„Arbeit ohne Ende“: ZDF wirbt weiter für Verlängerung der Lebensarbeitszeit und für private Vorsorge
Dass das ZDF systematisch Werbung für die private Altersvorsorge betreibt, haben wir schon häufig dargestellt und kritisiert, so vor allem mit der Doku-Fiction „Aufstand der Alten“, aber auch mit vielen anderen Formaten bis hinein in die Nachrichtensendungen. Im Lifestyle-Magazin 37 Grad wurde unter dem Titel „Arbeit ohne Ende“ die Werbekampagne fortgesetzt. Hier die Kritik eines unserer Leser.
Per Zufall habe ich gerade eine weitere Sendung im ZDF zum Dauerbrenner Rente gesehen. Der Titel der Sendung lautete „Arbeit ohne Ende“ und schilderte das Schicksal dreier Menschen über 65, die noch arbeiten müssen um ihren Lebensunterhalt einigermaßen finanzieren zu können.
Die Protagonisten waren dabei der rüstig, dynamische Alte, ein Unternehmer, der durch die Insolvenz seines früheren Betriebes in die entsprechende finanzielle Zwangslage geriet und nun in Berlin einen kleinen Filmverleih betreibt. Und der sich nach eigener Aussage ein Leben ohne Arbeit überhaupt nicht vorstellen könne. Ein weiterer Darsteller, ein Bürger aus Ex-Jugoslawien, dem die entsprechenden Nachweise fehlen um entsprechende Rentenansprüche gelten machen zu können und der nun von drei Minijobs leben muss, aber – Zitat ZDF – „Auch wenn er aus Zeitgründen nicht mehr oft zu seinen Instrumenten greift, die Musik hat Herrn Cosic in all den Jahren begleitet und sie gibt ihm immer noch Kraft, wenn der Alltag manchmal schwer wird.“ Als Dritte eine Dame, die durch Familienmitarbeit im Betrieb ihres Mannes ebenfalls nicht die entsprechenden Ansprüche geltend machen konnte, aber sich fit hält mit Gymnastik, Fahrrad fahren und gesunder Ernährung. Durch eisernes Sparen und Nebenjobs versucht die Protagonistin über die Runden zu kommen. Zitat ZDF: “Wenn ich ganz fleißig bin, verdiene ich 200 Euro im Monat”, erzählt die rüstige Dame nicht ohne Stolz.
Abschließend wurde lapidar bemerkt, dass in Zukunft immer mehr Menschen arm im Alter sein werden – schätzungsweise etwa 15 Millionen (?) – und eben bis an ihr Lebensende arbeiten müssten. Nach Hintergründen wurde nicht gefragt, offenbar haben wir das so hinzunehmen. Und wie die Sendung dargestellt hat ist dies ja auch gar nicht so schlimm noch mit 67 arbeiten zu müssen. Es ist eben alles eine Frage der Einstellung.
Dazu ein Zitat aus dem Begleittext der Autorin:
Umso verblüffender war es für mich zu beobachten, wie würdevoll, diszipliniert und vor allem gut gelaunt die Protagonisten ihrer Arbeit nachgehen. Vielleicht auch deshalb, weil die Jobs auch ganz besondere Erfahrungen mit sich bringen. Ich bin 36 Jahre alt und eines ist sicher: Die Arbeit ohne Ende wird für viele von uns zur Selbstverständlichkeit werden. Wie man damit umgehen kann, zeigen Herr Cosic, Frau Goetze und Herr Schmidt-Dahlberg.
Was dabei irritiert, ist der fast zynische Jargon, oder ist es Naivität, bei der Darstellung der entsprechenden Schicksale. Weiß die werte Dame eigentlich, dass durch die immer mehr ansteigenden Leistungsanforderungen eines global entfesselten Kapitalismus, viele Arbeitnehmer bereits mit Ende vierzig psychisch ausgeblutet und erschöpft sind und dass für viele Menschen überhaupt nicht daran zu denken ist, auch nur bis 67 zu arbeiten? Was mich daran insbesondere ärgert, dass Menschen, die gerade ein paar Jahre jünger sind als ich, bereit sind, dies einfach so hinzunehmen.
Dennoch ein sehr geschickt gemachter Beitrag zur Rentendebatte, da er ohne Hysterie und Aufgeregtheit und ohne die üblichen „Rentenexperten“ daher kommt und einen skandalösen Zustand fast als Selbstverständlichkeit darstellt. Allerdings darf der entsprechende interne Link nicht fehlen, angelickt wird man mit folgendem Satz empfangen: “Um seinen Lebensstandard auch im Alter zu halten, ist eine private Vorsorge unverzichtbar.” Ich frage mich was so ein Satz auf der Webpage eines öffentlich-rechtlichen Senders verloren hat? Auch der Buchtipp “Die Rentenlüge. Entkommen Sie der Armutsfalle” ist nicht ohne. Der Autor Bernd W. Klöckner hat bisher Werke wie etwa “Mit Taschengeld zum Millionär”, “Die gierige Generation” oder “Systematisch reich mit Aktienfonds!” verfaßt und dürfte kaum als neutraler Experte zum Thema Rente durchgehen.