„Von wegen 40 Prozent
Obwohl es der Mikrozensus so weismachen will: Akademikerinnen sind mitnichten schuld am deutschen Babyschwund“, so beginnt ein Beitrag von Björn Schwentker in der „Zeit“ vom 6.10.. Der Autor beschreibt, dass die alarmierende Zahl von 40% kinderloser Akademikerinnen schlicht frei erfunden ist. Absichtlich. In Schätzungen ist von 25% Kinderlosigkeit die Rede. Man kennt die Zahl nicht genau, aber dieses Nichtwissen ist Absicht. Die politisch Verantwortlichen im Bundesrat und im Bundesinnenministerium haben die entscheidende Frage nach der Zahl der Kinder aus der Erhebung im Rahmen des so genannten Mikrozensus herausgenommen. Ein klarer Fall für unsere Rubrik „Manipulation des Monats“.
Offen wollen … die Mitarbeiter des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung in den Medien nicht zum demografischen Datendefizit, sprich den Unzulänglichkeiten des Mikrozensus, zitiert werden,“ so die „Zeit“. Und weiter: „Das sei eine Anweisung von ganz oben, aus dem Innenministerium, das letztlich über den Mikrozensus wacht.
Hinter vorgehaltener Hand aber sprechen die Forscher von der politischen Dimension des demografischen Datendurcheinanders. Die unglückliche Kommunikation der 40 Prozent Kinderlosigkeit bei Akademikerinnen sei vielleicht kein Zufall, gibt ein Vertreter der amtlichen Statistik zu: „Mit dramatischen Zahlen erreicht man eben mehr Öffentlichkeit.“ Genau das war nach dieser Interpretation das Ziel des Statistischen Bundesamtes. Dessen Pressemeldungen waren es nämlich, die die 40 Prozent erst in Umlauf brachten. Einige Forscher sehen sogar eine klare politische Absicht hinter dem Neubeschluss des Mikrozensusgesetzes. Es sei absichtlich verhindert worden, dass die Daten ein realistisches Bild der Kinderlosigkeit zeichnen könnten. Das konservative Familienbild mit der Mutter am Herd lasse sich eben besser aufrecht erhalten, wenn es so aussehe, dass die Familienplanung emanzipierter junger Akademikerinnen grandios scheitere. Eine gewagte These, könnte man meinen. Wäre da nicht ein weiteres Detail: Der von der Union dominierte Bundesrat stimmte nicht nur gegen die Kinderfrage, sondern strich auch die Frage zum Wunsch nach Kinderbetreuung aus dem Mikrozensus. Eine Zahl, die den Verfechtern der Vereinbarkeit von Beruf und Familie schmerzlich fehlen wird.“
Quelle: ZEIT.DE