Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Frankreich
- Krim
- Kritik an “desaströser Situation” – SPD-Abgeordneter Bülow tritt aus Partei aus
- Interview: Dagdelen (LINKE) kritisiert Migrationspakt und „Angstkampagne”
- Das hat Merz nicht verdient
- Die Türklinkentheorie als Schwachstelle im Skripal-Fall
- EU ebnet Weg für Verkauf der HSH-Bank an private Investoren
- Opfer der Wohnungspolitik
- Hartz IV
- Eine halbe Million Minijobber mehr?
- Wirtschaftsverbände wollen sich wichtigmachen
- So groß ist die Krise im Fernverkehr wirklich
- Das sind Deutschlands größte Vermieter
- Das System versagt – und bringt Patienten in Gefahr
- Kik wehrt sich gegen Schmerzensgeld für Karatschi-Opfer
- Die Mär von der Chancengleichheit
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Frankreich
- Paris versinkt im puren Chaos: “Gelbwesten” bringen Wut der Bürger auf die Straßen
Was als Protest gegen die Kraftstofferhöhungen der sogenannten Gelbwesten in Frankreich anfing, hat sich nunmehr zur Bewegung gegen die Regierungspolitik gewandelt. Über 100.000 Menschen gingen allein am Samstag auf Frankreichs Straßen. In Paris verursachten die Regierungsgegner pures Chaos. Sie zogen eine Spur der Zerstörung nach sich, legten große Feuer und zerschmetterten Schaufenster von Luxus-Läden. Die Polizei antwortete mit Tränengas und Wasserwerfern.
Die Bewegung “Gelbe Westen” ist in den letzten Wochen gewachsen, nachdem die Regierung eine Steuererhöhung für Kraftstoffe, einschließlich Benzin und Diesel, ab dem 1. Januar 2019 ankündigte, um gegen den Klimawandel zu kämpfen.
Hunderttausende haben offensichtlich die Nase gestrichen voll und fühlen sich benachteiligt, beraubt durch die “ewige Politik für Reiche”. Sie stellen sich gegen die Reformpolitik, die der französische Präsident Emmanuel Macron verfolgt. Einer Umfrage zufolge wird die Ansicht von weiten Teilen der Gesellschaft geteilt, und Dreiviertel der Franzosen beführworten die Proteste. Wir haben einige Eindrücke von der geballten Wut auf den Straßen von Paris zusammengefasst.
Quelle: RT DeutschAnmerkung Jens Berger: Interessant – und typisch – ist, dass Sie in den großen deutschen Medien kaum etwas zum Thema finden. Offenbar passen die Massenproteste nicht ins Schema der Gatekeeper.
dazu: Bereitschaftspolizei geht gegen Massenproteste in Paris vor
Als sich am Samstag in Frankreich erneut Hunderttausende an den Protesten der „gelben Westen“ gegen Präsident Emmanuel Macron beteiligten, ging die Bereitschaftspolizei mit brutaler Gewalt gegen eine Demonstration auf den Champs-Élysées in Paris vor. Laut Angaben des Innenministeriums nahmen 106.000 Menschen an 1.600 Protestveranstaltungen in ganz Frankreich teil, alleine auf den Champs-Élysées marschierten 8.000 Demonstranten.
Quelle: WSWS - „Dieser Protest ist eine Warnung in Richtung Élysée-Palast“
Die aktuellen Proteste in Frankreich seien Ausdruck sozialer Ungerechtigkeit, sagte die französische Journalistin Cécile Calla im Dlf. Ein Teil der Bevölkerung fühle sich offenbar nicht von der Politik gehört. Diese Art der Bewegung sei neu, weil sie nicht durch eine Partei oder Organisation entstanden sei.
Quelle: Deutschlandfunk - Jupiters Eskapaden
Nach einer Umfrage sind nur noch 29 Prozent der Franzosen mit ihrem Präsidenten zufrieden. Sein glückloser Vorgänger François Hollande, der Macron als Präsident der Superreichen bezeichnete, erlebte bei der Vorstellung seines neuen Buches »Lektionen der Macht« im ganzen Land einen unerwarteten Andrang. Das liegt sicherlich daran, dass der letzte sozialdemokratische Präsident zwar unbeliebt war, aber eines konnte man ihm nie unterstellen: Arroganz. Das aber werfen 80 Prozent der Franzosen dem neuen Präsidenten vor. Dazu beigetragen haben etliche Vorfälle im In- und Ausland. Bei dem Besuch einer Schule wird er von einem Schüler mit »Hallo Manu« (Kosename für Emmanuel) angesprochen, und der bekommt sofort eine Lektion erteilt: »Ich bin der Präsident, ich werde mit ›Monsieur le président‹ angeredet.« Ein paar Wochen später wird er von einem arbeitslosen Gärtner angesprochen. »Ich brauche nur über die Straße zu gehen und finde was [einen Arbeitsplatz] für Sie«, sagte Macron, »zum Beispiel im Hotelgewerbe oder in der Gastronomie.« In Colombey les Deux Églises, wo General de Gaulle begraben ist, weist er Rentnerinnen zurecht, die sich über die neue Rentensteuer beklagen: »Das Einzige, was man nicht machen darf, ist, sich zu beschweren.« Protestierende Arbeiter erklärt er kurzerhand zu Analphabeten. Anlässlich eines Besuches in Dänemark erfuhren die Franzosen aus dem Mund ihres Präsidenten, dass sie ein gallisches Volk sind, das gegen Veränderungen ist.
Dazu kommt ein aufwendiger Lebensstil: Für den Élyséepalast wird neues Geschirr bei einer renommierten Porzellanmanufaktur bestellt, teure Umbauten sind geplant, und auch das 34.000 Euro teure Schwimmbad in der Sommerresidenz Fort Brégançon kommt bei der Bevölkerung nicht gut an. Ebenso wirft die seit August schwelende Affaire Benalla – einer seiner Leibwächter, der sich Polizeibefugnisse anmaßte und linke Demonstranten verprügelte – ein schlechtes Licht auf den Staatschef. …
Die Opposition ist immer noch schwach. Die traditionelle Rechte ist zerstritten, und Macron macht in ihren Augen ja auch vieles richtig. Der frühere Front National, von Marine Le Pen inzwischen in Rassemblement National (RN) umbenannt, hat massive Geldprobleme. Zum einen wegen der Rückzahlung zweckentfremdeter EU-Gelder, zum anderen wegen der Blockierung von Teilen des Parteivermögens durch den Vater Jean-Marie Le Pen. Einzig Jean-Luc Mélenchon, Chef der linken Bewegung La France insoumise kann zur Zeit von der Unzufriedenheit der Franzosen profitieren.
In den letzten Wochen gab es landesweit Demonstrationen und Proteste gegen Macron und seine Regierung. Die soziale Schieflage ist nicht mehr zu übersehen. Den zahlreichen Kürzungen im Sozialbereich stehen niedrigere Steuersätze für Unternehmen und eine Minderung der Vermögenssteuer gegenüber, die Arbeitslosigkeit stagniert auf hohem Niveau.
Quelle: Ossietzky - Auch in Belgien
Nicht nur in Frankreich, auch in Belgien demonstrieren seit mehr als einer Woche die »Gelben Westen« gegen die rasant gestiegenen Brennstoffpreise. Die Aktionen konzentrierten sich bislang auf die französischsprachige Wallonie, doch auf Facebook kündigten Aktivisten nun an, den Protest auch auf Flandern ausweiten zu wollen, wie VRT Nieuws am Montag berichtete. »Wo wir aktiv werden, halten wir noch geheim«, sagte Marko Kleijn am Montag der Onlineausgabe der Tageszeitung Het Belang van Limburg. Der Niederländer, der seit zehn Jahren in Genk wohnt und arbeitet, ist Administrator einer geschlossenen Facebook-Gruppe, zu der angeblich rund 5.000 Follower gehören. »Diese Gruppe ist dazu da, bald Belgien stillzulegen, bis die Verbrauchssteuern auf Brennstoff anständig nach unten gehen«, droht Kleijn. Aber er betont: »Wir wollen die Politiker treffen, nicht die Bürger.«
Bislang stoßen die »Gelben Westen« in Flandern allerdings auf deutlich weniger Widerhall als in der Wallonie, wo der Funke aus Frankreich rasch übersprang. Das liegt vor allem daran, dass die soziale Not im niederländischsprachigen Landesteil geringer ist als bei den französischsprachigen Nachbarn. Zwar sind die Spritpreise gleich hoch, aber die Flamen verdienen im Schnitt besser. Außerdem sind die Wallonen dringender aufs Auto angewiesen, weil der öffentliche Nahverkehr schlechter ist. »In der Wallonie wohnen die Menschen weiter weg von ihrer Arbeit, sie müssen größere Entfernungen zurücklegen«, erklärte Maarten Matienko vom flämischen Automobilklub VAB am vergangenen Donnerstag bei VRT Nieuws. Hinzu kommt: Belgien ist die europäische Hochburg des Dieselautos, und der Preis für Diesel ist noch mehr gestiegen als der für Benzin.
So haben die Wallonen schon fast zwei Wochen Aufruhr hinter sich. Immer wieder wurden Autobahnen blockiert, was zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei führte. Weil die »Gelben Westen« zehn Tage lang mehrere Brennstoffdepots belagerten, wurden an manchen Tankstellen Benzin und Diesel knapp. Seit Montag können die Autofahrer aber erst einmal aufatmen: Die Barrikaden sind verschwunden, der Nachschub fließt wieder. »Wir ruhen uns ein paar Tage aus und kehren dann irgendwo anders stärker zurück«, warnte allerdings am Montag ein Sprecher der »Gelben Westen« in Wierden.
Quelle: junge Welt
- Paris versinkt im puren Chaos: “Gelbwesten” bringen Wut der Bürger auf die Straßen
- Krim
- Poroschenko verhängt Kriegsrecht – was über den Erlass bekannt ist
Der ukrainische Präsident reagiert auf den Zwischenfall im Asowschen Meer mit einem Kriegserlass. Doch der muss erst durchs Parlament – die Hintergründe. […]
Das ukrainische Gesetz zur Verhängung des Kriegsrechts betrifft übrigens auch den Punkt Wahlen. Sie sind in solch einem Fall nicht möglich – auch nicht die Vorbereitungen dazu.
Am 31. Dezember soll eigentlich die Vorwahlphase für die Präsidentschaftswahlen beginnen, die für den 31. März geplant sind. Diese müssten dann verschoben werden. Poroschenkos Zustimmungswerte waren zuletzt schlecht.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung Jens Berger: In den letzten beiden Umfragen lag Poroschenko bei 10,3% bzw. 9,2% klar hinter der „Gasprinzessin“ Julija Tymoschenko und dem Schauspieler Wolodymyr Selenskyj, der absurderweise ansonsten den ukrainischen Präsidenten in einer Fernsehserie mimt. Kopf an Kopf mit Poroschenko auf den Plätzen drei bis sieben befinden sich übrigens noch der ehemalige Verteidigungsminister Hryzenko, der ehemalige Vize-Premier Boiko und der Sänger Wakartschuk. Eine Aussetzung und Verschiebung der Wahlen kommt ihm daher natürlich sehr gelegen. Honi soit qui mal y pense.
- Gezielte Provokation
Zwischen der Ukraine und Russland drohen jetzt auch massive Spannungen im Schwarzen Meer. Dies sei letztlich keine Überraschung, kommentiert Florian Kellermann. Denn Russland setze weiterhin mit allen Mitteln auf eine Destabilisierung der Ukraine, um das Land von seinem prowestlichen Kurs abzubringen.
Über Monate hat sich angedeutet, dass sich die Lage im Schwarzen und Asowschen Meer zuspitzt. Denn Russland nutzt die Annexion der Krim vor knapp vier Jahren immer schamloser aus – wirtschaftlich, politisch und militärisch.
Unter anderem durch seine Kontrolle über die Zufahrt aus dem Schwarzen ins Asowsche Meer. Moskau schikaniert ukrainische Frachtschiffe mit Kontrollen und würgt so die Wirtschaft der ukrainischen Hafenstädte Mariupol und Berdjansk ab. Das Ziel ist dasselbe wie beim Krieg im Donezbecken: Das Nachbarland soll destabilisiert werden. In der Hoffnung, geschwächt werde es von seinem pro-westlichen Kurs abrücken und in die Arme Moskaus zurückkehren.
Quelle: DeutschlandfunkAnmerkung JK: Dieser Kommentar gewährt wieder tiefe Einblicke in die Haltung deutscher „Qualitätsjournalisten“.
- Botschaft
- Poroschenko verhängt Kriegsrecht – was über den Erlass bekannt ist
- Kritik an “desaströser Situation” – SPD-Abgeordneter Bülow tritt aus Partei aus
Der SPD-Abgeordnete Marco Bülow gilt als Kritiker von Parteichefin Andrea Nahles. Nun verlässt er die Partei. Dem Bundestag will er aber weiter als fraktionsloser Abgeordneter angehören. […]
Bülow kritisiert seit Monaten die SPD und den Kurs von Parteichefin Andrea Nahles. Er gilt als entschiedener Gegner der Großen Koalition. Vor wenigen Monaten schloss er sich der “Aufstehen”-Bewegung von Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht an.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung Jens Berger: Diese Entscheidung ist natürlich konsequent, aber doch bedauerlich, verliert die SPD so doch einen der ganz wenigen kritischen Bundespolitiker.
- Interview: Dagdelen (LINKE) kritisiert Migrationspakt und „Angstkampagne”
Der Pakt benennt in keiner Weise die Ursachen der Migration. Ich finde es falsch, dass die Migration im Text als „Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung“ dargestellt wird – und dass diese Auswirkungen angeblich durch eine besser gesteuerte Migrationspolitik optimiert werden können. Das Gegenteil ist der Fall. (…) Migration ist Ausdruck von globaler Ungleichheit, eine Folge von unterschiedlichen Entwicklungen und der Kluft zwischen Arm und Reich. Das war auch die Kritik der afrikanischen Länder, die vehement eingefordert haben, dass die Ursachen der Migration bekämpft werden müssen. Ihre Forderung nach umfangreichen Investitionen zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Herkunftsländern ist angesichts der sozialen Verwerfungen als eine der Ursachen für Migration absolut richtig. Vertreter der afrikanischen Staaten haben in New York erklärt, was auch ich bei diesen Konferenzen immer betont habe: Man muss auch ein Recht auf Nicht-Migration haben.
Quelle: Sevim Dagdelen - Das hat Merz nicht verdient
Es mangelt in der Aufregung um Friedrich Merz’ Gehalt eindeutig an Empathie: für Friedrich Merz. Der Mensch vergleicht sich ja mit denen, die ihn umgeben. Und hat jemand mal darüber nachgedacht, was es heißt, auf der Arbeit ständig mit Leuten zu tun zu haben, die teils im Monat mit mehreren Millionen nach Hause gehen? Bei Blackrock, wo Merz auch arbeitet, verdient der Chef ja knappe 30 Millionen im Jahr. Und wenn man selber auf Nachfragen antworten muss, dass man “jedenfalls nicht weniger” als eine Million nach Hause schafft?
Eben, da fühlt man sich erbärmlich. Bestenfalls wie gehobene Mittelschicht.
Womit wir bei einem tieferen Problem wären. In den vergangenen Tagen ist viel darüber nachgedacht worden, wie schlecht es für einen Politiker ist, so viel Geld zu haben. Und ob das jetzt eine typisch deutsche Neiddebatte ist oder nicht.
Viel wichtiger könnte eine andere Frage sein: Wie der völlig normale Friedrich Merz in so relativ kurzer Zeit legal so reich geworden ist. Und wie verdient (oder wirtschaftlich erfolgreich) so etwas ist.
Die Antwort könnte spiegeln, was in den Jahrzehnten der Finanzglobalisierung schiefgelaufen ist – in der ein zunehmend absurder Teil der vermeintlichen Wertschöpfung darauf beruhte, gar nichts wirklich sinnvolles zu produzieren, sondern mit dem Geld zu hantieren, das andere erwirtschaftet haben.
Dann müsste hier womöglich dringend korrigiert werden, um die Spaltung unserer Gesellschaft zu stoppen, wie das erklärtermaßen auch Friedrich Merz möchte. Nur dass dann nicht sicher ist, ob er dafür der brennendste Kandidat wäre.
Quelle: SPON - Die Türklinkentheorie als Schwachstelle im Skripal-Fall
Um gängige Theorien zu aktuellen Ereignissen zu widerlegen, werden oft Spezialkenntnisse benötigt und müssen Fakten geprüft werden. Im Skripal-Fall reicht kriminalistischer Spürsinn
Die Vergiftung der Skripals ist nicht das erste Ereignis mit enormen politischen Implikationen, dessen offizielle Version erhebliche Schwachstellen aufweist. Die Medien hätten als “vierte Gewalt” den Auftrag, diese aufzudecken. Anstatt aber offizielle Narrative kritisch zu hinterfragen, betrachten es Vertreter des Mainstream als ihre Aufgabe, zu deren Verbreitung beizutragen. Währenddessen werden abweichende Positionen und ihre Anhänger in Nischen gedrängt und verunglimpft. Die Regie erfolgt jeweils nach dem gleichen Drehbuch:
Auswahl geeignet erscheinender Fakten, ergänzt durch zweckdienliche Vermutungen und Interpretationen
Schuldzuweisung und Konstruktion eines Bedrohungsszenariums
Forderung nach Bestrafung der Schuldigen durch Ächtung, Sanktionen und Militärschläge
Verschweigen und Unterdrückung von unbequemen Fakten und Widersprüchen partielle Akzeptanz von Einwänden sowie das Eingeständnis, dass auch andere Deutungen der Ereignisse möglich seien.
Der Eintritt in die letzte Phase geschieht meist nach einem längeren Zeitintervall, oftmals erst Jahrzehnte später unter der Ägide von Historikern. Das öffentliche Interesse ist dann meist abgeebbt, eine Thematisierung durch die Medien erscheint nicht mehr opportun. Der Schuldspruch wurde frühzeitig gefällt und hat sich tief im Bewusstsein der Medienkonsumenten wie auch der Redakteure festgesetzt. Eine Revision würde ein erhebliches Stück Arbeit bedeuten, wenn sie überhaupt gewollt wäre.
Die Kritik an offiziellen Theorien fokussiert sich auf deren Schwachpunkte. Um diese zu identifizieren und qualifizierte Gegenargumente vorzubringen, wird häufig ein spezielles Fachwissen verlangt. In manchen Fällen muss die Möglichkeit bestehen, Fakten zu überprüfen. Da dem Normalbürger diese Voraussetzungen fehlen und er ebenso wenig bereit ist, einer kritischen Minorität zu vertrauen, setzen sich alternative Sichtweisen allgemein nicht durch. Dieses Problem soll im Folgenden anhand von vier Ereignissen dieses Jahrhunderts illustriert werden, bevor auf die Andersartigkeit des Skripal-Falls eingegangen wird.
Quelle: Telepolis - EU ebnet Weg für Verkauf der HSH-Bank an private Investoren
Die EU-Kommission gibt grünes Licht für den Verkauf der HSH Nordbank durch die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein an private Investoren.
Damit kann das Institut als erste deutsche Landesbank privatisiert werden. Das Verfahren sei ohne weitere Staatshilfe mit einem positiven Kaufpreis über die Bühne gegangen und werde deshalb genehmigt, teilte die Brüsseler Behörde am Montag mit. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sprach von einer tragfähigen Lösung. “Auf der Grundlage des Geschäftsplans des neuen privaten Eigentümers kann die HSH zu einem rentablen Marktteilnehmer werden.” Hamburg und Schleswig-Holstein mussten ihre Landesbank bis zum 28. Februar auf Druck der EU verkaufen. Investoren um Cerberus und J.C. Flowers bekamen für rund eine Milliarde Euro den Zuschlag.
Quelle: ReutersAnmerkung Jens Berger: Die „guten“ Teile der HSH Nordbank wurden also nun an private Investoren verscherbelt und die „schlechten“ Teile, inklusive der kompletten Schulden, bleiben beim Staat. Toll! Wäre Olaf Scholz nicht schon Finanzminister, könnte man sagen, er hat sich nun endgültig für höhere Ämter qualifziert.
Lesen Sie dazu auch auf den NachDenkSeiten: “Teile der HSH Nordbank werden privatisiert, ihre Schulden werden sozialisiert und niemand stellt die Frage nach den Verantwortlichen“.
- Opfer der Wohnungspolitik
Dass die Unterbringung Obdachloser kein Gnadenakt ist, sondern eine gesetzliche Pflicht der Kommunen, betonte Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW), am Montag gegenüber jW. Jeder »unfreiwillig wohnungslose Mensch« habe Anrecht auf eine ordnungsrechtliche Unterbringung durch die Kommune, in der er sich aufhalte. Das gelte auch für Obdachlose aus osteuropäischen Ländern wie Polen oder Rumänien. Nach den letzten Schätzungen der BAGW stieg die Zahl der Obdachlosen in der BRD allein von 2014 bis 2016 von 39.000 auf 52.000, die Zahl der Wohnungslosen in derselben Zeit um 150 Prozent auf rund 860.000. Grund für diesen Anstieg ist vor allem die desaströse Lage auf dem Wohnungsmarkt.
Das Leben auf der Straße sei »schon immer schlimm« gewesen, so Rosenke, die Zahl der Kältetoten schwanke: »Wir hatten Winter, da waren es fünf, und welche, da waren es 15.« Die Kommunen müssten einen am Bedarf ausgerichteten Bestand »menschenwürdiger, möglichst dezentraler Unterbringungsmöglichkeiten« bereitstellen. Dazu gehörten auch Übernachtungsplätze für Obdachlose mit Hund. Viele schliefen nur deshalb auf der Straße, weil sie ihren Hund nicht mitnehmen dürften.
In Berlin haben sich die Behörden nach einem Streit im Senat über die Öffnung von U-Bahnhöfen für Obdachlose auf ein Konzept geeinigt. Die U-Bahnhöfe Moritzplatz (Linie U 8) und Lichtenberg (U 5) sollen als »Kältebahnhöfe« nachts geöffnet bleiben, wie Regina Kneiding, Sprecherin der Berliner Sozialbehörde am Montag gegenüber jW bestätigte. »Wir haben mit 1.200 Übernachtungsplätzen in der Kältehilfe so viele wie nie. Aber es gibt immer Obdachlose, die diese Angebote nicht annehmen«, so Kneiding.
Quelle: junge Welt - Hartz IV
- Abschied von Hartz IV?
Sowohl die SPD Vorsitzende Andrea Nahles als auch der Vorsitzende der Bundesgrünen verkünden, Hartz IV „hinter sich lassen“ zu wollen. Sind ihre Vorschläge als ein Bruch mit der Logik der Agenda-Politik zu interpretieren?
Seit den Diskussionen über die Entscheidung der Essener Lebensmitteltafel, ab Januar 2018 vorübergehend keine Berechtigungskarten mehr für ausländische „Neukunden“ auszustellen, der anschließenden Interviewäußerung des neuen Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU), wonach der Bezug von Arbeitslosengeld II keine Armut bedeutet, sondern „die Antwort unserer Solidargemeinschaft“ darauf sei, der Feststellung von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), dass Hartz IV keine Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden habe und am besten durch ein „Solidarisches Grundeinkommen“ ergänzt würde, sowie der Ankündigung von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD), mit Lohnkostenzuschüssen mehr Langzeiterwerbslose in Arbeit zu bringen, ist Hartz IV aus einem Tabuthema wieder zu einem Topthema der (Medien-)Öffentlichkeit geworden. (…)
Habecks Konzept wirkt sehr viel ambitionierter und reicht einerseits so weit, dass die Grenzen zum bedingungslosen Grundeinkommen fast verschwimmen; andererseits wird der materielle Kern von Hartz IV – die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe – ebenso wenig problematisiert wie von Nahles. Gleichwohl enthalten die arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Konzepte der beiden Parteien wichtige Verbesserungen. Begründet wird deren Notwendigkeit damit, dass Hartz IV nicht mehr zeitgemäß sei und sich die Rahmenbedingungen seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2005 (etwa durch die gesunkene Arbeitslosenzahl und den Fachkräftemangel) wesentlich geändert hätten.
Selbstkritik sieht jedoch anders aus: Wer sich glaubwürdig von den sogenannten Hartz-Gesetzen und Gerhard Schröders „Agenda 2010“ distanziert, muss sie als gravierenden Fehler benennen und bekennen, dass diese Politik schon damals falsch war.
Quelle: Christoph Butterwegge in Makroskop - Hartz IV überwinden heißt Hartz IV abschaffen
Wer eine wirkliche Kehrtwende in der Sozialpolitik will, muss auch sagen, wie sie umgesetzt werden soll. Jedenfalls nicht mit der Union, sagt Hilde Mattheis
Es ist höchste Zeit, dass die Debatte zur »Überwindung von Hartz IV« nicht nur von denen geführt wird, die schon immer die Korrektur gefordert haben. Daher ist zu begrüßen, dass die Spitze der SPD anmahnt, dass »viele Menschen das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung« erfahren und Vorschläge machen um Abstieg zu verhindern und Aufstieg zu ermöglichen.
Niemand aber sollte eine solche Abkehr von Hartz IV als vorrangig taktische Notwendigkeit sehen, sondern mit der Überzeugung, dass unser Sozialstaat wieder verlässlich wird und bei Bedarf Solidarität und kollektive Absicherung garantiert. Denn Hartz IV ist das Symbol für gesellschaftlichen Abstieg, Angst, soziale Kälte, Scham und Entwürdigung. Viele ALG II-EmpfängerInnen, oftmals Menschen, die hart gearbeitet und wenig angespart haben, fühlen sich durch dieses System in ihrer Würde verletzt. Das schreiben sie zurecht vor allem der SPD zu. Zwar hatten auch die Grünen, die Union und die FDP die Reformen aus voller Überzeugung mitgetragen, aber die SPD galt bis dahin als Schutzmacht gegen soziale Ungerechtigkeit. Stattdessen aber reihte sich die Sozialdemokratie ein in die Claqueure neoliberalen Gedankenguts.
Wir müssen die Fehler der Vergangenheit eingestehen und klar benennen. Es gehört dazu, sich bei jenen Menschen zu entschuldigen, die wir mit dem sozialen Kahlschlag der Hartz-Reformen auf die Abwärtstreppe gestoßen haben, auf der sie kaum wieder hochkommen.
Der Sozialstaat muss klare Grundsätze verkörpern: Der Staat muss seine Bürger*innen schützen und sich um sie kümmern. Soziale Sicherheit heißt nicht Kampf gegeneinander, sondern ein solidarisches Miteinander. Profitinteressen haben in den Bereichen der sozialen Sicherheit wie Rente, Pflege, Gesundheit und Bildung nichts zu suchen. Sozialpolitik setzt gerechte Verteilung und die Orientierung am Gemeinwohl voraus.
Neben der Erhöhung des Mindestlohnes, der massiven Einschränkung der Leih- und Zeitarbeit und der Werksverträge muss die Reform des Arbeitslosengeldes I und II folgende Punkte beinhalten: Erhöhung und Koppelung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I an die Zeit der Beschäftigung und das Alter. Der Zugang zur Arbeitslosenversicherung muss wieder erleichtert werden. Sanktionen müssen abgeschafft werden. Niemand darf gegängelt werden, es müssen vielmehr positive Anreize für Arbeitssuchende gegeben werden. Zusätzlich müssen Regelsätze neu berechnet und angehoben werden, so dass ein Mindestarbeitslosengeld oberhalb des Grundsicherungsniveaus gezahlt wird. Weiterhin müssen die Zuverdienstmöglichkeiten reformiert werden, denn die heute festgelegten Grenzen bedeuten für viele Menschen krasse Einschnitte. Ein Zuverdienst lohnt sich häufig schlichtweg nicht. Gleichsam müssen die Grenzen für einzubehaltendes Vermögen erhöht werden, so dass Menschen die jahrzehntelang gearbeitet haben, nicht Angst vor Verlust ihres gesamten Ersparten haben müssen.
Quelle: Hilde Mattheis in neues deutschlandAnmerkung JK: Das erschreckende an der aktuellen Hartz IV Diskussion ist, dass das sich darin manifestierende negative Menschenbild, das Erwerbslosen grundsätzlich unterstellt, sie seien arbeitslos, weil sie nicht arbeiten wollten, oft nicht mehr in Frage gestellt wird. Darin zeigt sich in ebenso erschreckender Weise, wie tief das neoliberale Denken bereits im gesellschaftlichen Bewusstsein verwurzelt ist. Ein wesentliches Element der neoliberalen Ideologie ist eben, dass behauptet wird, in der freien Marktgesellschaft sei Arbeitslosigkeit immer freiwillig, da sich auf dem freien Markt immer ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellt, d.h. wenn jemand einen längeren Zeitraum arbeitslos ist, dann liegt das daran, dass er nicht bereit ist den Preis seiner Ware, also die seiner Arbeitskraft, soweit zu senken, bis sie wieder nachgefragt wird. Dass dieser Preis eine natürliche Schranke aufweist, die in den Aufwendungen für den Erhalt der Arbeitskraft liegt, interessiert Neoliberale dabei herzlich wenig.
Ergänzende Anmerkung Jens Berger: Streng genommen argumentieren die „Neoliberalen“ (präziser: „Neoklassiker“) sogar noch nicht einmal mit dem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, sondern anhand des „Gossenschen Gesetzes“, dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens, und der sogenannten „Opportunitätskosten“ für Freizeit, die dann anhand einer sehr wissenschaftlich aussehenden „Lohn-Freizeit-Kurve“ dargestellt werden. Wer nicht arbeitet, bewertet demnach den Wert für Freizeit subjektiv als „homo oeconomicus“ höher als den Nutzen, den er aus Arbeit zieht, und ist daher natürlich verantwortlich für seine Situation. Wer sich mal einen Eindruck in die Weltfremdheit der ökonomischen Lehre machen will, kann ja mal einen Blick in ein typisches Mikroökonomie-Skript werfen, das genau in dieser Form auch heute noch an deutschen Universitäten unterrichtet wird.
- Abschied von Hartz IV?
- Eine halbe Million Minijobber mehr?
Geringes Einkommen, wenig soziale Sicherheit, schlechte Zukunftsaussichten – das bedeuten Minijobs für die Betroffenen. Deutschland braucht nicht noch mehr geringfügige Beschäftigung, sondern mehr reguläre Arbeitsplätze. Doch die FDP hat jetzt Pläne vorgelegt, die eine halbe Million Menschen zusätzlich zu Minijobberinnen und Minijobbern machen würden.
Über den entsprechenden Gesetzentwurf der FDP berät heute der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags. Die Liberalen schlagen vor, die Einkommensgrenze für die sogenannten Minijobs zu dynamisieren und an die Entwicklung des Mindestlohnes zu koppeln. Im Klartext: Die Einkommensgrenze von 450 Euro für Minijobs soll nach und nach erhöht werden. Das würde immer mehr Menschen zu Minijobbern machen, die heute mehr als 450 Euro pro Monat verdienen und damit noch über der Minijobgrenze liegen.
“Das Vorhaben der FDP würde rund 500.000 mehr Menschen zu Minijobbern machen”, sagt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Damit rücke das Ziel, das inländische Potenzial an Fachkräften zu aktivieren, Armut zu vermeiden und Teilhabe zu ermöglichen in weite Ferne. Der Wechsel von Minijobs “in gute Arbeit mit den Vorteilen der Sozialversicherung gelingt nur in den seltensten Fällen”, so Buntenbach. Folgen seien finanzielle Abhängigkeit, Erwerbsarmut und niedrige Renten.
Quelle: DGB - Wirtschaftsverbände wollen sich wichtigmachen
Wie groß ist der oft beschworene Fachkräftemangel wirklich? DIW-Experte Karl Brenke sagt im Interview: Die Zahlen würden insgesamt größer gemacht, als sie tatsächlich seien. Aber an manchen Stellen fehle es in Berlin und Brandenburg wirklich an Fachkräften.
rbb|24: Herr Brenke, was ist überhaupt eine Fachkraft?
Karl Brenke: Eine Fachkraft ist jemand mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Dazu kommen in den meisten Berufen soziale und kommunikative Fähigkeiten. Nehmen Sie die Pflege: Da kann man nicht jeden einstellen. Die Altenpfleger müssen natürlich auch auf die Alten eingehen können, also ein gewisses soziales Verständnis mitbringen.
Leiden wir unter Fachkräftemangel?
Niemand behauptet ernsthaft, dass es einen flächendeckenden Fachkräftemangel in Deutschland gibt. Das würde ich auch für Berlin und Brandenburg verneinen. Natürlich gibt es Engpässe, aber die unterscheiden sich nach Berufen und Regionen. Einen Fachkräftemangel haben wir zum Beispiel in der Pflege oder bei den Lehrern.
Aber die Wirtschaftsverbände sprechen doch von Millionen unbesetzten Stellen in ganz Deutschland …
Die Zahlen werden größer gemacht, als sie sind. Es gibt genügend Leute für die offenen Stellen. Diese Diskussion über den Fachkräftemangel hat das Problem, dass sie so tut, als wäre eine Mauer um Deutschland herum. Es gibt einen offenen europäischen Arbeitsmarkt – ich kann jederzeit Arbeitskräfte aus den Nachbarstaaten holen. Ich jedenfalls habe noch nie gesehen, dass die Ladenöffnungszeiten reduziert wurden, weil die Arbeitskräfte fehlen. In der Bauwirtschaft zum Beispiel hat man den drohenden Engpass gut aufgefangen, indem man Arbeitskräfte aus anderen EU-Ländern geholt hat. Hier hat man jetzt das Phänomen, dass trotz dieses Booms die Lohnstückkosten sinken.
Warum schlagen die Wirtschaftsverbände dann Alarm?
Die wollen sich wichtigmachen – und sie müssen natürlich ihre Existenzberechtigung nachweisen. Das machen sie durch solche Studien. Natürlich versucht man auch, die Politik dazu zu animieren, dass sie die Grenzen öffnet: Wenn das Arbeitskräfteangebot steigt, bleiben die Arbeitskräfte billig.
Quelle: RBBAnmerkung JK: Wiederum die Bestätigung, dass durch verstärkte Migration negativ Lohneffekte eintreten.
- So groß ist die Krise im Fernverkehr wirklich
Exklusive Recherchen von Kontraste zeigen das wahre Ausmaß der Krise bei der Deutschen Bahn: nur einer von fünf ICE-Zügen fährt ohne Mängel durch das Land, es fehlen der Bahn akut mehrere Tausend Mitarbeiter, gleichzeitig ist die Pünktlichkeit im Fernverkehr auf einem dramatischen Tiefstand und für dringend notwendige Investitionen in das Schienennetz fehlen viele Milliarden Euro. Zugbegleiter und Fahrgäste berichten bei Kontraste vom täglichen Chaos im Fernverkehr und Kontraste-Reporter erklären, was hinter den geänderten Wagenreihungen, Zugausfällen und Dauerverspätungen steckt.
Claus Weselsky, Gewerkschaft der Lokführer (GdL): “Wir haben es damit zu tun, dass ein System, das über Jahrzehnte auf Sparen getrimmt worden ist und nunmehr kollabiert. Wir haben heute zu wenig Schlosser. Wir haben zu wenig Wagenmeister. Wir rationalisieren Bordtechniker weg. Wir haben zu wenig Lokführer und zu wenig Zugbegleiter.”
Den Ernst der Lage erkennt offenbar auch die jetzige DB-Konzernleitung, Jedenfalls intern. Für Lokführer, Zugbegleiter oder Instandhalter aus dem sogenannten betriebskritischen Bereich waren laut internen Unterlagen ursprünglich im Budget 2018 nur 13.400 Mitarbeiter eingeplant – tatsächlich notwendig, so heißt es jetzt, sind aber 24.300. Macht 10.900 Mitarbeiter mehr.
Zu wenig Personal – und ein überlastetes Schienennetz, oft an der Kapazitätsgrenze – etwa, wenn der ICE ewig braucht, um in den Kölner Hauptbahnhof einfahren zu dürfen.
Quelle: RBBAnmerkung JK: Wer da nur etwas an der Oberfläche kratzt findet die bereits bekannten Ursachen für den katastrophalen Zustand der Deutschen Bahn. Als erstes muss wieder einmal die Verantwortungslosigkeit der handelnden politischen Akteure genannt werden – die Deutsche Bahn AG befindet sich zu 100 % im Besitz des Bundes – deren Basis das unreflektierte Nachbeten der neoliberalen Ideologie ist. Der Verfall der Bahninfrastruktur und der Ausrüstung findet seine Ursache auch in der Wahnidee der schwarzen Null, deren Idiotie sich hier unübersehbar manifestiert. Was hat man real gewonnen, wenn die Schäden durch die Austeritätspolitik, am Ende alles weit übertreffen was am Anfang „gespart“ wurde?
Hier zeigt sich zudem die Austeritätspolitik als wichtiges Element zur Durchsetzung der neoliberalen Agenda. Denn natürlich soll sich die Bahn als marktorientiertes Unternehmen aufstellen und sich nicht auf öffentliche Mittel verlassen, sondern entsprechende Profite erzielen. Auch das heißt alle „unnötigen“ Ausgaben kürzen um die Bilanz glänzen zulassen. Die Liste der Versäumnisse und Fehlentscheidungen lässt sich fast endlos forstsetzen, von Irrsinnsprojekten wie Stuttgart 21, die dass Geld kosten, dass für Ausrüstung und Infrastruktur bitter nötig wäre über die Idee, die Bahn als globalen Logistik- und Transportdienstleister zu positionieren, wobei sich die Frage stellt was die Bürger in Deutschland davon haben, bis zur alleinigen Fokussierung auf den teuren Ausbau prestigeträchtiger Hochgeschwindigkeitsstrecken.
Und wieder einmal zeigen andere Länder wie es besser geht. In diesem Fall die Schweiz mit einem der besten Bahnsysteme Europas. Letztendlich manifestiert sich im Zustand der Deutschen Bahn das völlige scheitern der deutschen Verkehrspolitik und damit auch die völlige Verrottung des politischen Systems in Deutschland in dem die Interessen des demokratischen Souveräns keine Rolle mehr spielen.
dazu: Wenn der Zug plötzlich ganz woanders lang fährt
Die Bahn und ihre Tücken in Baden-Württemberg: Abseits des Großprojekts “Stuttgart 21” rumpeln die Züge zwischen Schwaben und Baden eher unzulänglich daher.
Bahnkunden, vor allem Bahn-Pendler sind genervt. Die Politik, namentlich Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann, lässt derweil nichts unversucht, um die Situation im Südwesten zu entspannen. Er setzt einen Chaosmanager ein. Der externe Bahnexperte analysiert einige Wochen die Situation auf den Problemstrecken und lässt zusätzliche Züge einsetzen. Kurzzeitig entspannt sich die Lage.
Der Verkehrsminister zwingt die Verantwortlichen von DB Regio zum wöchentlichen Rapport. „Und ohne dieses Hinterhersein von dem Verkehrsministerium würde es noch sehr viel schlimmer aussehen auf den Strecken der Bahn.“
2017 vereinbaren Land und Bahn einen Aktionsplan. Schäden an Türen und Toiletten, kaputte Lampen werden zu einem vereinbarten Prozentsatz beseitigt. Pendler bekommen eine Entschädigung. Ende 2017 muss die Bahn wegen schlechter Leistungen im Nahverkehr dem Land Baden-Württemberg elf Millionen Euro überweisen. Der Minister betont, er freue sich gar nicht über dieses Geld und kündigt an, die gesamte Summe dafür zu verwenden, dass sich die Zustände im Südwesten verbessern.
Personalmangel und Baustellen
Ist die Lage in Baden-Württemberg besonders schlimm? Wer regelmäßig auf Bus und Bahn im Ländle unterwegs ist, kann diesen Eindruck leicht gewinnen: „Wie es im bundesweiten Vergleich aussieht, kann ich nicht sagen. Uns fällt aber auch schon auf, dass innerhalb von Baden-Württemberg die Qualität extrem unterschiedlich ist. So im Bereich Württemberg ist es eine Katastrophe, Südbaden: Schwarzwaldbahn, Oberrhein, steht im Vergleich dazu wesentlich besser da.“
Stefan Buhl, Landesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn, sitzt im Bahnhofscafé von Radolfzell am Bodensee. Der Druck von Seiten der Politik auf die Bahn habe bislang nicht viel gebracht, sagt der Bahnexperte. Ein ganzes Bündel von Problemen sei für die Misere verantwortlich:
„Es liegt auch nicht daran, dass die DB nicht will. Und man hat den Eindruck, sobald die DB ein Problem einigermaßen im Griff hat, dann taucht dann schon wieder woanders ein anderes Problem auf, das nachhaltige Lösungen verhindert.“ Personalmangel, Materialverschleiß und vor allem Baustellen, das sind die Hauptprobleme der Bahn.
Quelle: Deutschlandfunk Kultur - Das sind Deutschlands größte Vermieter
Die Revolution im Wohnungsmarkt hatte eine sperrige Überschrift: “Artikel 21 – Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt” – so hieß es 1988 im Bundesgesetzblatt. Erst die Abschaffung der Gemeinnützigkeit ermöglichte neue Immobilienkonzerne wie Vonovia, Deutsche Wohnen oder LEG Immobilien. Die Maßnahme war damals heftig umstritten, und sie ist es heute noch: Für die einen hat die Politik damit die Mieter der Profitgier von Konzernen ausgesetzt, für die anderen war es der dringend nötige Schritt zu mehr Effizienz in der Wohnungswirtschaft.
Deutschlands größter Vermieter ist Vonovia, etwa 346.000 Wohnungen besitzt der Konzern über die Bundesrepublik verteilt. Vonovia ist der einzige Immobilienkonzern im deutschen Leitindex Dax (lesen Sie hier mehr zu Vonovia). Lokaler aufgestellt, aber ebenfalls an der Börse gehandelt, sind Deutsche Wohnen und LEG Immobilien. Erstere hält den Großteil ihrer gut 160.000 Wohnungen in Berlin, LEG ist mit etwa 130.000 Einheiten in Nordrhein-Westfalen aktiv. […]
Laut einer Studie für das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) waren vier Vorbedingungen nötig, um Investoren in den deutschen Immobilienmarkt zu holen:- Erstens, die oben zitierte Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Bis 1990 mussten viele Wohnungsunternehmen wegen der Gemeinnützigkeit bestimmte Steuern nicht zahlen, dafür waren sie bei Miete und Gewinn stark eingeschränkt. Die Unternehmen gehörten entweder dem Staat (meist den Kommunen) oder großen Firmen, die Werkswohnungen für ihre Mitarbeiter errichtet hatten. Bekannt sind etwa die sogenannten Eisenbahnerwohnungen, die einst die Bundesbahn baute. Erst das Ende der Gemeinnützigkeit hob die Gewinnschranken auf und machte Hunderttausende Wohnungen für Investoren attraktiv. Dazu kam, dass von 2002 an Unternehmen steuerfrei gehandelt werden konnten, was große Käufe billiger machte.
- Zweitens wollten eben jene Kommunen und Konzerne ihre Wohnungen loswerden. Klamme öffentliche Haushalte, geringe Rendite und anstehende teure Sanierungen waren die Hauptgründe, dazu kam der allgemeine Privatisierungstrend der Neunziger- und Nullerjahre.
- Drittens geriet der deutsche Wohnungsmarkt in den Fokus ausländischer Investoren, die auf steigende Immobilienpreise spekulierten.
- Viertens wurde es über Fonds und Aktiengesellschaften leichter, in Immobilien zu investieren, als diese direkt zu kaufen.
Quelle: SPON
- Das System versagt – und bringt Patienten in Gefahr
Bei der Zulassung, Sicherheit und Kontrolle von Medizinprodukten liegt ein Multiorganversagen vor. Politik und Kontrollbehörden unternehmen nichts, für Patienten ist diese Lethargie lebensgefährlich. Wo bleibt der Aufschrei?
Aus Hüftprothesen lösen sich toxische Metall-Ionen. Herzschrittmacher geben lebensgefährliche Stromstöße ab. Brustimplantate reißen. Fehlkonstruktionen und Defekte von Medizinprodukten füllen lange Listen. Die Fülle der Beispiele liest sich, als ob sie der Regisseur eines Splattermovies für seinen nächsten Horrorfilm ersonnen hätte oder ein sadistisches Ärzteteam darauf aus wäre, Patienten zu quälen, anstatt ihnen zu helfen.
Die Ergebnisse der Langzeit-Recherche Implant Files entspringen jedoch weder einer blutrünstigen Fantasie, noch legen sie das Werk skrupelloser Einzeltäter offen. Vielmehr zeigen sich hier Fehler und Versäumnisse auf ganzer Linie – von Ärzten, Funktionären, Zulassungs- und Kontrollbehörden sowie der Politik. Sich in der Skandalisierung auf eine Klinik, ein Unternehmen oder eine Behörde einzuschießen, würde den Blick auf die Mängel in allen beteiligten Strukturen und Institutionen trüben. Der Fehler liegt im System.
Quelle: Süddeutsche Zeitung - Kik wehrt sich gegen Schmerzensgeld für Karatschi-Opfer
Mehr als sechs Jahre nach einem tödlichen Feuer in einer pakistanischen Textilfabrik mit 256 Opfern beginnt die rechtliche Aufarbeitung in Deutschland. Das Landgericht Dortmund hat für den kommenden Donnerstag den ersten Verhandlungstag in einem Verfahren festgesetzt, in dem vier Betroffene Klagen auf jeweils 30.000 Euro Schmerzensgeld gegen den Textildiscounter Kik durchsetzen wollen. Die Kläger werden von den Menschenrechtsorganisationen Medico und ECCHR (European Center für Constitutional and Human Rights) unterstützt.
Erstmals soll damit ein deutsches Unternehmen in Haftung für Sicherheitsmängel bei ausländischen Lieferanten genommen werden. Gleichzeitig zeigt das Verfahren schon vor seinem Beginn die Grenzen der Wahrheitsfindung in einem komplexen Fall auf, in dem unterschiedliche politische Kulturen, Wirtschaftsstrukturen und Rechtssysteme aufeinander stoßen. Beide Seiten halten es für wahrscheinlich, dass die Klage wegen Verjährung abgewiesen wird, so dass es möglicherweise erst gar nicht zu einer Klärung der Faktenlage kommt.
Eine Schwierigkeit besteht darin, dass das Verfahren in Dortmund nach pakistanischem Recht abgewickelt wird. Dies hatte das Landgericht aufgrund internationaler Vereinbarungen im Vorfeld so entschieden. Die deutschen Richter würden sich wohl an dem Gutachten eines britischen Sachverständigen orientieren, nach dessen Expertise die Verjährung bereits am 12. September 2014 eingetreten sei, sagte Kik-Rechtsanwalt Gunther Lehleiter in Düsseldorf. Dies sei „vermutlich zutreffend“, erklärte Thomas Seibert, Menschenrechtsreferent von Medico, gegenüber WELT. Berufung werde man in diesem Fall wohl nicht einlegen, so Seibert.
Während Kik den Organisationen vorwirft, „die Betroffenen von Anfang an in ein aussichtsloses juristisches Abenteuer getrieben“ zu haben, verteidigte Seibert den Gang vors Gericht. Das Verfahren lenke die Aufmerksamkeit auf die Forderung der Organisationen, wonach es statt individueller Prozesse gegen einzelne Unternehmen Gesetze geben müsse, die Abnehmer von Bekleidung zur Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten über die gesamte Lieferkette zwingen und Verstöße sanktionieren würden.
Quelle: Welt - Die Mär von der Chancengleichheit
Nachrichten über einen »sozialen Rechtsstaat«: In der Rangliste der Bildungsgerechtigkeit belegt dieses reiche Land Platz 23 von 41 untersuchten Staaten (UNICEF). Die soziale Herkunft entscheidet in kaum einem anderen Land so stark über den Bildungsweg (OECD). Jedes fünfte Kind wächst in Armut auf – und seine Benachteiligung bleibt meist lebenslang ein Dauerzustand (Bertelsmann Stiftung). 96 Prozent der Kinder leben in Armut, deren Mutter alleinerziehend und arbeitslos ist (IAB). In den Städten wachsen die Gettos (Wissenschaftszentrum für Sozialforschung).
Der »soziale Rechtsstaat«, aus dem diese Daten stammen, ist Deutschland. UN-Sonderberichterstatter Muñoz mahnte: In Deutschland seien Herkunft und schulische Leistungen eng miteinander verknüpft. Die soziale Ungleichheit spiegele sich in den Bildungschancen wider. Aber die Themen Wohnungsnot und Altersarmut oder die wiederkehrenden Rekordmeldungen über Ungleichheit provozieren keine Empörung oder gar einen Aufstand; an die Ungerechtigkeiten hat man sich seit Jahren, manchmal seit Jahrzehnten gewöhnt, ohne dass sich jemals eine politische Änderung abgezeichnet hätte. Und Wahlen haben auch keine Verbesserung gebracht – was sich in der Wahlbeteiligung der Betroffenen niederschlägt.
Studien zur systematischen Benachteiligung durch Armut und Ungleichheit füllen Bibliotheken – konsequenzlos. Kongresse, kommunale Untersuchungen, selbst regierungsamtliche Kinder- und Jugendberichte haben das soziale Desaster beschrieben, das sich in Krankheiten, seelischen Problemen und manchmal auch Gewalt niederschlägt. Zwar wurden Aktionsprogramme, Leitlinien und Armutsbekämpfungsmaßnahmen verabschiedet. Sie haben manchen Kindern ermöglicht, ein Musikinstrument zu lernen, einen Sportvereinsbeitrag bezahlen zu können oder an einer Freizeit teilzunehmen. An der Gesamtsituation vermochten sie nichts zu bewegen. Denn nur manche belastenden Auswirkungen von Armut und Ungleichheit, nicht aber die Ursachen des Elends werden angegangen.
Quelle: Ossietzky