Spannendes Großexperiment zur Frage, ob die demokratische Sanktion, also die Bestrafung für Fehlverhalten, noch funktioniert
Spätestens am 27. März, wenn in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt wird, wird das Testergebnis vorliegen. Bekommen CDU und FDP die Quittung für die Laufzeitverlängerungen und damit für die Zugeständnisse an die Atomindustrie oder können Sie sich über diese Wahlen hinaus retten? Bleibt der engagierte Atombefürworter Ministerpräsident Mappus in Baden-Württemberg im Amt oder wird durch seine Abwahl ein bundesweit sichtbares Zeichen gesetzt? Wenn die beiden Parteien CDU und FDP in diesem konkreten Fall nicht abgestraft werden, wenn es ihnen gelingt, mit geschickter Public Relations-Arbeit und begleitenden, nach Energiewende aussehenden politischen Entscheidungen die Quittung der Wähler zu vermeiden, dann ist das ein weiterer Beleg dafür, dass das System der demokratischen Meinungsbildung nicht mehr funktioniert. Albrecht Müller.
Deutlicher kann man nicht versagen, als im konkreten Fall mit der Entscheidung, den gefundenen Atomkompromiss von Rot-grün und Atomwirtschaft aufzugeben, in dem man die Laufzeiten verlängert. Die jetzt von den Wahlterminen diktierten Korrekturen der Politik von Angela Merkel und Guido Westerwelle sind leicht durchschaubar. Und dennoch ist nicht sicher, ob die erkennbar gut eingefädelte Agitation nicht doch verfängt.
Beobachten Sie die Strategien der Meinungsmache und ihre Umsetzung
Die Linien der Agitation von Schwarz-Gelb und der damit verbundenen Atomwirtschaft sind erkennbar. Sie laufen ungefähr so:
- Man darf das Unglück der Japaner nicht missbrauchen für Parteipolitik und Wahlkämpfe in Deutschland. Siehe zum Beispiel hier in der Bild-Zeitung.
- Das Unglück von Japan zwingt uns zu einer Korrektur unserer Risikoeinschätzungen. Das konnte niemand vorhersagen.
- Die Bundesregierung ist aktiv. Sie ist einsichtig.
Es gibt auch immer noch die primitiven Varianten der Argumentation für die Kernkraft, so z.B.: Auch Autofahren sei riskant usw., so Wolfgang Herles (ZDF) bei Anne Will vom vergangenen Sonntag ab Minute 39.
Wenn Sie sich an der Aufklärungsarbeit beteiligen wollen, dann beobachten Sie die Strategien der Meinungsmache und ihre Umsetzung in einzelnen Medien, vor allem in der Bild-Zeitung. Siehe als Hilfe auch die beiden letzten Beiträge zum Thema in der NachDenkSeiten, hier und hier.
Machen Sie in Ihrem Umkreis auf diese Strategie aufmerksam. Das ist wichtig, weil auf der anderen Seite eine jener Industrien tätig ist, die immer schon massiv in Public Relations investiert hat und dies trotz Unglück in Japan weiter tun wird.
Beobachten Sie auch in welchen Medien und durch welche Journalistinnen und Journalisten die Agitation pro Kernkraft weitergeführt und weiter betrieben wird und lassen Sie Ihre Freunde und Bekannten an ihren Recherchen teilhaben..
Übrigens: diese Agitatoren haben es nicht leicht, weil ihnen die Bundesregierung durch ihre Umkehr und beflissene Einkehr die Agitation erschwert. Man kann es am Beispiel des zitierten Wolfgang Herles sehen. Dieser hatte am Sonntag noch eine Linie gefahren, die inzwischen von seinen politischen Freunden verlassen worden ist. Peinlich für ihn.
Prüfen Sie Ihre direkte Betroffenheit und geben Sie Ihre Informationen und Erkenntnisse weiter.
Tokio liegt 250 km von den Unfallreaktoren in Fukushima. Trotz dieser Entfernung und bisher meist günstigem Wind müssen die Millionen Menschen in Tokio nun fürchten, von radioaktiver Strahlung bedroht zu werden. Ein beispielhafter Vergleich über die hiesige Bedrohung, falls etwas passiert:
Mein Heimatdorf im nordbadischen Kraichgau ist sozusagen umbringt von sechs Atommeilern, die alle näher liegen, als Fukushima an Tokio, Angaben jeweils in Kilometern Luftlinie:
- Philippsburg im Westen: 29 km
- Neckarwestheim im Südosten: 45 km
- Biblis im Nordwesten: 50 km
- Grafenrheinfeld im Nordosten: 125 km
- Cattenom (Frankreich) im Westen: 185 km
- Fessenheim (Elsass/Frankreich) im Süden: 200 km
Von meinem jetzigen Wohnort aus kann ich auf die Kühltürme von Philippsburg schauen.
Drei der Kraftwerke liegen im Oberrheingraben. Also in einem Bereich mit tektonischen Besonderheiten und Erdbeben, wenn auch natürlich nicht absehbar, wann und wie groß. Bei schönem Wetter und Ostwind wäre die radioaktive Wolke in Kürze hier.
Viele Menschen in Deutschland, haben es mit ähnlich kleinen Distanzen zu Kernkraftwerken zu tun. Nicht nur hier in der Nähe des Rheins, Mains und Neckars, auch in Hamburg und Schleswig-Holstein
Machen Sie, wenn Sie die Darstellung unserer Nähe zu den Kernkraftwerken auch im Vergleich zu Japan für hilfreich halten, Berechnungen für ihre eigene Heimatregion. Hier sind zwei Links für die Übersichten zu den Kernkraftwerken in Deutschland und den Kernkraftwerken in Frankreich.
Und sprechen Sie dann mit ihren Freunden und Bekannten. Sprechen Sie insbesondere auch junge Leute an. Um deren Lebenswelt geht es in besonderer Weise.
Wir müssen die überaus egoistische Grundhaltung und die Nach-uns-die-Sintflut- Mentalität der jetzt herrschenden Ideologie und herrschenden Kreise brechen.
In der Atompolitik kann man gut sehen, wie substanz- und charakterlos die wirtschaftsnahe Kreise der Atombefürworter sind. Sie geben sich liberal und konservativ. Im Grunde sind es Pfennigfuchser, die auf ihre und ihrer Generation ökonomischen Vorteil bedacht sind und selbst dabei noch Denkfehler machen, wenn sie die Kernenergie für besonders preiswert halten. Sie haben die Kosten der Entsorgung einfach ausgeblendet. Wer sich Sorgen um das Leben unserer Kindeskinder über weitere Generationen macht, wird von ihnen bisher als Spinner betrachtet. Mit solchen Parolen beherrschen sie die Stammtische.
Es kommt jetzt darauf an, ihnen nicht nur die Entscheidungen über die praktische Politik mithilfe der Wahlentscheidungen zu nehmen sondern ihnen die geistige Führung im Land zu entwinden.