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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 23. Mai 2008 um 9:10 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Verdeckte Armut: Streit um Maßstab im Berliner Bericht
Wer ist arm im reichen Deutschland? Diese Frage wird in der Debatte über den Armutsbericht der Bundesregierung von Sozialforschern unterschiedlich beantwortet. Weil der Bericht die Erhebungsmethode gegenüber früheren Studien geändert hat, ist die Armutsgrenze von 980 auf 780 Euro monatlich nach unten gerutscht. Die Berechnungen der Regierung führen sogar dazu, dass die Armutsschwelle für Familien noch unter dem Existenzminimum (im Schnitt 814 Euro) liegt.
Quelle: FR
Die Folgen der rot-grünen Sozialpolitik: Abgenagter Sozialstaat
Der Staat trägt dazu bei, dass die Zahl der Armen zunimmt. Ausgerechnet die rot-grüne Regierung war es, die den Sozialstaat ab 1998 ausgehöhlt hat. Einschlägig ist eine Untersuchung von Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Jan Goebel und Peter Krause haben herausgefunden, dass die Sozial- und Steuerpolitik immer weniger die Ungleichheiten zwischen Geringverdienern und Einkommensstarken kompensieren kann. In der Sprache der Ökonomen drückt sich dies so aus: Die Spreizung bei den Markteinnahmen hat zwischen 1998 und 2005 kontinuierlich zugenommen – insgesamt um knapp 13 Prozent. Bei den Nettoeinkommen, also nach den Staatstransfers, stieg die Ungleichheit hingegen sogar um rund 21 Prozent. Die Verteilungswirkungen des Sozialstaats lassen also deutlich nach.
Quelle: TAZ
Deutschland nähert sich im boomenden Niedriglohnsektor – mit den Niederlanden – britischen und amerikanischen Verhältnissen an. Gleichzeitig vergrößert sich der Unterschied zwischen niedrigen und hohen Einkommen hier besonders stark. In Dänemark sind 8,5 Prozent der Beschäftigten in Niedriglohnjobs, in Frankreich 11,1, so in Deutschland bereits 22,7, womit Großbritannien (21,7) überholt und man sich den USA (25) nähert. Nicht viel anders ist das Ergebnis des Armuts- und Reichtumsberichts. Ein Viertel der Deutschen ist arm (wenn nicht mehr). Die Kluft zwischen Armen und Reichen und zwischen Lohn- und Vermögensquote wird größer. Die Bruttolöhne gingen zwischen 2002 und 2005 real um 4,7 Prozent zurück, ein Drittel aller Beschäftigten arbeitet in Deutschland im Niedriglohnsektor. Aus mit dem Wirtschaftswunderland.
Auch im Vergleich im Hinblick auf die Qualität der Arbeit – gemessen an den Indikatoren Arbeitszeit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder anderen sozialen Aufgaben, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatzsicherheit, Weiterbildung und Karrierechancen sowie kollektive Interessenvertretung – schneidet Deutschland schlecht ab und liegt unter dem Durchschnitt, wobei Italien, Griechenland, Portugal und Spanien in diesem Punkt noch schlechter dastehen, während Dänemark an der Spitze steht, gefolgt von Schweden, den Niederlanden und Großbritannien.
Quelle: Telepolis
Anmerkung: Darin findet sich ein treffender Vergleich: „Die Ökonomen glauben grundsätzlich zu sehr an stark vereinfachte Zusammenhänge, die in der realen Welt so nicht existieren. Würde ich Ökonomen mit Physikern vergleichen, dann suchen die Ökonomen immer noch mit einer 200 Jahre alten Lupe nach den Bausteinen der Atome und wundern sich, dass sie sie nicht finden.“
Kommentar eines NachDenkSeiten-Lesers: Wortbruch! Siehe dieses Interview vom 4. Februar 2008:
“sueddeutsche.de: Ole von Beust hat angekündigt, im Falle einer Niederlage mit der Politik aufzuhören. Was haben Sie vor, falls Sie verlieren sollten
Naumann: Ich stehe zur Verfügung.
sueddeutsche.de: Auch, wenn Sie nicht Bürgermeister werden?
Naumann: Ich würde in die Bürgerschaft gehen. Im März 2007, nach meiner Nominierung, sagte Beust, er würde aus der Politik scheiden, falls ich gewänne – und ich würde aus der Politik gehen, sollte er gewinnen. Aber der Herr Bürgermeister hatte mich vorher nicht gefragt.“
Quelle: SZ
Anmerkung KR: Auch die Homepage von Michael Naumann lässt darauf schließen, dass sein Interesse an der Politik in Hamburg mit der Bekanntgabe der Wahlergebnisse erloschen ist. Die letzte Meldung stammt vom 1. März, der letzte Termin ist der 24. Februar und trägt den Titel „Michael Naumanns Termine am Wahlsonntag“. So jedenfalls der Stand vom 22. Mai 2008, spätabends. Woran mag es liegen, dass die regierungstreue Journaille sich für diesen Wortbruch nicht interessiert? Weil sie sich im Kampf gegen den Wohlfahrtsstaat damit nicht profilieren kann?
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