„Ordnungspolitik“, „Für alle die gleichen Maßstäbe“, „Der Staat soll sich möglichst weit heraushalten“ – ein Bündel verlogener Floskeln.
Gestern berichteten die „Tagesthemen“ über den Tag der Deutschen Industrie und „Report München“ feierte zuvor den Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg als einen, der „konsequent für Gerechtigkeit“ eintrete. BDI-Präsident Keitel wandte sich gegen Rettungspakete für einzelne Firmen und Guido Westerwelle sah mit dem Rettungspaketen schon kommunistisches Gedankengut am Werk. In den beiden genannten Sendungen wurde diese gezielte Meinungsmache ohne jeden kritischen Unterton transportiert. Die beiden Sendungen verdienen den Preis der Manipulation der Monats. Albrecht Müller.
Dazu im einzelnen:
- In den Sendungen wurde kein einziges Wort auf die Milliarden verwendet, die der Staat, das sind wir Steuerzahler, den Banken (!) zur Verfügung stellen. Sind Banken keine einzelnen Firmen? Wieso gelten für sie die gleichen Maßstäbe nicht? Wenn über 100 Milliarden einer einzelnen Bank, der HRE in München, zur Verfügung gestellt werden, dann kann man doch darüber nicht zur Tagesordnung übergehen und so tun, als hätten wir eine unberührte Ordnungspolitik. Wo war denn der Ordnungspolitiker zu Guttenberg, als dieses entschieden wurde? Wo ist er denn mit seiner Forderung nach Fairness und gerechter Behandlung? Report München ist gerade das richtige Sendeformat, um über Gerechtigkeit zu schwadronieren. Siehe dazu ausführlich den Beitrag vom 10. Juni 2009.
- Weder beim BDI noch in den Sendungen wurden wir davon unterrichtet, dass einzelnen Industrien und Unternehmen sehr unterschiedliche Subventionen für Forschung und Entwicklung zur Verfügung gestellt werden. Jahrelang wurden besondere Wirtschaftszweige wie die Werften und die Filmindustrie durch besondere Abschreibungsmöglichkeiten gefördert. Für die Flugzeugindustrie gilt das immer noch. Der BDI sollte es unterlassen, einen falschen Eindruck zu erwecken.
- Wir wurden nicht davon unterrichtet, wie stark der Staat bei der Exportförderung engagiert ist.
- Auch die systematische Vernachlässigung der Binnennachfrage hat sich nicht als fair erwiesen.
- Die Exportwirtschaft nimmt schweigend die Subventionen durch die Besonderheiten der Mehrwertsteuer hin. Die Mehrwertsteuer wird beim Export erstattet. Bei der letzten Mehrwertsteuererhöhung auf 19 % wurde die Exportwirtschaft wiederum tendenziell entlastet und die Binnenwirtschaft zusätzlich belastet, weil sie einen höheren Anteil der öffentlichen Lasten zu tragen hat, während die Exportwirtschaft fein raus ist. Von gerechter Behandlung und gleichen Maßstäben kann ganz und gar nicht die Rede sein.
- Staatliche Stellen, vor allem Kommunen, sind in der Ansiedlungspolitik engagiert und leisten sehr verschiedene Hilfen. Mit Recht finden sich manche existierenden Betriebe unfair behandelt, weil die Neuansiedler besser bedient werden.
So zu tun, als wäre der Staat nicht vielfältig im Spiel, zeugt von Unkenntnis oder vom Versuch der Manipulation.
Der Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg kommt übrigens auch mit seiner so „klaren Haltung“ zu den Insolvenzen viel zu gut weg. Auch übrigens bei Medien, die ich ansonsten schätze, beim Freitag und bei Strobl weissgarnix/FAZnet zum Beispiel. Da wird zu Guttenberg gelobt und so getan, als wäre Insolvenz eine faire und damit willkommene Lösung des Problems von Unternehmen, die in Schwierigkeiten geraten sind. Viele Insolvenzen sind überhaupt nicht fair gegenüber den Arbeitnehmern. Sind wir außerdem dessen sicher, dass die hochgelobte Einrichtung „Insolvenz“ nicht benutzt wird, um den forcierten Ausverkauf deutscher Unternehmen und ihre Zerschlagung zu erleichtern? Ich habe den Verdacht, dass das Instrument der Insolvenz benutzt wird, um den Akteuren auf den und am Rande der Kapitalmärkte neues Futter zu bieten: den Anwälten, den Insolvenzverwaltern, den Banken, Steuerberatern etc.