurter Konkurrenzzeitung überlassen, aufklärend zu wirken.