Hinweise des Tages

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  1. Regierung setzt Ökonomen unter Druck
    Die 114. Gemeinschaftsdiagnose von fünf Wirtschaftsforschungsinstituten wird die letzte sein. Die Bundesregierung sucht sich eine neue Beratung. Seit 1950 erstellen das Berliner DIW, das Kieler IfW, das Essener RWI und das Münchner Ifo-Institut zweimal jährlich Konjunkturprognosen im Auftrag der Bundesregierung. 1992 stieß das Hallenser IWH hinzu. Ebenfalls dabei war bis 2006 das Hamburger HWWA. Die Gemeinschaftsdiagnose ist die Grundlage für die Prognose der Bundesregierung und wesentlicher Teil der Politikberatung. Die nächsten Gutachten werden nun frei ausgeschrieben. Künftig teilen sich nur drei bis vier Institute den 1,3-Millionen-Euro-Auftrag.
    Quelle: taz

    Anmerkung: Es ist klar, dass die Institute jetzt lamentieren, geht ihnen doch jetzt die Sicherheit eines Dauerauftrags verloren. Aber offen gestanden, ich kann die Regierung verstehen: Von den meisten dieser Institute halten wir nicht viel, so etwa vom Ifo-Institut des „Boulevard-Professors“ (FTD) Sinn, dessen wissenschaftliche Reputation selbst der Wissenschaftsrat vor einigen Jahren in Frage gestellt hat. Auch das IfW in Kiel und inzwischen auch das RWI und nach dem Rauswurf des Leiters der Konjunkturforschung, Gustav Horn, inzwischen auch das DIW gehören zu den mehr oder weniger dogmatisch neoliberalen Instituten, nach deren Dogma konjunkturelle Schwankungen, ohnehin nur deswegen entstehen, weil sich die Kräfte des Marktes nicht voll entfalten können – denn sonst gäbe es ja auf allen Märkten ein Gleichgewicht. Konjunkturpolitik bedeutet für diese Institute im Wesentlichen die Durchsetzung von „Strukturreformen“ – vor allem die Deregulierung des Arbeitsmarktes.
    Dass künftig nur noch drei Institute das Gemeinschaftsgutachten erstellen sollen, halte ich auch für alles andere als tragisch. Wir haben ohnehin eine Überversorgung mit Konjunkturprognosen. Da prognostizieren, neben den genannten fünf Instituten, auch noch das IAB (der Bundesanstalt für Arbeit), das (arbeitgebernahe) IW, das (eher gewerkschaftsnahe und eigentlich das einzige ehe nachfrageorientierte) IMK, dann begutachtet auch noch der Sachverständigenrat den Verlauf der Konjunktur und natürlich erstellen auch die OECD, die EU und gerade kürzlich der IWF Prognosen. Alle paar Tage geistern neue Prognosezahlen durchs Land.
    Da die Prognosen der Konjunkturforscher seit Jahrzehnten notorisch neben der tatsächlich eingetretenen Entwicklung lagen, hätte ich mir als Bundesregierung ein ganz einfaches Auswahlverfahren ausgewählt. Ich würde immer die drei Institute nehmen, die mit ihren Gutachten in den zurückliegenden Jahren im Durchschnitt der realen Entwicklung am nächsten lagen. Das wäre dann ein echter Leistungswettbewerb.

  2. Abgeordnete als Strom-Männer
    Wenn Politiker über Energiefragen, Klimaschutz oder Emissionshandel entscheiden, sitzen die Stromkonzerne oft indirekt mit am Tisch. Greenpeace zeigt in einem “Schwarzbuch” die personelle Verflechtung von Stromkonzernen und Politik auf.
    Quelle: FR
    Anmerkung Orlando Pascheit: Umso dringlicher ist angesichts dieses Reports die generelle Offenlegung der personellen Verflechtung zwischen Politik und Wirtschaft.
  3. Amokläufe lassen sich verhindern
    Die meisten Amokläufe kündigen sich lange an, sagt der Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer. Vor allem Mitschüler und Kommilitonen merken schon vorher, dass etwas nicht stimmt. Ihr Wissen muss man nutzen.
    “Es geht nicht um neue Überwachungsstrukturen. Das ist immer mit Misstrauen verbunden. Man braucht Vertrauen, damit die Amokläufer aus ihrer Isolation herausfinden.”
    Quelle: taz
  4. Trotz anziehender Konjunktur und sinkender Arbeitslosenrate ist in Wiesbaden die Zahl der Haushalte, die von Hartz IV leben, im vergangenen Jahr nicht gesunken.
    Die Ausgaben für diese Leistungen sind 2006 im Vergleich zum Vorjahr sogar gestiegen. Nach Angaben des Sozialdezernates führen 80 Prozent der erfolgreichen Arbeitsvermittlungen nicht zu einem Ende der Abhängigkeit von Leistungen nach Harz IV.
    Quelle: Wiesbadener Kurier
  5. Atomendlager: Minister Glos erhält die erwünschte Studie
    Da kommt die Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) nun in einer Studie zu dem Schluss, dass sich Tongesteine wegen ihrer “ungünstigeren Eigenschaften” nicht als Endlagerstätten für Strahlenmüll eignen. Und gleichzeitig muss man erleben, wie die Schweiz in Benken unweit der deutschen Grenze in eben jenem Tongestein ein Endlager für hochradioaktiven Müll plant. Eine fundierte Antwort auf diesen Widerspruch braucht man bei genauer Betrachtung jedoch nicht, denn die BGR hat in Sachen Tongesteine nicht wissenschaftlich, sondern politisch entschieden. Dazu muss man wissen: Die BGR untersteht dem Bundeswirtschaftsministerium. Und dessen Chef Glos will den deutschen Atommüll am liebsten ohne weitere Verzögerungen ins Endlager nach Gorleben bringen. Zum einen ist Glos unbelehrbarer Atomfan und daher ziemlich drauf erpicht, dass die Endlagerfrage nicht mehr ewig im Raum hängt. Zum anderen aber – und das ist womöglich noch entscheidender – ist er Bayer.
    Quelle: taz
  6. Wie unternehmerisch soll die Hochschule sein?
    Detlef Müller-Böling, Leiter des CHE, und Andreas Keller, Vorstandsmitglied der GEW, diskutieren über die Finanzierung und die richtige Verfassung der deutschen Hochschulen.
    Quelle: Mitbestimmung 04/2007 [PDF – 260 KB]

    Statt einer Anmerkung zu den Ausflüchten von Müller-Böling lesen Sie z.B.: „Hochschulfreiheitsgesetz“ in NRW – oder der Putsch von oben gegen ein öffentlich verantwortetes, demokratisches Hochschulwesen

  7. Nur starke Gewerkschaften können sozialpartnerschaftliche Politik machen
    Der Soziologe Jürgen Hoffmann über das dramatisch veränderte Kräfteverhältnis zwischen Arbeit und Kapital und die Politikfähigkeit der Gewerkschaften
    Quelle: Mitbestimmung 04/2007 [PDF – 136 KB]
  8. Das Solidarprinzip wird geschwächt
    Durch die »Gesundheitsreform« nähern sich die gesetzlichen den privaten Krankenkassen an. Ein Gespräch mit Simone Leiber.
    Referatsleiterin Sozialpolitik am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI)
    Quelle: junge Welt
  9. Unternehmerische Hochschule
    Mehr als 80 Hochschulen haben sich um den Preis des Stifterverbands und des Bundesbildungsministeriums beworben für besonders vorbildliche Kooperationen mit Industrie und Wirtschaft. Es geht um 1,25 Millionen Euro
    Quelle: DLF
  10. Privatunis: Wer zahlt schafft an
    Die gemeinnützige SRH-Holding will Millionen in die finanziell angeschlagenen Universität Witten-Herdecke (UWH) stecken – aber nur, wenn sie auch die unternehmerische Führung übernehmen kann. Diese aber beanspruchen auch Studierende, Professoren und Mitarbeiter der ältesten deutschen Privatuni für sich.
    Quelle: manager-magazin
  11. Aufgeblasene “Bild”-Aktion an Unis
    Die Axel Springer AG veranstaltet zurzeit offenbar verstärkt Werbeaktionen, bei denen “Bild”-Zeitungen an Universitäten verteilt werden. Akademiker sind in der “Bild”-Leserschaft1 eher unterrepräsentiert. Allerdings stoßen diese Verteilaktionen bei Studenten zum Teil auf wenig Begeisterung.
    Quelle: BildBlog
  12. Knapp zwei Drittel des Süddeutschen Verlags stehen offenbar demnächst zum Verkauf. Unter den Gesellschaftern ist offener Streit ausgebrochen.
    Es geht um Kaufpreis und den drohenden Einstieg von Finanzinvestoren.
    Quelle: FR
  13. Theodor Wolff-Preis an Stefan Geiger: Keine Freiheit ohne Gleichheit – und umgekehrt
    Freiheit und Gleichheit innerhalb einer Generation bedürfen der Umverteilung nicht. Der Sozialstaat war aber in der Vergangenheit zugleich ein Garant für mehr Freiheit in der nächsten Generation. Man kann diese Freiheit – so wie dies in den Vereinigten Staaten geschieht – auch dadurch gewährleisten, dass man erst am Ende mit einer angemessenen Erbschaftsteuer für eine Annäherung an die Gleichheit sorgt. In Deutschland aber wird jetzt nicht nur der Sozialstaat abgebaut. Die neue Regierung hat gerade erklärt, sie wolle die heute höchst maßvolle deutsche Erbschaftsteuer für Unternehmer, die den väterlichen Betrieb ein Jahrzehnt lang weiterführen, ganz abschaffen.
    Die Freiheit der Besserverdiener – das ist die Freiheit, die sie meinen.
    Quelle: bdzv
  14. EU-Sozialkommissar Spidla: “Mindestlohn ist ein Erfolg in der EU”
    Die Niedriglohnsektoren stehen auf dem Weltmarkt nicht in Konkurrenz. Wer die Straße kehrt in Berlin oder in Lissabon, steht nicht in Wettbewerb mit Arbeitern in Shanghai oder Delhi. Europa und seine Mitgliedsstaaten haben es selbst in der Hand, hier gegenzusteuern.
    Die 20 EU-Länder mit Mindestlöhnen haben gute Erfahrungen damit gemacht. Aus diesen Staaten kommen keine Klagen über Mindestlöhne und es gibt nirgendwo eine politische Strömung, die eine Rücknahme forderte. In Großbritannien beispielsweise ist die Arbeitslosigkeit nach Einführung von Mindestlöhnen stark gesunken – und nicht gestiegen.
    Quelle: FR

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