Hinweise des Tages II

Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Deutschlands Lieblingsfranzose
  2. Zahlen belegen eindeutig: Wirtschaftswachstum und Alterung – das geht problemlos
  3. Autobahnprivatisierung – Enteignung im Auftrag der Banken
  4. Funkzellenabfrage: Innenminister will Handydaten aller Einwohner an die Polizei geben
  5. Griechischer Frühling oder doch zu viel griechischer Wein?
  6. Sahra Wagenknecht über EU-Konzerninteressen und kritische Jugend
  7. Déjà-Vu Geldwäsche-Liste: Ping-Pong in Brüssel
  8. Der Musterpartner driftet ab
  9. Butterwegge: Bundeswehr lockt Nazis an
  10. Rassismus tötet
  11. Desinformation als Waffe: Probleme mit der Logik
  12. Mazedonien: Regime Change oder Regierungswechselblockade?
  13. Republik Moldau: Spielball zwischen Ost und West
  14. Etappensieg der Luftverkehrslobby beim Kampf gegen die Flugticketsteuer
  15. Deutschland sterben die Vögel weg
  16. Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW: Wird FDP wieder Mehrheitsbeschaffer?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutschlands Lieblingsfranzose
    Ein Sieg des deutschen Favoriten Emmanuel Macron bei der Präsidentenwahl in Frankreich wird laut Einschätzung von Experten die Spaltung im Land weiter vertiefen und der extremen Rechten noch mehr Unterstützer zutreiben. Davor warnen bekannte Sozial- und Politikwissenschaftler wie der Soziologe Didier Eribon und der Politologe Hans Stark. Stark zufolge führt der Unmut über die deutschen Austeritätsdiktate in Frankreich mittlerweile zu einer “Deutschland-Kritik”, die “von mindestens zwei Dritteln der Franzosen” geteilt wird. Eribon rechnet damit, dass eine Präsidentschaft des gegenüber Berlin fügsamen Bankers Macron die jetzt in Frankreich noch vorhandenen Hemmungen, die extreme Rechte zu wählen, weiter verringern wird – wenn er das Land auch in Zukunft der deutschen Sparpolitik anpasst und damit die sozialen Gräben noch mehr vertieft. Dessen ungeachtet wirbt Berlin ganz offen für Macron, der bereits im Januar erklärt hat: “Ich vertraue Deutschland.” “Sein Erfolg wäre ein positives Signal für die politische Mitte”, äußert Bundeskanzlerin Angela Merkel. In deutschen Medien wird der Kandidat als “Berliner Lieblingsfranzose” geführt.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: Für Macron
    Man sollte an dieser Stelle nicht große Umschweife machen: Vor die Wahl zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen gestellt, kann es für Linke meines Erachtens nur eine Entscheidung geben – für den Liberalen, gegen die Rechtsradikale. […]
    Drittens: Eine Stimme für Macron ist zugleich eine Stimme gegen die Radikalisierung des rassistischen Ressentiments, gegen eine noch stärkere institutionalisierte Ausgrenzung von Minderheiten, gegen die Normalisierung rechter Gewalt. Auch hier sei an die Abstimmungen in den USA und Großbritannien erinnert – den »überraschenden« rechten Siegen folgte eine gravierende Zunahme der Angriffe auf Muslime, Juden, Andersdenkende.
    Wer das verhindern will, kann sich nicht darauf verlassen, dass Macron schon gewinnen wird. Le Pen wirksam verhindern, heißt Macron wählen.
    Quelle: Tom Strohschneider im Neuen Deutschland

    Anmerkung Jens Berger: Auch Tom Strohschneider reiht sich in den Kreis linksliberaler Intellektueller ein, der über das neoliberale Stöckchen springen will. Allerdings argumentiert er wesentlich defensiver als der großspurige Misik oder der entrückte Cohn-Bendit. Bei Strohschneider geht es zudem nicht um „Wahlempfehlungen“, sondern um die persönliche Wahlentscheidung – ein völlig anderes Thema. Aber leider macht auch Strohschneider einen entscheidenden Fehler, wenn er aus einer Stimme für Macron eine Stimme gegen Le Pen und alles Negative, was man zu Recht mit ihr verbindet, macht. Eine Stimme für Macron ist erst einmal eine Stimme für Macron. Punkt. In Österreich, wo es wirklich Spitz auf Knopf stand, hatte ich noch volles Verständnis dafür, Von der Bellen zu wählen, um Hofer zu verhindern. In Frankreich liegt Macron aber meilenweit vorn und hier zählt das Argument, man verhindere durch die Wahl des kleineren das größere Übel, nun mal nicht. Mir scheint es eher so, als würde Le Pen die Funktion des „schwarzen Mannes“ übernommen haben, der kommt und einen holt, wenn man sich nicht brav benimmt.

    dazu auch: Frankreich und Deutschland: Europa gemeinsam voranbringen!
    Dieser Aufruf wird organisiert von Sven Giegold, Sprecher der Europaabgeordneten von Bündnis90/Die Grünen und von Franziska Brantner, MdB, stv. Mitglied des Europaausschusses.
    Europa ist das zentrale Thema des französischen Wahlkampfes zwischen erstem und zweitem Wahlgang. Im ersten Wahlgang hat sich Macron mit einer klaren pro-europäischen Haltung durchsetzen können – aber mehr als 45 Prozent haben auch anti-europäisch abgestimmt. Der Wahrheit halber müssen wir dazusagen: auch gegen eine deutsche Hegemonie in Europa. All jene, die gegen die EU polemisierten und skandierten, wandten sich auch gegen das behauptete deutsche Diktat.
    Quelle: WeMove.EU

    Anmerkung Jens Berger: Auch wenn in diesem Aufruf sicher einige schlaue Sachen drinstehen, ist die gesamte Ausrichtung unerträglich. Man fängt bereits damit an, dass laut Aufruf mehr als 45 Prozent der Franzosen „anti-europäisch“ gestimmt hätten. Dazu zählen für die Initiatoren dann offenbar auch die Wähler von Jean-Luc Mélenchon. Und wer gehört zu den Erstunterzeichnern? Sie werden stauen … oder auch nicht. Man findet dort einen illustren Kreis von Jörg Asmussen (oberster Bankenretter), Frank Bsriske, Sven Giegold, Gustav Horn, Robert Misik bis hin zu Gesine Schwan. Es ist wirklich zum Verzweifeln. Man könnte glatt denken, dass hier die Wahlen in Frankreich instrumentalisiert werden, um einen tiefen Riss durch die progressive Wählerschaft zu ziehen.

  2. Zahlen belegen eindeutig: Wirtschaftswachstum und Alterung – das geht problemlos
    Die Deutsche Bundesbank warnt wegen des demographischen Wandels vor einer deutlichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf mittlere Sicht. In den Jahren 2021 bis 2025 werde das trendmäßige Wachstum voraussichtlich auf 0,75 Prozent zurückgehen (zum Vergleich: 1,25 Prozent in den Jahren 2011 bis 2016), teilte die Bundesbank in ihrem Monatsbericht April 2017 mit. Die Meldung reiht sich ein in viele Prognosen, nach denen die Alterung der Gesellschaft aufs Wirtschaftswachstum schlagen werde. Doch ist das überhaupt plausibel? Wir schauen uns das mal näher an!
    Schon der flüchtige Blick auf die jährlichen Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes (BIP) lässt Zweifel aufkommen – denn wir sehen dort: Das BIP wächst im Schnitt stärker, obwohl die Gesellschaft altert, also der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung zunimmt. Wenn wir uns die Entwicklung von 1991 bis 2015 genauer anschauen, finden wir keinerlei Beleg für die These, dass Alterung schädlich fürs Wirtschaftswachstum sei: So ist der Anteil der 65-Jährigen und Älteren von 15 auf 21,1 % gestiegen. Gleichzeitig ist das BIP um 36,9 % gestiegen.
    Quelle: Gerd Bosbach [PDF]
  3. Autobahnprivatisierung – Enteignung im Auftrag der Banken
    Die bewusst herbeigeführte Verarmung öffentlicher Haushalte bei gleichzeitiger Einführung der Begrenzung der Neuverschuldung für die Haushalte von Bund und Ländern führte dazu, dass klamme Kommunen entweder nicht investieren konnten (Investitionsstau) oder ÖPP-Projekte verstärkt als alternative Finanzierungsmodelle für nötige Investitionen eingesetzt wurden. Insbesondere dann, wenn eine kreditfinanzierte konventionelle Umsetzung der gleichen geplanten Maßnahme eine gegen das Grundgesetz bzw. entsprechendes Landesrecht verstoßene Neuverschuldung zur Folge gehabt hätte. Künftige Haushalte werden jedoch bei diesen ÖPP-Projekten durch die vertraglich eingegangene Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Zahlung von Nutzungsentgelten in gleicher oder ähnlicher Art wie durch Zins- und Tilgungszahlungsverpflichtungen gebunden bzw. belastet.
    Quelle: Gemeingut in BürgerInnenhand

    dazu: STOP – Autobahnprivatisierung aufhalten!
    Aufruf zu bundesweiten Aktionstagen 2017
    Das Bündnis gegen eine Bundesfernstraßengesellschaft ruft zu Aktionstagen gegen die von der Bundesregierung geplante Grundgesetzänderung und Autobahnprivatisierung auf. Entgegen der Behauptung aus den Koalitionsparteien: die Autobahnprivatisierung ist nicht vom Tisch! Der offizielle Gesetzesentwurf ist nach wie vor der Gleiche und ermöglicht nach wie vor diverse Privatisierungsmöglichkeiten.
    Quelle: Keine Autobahnprivatisierung

  4. Funkzellenabfrage: Innenminister will Handydaten aller Einwohner an die Polizei geben
    Das Innenministerium will den Einsatz der umstrittenen Funkzellenabfrage massiv ausweiten. Damit könnten Aufenthaltsort und Handydaten aller Einwohner schon bald jede Woche bei der Polizei landen. Hintergrund ist ein Gesetz zum Wohnungseinbruch, das die Bundesregierung schon nächste Woche beschließen könnte. […]
    Die Große Koalition begründet die Handy-Rasterfahndung oft mit Terror oder „Straftaten gegen Leib, Leben und die sexuelle Selbstbestimmung“. Tatsächlich wird die Methode vor allem bei Drogen, Diebstahl und Betrug eingesetzt. Designbedingt sind fast ausschließlich Unbeteiligte und Unschuldige in diesen Datensätzen und damit im Visier der Behörden. Wenn es nach den Unionsparteien geht, werden diese Handydaten bald noch viel öfters abgefragt – so oft, dass jeder in Deutschland jeden Tag betroffen sein könnte.
    Hintergrund ist ein neues Gesetz zum Wohnungseinbruchdiebstahl. Die Große Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, den Schutz vor Wohnungseinbrüchen zu verbessern. Obwohl es letztes Jahr fast zehn Prozent weniger Wohnungseinbrüche gab als im Jahr davor, hat Justizminister Maas jetzt einen Gesetzentwurf zur Strafverschärfung erarbeitet. Nach Informationen von netzpolitik.org wollen die Spitzen von CDU und CSU diese Vorlage nutzen, um die Handy-Rasterfahndung noch viel öfters einzusetzen.
    Bisher dürfen Ermittlungsbehörden diese Handydaten laut Gesetz nur sammeln und rastern, wenn eine schwere Straftat vorliegt, die von „erheblicher Bedeutung“ ist, die Datenabfrage verhältnismäßig ist und die Aufklärung „auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre“. Alle vier Voraussetzungen könnten jetzt aufgeweicht werden.
    Das Justizministerium will die Mindeststrafe für Einbrüche in Privatwohnungen auf ein Jahr verdoppeln und die Zahl der „minder schweren Fälle“ beschränken. Das Innenministerium fordert darüber hinaus, die Strafnorm in den Katalog schwerer Straftaten der Strafprozessordnung aufzunehmen. Schon bisher dürfen Ermittlungsbehörden die Handys von Verdächtigen überwachen und deren Vorratsdaten auswerten. Mit der neuen Änderung soll die Abfrage sämtlicher Handys im Stadtteil oder Landstrich aller Wohnungseinbrüche erlaubt werden – nicht nur unter den oben beschriebenen Voraussetzungen, sondern immer.
    Quelle: netzpolitik.org
  5. Griechischer Frühling oder doch zu viel griechischer Wein?
    In Griechenland führte der Wahnsinn der Kürzungspolitik zu einem Einbruch der Wirtschaft wie in Deutschland zwischen 1938 und 1948. Doch das hält seit neuestem selbst ganz „linke“ Autoren nicht davon ab, von einem „Erfolgskurs“ zu reden.
    Ich muss zugeben, dass ich zu den Menschen gehöre, die bislang glaubten, dass der griechische Regierungschef Alexis Tsipras mit linker Rhetorik eine von der Troika aufgezwungene Politik exekutiert, deren offensichtlich zerstörerischen Wirkungen ihn erst an die Macht gespült haben. Ich war auch der Meinung, dass eine Partei, die ihren Wahlsieg dem Versprechen verdankt hat, die aufgezwungene Austeritätspolitik und die damit einhergehende Knechtschaft der Griechen zu beenden, unter keinen Umständen diese Politik hätte fortsetzen dürfen.
    Zudem habe ich bereits 2015, nachdem abzusehen war, dass es der neuen griechischen Regierung um Tsipras und Varoufakis nicht gelingen würde, die Troika von ihren Austeritätätskurs gegenüber Griechenland abzubringen, für einen Grexit plädiert (hier). Und noch immer bin ich überzeugt, dass ein einvernehmlicher Ausstieg Griechenlands aus dem Euro möglich gewesen wäre, da Schäuble sich das Problem ein für alle Mal vom Halse schaffen wollte. Man hätte also Schäuble nach meiner Meinung beim Wort nehmen sollen und sollte ihn auch noch heute an sein Angebot einer „Neustrukturierung der Schulden“ und weiterer „Unterstützung Griechenlands als EU-Mitglied“ (hier) im Falle eines Euroaustritts erinnern.
    Quelle: Makroskop
  6. Sahra Wagenknecht über EU-Konzerninteressen und kritische Jugend
    Jeder fünfte junge Europäer will raus aus der EU. Das ermittelte aktuell die Studie YouGov in einer Befragung unter Jugendlichen in mehreren europäischen Ländern. Erstaunlich finde ich das nicht. Denn wer beispielsweise einmal erlebt hat, wie der Brüsseler Lobbykratenverein ein demokratisches Referendum kassierte und das eigene Land zum Ausverkauf freigab, wer mit ansieht, dass – ungeachtet massiver Proteste – der CETA-Ratifizierungsprozess fortgesetzt wird oder wer mitverfolgt, dass so gut wie nichts getan wird gegen Lohndumping und Jugendarbeitslosigkeit, der erwartet sich natürlich nichts mehr von dieser EU. Um Europa zu retten, braucht es deshalb dringend einen sozialen und demokratischen Neubeginn anstelle der bisherigen Verträge. Wer dagegen zulässt, dass in Brüssel weiter Konzerninteressen Vorrang vor den Interessen der europäischen Bevölkerungen haben, muss sich nicht wundern, dass sich die Jugend von diesem Europa abwendet.
    Quelle: Sahra Wagenknecht via Facebook
  7. Déjà-Vu Geldwäsche-Liste: Ping-Pong in Brüssel
    Die von der Europäischen Kommission überarbeitete Liste der Hochrisiko-Drittstaaten für Geldwäsche wurde am heutigen Mittwoch in einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und Währungsausschusses (ECON) und des Innenausschusses (LIBE) des Europaparlaments erneut abgewiesen.
    Sollte das Ergebnis im Plenum des Parlaments im Mai bestätigt werden, muss die Europäische Kommission die Liste erneut überarbeiten. Für die Länder auf der Liste gelten erhöhte Anforderungen bei Aufsicht und Berichtspflichten (due diligence, know your customer).*
    Fabio De Masi (DIE LINKE.), stellvertretender Vorsitzender des Panama Papers Untersuchungsausschusses im Europäischen Parlament (PANA) und Schattenberichterstatter (Unterhändler) der Linksfraktion GUE/NGL für die anti-Geldwäsche-Richtlinie kommentiert:
    “Das war wieder nix. Die berüchtigten Schattenfinanzplätze fehlen weiter auf der Liste der Kommission. Die zuständige EU-Kommissarin, Věra Jourová, entzog sich gar einer Debatte mit den zuständigen Fachausschüssen. Die vom Europäischen Parlament seit Monaten eingeforderten Verbesserungen werden auch ein Jahr nach den Panama Papers nicht umgesetzt. Wenn der EU-Kommissarin die Ressourcen für eine Risikoanalyse fehlen, muss sie diese bei Herrn Juncker einfordern. Das rechnet sich, weil Geldwäsche und Steuerhinterziehung jährlich hunderte Milliarden Euro verschlingen.”
    De Masi abschließend: “Die Sache stinkt. Die Kommission will offenbar keinen diplomatischen Stress. Dies ist ein Kotau vor Steuerhinterziehung, organisierter Kriminalität und Terrorfinanzierung. Das Parlament wird dies nicht hinnehmen.”
    Quelle: Die Linke. im Europaparlament
  8. Der Musterpartner driftet ab
    Im Machtkampf gegen Russland stehen Berlin und die EU vor einem Rückschlag in Südosteuropa. Das einstige “Musterland” der “Östlichen Partnerschaft” der EU, die seit dem 1. Juli 2016 formal mit der Union assoziierte Republik Moldau, entgleitet dem Einfluss Berlins und Brüssels immer mehr. Nach dem Amtsantritt des prorussischen Präsidenten Igor Dodon im Dezember 2016 hat die von Russland angeführte Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) im April dem kleinen südosteuropäischen Land den Beobachterstatus in ihren Reihen zugebilligt. Aktuellen Umfragen zufolge könnte Dodons prorussische Partei bei den nächstes Jahr anstehenden Parlamentswahlen mit einer klaren Mehrheit rechnen. Eine umfassende Abkehr von der EU und ein Beitritt zur EAWU wäre dann nicht mehr auszuschließen. Die Entwicklung ist auch eine Folge der Tatsache, dass Berlin und Brüssel zur Einflusssicherung in der Republik Moldau auf im Land verhasste Oligarchen gesetzt haben. Einer von ihnen, der die gegenwärtige Regierung kontrolliert, sucht mit einer Wahlrechtsänderung seine Macht zu sichern.
    Quelle: German Foreign Policy
  9. Butterwegge: Bundeswehr lockt Nazis an
    Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge sieht im Bundeswehrskandal um den mutmaßlichen Rechtsterroristen Franco A. ein strukturelles Problem. Es gebe »geistige Verbindungslinien« zwischen militärischen und extrem rechten Werten wie Kameradschaft, Korpsgeist, Ehre, Treue und Gehorsam, erklärte er in der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. »Alles was die Bundeswehr jungen Männern bietet, wird im rechtsextremen Spektrum geschätzt.« Die Truppe locke Menschen an, »die sich in hierarchischen und autoritären Strukturen wohlfühlen«, so der Armutsforscher.
    Franco A. war vergangene Woche unter dem Verdacht verhaftet worden, einen Anschlag geplant zu haben. Danach stellte sich heraus, dass der Bundeswehr schon seit 2014 eindeutige Hinweise auf A.s rassistische Gesinnung vorlagen, ohne dass eingeschritten wurde. Der Offizier hatte zudem monatelang ein Doppelleben geführt und sich als syrischer Flüchtling ausgegeben. Ihm war vom Bundesamt für Migration und Flüchtlings sogar der Status des sogenannten subsidiären Schutzes gewährt worden. Außerdem hat der 28-Jährige eine Liste möglicher Anschlagsziele verfasst – darauf standen unter anderem die Namen die Linkspolitiker Bodo Ramelow und Anne Helm.
    Für Butterwegge hat der Wegfall der Wehrpflicht die extrem rechten Strukturen in der Armee begünstigt. »Eigentlich sollte die Bundeswehr ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung sein. Seit sie zur Berufsarmee geworden ist, gelingt ihr das immer weniger.« Als Armee eines demokratischen Staates müsse die Truppe »zusehen, dass sie nicht von Rechtsextremen und Militaristen unterwandert wird«.
    Quelle: Neues Deutschland
  10. Rassismus tötet
    Strafverfahren gegen Polizisten eingestellt, die Schwarzen in Baton Rouge erschossen hatten. Anwalt der Angehörigen fordert Freigabe von Akten
    In den USA dürfen rassistische Polizisten weiterhin darauf hoffen, dass US-Präsident Donald Trump und sein Justizminister Jefferson Sessions »Recht und Ordnung« zu ihren Gunsten durchsetzen. Im Fall des im US-Bundesstaat Louisiana im vergangenen Sommer von weißen Polizisten erschossenen Schwarzen Alton Sterling hat das US-Justizministerium die Einstellung des Strafverfahrens gegen beide Beamte angeordnet. Wie Bundesstaatsanwalt Corey Amundson am Mittwoch auf einer Pressekonferenz bekanntgab, hätten die Ermittler »keine ausreichenden Beweise« gefunden, die eine strafrechtliche Verfolgung rechtfertigten. Eine Verletzung der Bürgerrechte Sterlings, wie sie eine Anklage nach Bundesrecht voraussetze, liege nicht vor, zitierte das Onlinemagazin Daily Beast Amundson. Auch wenn Sterlings Tod »tragisch« sei, »erfüllen die vorhandenen Beweise nicht die erheblichen Beweisanforderungen«.
    Quelle: junge Welt
  11. Desinformation als Waffe: Probleme mit der Logik
    Im Streit um den Giftgaseinsatz in Syrien folgen führende CHer Zeitungen den Behauptungen westlicher Regierungen. Wider jede Logik. Die Beweisführung treibt immer seltsamere Blüten. Das elementarste logische Denken scheint mehr und mehr abhanden zu kommen. Andreas Rüesch macht am Donnerstag, 4. Mai 2017, in der Neuen Zürcher Zeitung erneut das syrische Regime für den Anschlag in Khan Sheikhun am 4. April verantwortlich. Das schliesst er aus «einer Reihe von Indizien»:
    Augenzeugen hätten einen Militärjet über dem Ort gesichtet; Laboruntersuchungen hätten bei den Opfern den Einsatz von «Sarin oder einer verwandten Substanz»(!) ergeben; das Regime in Damaskus sei «die einzige Kriegspartei in Syrien, die bekanntermassen über die Technologie zur Herstellung des Gifts Sarin verfügt»; ein Giftgasangriff auf den Ort mache militärisch Sinn, da der Ort in Rebellenhand sei; und schliesslich bestehe «kein Zweifel an der Skrupellosigkeit As[s]ads, Gas einzusetzen».
    Die Behauptung, von den Konfliktparteien im Syrien-Krieg sei nur die Regierung Assad in der Lage, Sarin herzustellen, ist so verblüffend kaltschnäuzig wie falsch. Sarin kann in jedem Keller und jeder Garage eines Einfamilienhauses hergestellt werden. 1995 verübten Mitglieder der Aum-Shinrikyo-Sekte einen Sarin-Anschlag in der U-Bahn von Tokio. Sie trugen das flüssige Sarin, das sie selbst hergestellt hatten, in Plastikbeuteln bei sich, die sie in Zeitungspapier eingewickelt hatten. […]
    Bislang ist die gesamte «Beweisführung» der westlichen Kriegspartei – denn der Westen ist nicht unabhängige Instanz sondern Kriegspartei – im Fall Khan Sheikhun ein Potpourri von viel akrobatischer Rhetorik und wenig Logik. Der oben genannte Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung steht unter der Überschrift «Desinformation als Waffe in Syrien». Das trifft die Sachlage exakt.
    Quelle: Infosperber

    dazu: Geschacher um Syrien und Sicherheitszonen im Westen
    Das in Astana erzielte russisch-türkisch-iranische Abkommen ist mit heißer Nadel gestrickt, Türkei droht USA mit zufälliger Bombardierung von US-Bodentruppen in Syrien
    In der kasachischen Hauptstadt Astana haben Russland, die Türkei und Iran beschlossen, vier Sicherheitszonen in Syrien einzurichten. Da noch nicht erklärt wurde, wie diese Zonen geschützt werden sollen, und da Teile der syrischen Opposition den Iran ablehnen, bleibt zu erwarten, dass die Sicherheit dieser Zonen ebenso brüchig bleibt wie der Waffenstillstand. Das wird auch in Russland so gesehen. Bis 22. Mai sollen die Karten für die Schutzzonen fertiggestellt werden.
    An den Verhandlungen nahmen die USA nur als Beobachter teil. Am Dienstag hatten allerdings Wladimir Putin und Donald Trump telefoniert und neben Nordkorea über die Sicherheitszonen gesprochen. Es sei ein gutes Gespräch gewesen, versicherte das Weiße Haus im Anschluss. Allerdings ist Trump wohl derzeit anderweitig beschäftigt, innenpolitisch mit der Abschaffung von Obamacare, außenpolitisch stärker mit Nordkorea und Afghanistan.
    Quelle: Telepolis

  12. Mazedonien: Regime Change oder Regierungswechselblockade?
    Ex-Ministerpräsident Nikola Gruevski glaubt, dass ein gewalttätiger Sturm auf das Parlament von der verfassungswidrigen Wahl eines Parlamentspräsidenten ablenken sollte
    Der Zeitung Blic zufolge beschlagnahmte die serbische Militärsicherheitsagentur VBA im Süden des Landes bei zwei serbischen Albanern und einem ausländischen Staatsbürger tausende Gewehre, Maschinengewehre und Handgranaten. Die Waffen sollten der Zeitung zufolge nicht in Serbien, sondern im benachbarten Mazedonien zum Einsatz kommen.
    Mazedonien ist eine Art Belgien des Balkan: Ein Land, ohne echte Identität, das zu zwei Dritteln von Quasi-Bulgarischsprechern (deren Dialekt man 1944 in Jugoslawien aus politischen Gründen zu einer eigenen Sprache erklärte) und zu einem Viertel von Albanern bewohnt wird. Nach dem Jugoslawienkrieg von 1999 versuchte eine albanische UÇK in Mazedonien den Norden und Westen des Landes mit Terror und Gewalt an den Kosovo anzuschließen. Diese Versuche endeten 2001 mit dem Abkommen von Ohrid, durch das albanische Parteien im Parlament ein Vetorecht zugesprochen bekamen. Nach 14 Jahren relativer Ruhe brachen 2015 wieder Kämpfe aus (vgl. Mindestens 22 Tote bei Polizeieinsatz in Mazedonien).
    Quelle: Telepolis

    dazu: “Putsch” in Mazedonien – unter der Ägide von USA und EU?
    Der neue mazedonische Parlamentspräsident, der albanisch-stämmige Abgeordnete Talat Xhaferi, hat am Mittwoch sein Amt angetreten und als erste Amtshandlung den EU-Botschafter zum Kotau empfangen. Doch es gibt zwei Schönheitsfehler: Erstens war Xhaferi hochrangiger Offizier in der mazedonischen Armee, ehe er Anfang 2001 desertierte und unter dem Tarnnamen “Kommandant Forina” führender UÇK-Terrorist wurde – ihm wird die Verantwortung für ein aus dem Hinterhalt ausgeführtes Massaker der UÇK an acht Polizisten und Armeeangehörigen zugeschrieben. Schon seine Bestellung zum Kurzzeit-Verteidigungsminister im Jahr 2013 löste gewalttätige Proteste aus.
    Zweitens war die Art und Weise, wie Xhaferi neuer Parlamentspräsident wurde, klar rechtswidrig: Der Wahlvorgang am 27. April durch Abgeordnete der Sozialisten und albanischer Parteien erfolgte nämlich nach Schluss der regulären Parlamentssitzung außerhalb des Plenarsaales und auch nur mit 59 der erforderlichen 61 Stimmen. Von den USA und der EU wurde Xhaferi dennoch als neuer Parlamentspräsident akklamiert, ein (albanischstämmiger) Mitarbeiter des Präsidiumssekretariates stellte – ebenfalls rechtswidrig – die für das Amtsblatt erforderliche Urkunde über die “gesetzesmäßige Wahl” mit Siegel und Unterschrift aus. Soviel zu den “rechtlichen Werten”, die USA und EU zu vertreten vorgeben – und ein Vorgeschmack auf die weitere Rechtsstaatlichkeit des Landes unter verstärktem albanischen Einfluss.
    Quelle: Wiener Zeitung

  13. Republik Moldau: Spielball zwischen Ost und West
    Europäische Union als Friedensmacht? Diese Zeiten sind definitiv vorbei – wenn dieses Konzept überhaupt jemals Realität war. Die Europäische Union (EU) hat mit den Nachbarschaftsräumen, die sie definiert hat, de facto keine Räume der Sicherheit geschaffen, sondern – wie es zwischenzeitlich wiederholt formuliert wurde – einen „Ring of fire” (Feuerring). Sie hat einen Ring der Unsicherheiten, der Destabilisierung, aber auch einen Ring der Verarmung, des Bürgerkriegs und der Flucht durch ihre Politik maßgeblich mitverursacht. Betrachtet man die relevanten Strategiepapiere der Europäischen Union, dann fällt auf, dass jede Form der Selbstkritik ausbleibt. All das was in der Nachbarschaft der EU geschieht, wird von den schreibenden Strategen so behandelt, als wäre es eine Art Naturkatastrophe, die nichts mit dem Handeln der EU, nichts mit der Interessenpolitik der EU zu tun hat. Das gilt auch für die EU-Globalstrategie, die im Juni 2016 veröffentlicht wurde. Die EU formuliert darin lediglich ihre Absicht, die Politik der Vergangenheit noch intensiver und umfassender fortzusetzen.
    Die EU kündigt in ihrer Globalstrategie an, ihre Bemühungen auf Regionen südlich und östlich der EU zu konzentrieren. Im Folgenden sollen die destabilisierenden Auswirkungen dieser EU-Nachbarschaftspolitik auf die Republik Moldau beschrieben werden.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  14. Etappensieg der Luftverkehrslobby beim Kampf gegen die Flugticketsteuer
    Seit Jahren läuft die Luftfahrtlobby Sturm gegen die Flugticketsteuer. Beim Cheflobbyisten der Verkehrsbranche und Anti-Umwelt- und Gesundheitsschutzminister Alexander Dobrindt, findet sie nun endlich ein offenes Ohr. Er will sie abschaffen, oder mindestens senken. Der Ballermann soll wieder billiger erreichbar sein, damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt.
    Die Luftverkehrsabgabe, die der Bund seit Anfang 2011 auf Flüge von deutschen Flughäfen erhebt, ist in der Tat kein Geniestreich. Ursprünglich als Lenkungsabgabe konzipiert, sollte sie dazu beitragen, dass Anbieter und Nutzer im Luftverkehr die Allgemeinheit wenigstens teilweise für die Kosten entschädigen müssen, die sie ihr in Form von Lärm und Umweltverschmutzung aufbürden. So sollten Flüge unterbunden werden, die den Nutzern weniger wert sind als sie insgesamt an Kosten verursachen. Doch das Lenkungsziel wurde aufgegeben und die Steuer von 7,50 Euro bis 42 Euro je nach Fluglänge als eine weitere Spezialsteuer zur Einnahmeerzielung eingeführt. Die Luftfahrtbranche beschwert sich über die Belastung, weil der Flugverkehr dadurch in Deutschland weniger stark steigt, als er es sonst täte. Zu Recht?
    Quelle: Norbert Häring
  15. Deutschland sterben die Vögel weg
    In den Agrargebieten geht die Zahl der Vögel drastisch zurück. Der Bestand mancher Arten ist in den vergangenen Jahren um 80 Prozent geschrumpft.
    “Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, die eben noch dein banges Ohr durchdrang.” Diesen Satz, mit dem Julia ihren Romeo in den Morgenstunden zum Bleiben überreden will, könnte ein europäischer Dichter heute nicht mehr ohne Weiteres aus eigener Erfahrung schreiben. Denn sowohl die Zahl der Nachtigallen als auch die der früher überall im Frühling über den Äckern aufsteigenden Feldlerchen nimmt drastisch ab. Und ihnen geht es nicht mal am schlechtesten, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen zur Zahl der Vögel in unserer Agrarlandschaft zeigt.
    Demnach ist in der EU die Zahl der Brutpaare in landwirtschaftlichen Gebieten zwischen 1980 und 2010 um 300 Millionen Tiere zurückgegangen, das ist ein Minus von 57 Prozent. In Deutschland nahm der Bestand der Feldlerche zwischen 1990 und 2013 um 35 Prozent ab, das ist noch wenig im Vergleich zum Kiebitz, dessen Zahl um 80 Prozent einbrach, oder zu den Rebhühnern, die um 84 Prozent zurückgingen. “Die Situation der Vögel ist dramatisch”, warnte die Grünen-Politikerin Steffi Lemke und warf der Regierung Versäumnisse in der Agrarpolitik vor.
    Quelle: Süddeutsche
  16. Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW: Wird FDP wieder Mehrheitsbeschaffer?
    Die SPD konnte in den letzten Wochen mit einem lächelnden Schulz glänzen. Das scheint vorbei. Es geht abwärts. Bundesweit ist die Partei laut Forsa wieder unter 30 Prozent, bei der Kanzlerpräferenz baut Merkel ihren Vorsprung aus und beim “Kompetenzwert” ist die SPD wieder “auf dem Niveau vor Nominierung von Schulz zum Kanzlerkandidaten”. Die CDU erreicht hier beim “Stern-RTL-Wahltrend” 32 Prozentpunkte, die SPD 11.
    Der Kanzlerkandidat Schulz schüttelt solche Umfrageergebnisse ab. Für ihn entscheidend sei, dass die SPD wieder an Selbstbewusstsein gewonnen habe, sagte er Journalisten bei einer Zugfahrt von Kiel nach Lübeck. Wenn sich die Wähler in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfallen so verhalten, wie es das ZDF-“Politbarometer Extra” und die ARD-Vorwahlumfrage andeuten, so könnte das “knappe Rennen” in beiden Ländern die SPD als Verlierer sehen und der Satz vom Selbstbewusstsein der SPD müsste wahrscheinlich revidiert werden.
    Quelle: Telepolis