Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

  1. Armut
  2. Hohle Idole – Was Bohlen, Klum und Katzenberger so erfolgreich macht
  3. Reform des Länderfinanzausgleichs – Schuldenländer sollen Einkommensteuer selbst bestimmen
  4. Rainer Brüderles total irres Inflationspapier
  5. Auswege aus der Schuldenkrise: Lohnkürzungen – Rettung oder Risiko?
  6. Armenküchen, Sozialabbau, Proteste: Das stolze Spanien liegt am Boden
  7. Stark rechnet mit Draghi ab
  8. Wo sind die Alternativen? – Über den Siegeszug des Neoliberalismus
  9. Ungleiche Einkommen: USA schlimmer als Uganda
  10. Norbert Blüm – Von wegen Vereinbarkeit
  11. S21-Gutachter halten Tunnel für Todesfallen
  12. Ein unmoralisches Angebot: Die Deutsche Bahn versucht, die Mitarbeiter einer ihrer Busfirmen in niedrigere Lohngruppen zu drängen
  13. Milliardenschwer und steuerbegünstigt – Wer kontrolliert die Stiftungen?
  14. Bernd Riexinger – Kein bisschen Frieden
  15. Merkel rechtfertigt Rüstungsexporte als Friedensmittel
  16. Ist Stuttgart die grüne Zukunft? NEIN
  17. Mali – Ein Land am Abgrund

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Armut
    1. Jede/r Fünfte in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen
      Etwa jede/r Fünfte (19,9 %) in Deutschland – das sind rund 16 Millionen Menschen – war 2011 von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen (2010: 19,7 %).Dieser Indikator ist neben der Armutsgefährdungsquote ein weiteres wichtiges Ergebnis der Erhebung LEBEN IN EUROPA 2011, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Armut oder soziale Ausgrenzung ist nach der Definition der Europäischen Union (EU) gegeben, wenn bei den befragten Haushalten eines oder mehrere der drei Kriterien „Armutsgefährdung“, „erhebliche materielle Entbehrung“, „Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung“ vorliegen.
      Im Jahr 2011 setzte sich der Indikator wie folgt zusammen: die Armutsgefährdungsquote lag bei 15,8 %, 5,3 % der Bevölkerung waren von erheblicher materieller Entbehrung betroffen, und 11,1 % der Personen lebten in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.
      Die EU hat diesen Sozialindikator eingeführt, um die Fortschritte der Europäischen Sozialpolitik bei der Verminderung von Armut und sozialer Ausgrenzung in der EU, einem Kernziel der sogenannten „Strategie Europa 2020“, zu messen. Die Möglichkeiten der sozialen Teilhabe sind bei den Betroffenen sehr eingeschränkt: Sie können aus finanziellen Gründen heraus beispielsweise ihre laufenden Rechnungen nicht begleichen, nicht mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einnehmen, keine notwendigen Anschaffungen tätigen, sich keine Urlaubsreise oder keinen Pkw leisten (siehe methodische Erläuterungen).
      Frauen waren mit einer Quote von 21,3 % im Jahr 2011 häufiger von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen als Männer (18,5 %). Während die unter 18-Jährigen mit einer Quote von 19,9 % dem Bundesdurchschnitt entsprachen, waren ältere Menschen ab 65 Jahren seltener (15,3 %) und Personen zwischen 18 und 64 Jahren häufiger (21,3 %) betroffen.
      Quelle: Destatis
    2. Zweifel an EU-Statistik – So wird Deutschland arm gerechnet
      Jeder fünfte Deutsche ist laut einer neuen Statistik von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Versagt ausgerechnet das wirtschaftliche Vorzeigeland Europas in der Sozialpolitik? Nein. Denn die EU-Methode ordnet sogar Menschen als arm ein, die Mietshäuser geerbt haben.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung unseres Lesers J.S.: Der SPIEGEL wirft der EU-Methode zur Bestimmung von Armutsgefährdung wird Unsinnigkeit vor. Dazu sollte man die Methode erstmal verstehen. Die SPIEGFEL-Recherche ordnet nämlich Begriffe in die Armutsstatistik ein, die da gar nicht rein gehören, etwa das “Netto-Durchschnittseinkommen”. Laut SPIEGEL würde damit bestimmt, wer als von Armut bedroht gelte (“über weniger als 60 Prozent des *Netto-Durchschnittseinkommens* und gelten damit als von Armut bedroht”). Es geht aber um 60 % des (deutlich geringeren) *Mittleren Einkommens*. Die besondere Leistung der SPON Rechercheure: Sie behaupten, die Methode der Studie kritisieren zu können, obwohl sie gleichzeitig noch nicht mal von der zwei Sätze langen Zusammenfassung auf der Webseite der Stastistischen Bundesamtes richtig abschreiben können (“Die Armutsgefährdungsquote ist nach EU-Definition der Anteil der Personen, der mit weniger als 60% des *mittleren Einkommens* der gesamten Bevölkerung auskommen muss.”) Aber diese Argumentationsfigur (aus Unkenntnis?) kennen wir schon: Auch der Leiter des Hauptstadtstudios von BILD hatte schon mit falschen Begriffen (Durchschnittseinkommen anstatt Mittleres Einkommen) gegen den Armutsatlas des paritätischen Wohlfahrtsverband gewettert.
      Wie schließlich der unsachliche SPIEGEL-Titel zu der durchaus richtigen Feststellung passt, dass unter bestimmten Lebensumständen, etwa in teuren Ballungsräumen auch Personen armutsgefährdet sein dürften, die knapp über den 952 Euro liegen, bleibt wohl das Geheimnis des Redakteurs vom Dienst.

      Anmerkung unseres Lesers H.B.: Mit diesem Artikel hat sich der SPIEGEL selbst “untertroffen”. Entsprechend der Intention des Schreiberlings lautet der Titel “So wird Deutschland arm gerechnet”. Natürlich muss nicht extra erwähnt werden, dass in dem Geschreibsel munter von einem Durchschnittseinkommen gefaselt wird – wieder mal. Dass die Armut über einen Median ermittelt wird, ist dem Autor sicher völlig unbekannt.
      Dann geht es an die “Entkräftung” der Armutskriterien: “8,5 Prozent der Deutschen verfügen zwar über weniger als 60 Prozent des bundesweiten Durchschnittseinkommens, haben aber einen Job und sagen von sich selbst, dass sie ihren Lebensstandard nicht aus Geldmangel einschränken müssen.”
      Zum einen ist das “einschränken müssen” nicht gleichbedeutend mit der Armutsgrenze, zweitens hätte ich gern mal gewusst, woher der Autor weiß, dass diese Deutschen dass “von sich sagen”. Es ist wohl aus den Fingern gesogen, denn plötzlich lautet die Folgerung: “Diese Menschen fühlen sich also vermutlich keineswegs arm oder sozial ausgegrenzt”. FÜHLEN und VERMUTEN – Donnerwetter! Na, wenn das keine überzeugenden Gegenargumente sind.
      Es kommt aber noch besser: Das Kriterium der Erwerbszeitquote von 20 Prozent wendet der Autor allen Ernstes auf Besitzer von Miethäusern an, die von den Mieteinnahmen leben. Die wären dann ja auch arm, so seine Folgerung.
      Über soviel Chuzpe bleibt mir echt die Sprache weg. Ich hatte ja gar keine Ahnung, wie arm solche Immobilienbesitzer sind oder Millionenerben, die im Schweiße ihres Angesichts ihr Geld ausgeben oder anlegen müssen. Wie soll man schon darauf kommen, dass dieses Kriterium sich auf abhängige Beschäftigung bezieht?

      Anmerkung unseres Lesers G.G.: Da beschwert sich eine Fußballmannschaft, dass der Platz so schlecht war und sie das Spiel verlor – und vergisst dabei, dass beide Mannschaften auf dem selben Platz gespielt haben. Achten Sie beim Lesen des Artikels mal auf die Argumentation bei dem Facharbeiter aus der strukturschwachen Region Vorpommern und bei dem Rumänen in Luxemburg. Einmal wird die Statistik dafür kritisiert, dass sie die Besonderheiten einer Region nicht berücksichtigt, ein anderes mal, weil sie genau das tut. Übrigens wäre auch die im Artikel genannte, für Deutschland viel bessere Quote von 9,1% Armutsgefährdeten nicht eben glorreich für “ausgerechnet eines der reichsten Länder der Welt und das wirtschaftliche Vorzeigeland Europas”.
      Und noch etwas: “verfügen über weniger als 60 Prozent des Netto-Durchschnittseinkommens und gelten damit als von Armut bedroht.” – müsste es nicht das mittlere Einkommen und gerade nicht das Durchschnittseinkommen sein?

      Ergänzende Anmerkung JB: Bezeichnend ist auch, dass ausgerechnet der mit seinem „Ökonomenaufruf“ bereits vor kurzem maximales Fremdschämpotential ausgelöst hat, bei dieser SPIEGEL-Story der Stichwortgeber ist. Kann es sein, dass auch der „große Statistik-Professor“ Krämer den Unterschied zwischen Durchschnitt und Median nicht kennt? Das wäre dann sogar noch peinlicher als seine vergangenen Ausflüge in die Welt der Volkswirtschaft.
      Von Krämer stammt übrigens das kleine, durchaus unterhaltsame, Büchlein “So lügt man mit Statistik”. Sollte es irgendwann einmal eine Neuauflage geben, könnte sich Krämer samt des SPIEGEL-Artikels selbst als Fallbeispiel vorführen.

  2. Hohle Idole – Was Bohlen, Klum und Katzenberger so erfolgreich macht
    „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) und „Germany’s next Topmodel“ (GNTM) sind Prototypen der Castingshows. Als Sänger oder „Models“ führen junge Kandidatinnen und Kandidaten in einem hoch emotionalisierten Ausscheidungswettbewerb einer Jury geforderte Leistungen vor und stellen sich deren Urteil bzw. einem „Voting“ des Publikums. Diese Sendungen bedienen das Motiv, nur die Stärksten würden überleben. Schwache ernten eher Häme als Mitgefühl. Die Shows sind damit ein Spiegelbild gesellschaftlicher Aggressivität.
    Dieter Bohlen und Heidi Klum sind die unumstrittenen Autoritäten ihrer Sendungen. Sie bestimmen – oft überraschend willkürlich –, wo es langgeht. Sie sagen, worauf es ankommt. Sie verbreiten die Illusion, von ihnen könne man lernen, wie man berühmt und erfolgreich wird. Die Castingshows tun so, als seien sie Exerzierplätze fürs Leben – Feuertaufen, durch die man hindurchmuss, um dann abgehärtet im Leben zu bestehen. Die Werte, die offen oder versteckt propagiert werden, sind Egoismus und ein schon
    überwunden geglaubter Sexismus. In dem Gesangswettbewerb werden die Kandidaten redaktionell zu einem bunten Panorama von Stereotypen zurechtgebogen. Im Model-Wettstreit werden junge Frauen in extremer Form reduziert auf ihren Körper. Sie lernen, dass erfolgreich nur sein wird, wer sich anpasst. Insbesondere GNTM erzieht zu Gehorsam.
    Quelle 1: Otto Brenner Stiftung
    Quelle 2: Die Studie „Hohle Idole“ [PDF – 1.4 MB]
  3. Reform des Länderfinanzausgleichs – Schuldenländer sollen Einkommensteuer selbst bestimmen
    Es wäre eine finanzpolitische Revolution: Haushaltspolitiker der Union haben sich auf eine Reform des Länderfinanzausgleichs geeinigt. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen soll es mehr Wettbewerb geben, Länder sollen eigenmächtig die Einkommensteuer erhöhen dürfen. Das Bundesfinanzministerium unterstützt die Pläne. […]
    Geht es nach den Finanzexperten der Union, sollen die bisherigen Ausgleichselemente “in ihrer Wirkung abgeschwächt” und “neu organisiert” werden. Empfängerländer sollen “deutliche Anreize” erhalten, “ihre Einnahmesituation zu verbessern”. Gleichzeitig solle bei den Geberländern das Ergebnis ihrer erfolgreichen Politik in Form von Einnahmesteigerungen nicht vollständig durch den Länderfinanzausgleich aufgezehrt werden, …
    Schuldenländer müssen mit deutlich mehr Kontrolle rechnen. Der Stabilitätsrat, der seit 2010 die Haushaltsführung von Bund und Ländern überwacht, soll mehr Kompetenzen erhalten und “Hüter der innerdeutschen Finanzstabilität” sein. Ab 2020 sollen Länder, die gegen die Schuldenbremse verstoßen, automatisch mit Sanktionen belegt werden können. Zum Beispiel ist angedacht, dass die Gelder aus dem Länderfinanzausgleich bei notorischen Schuldensündern erst einmal auf ein Sperrkonto fließen.
    “Unser Anliegen war, die Probleme beim Länderfinanzausgleich politisch zu lösen und nicht, wie so oft, durch ein Urteil aus Karlsruhe”, sagt der Vorsitzende der Finanzpolitischen Sprecher von CDU/CSU, Mike Mohring. “Unsere politische Botschaft ist: Schlechtes Regieren muss sichtbar werden, gutes Regieren muss sich lohnen.”
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JK: Erschütternd, obwohl die neoliberale Ideologie mit der Finanzkrise als völlig desavouiert gilt, ist dieses Dogma in den Köpfen der deutschen Abgeordneten und Politiker tief verankert. Wenn man mehr “Wettbewerb” zwischen den Bundesländern will, will man dann, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse ähnlich entwickeln wie aktuell in der EU? Welchen Vorteil erhofft man sich von einer noch stärkeren sozialen Polarisierung? Will man final etwa Verhältnisse wie in Italien, nur mit umgekehrten Vorzeichen, ein wohlhabender Süden gegen einen verarmten Osten oder Norden?

  4. Rainer Brüderles total irres Inflationspapier
    Rainer Brüderle hat noch nie eine Gelegenheit ausgelassen, mit einem populären Thema in die Schlagzeilen zu kommen – sein “Programm zum Inflationsschutz”, wie es heute vom Handelsblatt zitiert wird, ist allerdings eine Klasse für sich.
    Quelle: ZEIT Herdentrieb
  5. Auswege aus der Schuldenkrise: Lohnkürzungen – Rettung oder Risiko?
    Damit Krisenstaaten wie Spanien wieder wettbewerbsfähig werden, müssen die Löhne sinken. Das jedenfalls fordern zahlreiche Ökonomen. Ein Dilemma: Denn niedrigere Einkommen würden die Wirtschaft der betroffenen Staaten zunächst erst recht schwächen. Gibt es einen Ausweg? […]
    Um die Konjunktur wieder anzutreiben, müssten die Exporte deutlich steigen. Doch dafür müssen nach Meinung vieler Ökonomen die Löhne auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden. […]
    Vor allem aber: Sinkende Löhne können der Wirtschaft kurzfristig sogar schaden, wie der Präsident der europäischen Ökonomenvereinigung EEA, Jordi Gali, auf einer Konferenz in Malaga warnte. Auf dieses Problem hatte auch der Nobelpreisträger Paul Krugman 2009 in den USA hingewiesen – ein Zusammenhang, der mindestens seit der Großen Depression bekannt ist. […]
    Das Problem sinkender Löhne ist nach Ansicht von Gali und Krugman ein doppeltes: Zum einen führen geringere Lohnsteigerungen zu niedriger Inflation. Die Folge können höhere Realzinsen sein. Vier Prozent Zinsen sind wenig, wenn die Inflation gleichzeitig bei drei Prozent liegt, die realen Zinsen betragen dann nur ein Prozent. Wenn die Inflation aber bei Null liegt, sind es auch real vier Prozent. Und die hohen Zinsen machen Kredite teurer, Investitionen und Konsum unattraktiver.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Was sind das für Kausalketten? Warum kann man die Konjunktur nicht durch höhere Binnennachfrage antreiben? Was überhaupt: sollen die Löhne gesenkt oder die Konjunktur angekurbelt werden (beides zusammen geht kaum)? Und wieso fällt das erst jetzt, nach zweieinhalb Jahren desaströser, von Merkel et al. verordneter Austeritätspolitik auf, obwohl das Problem doch (laut Artikel) “mindestens seit der Großen Depression” bekannt ist?

  6. Armenküchen, Sozialabbau, Proteste: Das stolze Spanien liegt am Boden
    Ein Land verelendet: Während der spanische Staat Milliarden Steuergeld verschwendet und seine Banken rettet, wachsen die Schlangen vor den Armenküchen. Jeder dritte Haushalt kommt nicht mehr über die Runden.
    Quelle: Focus
  7. Stark rechnet mit Draghi ab
    […] FTD: Die EZB sollte also nichts tun, um Spanien zu helfen oder anders gefragt, wie kann Spanien dann geholfen werden?
    Stark: Ich bin der Meinung, dass Spanien ein Vollprogramm braucht und nicht nur irgendwelche Teilprogramme. Spanien hat nicht nur ein Bankenproblem, Spanien hat ein tiefgreifendes ökonomisches Problem, etwa am Arbeitsmarkt. Da hat es über die vergangenen 20 Jahre Stillstand gegeben. Spanien braucht ein umfassendes Reformprogramm für das gesamte Land.
    FTD: Ist Spanien nicht sowieso eine Art Markstein in der Schuldenkrise? Es ist das erste wirklich große Land mit Problemen in der Euro-Zone…
    Stark: Wir sind an einem Punkt angekommen, wo das bisherige Stückwerk in der Krisenbewältigung aufhören muss. Man hätte längst eine Konferenz der Regierungen einberufen müssen, um ein Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung der europäischen Integration zu beraten. Der Vorstoß von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu einem europäischen Konvent geht in diese Richtung.
    Quelle: FTD

    Anmerkung unseres Lesers E.J.: Jürgen Stark mag mit der EZB wegen derer – an deutschen Maßstäben gemessen – pragmatischer Geldpolitik über Kreuz liegen. Damit aber, dass Spanien bei Beantragung des Rettungsschirms das von Stark so genannte übliche „Vollprogramm“ nach Rezeptur des IWF absolvieren soll, vertritt Stark die wirtschaftspolitischen Auffassungen der EZB, die ihre Ankaufsgarantien für Staatsanleihen bekanntlich von der Erfüllung der berühmt-berüchtigten Konditionalität der IWF- (und daran anschließend der ESM-) Kreditprogramme abhängig macht. Dass der IWF bei der Gestaltung eines Spanienprogramms seinen bisherigen Austeritätskurs aufgeben wird, bleibt trotz positiver Ansätze seines wissenschaftlichen Dienstes nicht mehr als eine schwache Hoffnung. Spanien droht damit nicht nur zum „Markstein“ (vgl. Interviewfrage), sondern auch zum Schlussstein der europäischen Austeritätspolitik zu werden. Darum geht es in den nächsten Wochen.

  8. Wo sind die Alternativen? – Über den Siegeszug des Neoliberalismus
    Ein sehr informativer (zwar etwas älterer, aber noch immer relevanter) Beitrag aus dem Rundfunk-Programm von Bayern2.
    Quelle: BR2 Zündfunk via YouTube
  9. Ungleiche Einkommen: USA schlimmer als Uganda
    Auf dem Papier haben die USA die vergangene Rezession Mitte 2009 hinter sich gelassen und befinden sich seither auf Wachstumskurs. Bei einem überwältigenden Teil der Bevölkerung des Landes kommt davon allerdings nichts an, dafür umso mehr beim reichsten ein Prozent. Die reichsten 1,2 Millionen Haushalte, die das oberste eine Prozent in der Reichtums-Skala ausmachen, steigerten ihre Einnahmen im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent, wie aus Daten des U.S. Census Bureau hervorgeht. Für die 96 Millionen Haushalte, die die unteren 80 Prozent ausmachen, ging es hingegen gleichzeitig um durchschnittlich 1,7 Prozent abwärts. Die Einkommenskluft zwischen Arm und Reich war 2011 in Amerika so groß wie seit mehr als vier Jahrzehnten nicht mehr, zeigen Census-Daten. Damit ist das Einkommens-Ungleichgewicht in der weltgrößten Volkswirtschaft schlimmer als in Uganda oder Kasachstan. Die Vorstellung, dass jede Generation mehr verdient als die vorherige – ein zentraler Aspekt des amerikanischen Traums – ist mittlerweile unter Beschuss. Im vergangenen Jahrzehnt ist das mittlere Familien-Einkommen erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gefallen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Artikel im Handelsblatt bezieht sich auf einen Bloomberg-Artikel, der die Zahlen für das oberste Prozent aus einer anderen Quelle bezieht und den zu lesen für diejenigen sinvoll ist, die nicht die Zeit haben, sich den Bericht des U.S. Census Bureau (81 Seiten) zu Gemüte zu führen [PDF – 2.2 MB].

  10. Norbert Blüm – Von wegen Vereinbarkeit
    Ehe und Familie werden dem Arbeitsleben untergeordnet, und alle finden es modern – warum nur?
    Familie und Beruf sollen also vereinbar sein, und die Politik soll es richten. Niemand in Deutschland würde dem widersprechen. Dass es diese Vereinbarkeit dennoch nicht gibt, dafür sind schnell Schuldige gefunden: Väter, die keine Familienarbeit leisten. Betriebe, die keine familienfreundlichen Arbeitsverhältnisse wie Teilzeitjobs anbieten. Der Staat, der Betreuungsangebote nicht flächendeckend bereitstellt.
    Aber wollen wir überhaupt die perfekte Vereinbarkeit? Und um welchen Preis? Die moderne Familie konnte entstehen, weil die private und die ökonomische Sphäre getrennt waren. Die moderne Familie ist nicht wie in Agrarzeiten Wohn- und Arbeitsstätte zugleich. Betrieb und Familie sind getrennt; und die Familienpolitik zielte darauf ab, die Intimität von Eltern und Kindern zu schützen. Darum ging es, als sich die Familie endlich von der Arbeitswelt emanzipierte. Vereinbarkeit mit dem Beruf stand nicht auf dem Zettel. Im Gegenteil: Durch Kindergeld und Freibeträge sollte die Unabhängigkeit der Familie gegenüber der Wirtschaft gestärkt werden. Kinder kosten viel Geld, und deshalb sollten die Belastungen der Familie gegenüber Kinderlosen ausgeglichen werden.
    Quelle: ZEIT
  11. S21-Gutachter halten Tunnel für Todesfallen
    Zwei neue Gutachten zu Stuttgart 21 liegen dem stern vor. Darin urteilen Ingenieure: Im Katastrophenfall hätten Kinder, Alte und Rollstuhlfahrer keine Chance, aus den Tunneln zu entkommen. […]
    Brandexperte Hans-Joachim Keim, der bei der Tunnelkatastrophe im österreichischen Kaprun Gutachter war, hält sogar für nahezu ausgeschlossen, dass man den Brandschutz nach dem derzeitigen Konzept auf den heute üblichen Sicherheitsstandard wie etwa im Eurotunnel zwischen Frankreich und England bringen kann. Dies würde die Kosten des Projekts “auf 15 bis 20 Milliarden Euro treiben”, sagte Keim dem stern. Man müsste S 21 “völlig neu planen”.
    Trotz der Massenproteste gegen das Milliardenprojekt haben die Bauarbeiten für Stuttgart 21 im Februar 2010 begonnen, die Inbetriebnahme ist für Dezember 2020 geplant. Kernstück ist der Umbau des Kopfbahnhofes in einen Durchgangsbahnhof. Die Gegner, zu denen auch die Grünen um Ministerpräsident Winfried Kretschmann gehören, hatten immer wieder vor ausufernden Kosten gewarnt. Eine Schlichtung unter Heiner Geißler (CDU) im Oktober und November 2010 schlug mögliche Verbesserungen unter der Bezeichnung Stuttgart 21 Plus vor. Kritiker lehnen den geplanten Umbau jedoch weiterhin ab.
    Quelle: Stern
  12. Ein unmoralisches Angebot: Die Deutsche Bahn versucht, die Mitarbeiter einer ihrer Busfirmen in niedrigere Lohngruppen zu drängen
    Man sollte meinen, Peter Fellmann könne sich nicht beklagen. Eigentlich lief es doch ganz gut für den Busfahrer, der in Wahrheit anders heißt. Zunächst hatte er als Leiharbeiter begonnen, dann bekam er einen Zeitvertrag, und schließlich sollte er unbefristet übernommen werden. Das klingt doch fast nach einer Bilderbuchkarriere. Oder nicht? „Ganz im Gegenteil“, widerspricht Martin Burkert, Vorstandsmitglied bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und SPD-Bundestagsabgeordneter. Fellmann sei regelrecht erpresst worden. „Den unbefristeten Vertrag bot man ihm nämlich nur für den Fall an, dass er für 20 Prozent weniger Lohn arbeitet.“ Für Burkert ist klar, worum es sich handelt: „ein unmoralisches Angebot“. Was den Franken besonders empört: „Dahinter steckt nicht irgendeine Privatfirma, sondern ein Unternehmen, das sich zu 100 Prozent in Staatshand befindet – die Deutsche Bahn.“ Konkret geht es um eine Tochter der Bahn, die Omnibusverkehr Franken GmbH (OVF). Rund 500 Busfahrer und 200 Angestellte arbeiten bei dieser Gesellschaft, die Buslinien in Franken betreibt. Angesichts der vergleichsweise kleinen Zahl könnte man das Problem für begrenzt halten. Doch davor warnt Burkert: „Das ist erst der Anfang“, ist er überzeugt. „Früher oder später werden wir solche Erpressungsversuche bundesweit erleben.“ Bei der Bahn bestätigt man die Vorgehensweise, verweist jedoch auf den harten Wettbewerb, der in der Busbranche herrsche. Die Löhne bei der OVF lägen deutlich über dem, was andere Omnibusunternehmen ihren Angestellten zahlten, sagt ein Sprecher des Konzerns. Bei diesem Tarifniveau, das man mit der EVG ausgehandelt hatte, stünden die Chancen schlecht, auch in Zukunft Ausschreibungen zu gewinnen. Doch das lässt Hauenstein nicht gelten. Er verstehe ja, dass die Bahn unter Kostendruck stehe, „aber deshalb kann man doch nicht alles auf dem Rücken der Mitarbeiter austragen“. Zumal die Gewerkschaft ja durchaus kompromissbereit sei. „Wenn die OVF uns ein konkretes Beispiel nennt, wo sie eine Ausschreibung allein wegen des hohen Lohnniveaus nicht gewinnen kann, ließe sich auch mit dem bestehenden Tarifvertrag eine Lösung finden.“ Burkert sieht vor allem die Kommunen in der Pflicht. „Wenn sie einen Nahverkehrsvertrag ausschreiben, müssten sie darin einen gewissen Mindestlohn zur Bedingung machen“, sagt er. „Erst dann wäre sichergestellt, dass es im Wettbewerb um die Qualität geht und nicht allein um den Preis.“ Er fürchtet allerdings, dass die Kommunen angesichts knapper Kassen davon absehen werden.
    Quelle: SZ via Betriebsrat.de
  13. Milliardenschwer und steuerbegünstigt – Wer kontrolliert die Stiftungen?
    ThyssenKrupp, Bertelsmann, Fresenius: drei Großkonzerne, die eng mit einer gemeinnützigen Stiftung verbunden sind. Auch mittelständische Unternehmer lieben es, ihre Firma ganz oder teilweise auf eine gemeinnützige Stiftung zu übertragen.
    Sie sagen: Die Stiftungskonstruktion schütze vor Zerschlagung und vor Erbstreitigkeiten. Was sie nicht so gern einräumen: Die gemeinnützige Stiftung hilft, in großem Umfang Steuern zu sparen. Und was haben die Bürger davon? Wie großzügig sind unternehmensverbundene Stiftungen wirklich?
    Wer verhindert, dass gemeinnützige Stiftungen in großem Umfang private Interessen bedienen? Ein Feature über den wuchernden Stiftungsdschungel, der von Politikern nahezu aller Parteien bewässert und gedüngt wird.
    Quelle: Deutschlandfunk
  14. Bernd Riexinger – Kein bisschen Frieden
    Wer mit Bomben befrieden will und Panzer in alle Welt verschifft, hat den Friedensnobelpreis nicht verdient. Abstruser wäre nur der Wirtschaftsnobelpreis für die Bewältigung der Euro-Krise gewesen.
    Mit der Entscheidung, der EU den Friedensnobelpreis zu verleihen, hat das fünfköpfige Nobelkomitee weder eine mutige noch eine gut begründbare Wahl getroffen. Vielmehr ist die Entscheidung, ausgerechnet die EU mit dem Preis zu beglücken, eine, die das Erbe von Alfred Nobel infrage stellt.
    Nach dem Willen des schwedischen Stifters soll derjenige ausgezeichnet werden, „der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt“ und dadurch „im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht“ hat. Schon aus diesem Grund ist schwer nachvollziehbar, warum ausgerechnet die EU ausgezeichnet wird.
    Quelle: The European
  15. Merkel rechtfertigt Rüstungsexporte als Friedensmittel
    Kanzlerin Merkel will in der Sicherheitspolitik verstärkt auf Rüstungsexporte und militärische Ausbildungshilfe für “vertrauenswürdige Partner” setzen. “Es liegt in unserem Interesse, wenn wir Partner dazu befähigen, sich für die Bewahrung oder Wiederherstellung von Sicherheit und Frieden in ihren Regionen wirksam einzusetzen”, sagte die CDU-Chefin am Montag auf einer Bundeswehrtagung in Strausberg bei Berlin. Merkel zählte Ausrüstungsgüter ausdrücklich zu den möglichen Unterstützungsmaßnahmen für aufstrebende Regionalmächte oder regionale Staatenbünde. “Wer sich der Friedenssicherung verpflichtet fühlt, aber nicht überall auf der Welt eine aktive Rolle in der Friedenssicherung übernehmen kann, der ist auch dazu aufgerufen, vertrauenswürdigen Partnern zu helfen, damit sie entsprechende Aufgaben übernehmen.” Merkel will sich dafür einsetzen, dass Nato und EU politische Grundsätze für solche Unterstützungsmaßnahmen erarbeiten. Die Wahrung von Menschenrechten und die Achtung grundlegender Werte müssten aber “entscheidende Kriterien der Beurteilung” bleiben. “Es geht dabei nicht um eine Aufweichung unserer restriktiven Richtlinien für Rüstungsexporte”, betonte sie.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Orlando Pascheit: Man würde schon gerne einmal erfahren, wie die Bundesregierung die Niederschlagung des arabischen Frühlings in Bahrain war mit Hilfe saudischen Militärs bewertet. Oder gelten für Schiiten Menschenrechte und die Achtung grundlegender Werte weniger, weil globaler Feind? Betrachtet man die Bereitschaft Deutschlands, Leopard-Kampfpanzer an Saudi-Arabien zu liefern, genauer, so sollte man sich den geforderten Panzertyp einmal genauer anschauen. Der Leopard 2A7+ ist für sogenannte MOUT-Einsätze (Military Operations in Urban Terrain) also für den Häuserkampf geeignet – aber nicht nur. Er verfügt über eine Rundumsicht und kann auch rundum schießen (ohne den Turm zu bewegen), selbst in einem steilem Winkel nach oben. Sprengstoffhülsen kommen gegen Panzerabwehrwaffen wie die gefürchtete RPG-7 zum Einsatz und mit einem Räumschild können Hindernisse und Barrikaden aus dem Weg geräumt werden. Darauf zu vertrauen, dass der Leopard 2A7+ nur gegen den Iran zum Einsatz käme, ist reichlich naiv.

    Passend dazu: Auslandseinsätze: De Maizière rechnet mit wachsender Zahl
    “Als starkes Mitglied der internationalen Gemeinschaft wird Deutschland künftig eher häufiger gefragt werden, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen – auch militärisch”, sagte der CDU-Politiker gestern bei einer Bundeswehrtagung in Strausberg. Als vereintes Land mit einer der größten Volkswirtschaften der Welt habe Deutschland Verantwortung für Sicherheit und Stabilität in der Welt. “Wir werden gefragt, unser Einfluss ist erwünscht und anerkannt”, sagte er.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: De Maizière gibt sich zwar einen seriöseren Anschein als zu Guttenberg, aber im Ergebnis lässt auch er von keiner Sachkenntnis getrübte Sprechblasen ab. Weder hat er der Kanzlerin zugehört, noch verfolgt er die strategische Ausrichtung der USA. Die Kanzlerin möchte lieber die Verantwortung in die Hände verlässlicher regionaler Verbündeter wie Saudi Arabien legen und bietet Waffen statt Soldaten. Die US-Regierung kann ihrer Wählerschaft keine Auslandseinsätze zumuten, zumal die letzten Einsätze folgenreich erfolglos blieben. Jeder Anfänger in West Point weiß, dass Karrieren in der Armee kaum aussichtsreich sind, da die Landstreitkräfte zusammengestrichen werden. Die US-Streitkräfte werden sich auf schnelle Eingreiftruppen und ferngesteuerte Luftwaffensysteme konzentrieren. Da möchte man sehen, wie Deutschland in fernen Landstrichen ohne die USA Verantwortung demonstriert.

  16. Ist Stuttgart die grüne Zukunft? NEIN
    Nein, Stuttgart ist nicht die grüne Zukunft. Der wichtigste Grund dafür ist ein sehr schlichter: Baden-Württemberg ist nicht Deutschland. Auch wenn das Klischee vom Musterländle überstrapaziert wurde, so ist doch nicht zu übersehen, wie glänzend das Bundesland im Vergleich zu anderen da steht. Eine Wirtschaft, die mit Exporten Milliarden verdient. Kommunen, die vor Geld nicht wissen, welchen Kreisverkehr sie noch ausbauen sollen. Eine Arbeitslosenquote, die diesen Namen nicht verdient. In Baden-Württemberg sind ernsthafte soziale Verwerfungen weitgehend unbekannt. Die regionalen Grünen können sich deshalb, unbehelligt von schmerzhaften Verteilungskämpfen, voll auf die Erneuerung einer gut gestellten Gesellschaft konzentrieren. Und auf das, was in der gutbürgerlichen Mitte Mehrheiten sichert: Sie versprechen, den Daimler – und damit die Arbeitsplätze – zu hegen, wenn er ein paar Elektroautos baut. Und bieten ansonsten, etwa in der Stadt-, Ökologie- oder Energiepolitik, moderat progressive Positionen an, die keinem Gutverdiener wehtun.
    Ernsthaft anzunehmen, eine solche Strategie ließe sich bruchlos auf die Republik übertragen, wäre naiv. Und ist eher Ausdruck einer schwäbischen Hybris denn einer realpolitischen Analyse. Ist niemandem aufgefallen, dass Kretschmann eine Vermögensabgabe ablehnt, die im Grünen-Programm steht? Kuhn, der Wirtschaftspolitiker, fiel in den Debatten über Spitzensteuersätze dadurch auf, dass er gegen allzu hohe Belastungen kämpfte. Reiche müssen mehr zahlen? Ach was. Die beiden Grünen, die im Moment als Avantgarde bejubelt werden, vertreten also erstaunlich anachronistische Positionen. Selbst marktliberale Ökonomen sehen inzwischen ein, dass sich das hoch verschuldete Staatswesen ohne mehr Solidarität der Gutverdiener nicht retten lässt. Und ja: Politik muss im Zweifel Solidarität erzwingen, anders geht es nicht.
    Quelle. taz
  17. Mali – Ein Land am Abgrund
    Die Bundesregierung kündigt einen Einsatz der Bundeswehr in Mali an. Nach entsprechenden Äußerungen von Kanzlerin Merkel am Montag hat Außenminister Westerwelle am gestrigen Dienstag bestätigt, Berlin wolle Mali “stabilisieren” und dazu deutsche Soldaten schicken. Sie sollten malische Militärs für den Krieg gegen Aufständische im Norden des westafrikanischen Landes trainieren. Nord-Mali wird schon seit Anfang des Jahres von Tuareg-Milizen kontrolliert, unter denen sich schon bald eine militant islamistische Fraktion durchgesetzt hat. Die Entwicklung ist eine direkte Folge des Libyen-Krieges der NATO, dem die Zerstörung des überaus fragilen Gleichgewichts in den ökonomisch prekären Wüstenrandgebieten geschuldet ist. Dessen ungeachtet reagiert Berlin auf die desaströse Lage, die in Mali durch eine westliche Intervention verursacht wurde, mit der Forderung nach einer erneuten Intervention. In Mali soll dabei der Krieg gegen die Aufständischen geführt werden wie in Somalia – mit Truppen, die sich ausschließlich aus afrikanischen Streitkräften rekrutieren und von westlichen Militärs, die im sicheren Hinterland stationiert sind, auf ihre konkreten Kampftätigkeiten vorbereitet werden.
    Quelle: German Foreign Policy

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