Familienministerin von der Leyen in den Fangarmen der Krake Bertelsmann
Ursula von der Leyen und Liz Mohn stellen ihr gemeinsames Buch “Familie gewinnt“ vor. Die “Allianz für die Familie”, in der sich auf Initiative des Bundesfamilienmi¬nisteriums und der Bertelsmann Stiftung starke Partner aus Wirtschaft und Gewerkschaften für eine familienfreundliche Arbeitswelt engagieren, hat wirksame Impulse für eine familienbewusste Arbeitswelt geleistet, so das Selbstlob der Bertelsmann Stiftung. Danach werde „Familienfreundlichkeit in der Wirtschaft mittlerweile als Er¬folgsfaktor gesehen“. Zutreffender müsste man wohl eher vom Erfolg einer unternehmerfreundlichen Familienpolitik sprechen.
Haben etwa die Verlängerung der Wochenarbeitszeit, haben die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten, hat bei der Arbeitsflexibilisierung unter der rund 40 Prozent der abhängig Beschäftigten leiden die Rücksicht auf die Bedürfnisse der Familien die geringste Rolle gespielt? Wird bei Massenentlassungen Rücksicht auf die Familien genommen? Wird die Teilzeitarbeit in beachtlichem Umfang an den Bedürfnissen von Müttern ausgerichtet? Wird die Schaffung von Kindertagesstätten von der Wirtschaft nicht munter dem Staat zugeschoben?
Sicher gibt es Beispiele einzelner familienfreundlicher Unternehmen, à la bonheur, aber kann man in Deutschland deswegen von einer Familienfreundlichkeit der Wirtschaft sprechen, ohne dass sich Familien mit Kindern nicht in Hohn und Spott ergießen.
Die Bertelsmann Matriarchin Liz Mohn meint dagegen, dass „in Deutschland seit 2003 mit Blick auf die bessere Balance von Familie und Arbeitswelt viel erreicht wurde“ [PDF – 68 KB] .
Sie misst das am zunehmenden Interesse der Medien, an den Treffern zu diesem Thema im Internet, an den in unserer Gesellschaft angeschobenen Reformen (sie geht allerdings mit keinem Wort darauf ein wie sich Hartz IV und die zunehmende Armut auf die Familien und vor allem auf die Kinder auswirkt).
Die schon von der Vorgängerin von der Leyens, nämlich von Renate Schmidt (SPD), angestoßenen „Allianz für Familie“ in der sich neben den Unternehmensverbandsvertretern Dieter Hundt (BDA) und Ludwig Georg Braun (DIHT) gleich noch drei „Botschafter“ der von Gesamtmetall gegründeten und mit Millionenbeträgen finanzierten „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, nämlich Siegmar Mosdorf, Roland Berger und Dominique Döttling mit ihren familienpolitische Kompetenz einbrachten, hat nun ihre Ergebnisse einer unternehmerfreundlichen Familienpolitik auch noch in Buchform gepackt.
Autoren des Buches sind der akademische Leeformelproduzent Paul Nolte, der neoliberale Zeitgeistinterpret Warnfried Dettling oder der als Hardliner bekannte DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun. Auf den DGB-Vorsitzenden Michael Sommer, der nun auch alles andere als ein ausgewiesener Familienpolitiker ist, konnte man wohl als Feigenblatt nicht verzichten.
Nolte fabuliert von der „Überforderung des Fortschritts“ [PDF – 72 KB] und beklagt, dass es „keinen überzeugenden Entwurf von Männlichkeit“ gebe. Er konstatiert eine „Anspruchsspirale“, da doch in kaum einem anderen europäischen Land der „selbstverständliche Wohn- und Lebensstandard von Kindern so hoch wie in der Bundesrepublik Deutschland“ sei. Wo hat er das nur wieder her?
Er findet die Ursachen des Geburtenrückgangs eher bei den Männern als bei den Frauen.
Nolte resümiert bedeutungsschwer:
„Viel zu lange haben wir dabei die andere Seite der Familien- und Gesellschaftspolitik übersehen: die gespaltene Identität der Männer, mit ihrer „Stärke“, die immer mehr zur Schwäche zu werden droht, mit ihrer Sicherheit, die Unsicherheit kaschiert und Hilflosigkeit im modernen Anforderungsgeflecht von Familie, Partnerschaft , Karriere produziert. Kein Mitleid für die Männer und Väter, aber mehr Aufmerksamkeit. „Schwache Männer stärken“ – so könnte eine Devise der Bildungs- und Familienpolitik lauten.“
Also Frau Familienministerin von der Leyen, jetzt wissen Sie Bescheid: Stärken Sie bitteschön mal die schwachen Männer.
Aber nichts da, meint unsere Familienministerin, ihr geht es nicht um die Männer, sondern vielmehr darum: „Familienpolitik schafft Wachstum“ [PDF – 56 KB].
So ordnet sich dann Familienpolitik wieder der Wirtschaft unter.
Da werden dann die Frauen, nicht – wie der von Kurt Beck als „kastrierter Kater“ titulierte Bischof Mixta es ausdrückte – zu „Gebärmaschinen“ reduziert, sondern ökonomistischer als „Erfolgsfaktor für die Wirtschaft“.