Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (MB/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Eine Frage der Ehre: Polit-Blogger müssen keine Rücksicht nehmen – davon leben können sie aber meist nicht
  2. 145 Milliarden Gewinn – Weltweite Ölgeschäfte laufen wie geschmiert
  3. Europa in der Armutsfalle
  4. Weltwirtschaft: Zumutung Europa
  5. Ein Jahrzehnt zunehmender Ungleichheit
  6. Deutsche Bank warnt vor neuer Krise
  7. Die Enteignung findet schon statt
  8. Der deutsche Sonderweg in der Ökonomie
  9. Amazons Europäisches Steuersparmodell – Gigantische Profite, keine Steuern
  10. 1. Mai 2012: “Gute Arbeit für Europa – Gerechte Löhne, Soziale Sicherheit”
  11. Viele Fachärzte meiden Kassenpatienten
  12. Ex-Schlecker-Mitarbeiter gehen gegen Kündigung vor
  13. Prekäre Republik Deutschland
  14. Faltblatt: Wasser gehört uns allen! – Wie die EU-Kommission die öffentliche Daseinsvorsorge zum Geschäft machen will
  15. Eckpfeiler einer linken Männerpolitik
  16. (Un-)Sicherheitsfaktor Atombombe – Eine Analyse der Krise um das iranische Nuklearprogramm
  17. Post-Journalismus in WDR 3
  18. Die Springer-Republik
  19. Der ewige Antisemit

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Eine Frage der Ehre: Polit-Blogger müssen keine Rücksicht nehmen – davon leben können sie aber meist nicht
    Unbezahlt: Die Finanzierung politischer Blogs ist unter den Betreibern ein viel diskutiertes Thema. Werbung wird oft vermieden, Leserspenden dagegen sind essenziell. Dennoch wollen viele Autoren auf den Polit-Blogs kommentieren, auch wenn sie kein Geld dafür bekommen.
    Kurz nach neun Uhr abends in einer Reihenaussiedlung am Stadtrand von Goslar. Jens Berger öffnet mit der einen Hand die Haustür und hält mit der anderen Labrador Oskar zurück. Ein kurzes Schnuppern, dann macht es sich der Hund gähnend im Flur gemütlich. Für sein Herrchen fängt der Stress jetzt erst an-
    In seinem Büro im ersten Stock lässt sich der Blogger in den weißen Schwingstuhl am Schreibtisch fallen und blickt auf die beiden Bildschirme vor ihm. In einer halben Stunde ist Redaktionsschluss beim wohl meistgelesenen Polit-Blog Deutschlands: Den NachDenkSeiten. Seinen eigenen Kommentar hat er schon geschrieben. Jetzt muss Jens Berger noch die „Hinweise des Tages“ zusammenstellen: Links zu aktuellen politischen Beiträgen anderer Medien. Die Tippgeber: Die Leser …
    Quelle 1: Deutschlandradio (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio [Audio – mp3]
  2. 145 Milliarden Gewinn – Weltweite Ölgeschäfte laufen wie geschmiert
    Es ist ein reiner Zufall, aber er spricht dennoch Bände: Die zehn größten Ölkonzerne der Welt verdienten im Vorjahr so viel wie alle österreichischen Arbeitnehmer zusammen, nämlich knapp 145 Milliarden Euro. Mit einem Unterschied: Die Beschäftigen des Landes sahen davon nur einen Teil, weil sich die Zahl auf die Bruttolöhne bezieht, während die Profite der Multis nach Steuern berechnet wurden.
    Vor allem der steigende Ölpreis lässt die Einnahmen von ExxonMobil (Esso), Shell & Co sprudeln. Die Profite der Top-Ten-Konzerne stiegen im Vergleich zu 2010 um 50 Prozent, geht aus einer Übersicht des Finanzdatenanbieters Factset hervor. Doch betroffen sind nicht nur die Margen in der Ölförderung: Auch die Lagerhaltung im Raffinerie- und Tankstellengeschäft profitiert von den deutlich höheren Notierungen des Energieträgers, erläutert Thomas Unger, Analyst bei der Erste Group.
    Quelle: Der Standard
  3. Europa in der Armutsfalle
    Die Krise in Europa lässt sich nicht hinwegspülen. Auch nicht durch eine 1.030 Milliarden Euro-Geldschwemme, mit der die EZB die Banken überschüttet hat. Die Rechnung der EZB, dadurch die angeschlagenen Banken zu retten und die Zinsen auf Staatsanleihen der Krisenländer zu senken, geht nicht auf. Die Banken nehmen das billige Geld – 1 % für eine Dauer von 3 Jahren – gern, geben den niedrigen Zins aber nicht an die Krisenländer weiter. Die Zinsen auf Staatsanleihen betragen nahezu das Sechsfache. Diese Erträge fließen nicht nur in die Tresore der Banken, sie legen den Sozialstaat trocken. Auch bei der Armut gilt: Tendenz steigend…
    Europa steuert zielgenau auf eine menschliche Katastrophe zu: Denn ohne Sozialleistungen sind bereits 125 Millionen, also jeder vierte Europäer, von Armut bedroht – durch Arbeitslosigkeit, Hungerlöhne, mickrige Renten und prekäre Beschäftigung. Am stärksten sind Kinder, Jugendliche, Ältere und Frauen betroffen. Noch senken die Staaten diese „Armutsgefährdungsquote“ durch Sozialleistungen auf 16,4 % oder 80 Millionen Europäer (siehe Abbildung). Aber Merkels Anti-Krisen- Programm bewirkt das Gegenteil: Lohnsenkungen werden die Zahl der Hilfebedürftigen erhöhen, der Sozialabbau noch mehr Menschen mit Armut bedrohen. Europa befindet sich auf dem Weg in die Armutsfalle.

    Quelle: DGB Klartext 14/2012 [PDF – 111 KB]
  4. Weltwirtschaft: Zumutung Europa
    Im 20. Jahrhundert war der IWF Zuchtmeister der Armen, denen er harte Anpassungsprogramme verordnete. Heute ist er ein Selbstbedienungsladen der Bessergestellten.
    Rund um den Globus machen die hohen Ölpreise Verbrauchern und Unternehmen zu schaffen. Die USA steckt fest im Schuldensumpf, Japan verlässlich in der Krise, und in China weicht die erste Luft aus der Immobilienblase. Es mangelt nicht an Gründen, sich um die Weltwirtschaft zu sorgen. Da könne es doch nicht sein, dass die übrige Welt immer Europa mit seiner Währungsunion als größte Gefahr für die globale Ökonomie darstelle, klagt der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
    Doch es kann sein. Und es wird auch wieder so sein auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) Ende der Woche in Washington. […]
    Eigentlich könnten und müssten sich die wohlhabenden Europäer selbst helfen. Stattdessen leihen sie sich Geld von Schwellenländern, deren Völker von einem Lebensstandard wie in Deutschland, Frankreich oder auch Spanien nur träumen können. Mit Geld aus China, Indien und Brasilien soll der IWF seine Ressourcen massiv ausweiten, um als Ergänzung zur europäischen eine erdumspannende Brandschutzmauer zu errichten.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung JB: Vielleicht kommt Europa ja auch noch auf die geniale Idee, sich von den Entwicklungsländern Konjunkturprogramme finanzieren zu lassen. Selbst können wir das dank des Fiskalpakts ja bald nicht mehr übernehmen. Diese Politik ist an Groteske kaum mehr zu überbieten.

  5. Ein Jahrzehnt zunehmender Ungleichheit
    Im deutschen Grundgesetz wurde das Sozialstaatsgebot wohlweislich unter Ewigkeitsklausel gestellt. In Anbetracht der Trümmer des 2. Weltkriegs, der sich einer kapitalistischen Weltwirtschaftskrise anschloss, dürften die Verfasser sich darüber gewahr gewesen sein, dass, wenn schon ein erneuter kapitalistischer Anlauf (zumindest vorläufig) unternommen wird, dieser sozialpolitisch flankiert werden muss, um von der Bevölkerung akzeptiert zu werden. Nicht genauer grundgesetzlich umrahmt, wurde die Sozialpolitik jedoch spätestens seit der Wiedervereinigung und somit mit dem Wegfall staatssozialistischer Nachbarländer zunehmend nach Kassenlage bestimmt, wobei einiges dafür getan wurde, dass die Staatskassen leer bleiben.
    Quelle: Maskenfall
  6. Deutsche Bank warnt vor neuer Krise
    Strategen der Deutschen Bank entwerfen ein düsteres Szenario: In der weltweiten Finanzkrise werde das Schlimmste noch kommen, sagen sie. Und zwar dann, wenn die Rettungsmaßnahmen der Zentralbanken auslaufen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Zu den ökonomischen Wirkungen der Long-Term Refinancing Operations (LTROs) in Höhe von ca. 1 Billion Euro heißt es bei der Deutschen Bank London: „Die massiven Ausgaben hätten nicht dazu geführt, das Wirtschaftswachstum anzuschieben, meinen die Strategen. „Die LTROs haben uns eine gewisse Atempause verschafft, aber sie haben offenbar das Problem nicht beseitigt“, sagte Burns in einem Telefoninterview mit Bloomberg News.“ Auf welchem Wege sollen denn diese „massiven Ausgaben“ das „Wirtschaftswachstum anschieben“? EZB-Chef Marion Draghi zur ökonomischen Wirkung der LTROs: „Die Banken, denen die EZB das Geld geliehen hat, haben es zu großen Teilen nicht in den Wirtschaftskreislauf eingespeist, sondern damit alte Verbindlichkeiten abgelöst. Deshalb ist das Geld mit Blick auf Inflation gleichsam neutralisiert. Dieser Vorgang schürt nicht die Inflation.“ Durch die massive Flutung der Banken mit EZB-Geld werden also keine „Ausgaben“ in Form von Investitionen oder Konsumausgaben erzeugt. Mario Draghi zu dem von der EZB beabsichtigten Zweck der LTROs: „Im Herbst vergangenen Jahres war die Situation wirklich kritisch. Es hätte zu einer gefährlichen Kreditklemme bei den Banken kommen können und damit zu Pleiten von Unternehmen, die plötzlich finanziell auf dem Trockenen gesessen hätten. Das mussten wir verhindern.“ Es war also gar nicht die Absicht der EZB, das „Wirtschaftswachstum anzuschieben“, sondern zu verhindern, daß die massiven Unsicherheiten und Schwächen des Bankensektors auf die Realwirtschaft übergreifen und dort wegen des Reißens von Kreditbeziehungen zu Unternehmenspleiten führen. Wenn die Deutsche Bank mögliche Gefahren der EZB-Geldflutung in Höhe ca. 1 Billion Euro beschwören möchte, dann wäre sie folglich gut beraten, sich zunächst einmal gemeinsam mit den übrigen Geldinstituten zu ihrer eigenen Verantwortung zu bekennen. Darüber hinaus sind die dem Bankensektor zur Verfügung gestellten EZB-Kredite für diesen sehr profitabel, denn der an die EZB abzuführende Zins beträgt lediglich 1 Prozent p.a..

  7. Die Enteignung findet schon statt
    Nur 0,14 Prozent muss der Bund den Anlegern noch bezahlen, um zweijährige Papiere verkaufen zu können. […] Im Grunde findet damit schon eine Art schleichender Enteignung statt. Das ist einer der vielen Wege, auf denen man aus einer zu hohen Verschuldung herauskommen kann.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JB: Ein selten dummer Artikel, sogar gemessen an den ohnehin bescheidenen Maßstäben des Handelsblatts. Der Autor (vom Handelsblatt als Finanz-Allrounder vorgestellt) erweckt ja geradezu den Eindruck als seien die Zinsen für deutsche Staatsanleihen von der Politik bestimmt und die armen Investoren wären dazu gezwungen, dem Staat das Geld zu leihen. Dabei ist es doch vielmehr so, dass die Investoren dem gesamten Banken- und Finanzsystem nicht mehr über den Weg trauen und ihr Geld daher lieber dem Staat zu mickrigen Zinsen anvertrauen. Unter einer „Enteignung“ versteht man normalerweise etwas anderes.

  8. Der deutsche Sonderweg in der Ökonomie
    […] Zugespitzt formuliert: Der IWF sagt, Deutschland soll weniger sparen, die Institute sagen, Deutschland soll mehr sparen. Selten wird so offensichtlich, wie isoliert Deutschlands Ökonomen sind.
    Quelle: Zeit Herdentrieb
  9. Amazons Europäisches Steuersparmodell – Gigantische Profite, keine Steuern
    Amazon setzt jährlich mehrere Milliarden Euro um – zahlt aber in Luxemburg niedrige Steuersätze. Der britische Fiskus prüft nun das Steuersparmodell des Konzerns.
    Quelle: taz
  10. 1. Mai 2012: “Gute Arbeit für Europa – Gerechte Löhne, Soziale Sicherheit”
    So lautet das diesjährige Motto zum Tag der Arbeit. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sagen Ja zur europäischen Integration. Wir wollen die Zukunft Europas sozial gestalten.
    Es war nicht die Schuld der Beschäftigten, dass Spekulanten die Weltwirtschaft beinahe in den Abgrund gestürzt haben. Mindestlohn, Tarifautonomie, soziale Sicherung – in den Krisenländern werden hart erkämpfte Erfolge über Bord geworfen.
    Wir fordern kraftvolle Investitionen in qualitatives Wachstum und Beschäftigung. Europa darf nicht mit Fiskalpakt und Schuldenbremse kaputt gespart werden. Die Opfer des Fiskalpakts sind die Beschäftigten und die sozial Benachteiligten – heute im Süden Europas und morgen bei uns.
    Quelle: DGB
  11. Viele Fachärzte meiden Kassenpatienten
    Für Fachärzte sind Kassenpatienten weniger lukrativ, als Privatpatienten. Deshalb müssen sie mit deutlich längeren Wartezeiten rechnen. Das geht aus einem Papier der Bundesregierung hervor.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung MB: Dieses Problem ist seit Jahren bekannt, es gab bereits diverse Berichte und Artikel darüber und es wurde nichts unternommen. Und das könnte auch eine Ursache dafür sein, dass die Versicherungsbeiträge für privat versicherte Menschen immer weiter ansteigen.
    Kleiner Tip, den ich mal auf einer Veranstaltung von einem Experten – nein, ausnahmsweise nicht so einer – aufschnappte: Wenn Sie sich einen Termin geben lassen und nach Ihrer Krankenkasse gefragt werden, geben Sie den Namen einer Ihnen bekannten Privatkasse an; Sie werden möglicherweise einen sehr günstigen Termin bekommen. Sind Sie dann in der Praxis und werden bei Vorlage Ihrer normalen Karte einer gesetzlichen Krankenkasse angesprochen, antworten Sie in Anwesenheit möglichst vieler Patienten/inen möglichst laut, das müsse ja wohl ein Missverständnis gewesen sein (oder im weiteren Verlauf, Sie hätten ja vielleicht gelogen) und da dürfe es ja wohl keinen Unterschied geben; oder Sie wollen doch nicht erklären, dass ein/e gesetzlich versicherte/r Patient/in einen späteren Termin zugeteilt bekommen hätte – ob wir das Problem mal mit der Ärztekammer klären sollten. Das dürfte immerhin beim ersten mal klappen …

  12. Ex-Schlecker-Mitarbeiter gehen gegen Kündigung vor
    Der Schlecker-Insolvenzverwalter fürchtet, dass Klagen der gekündigten Mitarbeiter potenzielle Investoren abschrecken könnten. Dennoch gehen inzwischen mehrere Hundert ehemalige Angestellte gegen ihren Rauswurf vor.
    Quelle: Financial Times Deutschland

    Anmerkung MB: Wenn gekündigte Ex-Mitarbeiter/innen sich gerichtlich gegen die Kündigung wehren möchten, ist es plötzlich unsozial.

    dazu: Dass Schlecker so gut zahlte, ist nun ein Problem
    Hunderte Ex-Schlecker-Mitarbeiter haben bereits gegen die Kündigungswelle geklagt. Dabei stehen die Chancen auf neue Jobs nicht schlecht. Nur beim Gehalt müssen viele mit Abstrichen rechnen.
    Quelle: Welt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: 2.500 Euro im Monat (brutto) sind also „zu viel“ für eine Filialleiterin mit Personalverantwortung bei „permanenter Unterbesetzung“ der Filiale, wie auch im Text geschrieben? Und was wäre daran im Zweifelsfall ein Problem – die „überzogene Anspruchshaltung“, von seinem Gehalt leben zu können, ohne aufstockendes Alg II beantragen zu müssen? Die WELT hetzt also nicht nur gegen den Sozialstaat, sondern tritt auch noch auf die, die schon am Boden liegen. Was würde der Autor dieses Textes davon halten, wenn man 1.000 Euro im Monat für seine Tätigkeit „zu viel“ findet?

    Ergänzende Anmerkung MB: Was würde der Autor dieses Textes davon halten, wenn seine Redaktionsstelle gestrichen bzw. outgesourced würde und er sich beim Arbeitsamt oder in der Aufstocker-Schlange anstellen müsste. Was würde er davon halten, wenn mögliche andere Arbeitgeber sein früheres Gehalt als „zu viel“ für eine Anschlussverwendung bezeichnen würde. Was würde er davon halten, wenn andere Autoren anderer Texte ihn ein paar Jahre später als Schmarotzer bezeichnen würden. Fast könnte man es ihm wünschen …

  13. Prekäre Republik Deutschland
    Der Niedriglohnsektor expandiert trotz prächtiger Wirtschaftslage. Das bedeutet nichts anderes als eine gesellschaftliche Absage an Teilhabe und Solidarität. […]
    Auch um dieser Entwicklung zu begegnen, müssen wir das Problem der prekären Beschäftigung von zwei Seiten angehen. Zum einen sollten flexible Beschäftigungsverhältnisse wieder auf das erforderliche Maß zurückgeführt werden. Leiharbeit darf nicht länger der billige Jakob des Normalarbeitsverhältnisses sein, sondern soll nur noch für außergewöhnliche Arbeitsbedarfe in Unternehmen da sein. Die Leiharbeitnehmer müssen dabei die gleiche Bezahlung und Behandlung wie die Stammbelegschaft erhalten. Befristete Arbeitsverträge dürfen nur eingegangen werden, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt und die Privilegierung von Minijobs gehört abgeschafft. Gegen den nach unten weiter ausfransenden Niedriglohnsektor brauchen wir endlich einen allgemeinen Mindestlohn als wirksame Lohnuntergrenze.
    Dies ist auch notwendig, weil inzwischen ein Viertel aller Beschäftigten beim Jobverlust sofort auf Arbeitslosengeld II angewiesen ist. Um das zu verhindern, sind auskömmliche Löhne und eine Reform der Arbeitslosenversicherung notwendig. Letzteres damit diejenigen, die in die Versicherung einzahlen bei Arbeitslosigkeit auch von ihr geschützt werden.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung JB: Die Autorin ist „Sprecherin für Arbeitsmarkpolitik“ der Grünen im Bundestag. Es ist ja prächtig, dass die SPD und die Grünen in der Opposition ihre soziale Seite erkennen. An dieser Stelle sei aber zum x-ten mal darauf hingewiesen, dass es die SPD und die Grünen waren, die die Voraussetzungen für die Verhältnisse schufen, die sie jetzt beklagen.

  14. Faltblatt: Wasser gehört uns allen! – Wie die EU-Kommission die öffentliche Daseinsvorsorge zum Geschäft machen will
    Mit diesem Faltblatt „Wasser gehört uns allen!“ versuchen wir ein komplexes Thema verständlich zu machen und den Widerstandsgeist zu wecken. Die öffentliche Daseinsvorsorge darf kein Geschäft werden! Die EU-Kommission will mit ihrem Richtlinienpaket zu Vergaberecht und Dienstleistungskonzessionen öffentliche Aufgaben („Daseinsvorsorge“) dem Wettbewerb aussetzen, also auch an gewinnorientierte Unternehmen vergeben. Das Regelwerk ist derzeit in den Beratungen und soll noch in diesem Jahr vom Europäischen Parlament beschlossen werden. Die öffentliche Auftragsvergabe spielt in Deutschland wie in Europa wirtschaftlich eine große Rolle. Im öffentlichen Sektor wurden in Deutschland 2011 etwa 18 Prozent oder 412 Milliarden des BIP erwirtschaftet. Das Gesetzespaket der EU-Kommission beinhaltet zwei Vorschläge, die ineinandergreifen: Dienstleistungskonzessionen, mit denen staatliche oder kommunale Aufgaben an Privatunternehmen übertragen werden, sollen in Zukunft vom europäischen Vergaberecht erfasst werden. Das betrifft auch die Bereiche Wasser, Energie, Abfall und Verkehr. Hier sollen zukünftig mehr Private auf öffentlich finanzierter Infrastruktur Gewinne einfahren.
    Quelle: DGB
  15. Eckpfeiler einer linken Männerpolitik
    Die Frage, ab wann eine Ideologie wie der Feminismus, die ursprünglich als Befreiungs- und Emanzipationsbewegung angetreten war, selbst repressive Strukturen entwickelt, ist nicht neu und nicht erst mit dem Entstehen der Männerrechtsbewegung gestellt worden. Beispielsweise äußerte schon 1979 die für die Genderstudien einflussreiche Literaturtheoretikerin, Psychoanalytikerin und Philosophin Julia Kristeva diese Sorge in ihrem Essay Women’s Time.
    “Wie jede Gesellschaft”, heißt es dort, “beruht auch eine Gegengesellschaft auf der Ausgrenzung eines ausgeschlossenen Elements, eines Sündenbocks, der jenes Bösen bezichtigt wird, von dem sich die ordnungsgemäß gegründete Gesellschaft dann reinigen kann – eine Reinigung, die diese Gesellschaft von jeder zukünftigen Kritik entlasten wird. Moderne Protestbewegungen haben diese Logik häufig wiederholt und den Schuldigen ausgemacht, um Kritik abzuwehren: im Ausländer, im Kapital, in einer anderen Religion, im anderen Geschlecht. Wird Feminismus nicht zu einer Art umgedrehtem Sexismus, wenn dieser Logik bis zu ihrem Ende gefolgt wird?”
    Quelle: Der Spiegelfechter
  16. (Un-)Sicherheitsfaktor Atombombe – Eine Analyse der Krise um das iranische Nuklearprogramm
    • Iran ist ein rationaler Akteur der internationalen Politik, der seine sicherheitspolitischen Entscheidungen auf Grundlage der wahrgenommenen Bedrohungssituation trifft.
    • Iran befindet sich, dem Staate Israel durchaus vergleichbar, in einer prekären Sicherheitslage; aus der Perspektive Teherans ist es daher durchaus rational, am Atomprogramm
      als Mittel der Abschreckung und damit der Selbstverteidigung festzuhalten.
    • Die Lösung der Iran-Krise hängt wesentlich davon ab, ob und inwieweit es gelingen wird, die Bedrohungswahrnehmung auf Seiten Irans zu verändern; den USA kommt hier eine Schlüsselfunktion zu.
    • Ein Militärschlag gegen die iranischen Nuklearanlagen wäre kontraproduktiv; er würde das Atomprogramm lediglich verlangsamen, aber nicht dauerhaft verhindern. Tatsächlich würde ein Angriff in Teheran die Überzeugung stärken, dass eine iranische Atombombe als Mittel der Abschreckung und Selbstverteidigung notwendig ist.
    • Für die Betrachtung der Iran-Krise ist die Wahrnehmung von Sicherheit und Unsicherheit zentral. In der folgenden Analyse wird die Kuba-Krise als Blaupause verwendet,
      denn auch hier waren Fehlwahrnehmungen für die Eskalation verantwortlich. Bei näherer Betrachtung lassen sich wesentliche Parallelen zwischen der Krise um das iranische Atomprogramm und der Kuba-Krise feststellen.

    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung Internationale Politikanalyse [PDF – 124 KB]

  17. Post-Journalismus in WDR 3
    Hörerzuschrift anlässlich der Sendung „Funkhaus Wallrafplatz“
    Quelle: Post-Journalismus in WDR 3 [PDF – 47,3 KB]
  18. Die Springer-Republik
    Der Konzern atmet noch ­immer den Geist seines Gründers und hat es geschafft, die Mitte der Gesellschaft nach rechts zu rücken.
    Quelle: Der Freitag

    Anmerkung MB: Na ja. Etwas weniger Ehrfurcht wie die Begegnung mit Schauspieler Liam Neeson in der Lobby und dem Vergleich der Springer-Zentrale mit dem Eintritt in das Zauberreich von Harry Potter wäre angebracht gewesen. Dafür hätte es etwas mehr Kritik an der Rolle von Springer-Medien und besonders BILD sein dürfen. Was ist mit ständigen Diffamierungen gegenüber Migranten/innen, Erwerbslosen, politischen Gegnern? Was ist mit der reaktionären Meinungsbildung gegenüber „Pleite“-Griechen in der letzten Zeit? Der Autor sollte sich mal ein verlängertes Wochenende mit Günter Wallraff zusammen setzen oder mit Storz & Arlt, den Autoren einer sehr interessanten BILD-Studie.

  19. Der ewige Antisemit
    Ohne geht’s nicht. Henryk Broder und der Antisemitismus. […]
    Nur für einen wackeren Streiter ist das Kapitel Grass noch nicht vorbei: Henryk Broder. Henryk wer? Nun ja, Broder heißt der Mann. Und er muss Grass nochmals einen netten Antisemitismusgruß mit auf den Weg ans Krankenbett geben. Zumal jede Nennung des Nobelpreisträgers auch noch dem letzten Fliegenpilz medialen Sonnenschein gewährt. In welchem sich auch Broder sonnen will. Obwohl die eigentliche Zwiebel schon längst gehäutet ist. Für alle – außer eben Broder.Denn der Antisemitismus ist überall. Grass? Ganz klar – Antisemit! Das ZDF? Antisemiten! Claudia Roth? Antisemitin! Die Deutschen, von denen nur vier Prozent Grass der Judenfeindlichkeit verdächtigen? Antisemiten! Und selbst Barack Obama, der (wie Grass) vor einem Erstschlag Israels gegen den Iran warnt, ist: Antisemit!
    Das ist nichts Neues, springen in Broders Großhirn doch immer neue Antisemiten wie die Schwammerl aus dem Boden – ganz gleich ob Moslems, Linke oder Juden. Allesamt herangewachsen in den weitverzweigten Höhlengängen der Broderschen Cortex und umgeben von Stalagmiten, auf denen in elaborierten Malereien stets dieselben Zeichen prangen: ICH! ICH! ICH! ICH! ICH!
    Denn Broder braucht seine Antisemiten wie die Luft zum Atmen. Wie sonst ließe sich eine literarische Tätigkeit rechtfertigen, die ganz ohne Literatur auskommt? Oder eine Fernseh-Tätigkeit, in der Broder mindestens genauso trickst wie das ZDF? Wie sonst könnte sich der Schubart-Preisträger der Stadt Aalen anmaßen, es mit einem Nobelpreisträger aufzunehmen?
    Quelle: The European

    Anmerkung JB: Das musste mal gesagt werden.

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