Ein kleiner Erfolg beim Kampf gegen die Verschleuderung der Bahn. Die Bundestagsentscheidung wird hinter den SPD-Parteitag verschoben.
Viele NachDenkSeiten-Leser haben sich in dieser Sache engagiert. Ihre Mühe hat einen ersten Erfolg gebracht. Siehe unten z.B. den Bericht der Süddeutschen Zeitung. Wie zu hören ist, hat bei der SPD-Fraktionsführung auch die Angst vor der namentlichen Abstimmung eine Rolle gespielt, die von einer Reihe unserer Leser gefordert worden war (siehe NachDenkSeiten: hier und hier). In den einzelnen Wahlkreisen würde nämlich bei einer namentlichen Abstimmung in ihrer Fraktion bekannt, wie sie sich in dieser entscheidenden Frage verhalten haben. Albrecht Müller.
Der Kampf geht weiter. Nach meiner Einschätzung wird es im weiteren Verlauf der Debatte zu den anstehenden Entscheidungen darauf ankommen, ans Licht zu holen, dass die Teilprivatisierung der Bahn ganz wesentlich davon motiviert ist, dass einzelne Personen und Unternehmen am Börsengang Unsummen verdienen. Vermutlich geht es um dreistellige Millionenbeträge. (Siehe dazu und zum Gesamtthema auch unseren Eintrag zur Agitation in BILD)
Wenn man solche riesigen Beträge verdient, dann kann man viel Geld ausgeben für PR-Arbeit – zur Beeinflussung von Wissenschaftlern, Politikern und Medien. So war und ist es schon bei der Durchsetzung der Riester- und Rürup-Rente. So war es vermutlich auch bei der Verschleuderung der ostdeutschen Banken an die westdeutschen. Siehe dazu NachDenkSeiten: “Börsengang der Bahn – Volksvermögen in den Händen von Räuberbanden”.
Diese politische Korruption macht uns so ohnmächtig. Wenn die Gewinne die Dimension zweistelliger Millionenbeträge bei Einzelpersonen und dreistelliger Millionenbeträge bei Unternehmen annehmen, dann verpufft jedes Argument. Dennoch:
Korruption und Zerstörung wichtiger gesellschaftlicher Einrichtungen zum Thema machen.
Die politische Korruption und die damit verbundene Zerstörung einer wichtigen verkehrspolitischen Einrichtung auch im Falle des Vorgangs Börsengang der Bahn zu thematisieren – also mit gravierenden und nicht nur mit technischen Argumenten zu kommen – ist wichtig, weil die Abgeordneten der Koalitionsparteien eine aus ihrer Sicht gravierende Hürde überwinden müssen: Die Teil-Privatisierung der Bahn ist in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben. Das ist ein durchaus gravierendes, wenn auch formales Argument der Privatisierungsbefürworter.
Sie sollten das bei Ihren Gesprächen mit Ihren Abgeordneten beachten. Man muss ihnen helfen, diese Hürde zu überwinden. Vielleicht ist dafür auch folgende Information wichtig: Ursprünglich hatte im Entwurf der Koalitionsvereinbarung gestanden, dass im Laufe der gemeinsamen Regierungsarbeit nicht nur das Wie der Privatisierung, sondern in erster Linie das Ob einer Teilprivatisierung geprüft werden soll. Dann ist in einer Schlussrunde im kleinen Kreis unter Beteiligung des noch amtierenden Bundeskanzlers Gerhard Schröder das „Ob“ gestrichen worden. Von Schröder wissen wir, dass ihm die Interessen der Finanzindustrie eine Herzensangelegenheit sind. Die Spitzen der CDU sind eng verbunden mit entscheidenden Personen der Privatisierungslobby. (Siehe die Verbindungen von Dr. Dirk Notheis von Morgan Stanley, früher Junge Union BW und Spendensammler für die CDU.)
Die Information über diese eigenartige Entfernung des „Ob“ müsste es unseren Abgeordneten leichter machen, die Hürde einer unter diesen Umständen zustande gekommenen Koalitionsabrede zu überwinden.
Wir sollten speziell die SPD-Abgeordneten auch fragen, wie sie sich den plötzlichen Sinneswandel ihrer Spitzenleute in Sachen Börsengang der Bahn erklären. Reihenweise wurden aus Gegnern Befürworter. Was war da passiert? Geht es um indirekte Parteienfinanzierung?
Wir werden uns bemühen, Sie auch im weiteren Verlauf mit Argumenten zu versorgen.
Anhang:
Nach Verschiebung der Bundestags-Entscheidung
Bahn-Privatisierung steht auf der Kippe
Die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn ist wieder fraglich geworden. In den Bundestagsfraktionen von Union und SPD gibt es massive Bedenken gegen den Gesetzentwurf von Wolfgang Tiefensee. Der Verkehrsminister muss zudem eine Ablehnung auf dem Bundesparteitag der Sozialdemokraten fürchten.
Quelle: SZ