Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Milliarden für Impfstoffe in den Sand gesetzt?
- „So redet man nicht miteinander“ – SPD-Chef Walter-Borjans kritisiert Moskaus Tonfall
- Bitte, Joe!
- Akt 2: Angriff auf die freie Presse
- Corona Faktencheck – Deutschland
- Ohne Lockdown durch die Krise: Schwedens Weg scheint sich für die Wirtschaft auszuzahlen
- „Kapitalismus ist pure Ideologie“
- Über die konkrete Lebenssituation armer Menschen in der Großstadt
- Spahn will dauerhaft mehr alleinige Macht
- Studie: Regierungen nutzen Coronakrise als Vorwand für Überwachung und Zensur
- Bunte Filmchen nach dem Applaus
- Unsere Kritik wirkt: Facebook und Co. legen Mitgliedschaften offen
- “Rund 30 Prozent der allgemeinen Regelkontrollen werden wegfallen”
- Gesetzesvorschlag für Uploadfilter stärkt die Marktmacht von Google
- Neue Großdemonstrationen trotz Verbots
- Facebook and Twitter Cross a Line Far More Dangerous Than What They Censor
- Tagesspiegel Checkpoint
- Noam Chomsky: Internationalismus oder Untergang
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Milliarden für Impfstoffe in den Sand gesetzt?
Vorverträge in Milliardenhöhe, aber keine Transparenz: Dies will das Europaparlament nicht länger hinnehmen. Im Streit um die Entwicklung und Herstellung von Corona-Impfstoffen drohen die Europaparlamentarier, den Geldhahn zuzudrehen.
Es geht um bis zu 2,7 Milliarden Euro, die die EU-Behörde für so genannte „Advance Purchase Agreements“ – also Vorverträge – und den Erwerb eines Impfstoffs bereit gestellt hat.
Vorläufige Deals wurden bereits mit AstraZeneca, Sanofi-GSK sowie Johnson & Johnson abgeschlossen. Um welche Summen es geht und wie es um die Haftung steht, will die EU-Kommission aber nicht verraten.
Das treibt die Europaabgeordneten auf die Palme. „Vor dem Hintergrund, dass die Impfstoffe auch mit dem Geld der Steuerzahler entwickelt werden, ist es besonders wichtig, dass das öffentliche Interesse an wissenschaftlicher Sorgfalt, Sicherheit und Transparenz abgesichert wird“, schreibt der grüne Europaabgeordnete R. Andresen in einem Brief an Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
Bisher habe die EU-Behörde aber keine Angaben zur Beschaffung der erhofften Impfstoffe und den Vertragskonditionen gemacht. Außerdem sei immer noch unklar, wie die Kommission sicherstellen will, dass ein Impfstoff gerecht an alle Bedürftigen ausgeliefert wird, so Andresen, der als einziger Deutscher im Haushaltsausschuss sitzt.
„Die Impfstoffmilliarden dürfen nicht einfach in den Pharmakonzernen verschwinden, deshalb brauchen wir Transparenz über die Vertragsbestimmungen“, sagte Andresen. Die Grünen drohen sogar damit, Gelder im EU-Haushalt für das Jahr 2021 einzufrieren, wenn die Kommission nicht endlich Einsicht gewährt.
Von der Leyen und Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides berufen sich auf Geschäftsgeheimnisse. Würde man sensible Informationen veröffentlichen, so könne dies die Ausschreibung von Lieferverträgen erschweren und die Arbeit der Kommission behindern. Dies gelte auch für die Haftungsklauseln und Entschädigungs-Regeln.
Auf der anderen Seite steht aber das Vertrauen der Bürger in die geplante Impf-Kampagne, warnt der französische Europaabgeordnete Pascal Canfin. „Wir werden weiter Druck auf die Kommission machen“, sagte der liberale Vorsitzende des Umweltausschusses der taz. Gerade in einer Krise wie der Corona-Pandemie sei Transparenz nötig.
Quelle: Lost in EuropeLesen Sie dazu bitte auf den NachDenkSeiten: Covid-19-Impfstoffentwicklung – eine Debatte ist dringend nötig, findet aber nicht statt und Corona-Impfstoffentwicklung – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie lieber erst gar nicht.
- „So redet man nicht miteinander“ – SPD-Chef Walter-Borjans kritisiert Moskaus Tonfall
Einer der beiden SPD-Vorsitzenden, Norbert Walter-Borjans, hat die Warnung des russischen Außenministers Sergej Lawrow bemängelt, wonach Russland den Dialog mit der EU einstellen könnte. In einem Pressegespräch hat der SPD-Chef von Moskau einen Umgang „auf Augenhöhe“ verlangt.
„Wenn jetzt der russische Außenminister an dieser Stelle sagt, wenn die (Regierungen der EU-Staaten) das nicht einsehen, hat das einen Tonfall, der sagt: Wir haben eine Sichtweise, wenn ihr die nicht tragt, dann habt ihr selbst zu verantworten, dass es jetzt eben klemmt. Da würde ich sehr dafür werben, dass man so nicht miteinander redet, sondern, dass man den anderen ernstnimmt. Und dass man eben auch ernstnimmt, was ihn bedrückt“, sagte der SPD-Chef in einer Pressekonferenz am Mittwoch gegenüber Sputnik.(…)
Walter-Borjans stellte klar, dass er hinter der Entscheidung des Europäischen Rats steht, Sanktionen gegen einige Personen und Organisationen in Russland im Zusammenhang mit dem Fall um Nawalny aufzulegen. Er sei hier in Übereinstimmung mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), der maßgeblich die Sanktionen gegen Moskau vorangetrieben hat. Und das, obwohl Walter-Borjans zu Sanktionen eher eine skeptische Einstellung besitze:
„Ich halte nicht viel von Sanktionen, die am Ende mehr Menschen des Landes treffen, als diejenigen, die es zu verantworten haben. Insofern finde ich es wichtiger, wenn man sich einen bestimmten Personenkreis anguckt. Das gilt ja nicht nur für das Thema Russland, es gilt ja auch für das Thema Belarus und andere auch“, unterstreicht der SPD-Ko-Vorsitzende.
Jedoch vertraue er im Fall des russischen Bloggers zu 100 Prozent den Untersuchungsergebnissen der Mediziner und Analysten in Deutschland, „dass es sich um eine Vergiftung mit Nowitschok gehandelt hat“. Damit sei es ein Problem, das nicht nur einen Staat betreffe. „Aber hier geht es wirklich darum, dass wir gemeinsam ein Abkommen unterzeichnet haben, das die Verbreitung und Anwendung chemischer Waffen ächtet, und dass ganz offenbar dieser Punkt nicht eingehalten worden ist.“
Vor einigen Tagen hatte die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) bekannt gegeben, dass die in den biomedizinischen Proben von Nawalny gefundenen Substanzen nicht auf der Liste der verbotenen Substanzen stehen würden. Sie seien nach ihren Eigenschaften denen von Nowitschok ähnlich.
Quelle: SputnikAnmerkung Christian Reimann: Der Zustand der SPD-Spitze ist offensichtlich noch schlimmer als ihn Oskar Lafontaine hier beschrieben hat. Auch der Ko-Bundesvorsitzende der SPD richtet Vorwürfe gegen Russland ohne einen Beweis für eine Beteiligung oder gar Täterschaft des russischen Staates im Fall Nawalny vorzutragen. Er „vertraue (…) zu 100 Prozent den Untersuchungsergebnissen der Mediziner und Analysten in Deutschland“. Die haben offenbar lediglich eine Vergiftung, jedoch nichts über die Täterschaft feststellen können. Nehmen Herr Walter-Borjans und die Bundesregierung – insbesondere Bundesaußenminister Maas – die Sorgen der russischen Regierung ernst? Das könnte bezweifelt werden. Vielmehr verfestigt sich der Eindruck, dass das Spitzenpersonal der SPD sich von der Ost-Politik der Brandt-Ära längst verabschiedet hat.
- Bitte, Joe!
Trumps Außenpolitik war nicht immer klug, aber wirkungsvoll. Seinem möglichen Nachfolger vererbt er wertvolle Druckmittel – zum Beispiel gegen China. (…)
Auch wenn er sich nach Kräften bemüht, bei so gut wie allen Themen die Unterschiede zwischen sich und seinem Gegner deutlich zu machen, hat Biden erklärt, einige der wichtigsten Neuerungen der Trump-Ära übernehmen zu wollen. Er befürwortet einen stärkeren Wettbewerb mit China sowie eine Außenpolitik, die stärker auf die US-Mittelschicht ausgerichtet ist. Er unterstützt Trumps USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA), das das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA ablöst, und würde den Rückzug aus dem Krieg in Afghanistan weiter vorantreiben. Sein Team scheint die neue Nationale Verteidigungsstrategie, das US-Militär für ein Zeitalter der Großmachtrivalitäten neu aufzustellen, im Grundsatz zu befürworten. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass ein Präsident Biden die US-Botschaft von Jerusalem wieder nach Tel Aviv zurückverlegen, die Strafzölle gegen China sofort aufheben oder die Regierung der Ukraine zur Rückgabe der von den Vereinigten Staaten gelieferten Waffen auffordern würde. (…)
Trump jedoch hat mit seiner transaktionalen Denkweise die Nutzung des eigenen Machtpotenzials über andere Instrumentarien gestellt. Dabei ging er oft unklug vor, erzielte aber große Wirkung. Mit seiner Vorliebe für Sanktionen und protektionistische Maßnahmen hat er China, Iran, Venezuela und andere Länder unter Druck gesetzt. Mit seiner scharfen Kritik an den Verbündeten und der Drohung, die Sicherheitsgarantien aufzukündigen, versetzte Trump die Länder in Angst, die zu wenig in die Verteidigung investieren. Mit seinem Rückzug aus wichtigen multilateralen Abkommen bewirkte er, dass die übrigen Mitgliedstaaten sich mehr als zuvor wünschen, die Vereinigten Staaten mögen ihnen wieder beitreten. (…)
Die nächste Regierung sollte entsprechende Erwartungen formulieren und die Bündnispartner auffordern, einen größeren Teil der Lasten zu schultern. Anders als Trump sollte sie jedoch nicht den Bündnispartnern so lange in den Ohren liegen, bis sie mehr zahlen, sondern eine umfassendere Strategie aufbauen, die den Blick auf neue Bedrohungen mit einer angemessenen Lastenaufteilung verbindet. (…)
Wenn eine neue US-Regierung diesem Ansatz folgt, würde das in vielen Punkt bedeuten, dass sie vom Vorgänger geschaffene Druckmittel einsetzt, die für einen neuen Präsidenten höchst anstößig wären: Einschüchterung von Verbündeten, Rückzug aus multilateralen Abkommen, Protektionismus. Und doch sind diese Druckmittel nun einmal da – um entweder eingesetzt oder verspielt zu werden. Doch Druckmittel, mit denen sich gute Ergebnisse herbeiführen lassen, sollte man lieber nutzen als verschwenden.
Quelle: Richard Fontaine in IPGAnmerkung Christian Reimann: Zu befürchten ist auch, dass ein Präsident Biden den Konflikt mit Russland forciert – und von der deutschen Bundesregierung Beistand erwarten könnte. Und den würde er mit den transatlantisch orientierten Einflussagenten und Scharfmachern in und um die Bundesregierung wohl auch erhalten.
- Akt 2: Angriff auf die freie Presse
Der Auslieferungsprozess von Julian Assange
Die USA wollen, dass Julian Assange ausgeliefert wird. Der Vorwurf lautet unter anderem: Beihilfe zur Spionage und Anstiftung zum Geheimnisverrat. Assange drohen 175 Jahre Haft – oder gar die Todesstrafe. Der Prozess in London hat begonnen, ZackZack rekonstruiert heute Tag 2 eines Theaterstücks. (…)
Der zweite Prozesstag beginnt mit der Aussage des Zeugen der Assange-Verteidigung, Clive Stafford Smith, Anwalt in Großbritannien mit britischer und US-amerikanischer Staatsbürgerschaft. Er engagiert sich gegen Todesstrafe, Folter, unrechtmäßige Inhaftierung und ähnliche juristische Fälle. (…)
Smith betont zunächst, dass ihm die Informationen, die Wikileaks veröffentlicht hat, sehr im Rechtsstreit Pakistan gegen illegale Drohnen-Angriffe geholfen hätten.
Er beschreibt einige der „Cables“, die durch Wikileaks an die Öffentlichkeit gelangt seien, darunter auch Listen von Tötungszielen, unter anderem eines US-amerikanischen Journalisten. Ebenso sagt er aus, dass aufgrund dieser veröffentlichten internen Papiere der US Regierung bekannt wurde, dass in Guantanamo nicht durchwegs Terroristen inhaftiert seien, sondern zu einem guten Teil Opfer eines perfiden Kopfgeldsystems.
Ebenso führt Smith an, dass Geständnisse dort durch Folter zustande gekommen seien. Diese Informationen wurden bereits in mehreren Verfahren, auch durch den Internationen Gerichtshof, als Beweismittel verwendet. (…)
Dann beginnt James Lewis, einer der Ankläger, mit dem Kreuzverhör. Er fragt Zeuge Smith, ob er wirklich glaube, dass die Veröffentlichungen im öffentlichen Interesse seien – und ob er wisse, dass dies in Großbritannien keine Verteidigung in Bezug auf den „Offical Secrets Act“ sein könne. Der Zeuge antwortet: das stimmt, aber in den USA sei das anders.
Ankläger Lewis lässt aber nicht locker und erwidert darauf, dass Julian Assange ja „nur“ wegen der Veröffentlichung von Namen angeklagt sei und weil er damit die Genannten in Gefahr gebracht habe. Er drängt auf die Auslieferung. Smith entgegnet: in den USA sei es üblich, dass während des Prozesses noch weitere Anklagepunkte hinzukommen würden. Das könnte für Assange das Ende bedeuten.
Quelle: ZackZack - Corona Faktencheck – Deutschland
Hier werden täglich alle relevanten Daten vom RKI und von Destatis zu Covid-19 in Deutschland aufbereitet. Anhand der Charts kann man sich ein relativ objektives Bild machen, haben wir hier eine Zweite Welle und vor allem haben wir eine epidemische Lage von nationaler Tragweite? (…)
Die PCR (Polymerase-Kettenreaktion) ist eine NAT (Nucleic Acid Amplification Technology)-Methode. Der Test misst Sequenzen, also Nukleinsäuren, die im Virus enthalten sein sollen. Der Nachweis der Nukleinsäure gibt jedoch keinen Rückschluss auf das Vorhandensein eines infektiösen, ansteckenden Erregers. Dies kann nur mittels eines Virusnachweises und einer Vermehrung in der Zellkultur erfolgen. (…)
Stand 14.10.2020: Es gibt 180 Covid-19 Patienten in peripher-stationärer Behandlung (blau) und 59 Covid-19 Patienten in intensivmedizinischer Behandlung (rot). Also sind insgesamt 239 Covid-19 Patienten in stationärer Behandlung im Krankenhaus, aber es gibt 85 Krankenhäusern in Berlin! Überlastung? Im Schnitt werden pro Jahr in den 85 Krankenhäusern in Berlin 875000 Patienten behandelt! Covid-19 ist keine gefährliche Pandemie, sondern verursacht nur Bruchteile an den gesamten Hospitalisierungen.
Ob in Berlin oder in ganz Deutschland, die Lage hat sich zwar in den letzten drei Wochen deutlich verschlechtert, aber es gibt weiterhin keine wirkliche epidemische Lage von nationaler Tragweite, keine Überlastung des Gesundheitssystems, immer noch wenige Intensivpatienten und Tote und damit in Folge eigentlich keine rechtliche Grundlage für die Coronaverordnungen!
Infektionsschutzgesetz
§ 5 Epidemische Lage von nationaler Tragweite
(1) Der Deutsche Bundestag stellt eine epidemische Lage von nationaler Tragweite fest. Der Deutsche Bundestag hebt die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite wieder auf, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr vorliegen. Die Aufhebung ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu machen.
Quelle: Querschuesse - Ohne Lockdown durch die Krise: Schwedens Weg scheint sich für die Wirtschaft auszuzahlen
Zweite Welle, zweiter Lockdown? Viele Länder in Europa haben mit steigenden Fallzahlen zu kämpfen, wollen die Wirtschaft aber nicht wider abwürgen. Schweden verzichtete schon zu Beginn der Pandemie auf einen Lockdown – wegen der Wirtschaft. Der umstrittene Sonderweg scheint sich gelohnt für die Konjunktur zu haben. […]
„Die Wirtschaftspolitik tritt in eine neue Phase ein“, sagte Finanzministerin Andersson im September. „Es geht um ein rekordgroßes Budget, um die schwedische Konjunktur wieder anzukurbeln – 100 Milliarden [Kronen], um unseren Weg aus der Krise zu ebnen.“ Insgesamt 105 Milliarden Kronen – etwa zehn Milliarden Euro – sollen der Wirtschaft über Steuerschnitte und Investitionen zugutekommen.
Sonderweg scheint einen Teil der Wirtschaftsleistung zu retten
Mit ihrer Prognose ist die schwedische Regierung nun wieder leicht optimistischer als der Internationale Währungsfonds (IWF). Der IWF korrigierte seine Schätzung für Schweden zuletzt auf minus 4,7 Prozent nach oben. Für Deutschlands Wirtschaft erwartet der IWF indes einen Rückgang von 6,0 Prozent für das Jahr 2020.
Schweden scheint also tatsächlich besser zu fahren als die Länder, die mit strikteren Maßnahmen gegen die Pandemie vorgehen. Zwar brach auch das schwedische BIP im zweiten Quartal um nie da gewesene 8,2 Prozent zum Vorjahresquartal ein. Damit hielt sich die Wirtschaft aber besser als in Deutschland – hierzulande schrumpfte die Leistung im zweiten Quartal um 11,7 Prozent zum Vorjahr. Ausgehend von diesen Daten und den Prognosen scheint es so, als ob Schwedens Sonderweg doch einige Prozentpunkte der Wirtschaftsleistung gerettet hat.
Quelle: FocusDazu: 6000 Insolvenzen oder mehr: Bundesbank warnt vor Pleitewelle
Deutschlands Notenbank rechnet 2021 mit einem heftigen ersten Quartal. Bundesbank-Vize Buch fordert die Banken auf, die Firmen trotz höherer Kreditausfälle weiter mit Kapital zu versorgen.
Quelle: Handelsblatt - „Kapitalismus ist pure Ideologie“
Der Podcast „Wohlstand für Alle“ dekonstruiert Wirtschaftsmythen. Ein Gespräch mit den Machern über die Inflation und die Aktualität von Marx. (…)
Warum ist es aus Ihrer Sicht ein Problem, wie in Deutschland über Geld und Wirtschaft gesprochen wird?
ON: Der Diskurs hier ist besonders eigenartig. Der Ökonom Hans-Werner Sinn ist ein gutes Beispiel: Er vertritt immer die Meinung der Kapitalseite, und die, die dem sogenannten Wirtschaftsstandort Deutschland helfen würde. Das ist immer nationalistisch gedacht, weswegen wir glauben, dass der Diskurs in Deutschland gefährlich ist.
WMS: Ein Trick der herrschenden Meinung ist außerdem: Man tut so, als sei Wirtschaft sehr komplex. Das ist aber gar nicht so. Ja, Staatsanleihen und die Europäische Zen¬tralbank kann man nicht in 30 Sekunden erklären. Aber sehr viele Zusammenhänge sind relativ leicht zu verstehen, wenn man mit wirklichem Erkenntnisinteresse daran geht.
Bei der Formulierung „herrschende Meinung“ liegt die Assoziation zur Verschwörungstheorie nicht fern. Sind Sie Verschwörungstheoretiker?
WMS: Weil sie die herrschenden Verhältnisse infrage stellt und aufzeigt, dass es auch anders gehen könnte. Selbstverständlich gibt es Interessen. Die spiegeln sich auch darin wider, wer zum Beispiel die Möglichkeit hat, die Bundesregierung zu beraten. Das sind in der Regel keine Wirtschaftswissenschaftler, die auch ihren Marx gelesen haben. Das hat aber nichts mit Verschwörungstheorie zu tun. Doch wenn man dem ökonomischen Mainstream widerspricht, wird gerne so getan, als sei man Verschwörungstheoretiker.
ON: Wir erleben zum Beispiel seit zehn Jahren, dass immer wieder gesagt wird: Bald kommt die Inflation – doch sie kommt nicht. Da muss man irgendwann mal sagen können: An dieser Theorie scheint irgendwas wirklich faktisch falsch zu sein.
Was hat die Coronapandemie im Sprechen über Wirtschaft verändert?
WMS: Die Bundesregierung, die bisher die schwarze Null hochgehalten hat, musste erkennen: Sie kann Geld ausgeben. Da wurde dann zwar gesagt: Das können wir nur, weil wir so gut gespart haben. Aber das ist selbstverständlich Unsinn, ein Staat funktioniert eben nicht wie die schwäbische Hausfrau, nicht so, wie ein Privatmensch, der ein Konto hat.
Quelle: taz - Über die konkrete Lebenssituation armer Menschen in der Großstadt – Leben in einem Stadtteil, in dem die Menschen unter Generalverdacht stehen
Da die Stadt Dortmund mit ihrer Sozialpolitik in der „abgehängten“ Nordstadt gescheitert ist, schlägt sie nun brutal um sich und bekämpft im Verbund mit der Polizei nicht die Armut, sondern die Armen. Es wird Tag und Nacht „Präsenz“ gezeigt und „konsequent, auch bei kleineren Verstößen“ durchgegriffen. Das beginnt mit massiver Polizeipräsenz im Alltagsbild der Nordstadt, geht über martialische, überzogene Polizeieinsätze, auch schon bei Bagatelldelikten und endet bei den aggressiven Durchsuchungen und Totalabsperrungen ganzer Wohnquartiere mit Hunderten von Einsatzkräften.
Immer mehr Menschen werden zu Opfern von Gewalt und Willkür der Ordnungskräfte.
Die Auswirkungen der „Agenda 2010“, die von der rot-grünen Koalition Anfang des Jahrhunderts auf den Weg gebracht wurde, haben der politischen Kultur und dem sozialen Klima im Land dauerhaft geschadet. Der Arbeitsmarkt wurde dereguliert, der Sozialstaat demontiert, eine Steuerpolitik betrieben, die den Reichen mehr Reichtum und den Armen mehr Armut gebracht und auch der Mittelschicht deutlich gemacht hat, dass ihr Abstieg jederzeit möglich ist. Da reagieren die Stärkeren ihre Abstiegsängste, Enttäuschung und ihre Ohnmacht an den Schwächeren ab. Begleitet wird das Ganze von dem Misstrauen gegenüber den Mitmenschen und wenn man sieht, dass der Staat überall ein Sicherheitsproblem entdeckt, das mit martialischen Einsätzen der Sicherheitskräfte entschärft werden muss, dann wird die gefühlte Bedrohung real erlebt und nach dem noch stärkeren Staat gerufen.
Dabei ist es erforderlich, denen, die nichts mehr haben als strafender und disziplinierender Staat entgegenzutreten und denjenigen Menschen mit Abstiegsängsten und den Vermögenden einen starken Staat zu demonstrieren.
Quelle: gewerkschaftsforum.de - Spahn will dauerhaft mehr alleinige Macht
An der Corona-Politik von Bund und Ländern ist der Bundestag bisher nicht beteiligt. Während die Kritik an dem Sonderregime der Exekutive lauter wird, sorgt ein Eilverfahren aus dem Bundesgesundheitsministerium zusätzlich für Irritation: Minister Spahn will seine Pandemie-Sonderrechte massiv ausweiten. (…)
Der Koalitionspartner SPD kündigte allerdings Widerstand gegen die Pläne an. “Das wird so nicht kommen”, hieß es aus der SPD-Bundestagsfraktion. Einer Entfristung der Verordnungsermächtigung für den Minister werde die SPD nicht zustimmen: Hier gehe es um “weit reichende Grundrechtseingriffe”. Die SPD bemängelte zudem, dass das Ministerium die Vorlage “sehr kurzfristig” in die Abstimmung gegeben habe. “Corona-Schutzmaßnahmen sind nötig”, erklärte der Rechtsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner. “Aber sie müssen rechtmäßig sein, und dazu brauchen wir im Infektionsschutzgesetz eine präzisere Rechtsgrundlage und gesetzlich geregelte Standardmaßnahmen.” (…)
Die Linksfraktion forderte ebenfalls eine bessere Einbindung des Bundestags in die Corona-Bewältigung. Die Bund-Länder-Spitzenrunden träfen “quasi als große Ersatzregierung alle Entscheidungen an den Parlamenten vorbei” und entzögen sich damit der Kontrolle, kritisierte Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte im “Spiegel”. “Mit dieser schleichenden Entmachtung von Bundestag und Länderparlamenten muss Schluss gemacht werden.”
Quelle: n-tvDazu: Spahn will Befugnisse gegen Reisen während Corona
Zu diesem Zweck könnte eine digitale Einreiseanmeldung eingeführt werden. Das RKI würde die Daten an die jeweils zuständigen Behörden an den Zielorten der Reisenden weiterleiten, heißt es in dem Entwurf, der “ThePioneer” nach eigenen Angaben vorliegt.
Fluglinien sowie Bus- und Bahn-Unternehmen wären verpflichtet, Passagierlisten und Sitzpläne an das RKI weiterzugeben. Ihnen könnte zudem die Personenbeförderung aus Risikogebieten untersagt werden, soweit die Rückreise deutscher Staatsangehöriger weiterhin gesichert ist.
Der Gesetzentwurf wurde bekannt, nur wenige Tage nachdem das RKI darauf hinwies, dass Reisen an sich nur ein geringes Risiko mit sich bringe, sofern die typischen Regeln zu Abstand, Hygiene und Maskennutzung befolgt würden. Auch der Verein der Akkreditierten Labore kritisiert die neuen Reisebeschränkungen ungewöhnlich deutlich und nennt Reisen eine “Pseudo-Gefahr”.
Quelle: airliners.deAnmerkung Christian Reimann: Geht es Herrn Spahn tatsächlich um den Schutz der Bürgerinnen und Bürger oder nicht doch vielmehr um deren Daten – Stichwort: CommonPass? Bitte lesen Sie dazu auch Der Türöffner: Wie Jens Spahn den gläsernen Patienten herbeiregiert. Bedauerlich ist, dass der Widerstand der SPD sehr bescheiden ausfällt. Der Lobbyismus wird offenbar nicht erkannt. Schlimmer noch: Es sollen dafür „im Infektionsschutzgesetz eine präzisere Rechtsgrundlage und gesetzlich geregelte Standardmaßnahmen“ geschaffen werden.
Obwohl (oder weil?) Herr Spahn kein Mediziner oder Naturwissenschaftler ist, fordert er stets volle Befugnisse für sein Ministerium.
- Studie: Regierungen nutzen Coronakrise als Vorwand für Überwachung und Zensur
Die Coronakrise beschleunigt den Trend zu Online-Zensur und Überwachung – so lautet die zentrale These der US-Organisation Freedom House in ihrem neuen Bericht zum Stand der “Internetfreiheit”. Regierungen in aller Welt hätten die Pandemie als Vorwand zur Einschränkung und Missachtung von Rechten genutzt, kritisieren die Autoren.
Die Geschichte zeige, dass in Krisenzeiten eingeführte Techniken und Gesetze oft von Dauer seien, sagte Adrian Shahbaz, Co-Autor der am Mittwoch veröffentlichten Studie. “Im Rückblick werden wir Covid-19 genau wie den 11. September 2001 als Zeitpunkt sehen, an dem Regierungen neue, aufdringliche Mittel zur Kontrolle ihrer Bürger dazugewonnen haben.”
Freedom House konzentriert sich in seiner Studie auf drei Hauptthemen: Überwachung, Zensur sowie den Zerfall des Internets in nationale Teilnetze unter dem Schlagwort der “Cyber-Souveränität”. Insgesamt ging der von Freedom House ermittelte Grad der Internetfreiheit im zehnten Jahr in Folge zurück. (…)
In mindestens 28 der insgesamt 65 untersuchten Länder hätten die Regierungen Online-Inhalte blockiert oder zensiert, um kritische Berichte zu Covid-19 zu unterdrücken, heißt es im Kapitel über Zensur. (…)
In 45 der 65 untersuchten Länder wurden laut Freedom House Journalisten oder ganz normale Bürger festgenommen oder angeklagt, weil sie sich online zu Covid-19 geäußert hatten. Sie hätten falsche Informationen verbreitet, die die öffentliche Ordnung gefährden könnten, so habe dabei oft der Vorwand gelautet. (…)
Deutschland kommt in der neuen Studie auf 80 von 100 möglichen Punkten, genau wie im Jahr zuvor. Punktabzüge gibt es unter anderem aufgrund des NetzDG, das Plattformen zum Löschen von Inhalten verpflichtet.
Quelle: heise online - Bunte Filmchen nach dem Applaus
Die Ministerpräsidenten Michael Kretschmer aus Sachsen, Reiner Haseloff aus Sachsen-Anhalt und Bodo Ramelow aus Thüringen werden mir persönlich immer sympathischer, weil sie die einzigen Regierungschefs sind, die noch etwas klaren Verstand besitzen. Sie betrachten die Corona-Lage nüchtern und kritisieren zurecht den chaotischen Aktionismus der Amtskollegen, der mit jeder Steigerung der Infektionszahlen zunimmt. Kretschmer sagt beispielsweise im Spiegel-Interview.
Wir wissen ja heute viel mehr als zu Beginn der Pandemie, zum Beispiel, wie sich das Virus überträgt. Und wir haben Instrumente, damit umzugehen.
Das ist eine simple Feststellung, bei der man sich fragen muss, warum sie überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird. Stattdessen wird wie zu Beginn der Pandemie so getan, als sei alles furchtbar neu und potenziell schrecklich. Dem ist nicht so. Es gibt beispielsweise keinen Grund, sich vor steigenden Infektionszahlen in dem Ausmaß zu fürchten, wie das im März der Fall war. (& )
Der Sozialwissenschaftler Stefan Sell weist darauf hin, dass längst bekannt ist, warum sich junge Menschen für den Pflegeberuf eher weniger bis gar nicht interessieren. Das liegt nicht an einem verstaubten Image, das mit lustigen Filmchen aufgepeppt werden muss, sondern an einem gestörten Preis-Leistungs-Verhältnis. Nicht nur die schlechte Bezahlung halte junge Menschen demnach davon ab, einen Pflegeberuf zu ergreifen, es fehle außerdem die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung.
Quelle: TaublogAnmerkung unseres Lesers J.A.: Die Clips sind wirklich ultrapeinlich. Aber was will man von einer Bundesministerin erwarten, die ihren Gesetzen kindische Namen gibt und alle wirklichen Probleme wegzulächeln versucht? Die strukturellen Probleme – viel zu wenige Pflegekräfte pro zu pflegendem Menschen, die schlechte Bezahlung – werden angesprochen und könnten in der laufenden Tarifrunde gelöst oder zumindest behandelt werden. Stattdessen werden die Pflegekräfte weiterhin mit Applaus und warmen Worten wie “systemrelevant” abgespeist, aber mehr Geld ist angeblich nicht vorhanden. Das Ziel ist also die Verwaltung des extremen Mangels und die Zuführung von noch mehr Frischfleisch zum Verheizen, nachdem diese Strategie (??) schon die letzten 10 Jahre nicht funktioniert hat. Mehr Verachtung für die Pflegekräfte als dieser Müll geht kaum. “Fack ju, Pflege” und “fack ju, Pflegekraft”.
- Unsere Kritik wirkt: Facebook und Co. legen Mitgliedschaften offen
Die zunehmende Bedeutung der Lobbyarbeit von Digitalkonzernen in Europa spiegelt sich in deren Lobbyausgaben wider. Mehr als 21 Mio. Euro geben die größten Techgiganten zusammengefasst für Lobbyarbeit aus. Doch die Lobbyarbeit ist undurchsichtig, insbesondere die Zusammenarbeit mit Think Tanks. Auf unserer Kritik an ihrer intransparenten Lobbyarbeit haben die Techkonzerne nun reagiert und Teile ihrer Lobbynetzwerke offengelegt. (…)
Doch nicht nur die Techkonzerne, auch die Denkfabriken selbst machen zum Teil unzureichende Angaben im EU-Lobbyregister und haben teilweise auf unsere Kritik reagiert. Das Centre for European Reform (CER) ergänzte Hinweise zu seiner Finanzierung und teilte uns mit, dass es mit den Sponsoren zwar im regelmäßigen Austausch stehe, auch inhaltlich – die würden aber nicht mit entscheiden, zu welchen Themen das CER publiziert oder welche Veranstaltungen es organisiert.
Wie bereits zuvor berichtet, fehlt beim Center for Data Innovation (CDI) jeglicher Hinweis darauf, wer seine Mitglieder sind. Zusätzlich macht CDI weiterhin keine Angaben dazu, wer es finanziert. Google – und inzwischen auch Facebook – geben in ihren eigenen Lobbyregister Einträgen die Mitgliedschaft bei CDI an, der Think Tank selbst nennt Google und Facebook nicht. Auch in Publikationen wie etwa der Stellungnahme zum Digital Services Act legt das CDI seine Verbindungen zu Tech-Firmen nicht offen. Damit verstößt das CDI nach unserer Auffassung gegen den Verhaltenskodex des EU-Lobbyregisters. Danach sollten Lobbyisten angeben, welche Interessen sie vertreten und wer ihre Mitglieder sind (soweit anwendbar). (…)
Google, Amazon und Co. verstärken ihre Lobbyaktivitäten weltweit, so auch in der EU. Dass die Techkonzerne dabei ihre Verbindungen zu Think Tanks nur auf Druck hin offenlegen und intransparent vorgehen, soweit es ihnen möglich ist, ist inakzeptabel. Gerade weil grundlegende Weichenstellungen in Europa für Beschränkung der Macht von Digitalkonzernen anstehen, ist Transparenz das Mindeste, was die Konzerne uns schuldig sind. Wir werden weiter Druck dafür machen, dass Google, Amazon und Co ihr europäisches Lobbynetzwerk offenlegen und Denkfabriken transparenter agieren.
Quelle: LobbyControl - “Rund 30 Prozent der allgemeinen Regelkontrollen werden wegfallen”
Maik Maschke ist Vizechef des Berufsverbands. Er warnt vor einer Aufweichung des Verbraucherschutzes und sieht auch die Berliner Alleingänge kritisch. (…)
Ein weiteres Problem ist ja auch, dass viele Kontrollen mangels Personal gar nicht stattfinden.
Uns fehlen derzeit in Deutschland rund 1500 Lebensmittelkontrolleure, um die gesetzlich vorgeschriebenen Regelkontrollen durchführen zu können. In Deutschland ist in erster Linie der Unternehmer für die Lebensmittelsicherheit zuständig, wir Kontrolleure überprüfen das. Wie oft das passiert, richtet sich nach der Risikobeurteilung und einem darauf basierenden Punktesystem. Dieses System ist jetzt verändert worden. Die neue Vorschrift tritt in diesen Tagen in Kraft.
Was ändert sich?
Die Kontrollfrequenzen werden deutlich gesenkt. Rund 30 Prozent der allgemeinen Regelkontrollen werden wegfallen. Man passt die Aufgabe dem derzeit vorhandenen Personal an und nicht umgekehrt. Davon profitieren alle Kreise und Städte, die die Vorgaben bislang nicht schaffen. Das führt aber zu einer deutlichen Schwächung des Verbraucherschutzes.
Quelle: Der TagesspiegelAnmerkung unseres Lesers H.M.: Eine “Reform” a la Julia Klöckner: Kontrollen werden an das vorhandene (unterbesetzte) Personal angepasst, nicht das Personal an die Notwendigkeiten.
- Gesetzesvorschlag für Uploadfilter stärkt die Marktmacht von Google
Gestern hat das Bundesjustizministerium seinen Referentenentwurf für die Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie veröffentlicht. Bereits im Sommer stand ein erster Entwurf zur Diskussion, den wir in einer ausführlichen Stellungnahme analysiert haben. Der neue Vorschlag verschärft die Pflichten zum Einsatz von Uploadfiltern – zulasten der Grundrechte. Nur noch in wenigen Ausnahmefällen sollen Nutzer*innen ihre Uploads vor fälschlichen Sperrungen schützen können.
Dass der Vorschlag viele unserer Anregungen aufgenommen hat, die es erleichtern sollen, im Nachhinein gerichtlich gegen die Sperrung legaler Inhalte vorzugehen, ist nur ein schwacher Trost. Die Online-Kommunikation lebt von Schnelligkeit. Auch wenn ein Inhalt nur für einige Stunden oder Tage gesperrt ist, entsteht dadurch ein Schaden für die Meinungs- und Informationsfreiheit.
Vom neuen Vorschlag profitieren ausgerechnet die großen Plattformen wie YouTube oder Facebook, gegen die die Befürworter*innen von Artikel 17 einst ins Feld gezogen sind. Kleinere Unternehmen werden dagegen vor unüberwindbare technische Hürden gestellt und der Datenschutz bei der Nutzung sozialer Netzwerke wird weiter geschwächt. (…)
Wenn Unternehmen zum Einsatz von solchen Echtzeit-Uploadfiltern gezwungen sind, stärkt das die größten Internetkonzerne wie Google oder Facebook, die es sich leisten können, diese Überwachungstechnologie zu entwickeln. Kleinere Dienste können den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen und müssen entweder ihren Dienst einstellen, oder die Uploadfilter der größeren Konkurrenz einkaufen. Das schwächt nicht nur den Wettbewerb, sondern ist auch ein Datenschutzproblem, das der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber bereits letztes Jahr in einem Interview prophezeit hatte: „Dann laufen noch mehr Daten durch die Hände der großen amerikanischen Internetkonzerne, die dann noch mehr über alle Nutzer erfahren. Upload-Filter halten wir deshalb für falsch und gefährlich.“ (…)
Dass der Referentenentwurf die Marktmacht großer Plattformen stärkt und der kleineren Konkurrenz schadet, ist womöglich kein Zufall. Der neue Vorschlag zum Pre-Flagging entspricht genau den Vorstellungen, die Google in seiner Stellungnahme aus dem Sommer geäußert hatte. Dort heißt es:
„Das Gesetz könnte von den Online-Sharing-Diensten verlangen, die Nutzer unmittelbar über eine Sperrung zu informieren und den Upload sofort wieder freizuschalten, wenn die Nutzer Einwände erheben. Dieser Ansatz würde die Interessen der Nutzer ebenso schützen wie das Pre-Flagging, würde aber gleichzeitig zu weniger Aufwand führen, da er nur bei einer tatsächlichen Sperrung Eingriffe und nicht unabhängig von einer erfolgenden Sperrung von allen Nutzern verlangen würde, alle ihre Uploads bereits beim Einstellen entsprechend zu kennzeichnen.“ (S. 19)
Noch im März hatte Justizministerin Lambrecht versprochen, den Bundesdatenschutzbeauftragten frühzeitig am Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen. Der Referentenentwurf erweckt aber den Eindruck, dass dies entweder nicht geschehen ist oder seine Bedenken ignoriert wurden. Stattdessen hat das Ministerium auf genau die Unternehmen gehört, vor denen der Datenschutzbeauftragte gewarnt hatte. Um Datenschutz, Meinungsfreiheit und eine vielfältige Plattformlandschaft zu wahren, muss die Bundesregierung also unbedingt nochmal nachjustieren!
Bis 6. November steht der Referentenentwurf zur öffentlichen Diskussion. Hier steht, wie man sich beteiligen kann. Wir von der GFF werden den neuen Vorschlag wieder genau auf grundrechtliche Probleme prüfen und uns mit einer Stellungnahme an der Konsultation beteiligen. Wer unsere Arbeit unterstützen will, kann das hier tun.
Quelle: Gesellschaft für FreiheitsrechteDazu: Und die Upload-Filter kommen doch
Während einer Pandemie und kurz vor der US-Wahl gehen andere Themen leicht unter. Erst recht, wenn sie so sperrig daherkommen wie das “Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes”. Doch der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums verdient einen zweiten Blick. Denn die EU-Urheberrechtsrichtlinie, die Deutschland damit umsetzen will, zählt zu den kontroversesten Gesetzgebungsverfahren der vergangenen Jahre.
Vor anderthalb Jahren brachte die Reform Hunderttausende Menschen auf die Straße. Ihre Proteste drehten sich vor allem um den Begriff Upload-Filter. Wenn Facebook und Youtube erst einmal jeden Inhalt, den Nutzerinnen und Nutzer hochladen, von einer fehleranfälligen Software prüfen lassen müssten, sei die Meinungsfreiheit in Gefahr, kritisierten sie.
Wer damals gewarnt hatte, wird sich heute bestätigt fühlen: Der Referentenentwurf lässt den meisten Plattformen kaum eine andere Wahl, als Upload-Filter einzusetzen. Ausgenommen wären etwa Wikipedia, junge Start-ups und Unternehmen, die weniger als eine Million Euro pro Jahr umsetzen.
Quelle: Süddeutsche Zeitung - Neue Großdemonstrationen trotz Verbots
Tausende Anhänger der thailändischen Demokratiebewegung haben sich erneut über die Notstandsgesetze hinweggesetzt. Sie demonstrieren gegen den Ex-Militärchef und jetzigen Ministerpräsidenten.
Rund 2000 Anhänger der Demokratiebewegung in Thailand haben sich am Freitag erneut über die jüngst erlassenen Notstandsgesetze hinweggesetzt und in Bangkok gegen ihre Regierung demonstriert. Ministerpräsident Prayut Chan-ocha hat seinen Rücktritt indes kategorisch ausgeschlossen: “Ich werde nicht gehen”, sagte er am Freitag.
Die von jungen Menschen angeführte prodemokratische Protestbewegung fordert den Rücktritt der Regierung und eine offene Debatte über die Rolle der Monarchie in Thailand. Sie kritisiert zudem ein Gesetz, das bis zu 15 Jahre Haft für Majestätsbeleidigung vorsieht. Die Demonstranten forderten außerdem die Freilassung von mehr als 20 Aktivisten, die in den vergangenen Tagen festgenommen worden waren. Unter ihnen sind mehrere Anführer der Proteste, unter anderem Anon Nampa, der als wichtigster Kopf der Bewegung gilt. Er soll in die nördliche Stadt Chiang Mai gebracht worden sein.
Quelle: SpiegelDazu: “Wir sind überall”
In Thailand sind erneut Tausende Regierungskritikerinnen und -kritiker auf die Straße gegangen – trotz eines Versammlungsverbots. Medien berichten von mehr als 20.000 Teilnehmenden. In der Hauptstadt Bangkok forderten sie den Rücktritt von Premierminister Prayut Chan-o-cha.
Die Orte für die Proteste wurden von den Organisatoren erst eine Stunde vor Beginn bekannt gegeben, um Absperrungen durch die Behörden zu verhindern. Auf den Schildern der größtenteils jungen Demonstranten standen Slogans wie: “Ihr könnt uns nicht töten, wir sind überall” und “Hört auf, Menschen zu verletzen”. Mehrere hatten Helme und Gasmasken dabei. (…)
In dem südostasiatischen Land gibt es seit Monaten Massendemonstrationen. Die pro-demokratische Protestbewegung will Neuwahlen und umfassende Reformen erreichen. Darüber hinaus fordert sie eine offene Debatte über die Rolle der Monarchie. Das war dort lange ein Tabu – bei Majestätsbeleidigung droht eine Gefängnisstrafe. König Maha Vajiralongkorn ist derzeit in Bangkok – lebt aber die meiste Zeit in Bayern.
Quelle: tagesschau.de - Facebook and Twitter Cross a Line Far More Dangerous Than What They Censor
Just weeks before the election, the tech giants unite to block access to incriminating reporting about their preferred candidate.
The New York Post is one of the country’s oldest and largest newspapers. Founded in 1801 by Alexander Hamilton, only three U.S. newspapers are more widely circulated. Ever since it was purchased in 1976 by media mogul Rupert Murdoch, it has been known — like most Murdoch-owned papers — for right-wing tabloid sensationalism, albeit one that has some real reporters and editors and is capable of reliable journalism.
On Wednesday morning, the paper published on its cover what it heralded as a “blockbuster” scoop: “smoking gun” evidence, in its words, in the form of emails purportedly showing that Joe Biden’s son, Hunter, traded on his father’s position by securing favors from the then-Vice President to benefit the Ukranian energy company Burisma, which paid the supremely unqualified Hunter $50,000 each month to sit on its Board. While the Biden campaign denies that any such meetings or favors ever occurred, neither the campaign nor Hunter, at least as of now, has denied the authenticity of the emails.
The Post’s hyping of the story as some cataclysmic bombshell was overblown. While these emails, if authenticated, provide some new details and corroboration, the broad outlines of this story have long been known: Hunter was paid a very large monthly sum by Burisma at the same time that his father was quite active in using the force of the U.S. Government to influence Ukraine’s internal affairs.
Along with emails relating to Burisma, the New York Post also gratuitously published several photographs of Hunter, who has spoken openly and commendably of his past struggles with substance abuse, in what appeared to various states of drug use. There was no conceivable public interest in publishing those, and every reason not to.
The Post’s explanation of how these documents were obtained is bizarre at best — they claim that Hunter Biden indefinitely left his laptop containing the emails at a repair store, and the store’s owner, alarmed by the corruption they revealed, gave the materials from the hard drive to the FBI and then to Rudy Giuliani.
Quelle: Glenn Greenwald in The Intercept - Tagesspiegel Checkpoint
Im Folgenden zitieren wir aus dem jeden Morgen erscheinenden Tagesspiegel Checkpoint. Was dort Chefredakteur Lorenz Maroldt berichtet, ist auch über Berlin hinaus interessant – vernichtend für eine profilierte SPD:Guten Morgen,
wir hatten Besuch von Franziska Giffey und Raed Saleh – im Gespräch wird deutlich: Die designierten SPD-Landesvorsitzenden setzen sich von der Politik des amtierenden Senats ab. „Wir entwickeln ein pragmatisches bürgernahes Programm“, sagt Giffey, und: „Wir sprechen mit unseren Themen die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner an.“ Mit anderen Worten: Ihre Politik soll sich weniger aus der Summe von Partikularinteressen zusammensetzen – für Befindlichkeiten ist da kein Platz. In nahezu allen Bereichen, besonders aber bei den Themen Verkehr und Sicherheit, stellen sich Giffey und Saleh gegen die Politik von Grünen und Linken.
Hier die wichtigsten Punkte im Überblick (das komplette Interview finden Sie heute im Tagesspiegel):
+ Bauen, Wohnen, Mobilität und Verkehr (bisher zwischen Grünen und Linken aufgeteilt) wollen Giffey und Saleh zu einer Superverwaltung zusammenfassen – und bei Verhandlungen für sich beanspruchen. Saleh: „Das ist für uns ein Schlüsselressort.“
+ Als Metropolenregion soll Berlin auch „in die Breite“ wachsen. Giffey sieht Parallelen zur Entwicklung Berlins vor 100 Jahren, als die Stadt U-Bahnverbindungen „auf dem freien Feld“ plante: „Und genau das Gleiche müssen wir heute tun.“ Damit, so Giffey, würde auch der Wohnungsmarkt in den Innenstadtbezirken entlastet. Saleh fordert zudem, Berlin müsse jetzt „bauen, bauen, bauen“. Den Mietendeckel wollen beide nach fünf Jahren durch einen neuen Mietspiegel ersetzen.
+ Zu alternativen Wohnprojekten sagt Giffey: „Wer eine Stadt für alle will, der muss gegenseitigen Respekt zur Grundlage für das Zusammenleben machen. Und nicht alles, was die Bezirksbürgermeisterin der Grünen in Friedrichshain als alternatives Wohnprojekt verteidigt, ist einem respektvollen und guten Zusammenleben zuträglich.“
+ Der Szene rund um die Rigaer Straße will Saleh „Intervention, harte Regeln, harte Maßnahmen“ entgegensetzen, und Giffey sagt: „Wer durch die Stadt marodiert, alles vollschmiert, Scheiben zertrümmert, Autos anzündet, Menschen verletzt, kann das nicht damit rechtfertigen, sich für faire Mieten oder bezahlbaren Wohnraum einzusetzen.“
+ Ein „sozialdemokratischer Sicherheitsbegriff“ soll sich durchsetzen, und das bedeutet für Giffey und Saleh: „Wir schaffen Sicherheit für diejenigen, die sie sich nicht kaufen können.“
+ Der Wirtschaft wird der rote Teppich ausgerollt: „Unser Signal, unsere Botschaft an die Wirtschaft ist: Ihr seid uns herzlich willkommen.“ (Saleh) „Es geht uns insgesamt darum, eine Entwicklung voranzutreiben, in der die Wirtschaft nicht als Gegner, sondern als Partner betrachtet wird.“ (Giffey)
+ Zu den Karstadt-Plänen am Herrmannplatz: „Der Neubau nach historischem Vorbild wäre einfach großartig für die Stadt. Wir setzen uns dafür ein, dass so ein Projekt nicht als störend für den Kiez gesehen wird, sondern unter den richtigen Bedingungen eine echte Chance für den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Entwicklung des ganzen Stadtteils darstellt.“ (Giffey)
+ Zur Diskussion über eine Verwaltungsreform: Giffey hält nichts von einer Zentralisierung, Saleh nichts von einem Vetorecht der Bezirksbürgermeister. Die designierte Spitzenkandidatin hält vor allem eine bessere Bezahlung der Bediensteten und eine bessere Ausstattung der Diensträume für nötig: „Wenn Sie sich anschauen, wie die Jobcenter, die Bürgerämter und die Polizeistationen teilweise aussehen, da sagt niemand: Wow, cool hier zu arbeiten.“
+ Zur Mentalität der Verwaltung sagt Giffey: „Ich kenne unglaublich viele Menschen, die in der Berliner Verwaltung hochmotiviert sind und hervorragende Arbeit leisten.“ Aber natürlich gibt es ein Aber: „Die ehernen Grundsätze der Verwaltung ‚Das haben wir doch schon immer so gemacht‘ und ‚Da könnte ja jeder kommen‘ müssen überwunden werden. Und das ist eine Frage von Führung und Haltung.“
+ In der Bildungspolitik gibt Giffey das Ziel aus, dass Berlin „die Nummer 1 bei der digitalen Schule wird – und zwar sowohl bei der Ausstattung als auch bei der Medienkompetenz.“
Das alles birgt jede Menge koalitionäres Konfliktpotenzial, auch in der eigenen Partei, vor allem aber mit den Grünen. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann kommentierte die jüngsten Äußerungen Giffeys zur Wirtschaft so: „Dieser deutlich neoliberale Spin ist durchaus überraschend für eine sozialdemokratische Spitzenkandidatin.“ Sie meint Vorbereitungen für eine neue rot-schwarze Koalition zu erkennen. Eine klare Abgrenzung zu den Grünen wird auch deutlich im aktuellen Podcast von Saleh – sein Gast diesmal, unter dem Titel „Klartext“: der Abgeordnete Sven Kohlmeier. Die autofreie Innenstadt ist jedenfalls kein Ziel von Giffey und Saleh, eine City-Maut lehnen sie ab. Stattdessen setzten sie sich, auch hier im Einklang mit der CDU, für einen massiven Ausbau der U-Bahn außerhalb des S-Bahnrings ein – der wiederum von Grünen und Linken abgelehnt wird. Dazu würde uns auch Ihre Meinung interessieren: […] - Noam Chomsky: Internationalismus oder Untergang
Wir treffen uns zu einem bemerkenswerten Zeitpunkt. Einem Zeitpunkt, der in der Tat einzigartig in der Geschichte der Menschheit ist. Ein Zeitpunkt, der gleichzeitig bedrohlich als auch voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist. Der Progressiven Internationale kommt eine entscheidende Rolle zu, wenn es darum geht, festzulegen, welchen Kurs die Geschichte einschlagen wird.
Wir treffen uns zu einem Zeitpunkt des Zusammentreffens diverser Krisen von außerordentlicher Schwere, in dem das Schicksal des Experiments Menschheit buchstäblich auf dem Spiel steht. In den kommenden Wochen werden sich die Probleme in den beiden imperialen Großmächten der Neuzeit zuspitzen.
Das immer schwächer werdende Vereinigte Königreich, das öffentlich erklärt hat, dass es internationales Recht zurückweist, steht kurz vor einem klaren Bruch mit Europa und ist auf dem besten Weg, noch deutlicher zu einem US-Satelliten zu werden, als es dies ohnehin schon ist. Aber was für die Zukunft natürlich von größter Bedeutung ist, ist das, was im wahren globalen Hegemon geschieht — geschwächt durch Trumps Amokläufe, aber immer noch mit überwältigender Macht und unvergleichlichen Vorteilen. Sein Schicksal, und gleichsam das Schicksal der Welt, wird womöglich im November entschieden.
Wenig überraschend ist der Rest der Welt daher besorgt, wenn nicht gar entsetzt. Es ist schwierig, einen so nüchternen und renommierten Kommentator wie Martin Wolf von der Londoner Financial Times zu finden. Und selbst er schreibt, dass der Westen vor einer ernsten Krise steht und wenn Trump wiedergewählt wird, “wird dies das Ende sein”. Das sind starke Worte und er bezieht sich nicht einmal auf die großen Krisen, mit denen die Menschheit aktuell konfrontiert ist.
Quelle: Noam Chomsky auf Progressive Internationale