Hinweise des Tages 2

Ein Artikel von:

(KR/AM/WL)
Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Hier die Übersicht zu den verschiedenen Themen; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Schwarz-gelbe Symbolpolitik
  2. Wirtschaftstheorie: Gewinne = Investitionen = Arbeitsplätze?
  3. Bank of America schockiert mit Milliardenverlust
  4. Union und FDP einig über Finanzmärkte
  5. Steinmeier warnt Genossen vor Linksruck
  6. Protestierende Bauern blockieren Champs-Élysées
  7. Milchpolitik der EU ist gescheitert
  8. Niedrige Professorengehälter – Immer dem Geld nach
  9. Himmlisches Streikverbot

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Schwarz-gelbe Symbolpolitik
    “Wir wollen die Arbeitnehmer vor sittenwidrigen Löhnen schützen”, sagt CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla und kündigt ein Verbot von Hungerlöhnen per Gesetz an. Das klingt gut, doch sittenwidrige Löhne sind auch heute schon verboten. Bislang war es an den Gerichten, zu urteilen, ab welcher Grenze ein Lohn den guten Sitten entgegensteht. Dabei hat sich eine Rechtsprechung herausgebildet, nach der ein Lohn dann zu niedrig ist, wenn er um ein Drittel unter dem orts- oder branchenüblichen Lohn liegt. Diese Praxis wird jetzt lediglich im Gesetzestext fixiert. Das ist reine Symbolpolitik, mit der sich die Koalitionäre als Kämpfer gegen Dumpinglöhne profilieren können. Faktisch ändert sich freilich nichts.

    Ähnlich sieht es bei der großzügig gewährten Erhöhung des Schonvermögens für die Altersvorsorge aus. Nur eine verschwindend geringe Minderheit unter den Hartz-IV-Empfängern wird davon profitieren. Denn schon die alte Obergrenze wurde kaum erreicht. Von 5,55 Millionen Anträgen auf Hartz IV in diesem Jahr wurden nur 11 000 wegen zu hoher Vermögenswerte abgelehnt – nicht einmal 0,2 Prozent.
    Quelle: Die Welt Online

    Anmerkung WL: Bemerkenswert für die jeglichen linken Denkens abholde Welt.

  2. Wirtschaftstheorie: Gewinne = Investitionen = Arbeitsplätze?
    Die Unternehmensgewinne sind in den zurückliegenden drei Jahrzehnten stetig gestiegen, die Arbeitslosigkeit allerdings auch. Der Wirtschaftswissenschaftler Gerd Bosbach streut deshalb Zweifel an einer gängigen ökonomischen These, die auch die wichtigste politische Leitlinie in Frage stellt.
    Quelle: Tagesspiegel
  3. Bank of America schockiert mit Milliardenverlust
    Damit wird die Spaltung an der Wall Street erneut deutlich: Während Institute mit einem starken Investmentbanking – Goldman Sachs und JP Morgan Chase – Milliardengewinne vermeldeten, gelingt Banken mit einem großen Privatkundengeschäft wie der Citigroup kein Befreiungsschlag.

    Hintergrund: Die Kapitalmärkte boomen, während die Arbeitslosigkeit in den USA weiter steigt.

    Neben Einzelbelastungen wie einer Zahlung für den Ausstieg aus staatlichen Absicherungen gegen Verluste auf Wertpapiere drückten vor allem die Folgen der Rezession auf das Ergebnis. Das Kartengeschäft etwa erlitt einen Verlust von 1 Mrd. $, im Segment Eigenheimkredite und Versicherungen fiel ein Minus von 1,6 Mrd. $ an.
    Quelle: FTD

  4. Union und FDP einig über Finanzmärkte
    Die Finanzexperten von Union und FDP haben sich auf ein gemeinsames Regierungsprogramm zur Regulierung der Finanzmärkte geeinigt. Nach der Finanzkrise müssen die Banken höhere Eigenkapitalpuffer aufbauen, wie aus dem Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Finanzen in den Koalitionsverhandlungen hervorgeht. Die Bankenaufsicht wird bei der Bundesbank konzentriert, von einer Verlagerung der Versicherungsaufsicht ist nicht mehr die Rede. Die Vergütungssysteme in den Banken müssen sich stärker als bisher am langfristigen Erfolg des Geldhauses orientieren.

    In schlechten Zeiten sollen auch Gehaltsabzüge möglich sein. Prinzipiell sollen alle Finanzprodukte, -märkte und -akteure beaufsichtigt werden.

    So sollen auch alternative Investmentfonds wie Hedge-Fonds und ihre Manager international abgestimmten Regeln unterworfen werden. Für Ratingagenturen soll eine Aufsicht geschaffen werden, die auch neuen Anbietern einen Marktzugang ermöglicht. Neben einer besseren Kontrolle der Märkte vereinbarten die künftigen Koalitionäre auch eine Stärkung von Private-Equity-Unternehmen. Das Ziel soll ein einheitlicher Wagniskapitalmarkt sein. Bei REITs sollen Hemmschwellen für den deutschen Markt abgebaut werden. Sie werden für Wohnimmobilien geöffnet.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Na also, jetzt wird schön abgearbeitet, was mit der SPD nicht möglich war. Sie erinnern sich, REITs (Real Estate Investment Trusts) sind börsennotierte Immobiliengesellschaften, die keine Körperschaftsteuer zahlen, unter der Bedingung, dass sie ihren Gewinn zu mindestens 90 Prozent an die Aktionäre ausschütten. Beabsichtigt war, Unternehmen und Versicherungen einen Anreiz zu geben, ihr großes Immobilienvermögen zu verkaufen Die Einbeziehung von Wohnimmobilien war bisher am Widerstand der SPD gescheitert. Im Papier der Arbeitsgruppe Steuern und Finanzen heißt es: “Bei REITs sind überflüssige Hemmschwellen abzubauen, ohne die schutzbedürftigen Interessen der Verbraucher zu vernachlässigen”.

    Da werden sich aber die klammen Kommunen freuen, wenn die ca. 3 Mio. Wohnungen, die in Deutschland noch direkt oder indirekt von der öffentlichen Hand gehalten werden, verscheuert werden – vornehm ausgedrückt, privatisiert werden. Dass die Mieter durch den Renditedruck der Anleger (Aktionäre) mit steigenden Mieten, Umwandlungen in Eigentumswohnungen zu rechnen haben, ist durch viele Beispiele im Ausland belegt.
    Dass die alte REIT-Gesetzgebung weder den Kapitalmarkt noch den Immobilienmarkt “belebte”, lag weniger am Verbot, Wohnimmobilien zu halten, sondern auch an der einsetzenden Finanzkrise. Die Aktienkurse von Immobiliengesellschaften stürzten ab und notierten zwischenzeitlich bis zu 80 Prozent unter ihrem Nettovermögenswert (NAV, Vermögen minus Schulden). Ein ungünstiges Umfeld für einen Börsengang.
    Zurzeit stehen etwa zehn REITs in den Startlöchern und hoffen, dass die bis Ende 2009 geltenden Steuerbegünstigungen für Unternehmen, die ihre Gebäude an einen REIT verkaufen, zu verlängern. Das alte Gesetz (Exit-Tax) sah vor, dass Gewinne aus dem Verkauf betrieblicher Immobilien nur zur Hälfte besteuert werden. “Es wäre wünschenswert, wenn die Frist um zwei bis drei Jahre verlängert würde”, meint der Geschäftsführer Axel von Goldbeck des Immobilienverbands ZIA. Dabei drohten dem Bund keine neuen Steuerausfälle, da diese schon bei der Verabschiedung des Gesetzes einkalkuliert waren. Warum nur verlängern und nicht aufheben? – Es ließe sich noch viel zu den Plänen der Union und der FDP sagen, z:B. zur Förderung von Private-Equity-Unternehmen, aber es reicht mir heute.

  5. Steinmeier warnt Genossen vor Linksruck
    Eine Annäherung der SPD an die Linkspartei kommt für Frank-Walter Steinmeier nicht in Frage. Seine Partei habe Wähler vor allem an Union und FDP verloren, sagte der SPD-Fraktionschef – zudem setze die Linke weiter konsequent auf Populismus.
    Quelle: Spiegel

    Und hier die Quelle:

    Steinmeier im Interview: “Das passt doch alles nicht zusammen”:
    Der neue SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier über schwarz-gelbe Koalitionsgespräche, das neue Führungsteam seiner Partei und die Öffnung zur Linkspartei.
    Quelle: FR

    Kommentar AM: Es ist deutlich erkennbar, dass Steinmeier mit Unterstützung wichtiger Medien auch die künftige Option auf eine Alternative zum rechtskonservativen Block zerstört. Das war bereits deutlich erkennbar in den früher schon kommentierten Interviews mit der Welt am Sonntag und der Bild-Zeitung, jetzt in der Frankfurter Rundschau und darauf basierend bei SpiegelOnline und anderen Medien.
    Was von diesen Warnungen vor dem Linksruck zu halten ist, ist im heutigen Eintrag
    „Vom Rückfall in ein primitives Wählermarktmodell: „In die Mitte rücken“ usw.“ beschrieben.

    Das Interview in der Frankfurter Rundschau zeigt, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD vieles nicht verstanden hat. Und dass er uns nicht nur insgesamt die Option auf eine Alternative nimmt, sondern auch nicht die Interessen seiner Partei vertritt. Die gesamten Zusammenhänge zur Begründung dieser These habe ich ausführlich am 3. September 2009 beschrieben. Hier die Überschrift und der Link: „Rätselhafte SPD-Strategie. Des Rätsels Lösung: SPD-Spitze arbeitet für andere.“

    Steinmeier bestätigt mit jedem neuen Interview meine These: Er und Steinbrück und Müntefering arbeiteten und arbeiten weder im Interesse einer demokratischen Alternative noch im Interesse der SPD. Dass sie nur aus strategischer Dummheit so handeln und sich so äußern, will ich immer noch nicht glauben. Es wäre interessant zu sehen, wie der vorgesehene neue Vorsitzende Gabriel oder die neu vorgesehene Generalsekretärin Nahles dieser Beobachtung begründet widersprechen.

  6. Protestierende Bauern blockieren Champs-Élysées
    Protestierende Bauern haben am Freitag die Pariser Prachtstrasse Champs-Élysées mit Strohballen und brennenden Reifen blockiert. In anderen Regionen Frankreichs ist es ebenfalls zu Verkehrsstörungen gekommen. Die Bauern forden von Präsident Sarkozy Unterstützung der Landwirtschaft.
    Quelle: NZZ
  7. Milchpolitik der EU ist gescheitert
    Die Bemühungen der EU um eine Stabilisierung des Milchmarktes sind gescheitert. Zu diesem wenig schmeichelhaften, aber nicht überraschenden Schluss kommt der Rechnungshof der EU. Sollte die Milchquote analog zur Schweiz gänzlich aufgehoben werden, droht eine neue Überproduktion.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Beitrag der Landwirtschaft zum BIP mag marginal sein, aber mit dem Bauernhofsterben geht ein Kulturraum verloren, der weit über irgendwelche BIP-Prozente seine Bedeutung hat. Desweiteren ist es in diesen Zeiten durchaus bemerkenswert, dass eine EU-Institution für Regulierung eintritt. Dabei dürfte auch die ländliche Entwicklung in der Dritten Welt von der Empfehlung des Rechnungshofes profitieren: “Es ist daher unumgänglich, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen zur Umorientierung der Milcherzeugung vorrangig auf die Bedarfsdeckung des europäischen Binnenmarkts und erst ergänzend auf die Herstellung von Käse und anderen Erzeugnissen mit hohem Mehrwert ausrichten, die ohne Budgethilfe für den Weltmarkt exportfähig sind.”
    Quelle: Europäischer Rechnungshof [PDF – 30 KB]

  8. Niedrige Professorengehälter – Immer dem Geld nach
    Viele bayerische Professoren zieht es in die freie Wirtschaft, weil sie dort besser bezahlt werden. Die jüngste Gehaltserhöhung an den Hochschulen nennen sie “skandalös”.

    Die Staatsregierung ist lediglich bereit, von 2011 an W2-Professoren auf ihr Grundgehalt von zurzeit 4200 Euro 200 Euro drauf zu legen, W3-Professoren, Lehrstuhlinhaber, erhalten sogar nur 150 Euro mehr, also künftig 5250 Euro.
    Quelle: SZ

    Anmerkung WL: Die Gehälter mögen zwar für einen „Normalverdiener“ hoch erscheinen, aber als Mitglied eines Hochschulrats erlebe ich, dass es immer schwieriger wird für bestimmte Fächer (Naturwissenschaften, Ökonomie, Jura) qualifizierte Wissenschaftler zu finden.

    Die beruflichen Alternativen für hochqualifiziertes Personal im privaten Sektor sind einfach wesentlich attraktiver.
    Die (relativ) schlechte Bezahlung der Professoren führt zudem dazu, dass sich viele einen Nebenerwerb suchen und sich über Gutachten oder Auftragsforschung von privaten und interessenbezogenen Auftraggebern abhängig machen oder sogar gleich als Lobbyisten von mächtigen Wirtschaftsgruppen arbeiten, siehe Raffelhüschen, Rürup, Börsch-Supan und viele andere mehr.

    Das gefährdet auf Dauer eine dem Fortschritt der gesamten Gesellschaft verpflichteten Lehre und Forschung.

  9. Himmlisches Streikverbot
    Die Kirchen berufen sich insoweit auf den Grundsatz der christlichen Dienstgemeinschaft, wonach alle Beschäftigten von der Leitung bis hin zu Hilfstätigkeiten gleichermaßen im Dienste der Liebe zum Nächsten tätig sind, was es ausschließe, diese Arbeit für interne Streitigkeiten vorübergehend zu vernachlässigen.

    Ob die Wahl des „dritten Weges“, bei dem die Arbeitsbedingungen in Kommissionen und nicht durch Tarifverhandlungen festgelegt werden, das Grundrecht auf Streik ausschließt, ist eine noch nicht geklärte verfassungsrechtliche Frage. Vom ehemaligen Verfassungsrichter Kühling wurde sie in einem Gutachten im Auftrag der Gewerkschaft Verdi verneint. Unter Rechtsgelehrten ist die Frage umstritten. Umso erstaunlicher ist es, wenn in Hessen und Nassau Beschäftigten kürzlich mit Abmahnung und Kündigung für den Fall der Streikteilnahme gedroht wurde. Falls die angeblich eindeutige Rechtslage von den Gerichten anders gesehen wird, müsste sich der zweitgrößte Arbeitgeber dieses Landes den Vorwurf gefallen lassen, systematisch im eigenen Interesse Grundrechte der Beschäftigten verletzt zu haben.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung KR: Die nicht unbedingt für ihre gewerkschaftsfreundliche Haltung bekannte FAZ gibt einem gewerkschaftsnahen Juristen Gelegenheit, für das Streikrecht der bei den christlichen Kirchen Beschäftigten zu plädieren. Was mag sich dahinter verbergen?

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