Massiver Einfluss der Lobby auf Schwarz-Gelb – von wegen Sozialdemokratisierung (Teil II)
Mit der Botschaft, die Union und Frau Merkel seien „sozialdemokratisiert“ wurden bei der letzten Bundestagswahl Stimmen von Menschen eingesammelt, die wünschen, dass es in der Politik sozial zugeht und das Allgemeinwohl im Mittelpunkt steht. Jetzt merken auch die Vertrauensseligsten, wie verlogen diese Parole war: Roland Kochs (CDU) aggressive Kampagne gegen die Unterschicht und gleichzeitig Steuersenkungen für die Spender zu Gunsten der regierenden Partei – das schmeckt nicht nach sozialer Demokratie. Die Süddeutsche Zeitung hat am 20. Januar dokumentiert, dass der Koalitionsvertrag „voller Zugeständnisse an Lobbygruppen“ ist. „Die Steuersubvention für das Hotelgewerbe ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Albrecht Müller.
Wir hatten am 23. Oktober 2009 in einem Teil I („Von wegen Sozialdemokratisierung der Union“) gezeigt, wie unberechtigt diese Parole war und ist. Und wir haben beschrieben, dass dahinter eine Strategie zur Erweiterung des Wählerpotenzials der Union und eine Strategie zur Erweiterung der Koalitionsmöglichkeiten, vor allem zu Gunsten von Schwarz-Grün, stand. Es empfiehlt sich, zumindest die Einführung des dortigen Textes nachzulesen. Dort sind auch professionelle Journalisten und Multiplikatoren zitiert, die dem Glauben von der Sozialdemokratisierung gefolgt waren. So hatte der SZ-Kommentator und herausragende Meinungsführer Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 7. Oktober geschrieben, die CDU habe ihre „Wirtschafts- und Sozialpolitik seit 2005 erfolgreich sozialdemokratisiert“. Cora Stephan fragt im Deutschlandfunk im Blick auf die Koalitionsverhandlungen und die Union: „Rechtsruck?“ und antwortet sich selbst: „Ach was.“ … „Angela Merkel hat die Wahl gewonnen, jene Frau, die es geschafft hat, die Christdemokratische Partei Deutschlands in eine aus tiefstem Herzen sozialdemokratische Kraft umzuformen.“
Vom Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, kamen ähnliche Töne: „Kein Kahlschlag. Armenlobby zählt auf Schwarz-Gelb“ titelte die taz am 16. Oktober. Und weiter: „Der Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes erwartet nicht nur Schlimmes von der künftigen Koalition aus FDP und Union.“
Das war im Oktober 2009. Es wäre interessant, ob diese Einschätzungen heute noch aufrechterhalten werden. Denkbar ist das schon. Aber mit der Realität der praktischen Politik von Schwarz-Gelb hat diese Einschätzung nichts zu tun.
Das belegt einmal mehr die eingangs erwähnte Dokumentation der Süddeutschen Zeitung vom 20.1.2010.. Es lohnt sich, diesen Beitrag von Thorsten Denkler zu lesen und weiter zu verbreiten. Ich zitiere nur einige Ergebnisse und Feststellungen:
- „Die Parteien (gemeint sind Union und FDP) weisen jeden Vorwurf der Käuflichkeit entschieden zurück. Was aber sueddeutsche.de bei einer kritischen Durchsicht des Koalitionsvertrages von CDU und FDP auffällt: Das Werk ist voll von Forderungen, die inhaltlich von Lobbygruppen vorgedacht wurden.“
- Der Autor der Dokumentation belegt dann seine Feststellungen mit Beispielen des Lobby-Einflusses der Arbeitgeberverbände, des Apothekenverbandes ABDA, der Atomlobby, der privaten Busunternehmen, der Finanzindustrie, der Großgrundbesitzer, des Immobilienverbandes Deutschland (IVB), der privaten Krankenversicherer, der Lebensmittelindustrie, des Deutschen Steuerberaterverbandes und der Immobilienbesitzer. Und er nennt passende Spenden.
Weitere Zitate und Hinweise:
- „Arbeitgeberfreundlicher Grundton im Koalitionsvertrag“
- Schwarz-Gelb hat die Argumentation der Atomlobby im Koalitionsvertrag übernommen. Die Atomlobby ist ins Umweltministerium eingezogen, auch personell.
- Die Akzente im öffentlichen Personennahverkehr werden im Koalitionsvertrag zu Gunsten der privaten Unternehmen verschoben. „Der Staat stellt die Infrastruktur, die privaten Unternehmen befördern Personen und Güter. Wie gut das klappt, lässt sich derzeit recht eindrücklich am Berliner S-Bahn-Chaos ablesen.“
- Die Banken haben reichlich an die Union und die FDP gespendet. „Natürlich, das Geld ist nicht zweckgebunden, das wäre ja illegal. Aber eigene Forderungen an die Bundesregierung wurden schon aufgestellt: Hände weg von einer Börsenumsatzsteuer und bitte keine übereilten Schritte, wenn es um Finanzmarktregulierung geht. – Ist schon erledigt. Die Finanzmarktregulierung kommt gar nicht bis schleppend voran. Und die Börsenumsatzsteuer will nur die Kanzlerin. Aber wer ist das schon.“
- „Geldgeber sollen leichter als bisher auch mit Wohnimmobilien zocken dürfen.“
- „Beim Mietrecht steht die Koalition an der Seite der Immobilienbesitzer.“ Auch dafür gab’s Geld.
Die neue Regierung ist erst knapp drei Monate im Amt. Sie hat in dieser kurzen Zeit unser Land und unsere Gesellschaft weiter gespalten und auseinander getrieben. Selbst konservative Blätter wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung beklagen diese Entwicklung. Hierzu zum Abschluss der Link auf diesen Beitrag, ebenfalls vom 20.1.2010:
Der neue Klassenkampf
Das gespaltene Land
Quelle: FAZ.NET
Bitte drucken Sie die Beiträge aus der Süddeutschen Zeitung und der FAZ aus, vielleicht kombiniert mit dem NachDenkSeiten-Text.
Sprechen Sie auf der Basis dieser Texte mit Menschen, die auf die These von der Sozialdemokratisierung der Union hereingefallen sind.
Sprechen Sie auch mit solchen Bekannten und Freunden aus dem eher konservativen Lager, die sich eine ethische Grundeinstellung bewahrt haben und den massiven Einfluss des Großen Geldes und der Lobby auf die Politik mit Sorge betrachten.