Hinweise des Tages

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  1. Kommentare zum Armutsbericht

    Verdeckte Armut: Streit um Maßstab im Berliner Bericht
    Wer ist arm im reichen Deutschland? Diese Frage wird in der Debatte über den Armutsbericht der Bundesregierung von Sozialforschern unterschiedlich beantwortet. Weil der Bericht die Erhebungsmethode gegenüber früheren Studien geändert hat, ist die Armutsgrenze von 980 auf 780 Euro monatlich nach unten gerutscht. Die Berechnungen der Regierung führen sogar dazu, dass die Armutsschwelle für Familien noch unter dem Existenzminimum (im Schnitt 814 Euro) liegt.
    Quelle: FR

    Die Folgen der rot-grünen Sozialpolitik: Abgenagter Sozialstaat
    Der Staat trägt dazu bei, dass die Zahl der Armen zunimmt. Ausgerechnet die rot-grüne Regierung war es, die den Sozialstaat ab 1998 ausgehöhlt hat. Einschlägig ist eine Untersuchung von Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Jan Goebel und Peter Krause haben herausgefunden, dass die Sozial- und Steuerpolitik immer weniger die Ungleichheiten zwischen Geringverdienern und Einkommensstarken kompensieren kann. In der Sprache der Ökonomen drückt sich dies so aus: Die Spreizung bei den Markteinnahmen hat zwischen 1998 und 2005 kontinuierlich zugenommen – insgesamt um knapp 13 Prozent. Bei den Nettoeinkommen, also nach den Staatstransfers, stieg die Ungleichheit hingegen sogar um rund 21 Prozent. Die Verteilungswirkungen des Sozialstaats lassen also deutlich nach.
    Quelle: TAZ

  2. Schlechte Noten für den deutschen Arbeitsmarkt
    Zwischen 1999 und 2007 sind in der Eurozone mit den damals noch 13 Mitgliedsstaaten der EU 13 Millionen neuer Jobs entstanden. Von besseren Jobs lässt sich aber nicht sprechen, so eine Studie des Verbunds europäischer Wirtschaftsforschungsinstitute ELNEP. Allein 2006 gab es in den 13 EU-Staaten einen größeren Zuwachs an Arbeitsplätzen als in den vier Jahren zuvor. Das bedeutet wohl auch, dass die nationale Arbeitspolitik etwa der schwarz-roten Regierung in Deutschland keine entscheidende Rolle gespielt hat.

    Deutschland nähert sich im boomenden Niedriglohnsektor – mit den Niederlanden – britischen und amerikanischen Verhältnissen an. Gleichzeitig vergrößert sich der Unterschied zwischen niedrigen und hohen Einkommen hier besonders stark. In Dänemark sind 8,5 Prozent der Beschäftigten in Niedriglohnjobs, in Frankreich 11,1, so in Deutschland bereits 22,7, womit Großbritannien (21,7) überholt und man sich den USA (25) nähert. Nicht viel anders ist das Ergebnis des Armuts- und Reichtumsberichts. Ein Viertel der Deutschen ist arm (wenn nicht mehr). Die Kluft zwischen Armen und Reichen und zwischen Lohn- und Vermögensquote wird größer. Die Bruttolöhne gingen zwischen 2002 und 2005 real um 4,7 Prozent zurück, ein Drittel aller Beschäftigten arbeitet in Deutschland im Niedriglohnsektor. Aus mit dem Wirtschaftswunderland.

    Auch im Vergleich im Hinblick auf die Qualität der Arbeit – gemessen an den Indikatoren Arbeitszeit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder anderen sozialen Aufgaben, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatzsicherheit, Weiterbildung und Karrierechancen sowie kollektive Interessenvertretung – schneidet Deutschland schlecht ab und liegt unter dem Durchschnitt, wobei Italien, Griechenland, Portugal und Spanien in diesem Punkt noch schlechter dastehen, während Dänemark an der Spitze steht, gefolgt von Schweden, den Niederlanden und Großbritannien.
    Quelle: Telepolis

  3. Flassbeck: «Spekulatives Geld ist ein unglaubliches Systemrisiko»
    „Dieser Preisanstieg in der ganzen Breite – Weizen, Soja, Mais, Reis – ist nicht mit Angebotsschocks zu erklären. Das Argument mit dem Agrartreibstoff ist Unsinn, weil Reis davon überhaupt nicht betroffen wäre. Und dass die Weltbevölkerung und die Einkommen in Asien steigen, ist auch nichts Neues. All diese Dinge haben sich langsam verändert und können entsprechend nicht einen solchen Preisschub erklären, wie wir ihn in den letzten Monaten gesehen haben. … Ohne ein funktionierendes Finanzsystem gibt es keine wirtschaftliche Entwicklung. … Die Lehre aus der Krise ist, dass die globalisierte Wirtschaft globale Strukturen braucht.“
    Quelle: Schweizer Tagesanzeiger [PDF – 2MB]

    Anmerkung: Darin findet sich ein treffender Vergleich: „Die Ökonomen glauben grundsätzlich zu sehr an stark vereinfachte Zusammenhänge, die in der realen Welt so nicht existieren. Würde ich Ökonomen mit Physikern vergleichen, dann suchen die Ökonomen immer noch mit einer 200 Jahre alten Lupe nach den Bausteinen der Atome und wundern sich, dass sie sie nicht finden.“

  4. Finanzinstrumente: Das Derivategeschäft nimmt weiter sprunghaft zu
    Der Markt für derivative Finanzinstrumente ist nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) auch im Jahre 2007 sprunghaft gewachsen. Das gesamte Nominalvolumen an ausstehenden Kontrakte nahm um 44 Prozent auf 596 Billionen Dollar (rund 380.000 Milliarden Euro) zu. Über ähnliche Größenordnungen hatte unlängst auch der Verband der Swaphändler ISDA berichtet. Banken und institutionelle Anleger nutzen diese Derivate teils zur Absicherung von Risiken, teils aber auch zu gewagten Spekulationen, zumal das Derivategeschäft mit vergleichsweise geringem Einsatz an Eigenkapital betrieben werden kann.
    Quelle: FAZ
  5. Ratingagentur: Moody’s unter Betrugsverdacht
    Die Ratingagentur hat angeblich Fehler bei der Bewertung bestimmter Wertpapiere verschleiert. Moody´s beruft sich auf einen Computerfehler. Ein Staatsanwalt hat Ermittlungen eingeleitet.
    Quelle: FAZ
  6. Warnung vor Denunzianten
    Um Lebensmittel-Skandale künftig schneller aufdecken zu können, sollen Arbeitnehmer einen besseren Rechtsschutz erhalten, wenn sie den Behörden unlautere Machenschaften melden. Bisher müssen Beschäftigte sich zuerst bei ihrem eigenen Arbeitgeber über Missstände beschweren. Der BDA erhebt gegen die geplante Neuregelung Einspruch.
    Quelle: Whistleblower-Netzwerk
  7. Juristen protestieren: Niedrighonorare für Asylanwälte
    Sie verteidigen Leben und Freiheit von Flüchtlingen. Trotzdem dürfen Anwälte für Asylverfahren nur sehr wenig berechnen – heraus kommt ein Stundensatz von 47 Euro, von dem der Anwalt noch seine Angestellten, seine Miete und – als Selbständiger – seine Alterssicherung bezahlen muss. Der Deutsche Anwaltverein fordert 60 Prozent mehr.
    Quelle: TAZ
  8. Michael Naumann verlässt die Bürgerschaft
    Nach seiner gescheiterten Kandidatur für den Posten des Ersten Bürgermeisters legt “Zeit”-Herausgeber Michael Naumann sein Mandat nieder. Er will sich wieder völlig seiner Arbeit als Herausgeber widmen, begründet Naumann sein Ausscheiden in einem Brief an die SPD-Mitglieder.
    Quelle: WELT

    Kommentar eines NachDenkSeiten-Lesers: Wortbruch! Siehe dieses Interview vom 4. Februar 2008:

    “sueddeutsche.de: Ole von Beust hat angekündigt, im Falle einer Niederlage mit der Politik aufzuhören. Was haben Sie vor, falls Sie verlieren sollten

    Naumann: Ich stehe zur Verfügung.

    sueddeutsche.de: Auch, wenn Sie nicht Bürgermeister werden?

    Naumann: Ich würde in die Bürgerschaft gehen. Im März 2007, nach meiner Nominierung, sagte Beust, er würde aus der Politik scheiden, falls ich gewänne – und ich würde aus der Politik gehen, sollte er gewinnen. Aber der Herr Bürgermeister hatte mich vorher nicht gefragt.“

    Quelle: SZ

    Anmerkung KR: Auch die Homepage von Michael Naumann lässt darauf schließen, dass sein Interesse an der Politik in Hamburg mit der Bekanntgabe der Wahlergebnisse erloschen ist. Die letzte Meldung stammt vom 1. März, der letzte Termin ist der 24. Februar und trägt den Titel „Michael Naumanns Termine am Wahlsonntag“. So jedenfalls der Stand vom 22. Mai 2008, spätabends. Woran mag es liegen, dass die regierungstreue Journaille sich für diesen Wortbruch nicht interessiert? Weil sie sich im Kampf gegen den Wohlfahrtsstaat damit nicht profilieren kann?

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