Hinweise des Tages
(AM/WL)
- Ins Theater nach Hamburg
Die Verfassungsrichter empfehlen der Kultur zu sparen, doch ihre Zahlen erschließen sich nicht
Quelle: Berliner Zeitung - “Diese Politik ist nicht alternativlos, sie ist fantasielos”
IG-Metall-Chef Peters fordert offensives Beschäftigungsprogramm
Quelle: DeutschlandRadio - Profitabel – Wie die Industrie an Gesetzen mitstrickt
Bericht: Ralph Hötte, Kim Otto, Markus Schmidt, Matthias Veit
Lobbyismus leicht gemacht: Von der Industrie bezahlte Mitarbeiter sitzen direkt in den Bundesministerien. Zu den beteiligten Firmen und Verbänden gehören derzeit u.a. so bekannte Namen wie Daimler Chrysler, die Deutsche Börse AG, die Fraport AG, der Verband Deutscher Maschinen und Anlagen, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Nach Angaben der Ministerien seien die entsandten Mitarbeiter so wörtlich “von großer Bedeutung”, unterstützten “Entscheidungen”. Der Verwaltungsrechtler von Arnim spricht im Monitorinterview von U-Booten der Industrie, einer neuen Form der direkten Einflussnahme.
Quelle: Monitor (als Manuskript und als real-Video) - Theologen der Marktwirtschaft
von Jacques Sapir, Forschungsleiter an der Ecole des Hautes Etudes en Siences Sociales
Das Dogma der allein selig machenden Konkurrenz ist ungebrochen, obwohl es empirisch längst widerlegt ist
Quelle: Le Monde diplomatiqueAnmerkung: Dazu passt eine so schöne Aussage von Hannah Arendt über die Deutschen – schon aus dem Jahre 1950 : “Die Deutschen gingen mit Fakten um , als ob es sich um bloße Meinungen handelte, und glaubten dieser nihilistische Relativismus sei das Wesen der Demokratie” Mit dieser Flucht aus der Wirklichkeit gelänge ihnen zugleich die Flucht aus der Verantwortung. – Hannah Arendt wurde gerade wegen ihres 100. überall gefeiert in den Zeitungen – nur hat leider niemand sich daran gemacht zu überprüfen, inwieweit diese Prophetie aus dem Jahre 1950 noch heute ein Kernübel der Deutschen ist: Meinungsstark – aber faktenarm.
- Flugsicherung: Verkehrspolitiker wollen notfalls Grundgesetz ändern
DFS-Privatisierung. Eine Änderung des Grundgesetzes planen führende Verkehrspolitiker von SPD, CDU und FPD für den Fall, dass Bundespräsident Horst Köhler das vom Bundestag im April beschlossene Gesetz zur Privatisierung der Deutschen Flugsicherung (DFS) nicht unterzeichnet.
Quelle: Wirtschaftswoche - DGB: Umarmen und abgrenzen
KOMMENTAR VON HANNES KOCH
Quelle: tazKommentar: Übliche Linie der taz gegen die Gewerkschaften auf der Linie neoliberaler Glaubenssätze wie der von vielen Untersuchungen widerlegten Behauptung, der Kündigungsschutz versperre den Arbeitslosen den Zugang. So lautet dann das Credo des Kommentators: „Wer soziale Mobilität fördern und Chancengleichheit erreichen will, muss Barrieren zwischen den Schichten der Gesellschaft abbauen und nicht betonieren.“ Kündigungsschutz als „Barriere“ gegen Chancengleichheit.
- Sinn: Riester-Rente sollte zur Pflicht werden
Die Riester-Rente, die auf freiwilliger Basis nur von einem Bruchteil der Bevölkerung akzeptiert wird, sollte zur Pflicht werden. Das fordert Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, in seinem Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der WirtschaftsWoche.
Quelle: WirtschaftswocheKommentar: Das würde dem Vortragsreisenden der Finanzdienstleisters MLP so gefallen. Man proklamiert die Privatvorsorge als Akt der Eigenverantwortung und zwingt dann die Betroffenen gegen diese Privatvorsorge. Das erspart den privaten Versicherungskonzernen Vertriebskosten. Und schon macht sich das Engagement des Herrn Prof. Sinn für Vortragsreisen tausendfach bezahlt.
- Rekord-Ozonloch über dem Südpol
Niedrige Temperaturen und hohe Chlor-Konzentration beschleunigen Abbau / Auch Treibhausgase verstärken Effekt Das Ozonloch über der Antarktis ist so groß wie nie zuvor. Das teilte die US-Raumfahrtbehörde Nasa am Freitag mit.
Quelle: FR - Die Wolkenschieber am Wertehimmel
Die auffällige Verkettung der Grass-Debatte mit der Platzierung der Fest-Biographie
Quelle: Freitag - UNTERSCHICHT-DEBATTE
- Das verflixte Leben, dem man nicht mehr entkommt
Quelle: Berliner Zeitung - Die Überflüssigen
Der Soziologe Andreas Willisch über Unterschichten, Prekariat und das Phänomen der sozialen Entbettung
Quelle: Berliner Zeitung - Der Code der Armen
Der Lebensstil der sozial Schwachen
Quelle: Berliner Zeitung - Das ist mit nichts vergleichbar
Die überraschenden Wirkungen einer Studie
Quelle: Berliner Zeitung - Für Sozialaufbau
Oskar Lafontaine
Angst vor der Armut breitet sich weiter aus. Große Koalition verliert zusehends Kontakt zur Bevölkerung. Recht auf Generalstreik durchsetzen
Quelle: junge Welt - “Wucher ist in neuer Form zurückgekehrt”
Udo Reifner, Professor für Wirtschaftsrecht, wirft Banken vor, arme Bevölkerungsschichten systematisch zu benachteiligen.
Quelle: Süddeutschen Zeitung - “Das Gefühl, abgehängt worden zu sein”
Hat Deutschland eine Unterschicht und darf man sie so nennen? Im Interview mit SPIEGEL ONLINE erklärt der Hamburger Soziologe Heinz Bude das tief verwurzelte Gefühl vieler Bürger, vom Wohlstand abgehängt zu sein – obwohl es ihnen finanziell gar nicht schlecht geht.
Quelle: Spiegel - Es ist die Spitze der Heuchelei, wenn die dafür verantwortlichen Politiker nun auch noch überrascht rufen: Huch, was haben wir denn da für Verhältnisse in unserem Land? Armut! Unterschicht!
Quelle: Berliner Zeitung
In einer Berliner Großfamilie leben fast alle von Hartz IV. Es ist wie ein Schicksal.
Dazu merkt einer unserer Leser an: Ich möchte sie auf ein Interview mit dem Soziologen Heinz Bude auf SpON aufmerksam machen. Offenbar arbeitet der Mainstream, unterstützt durch die entsprechenden journalistischen Multiplikatoren, nach der ersten Verblüffung über die Unterschichten-Debatte, inzwischen fleißig an der richtigen Deutung und der Absolution der politisch Verantwortlichen.
Dazu Herr Bude:
… Nehmen wir die “ausbildungsmüden Jugendlichen”: Mit denen kann man machen, was man will, die sehen einfach keine Perspektive. Da ist eben nicht Lehrstellenmangel das Problem, sondern das Fehlen jeder Vorstellung, eine mehrjährige Ausbildung könne zum beruflichen und wirtschaftlichen Erfolg führen. Der innere Zusammenhang von Anstrengung und Belohnung, Leistung und Erfolg wird überhaupt nicht gesehen. …
Die Erfahrung der Menschen geht allerdings gerade in die Richtung, dass auch entsprechende berufliche Leistungen keinerlei Erfolge nach sich ziehen. Allianz, Deutsche Bank und die BenQ-Pleite sind berede Beispiele dafür. Obwohl die Menschen bei Deutscher Bank oder Allianz mit ihrer Arbeitsleitung zu den außerordentlichen Gewinnen dieser Firmen das Wesentliche beigetragen haben werden sie entlassen. Im Fall BenQ lag es nicht am mangelnden Engagement der Mitarbeiter sonder an einem unfähigen Management, dass sich für seine armseligen Leistungen auch noch fürstlich belohnen lässt.
Das übliche Sozialstaat-Bashing darf natürlich auch nicht fehlen:…. An diesem Punkt können die üblichen Transferleistungen plus ein bisschen Schwarzarbeit und Ähnliches dazu führen, dass ein vergleichsweise bequemes Durchwuseln als die bessere Variante erscheint. …
So liegt die Problematik also nicht in ökonomischen, politischen oder materiellen Ursachen begründet, sondern an der falschen Einstellung der Betroffenen. Die Lösung, die Herr Bude dafür bereithält gemahnt allerdings an Vorstellungen aus dem 19. Jahrhundert. Die Menschen sollten sich eben damit abfinden, dass es eine natürliche gesellschaftliche Ordnung von oben und unten gibt: „Das Wichtigste wäre die Entwicklung einer konkreten Vorstellung vom “einfachen Arbeiten” und “einfachen Leben”. Und zwar in Würde und Selbstbewusstsein. Ein realistisches Bild der Möglichkeiten. … Natürlich müssen wir damit unseren beschönigenden postmateriellen Egalitarismus à la “neue Mitte” aufgeben.“ Meint Herr Bude das wirklich ernst? Wollen wir uns in der gesellschaftlichen Diskussion hinter die Statuten der Französischen Revolution und der Aufklärung zurück bewegen? Die Marschrichtung ist klar, die Menschen haben sich im entfesseltem Kapitalismus mit einer wachsenden sozialen Polarisierung als quasi natürliche Entwicklung abzufinden. Sehr originell ist Herr Bude dabei nicht, fast denselben Denkansatz findet man bereits bei Paul Nolte, dem Lieblinshistoriker des Maistreams, der die soziale Polarisierung nicht materiell begründet sieht sondern in einem Mangel an Kultur.
Wie es wirklich um die gesellschaftliche Entwicklung bestellt ist verdeutlicht ein sehr guter Beitrag von Wilhelm Heitmeyer und Sandra Hüpping (Auf dem Weg in eine inhumane Gesellschaft) in der SZ von diesem Wochenende (leider nur im Abonnement zugänglich)
Quelle: Süddeutsche - Das verflixte Leben, dem man nicht mehr entkommt
- Thomas Fricke: Boom der Fehlprognostiker
Mit Konjunkturvorhersagen danebenzuliegen ist kein Drama – wenn Unvorhersehbares passiert. Das 2006 unterschätzte Wachstum aber offenbart Krisenverliebtheit, überholte Diagnosen oder schlicht Irreführung.
Quelle: FTD - Wolfgang Müller: China Mythen: Die ineffizienteste Volkswirtschaft der Welt erzeugt derzeit das höchste Wachstum der Welt.
Quelle: Freitag 42 - Robert Kurz: 50.000 ohne Lehrstelle – Für die Unterschichten von morgen ist gesorgt.
Quelle: Freitag 42 - Katrin Mohr: Vom eigenen Versagen durch Schuldzuweisungen an Erwerbslose, Niedriglöhner und Minijobber abzulenken, scheint momentan das Einzige zu sein, was der großen Koalition dazu einfällt.
Quelle: Freitag 42 - Heiner Flassbeck: Reformen haben wenig gebracht
Quelle: FTD - Eva Roth: Rund 2,7 Millionen bedürftige Menschen nehmen ihren Anspruch auf staatliche Hilfe nicht wahr.
Quelle: FR - Der Wettbewerbsföderalismus greift: Zur Niederlage Berlins vor dem Bundesverfassungsgerichts
- Zahl der Studienanfänger in Nordrhein-Westfalen nach Einführung der Campusmaut eingebrochen. Immer mehr Abiturienten drängen auf den Ausbildungsmarkt
Quelle: junge Welt