Hinweise des Tages
(RS/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
- Europäische Zentralbank flutet den Geldmarkt
- Hypo Real Estate – die Wahrheit
- Reiche verlieren ein Fünftel ihres Vermögens
- Versteckte Boni
- Schuldenrekord : Armes Deutschland?
- Peer Steinbrück: „Es wird erhebliche Verteilungskonflikte geben“
- Attac warnt vor “Liste der Grausamkeiten” nach der Bundestagswahl
- Milliardenentlastung für Unternehmen: Kurzarbeit für Großbetriebe noch günstiger
- Heuschrecke im eigenen Haus
- Thomas Fricke – Volkswirte im Dschungelcamp
- Peter Grottian/Benedict Ugarte Cchacón: Vergesst Landowsky!
- WEED: Liberalisierung von Finanzdienstleistungen in neuen EU-Handelsabkommen
- Stürzt das Mahnmal Rente mit 67!
- TK-Gesundheitsreport 2009: Deutlich höhere Fehlzeiten bei Zeitarbeitern
- Gesundheitsreform: Jeder Zweite fühlt sich schlechter abgesichert
- Zur UN-Finanzkonferenz
- In Afghanistan führt die Bundeswehr nach Verteidigungsminister Jung noch immer keinen Krieg
- Warum die Bundeswehr in Afghanistan nichts zu suchen hat
- Lässt das BVerfG den Lissabon Vertrag passieren?
- Lobbyregister der Europäischen Kommission feiert einjährigen Geburtstag – und bleibt ein ungeliebtes Kind
- CSU – Die Kraft der zwei Herzen
- Entzauberung eines Berufs – Was die Deutschen vom Journalismus erwarten und wie sie enttäuscht werden
- Exzellenz nach Masterplan
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Europäische Zentralbank flutet den Geldmarkt
Billiggeld für die Banken: Die Europäische Zentralbank pumpt mehr als 440 Milliarden Euro in den Markt – für gerade mal ein Prozent Zinsen. Trotzdem geben die Finanzinstitute kaum Kredite an Firmen weiter. Der Kommentar eines Händlers: “Wir ersaufen in Geld.”Die Offerte fand reißenden Absatz. 1121 Banken aus der Euro-Zone nahmen das Angebot an. Die Notenbank konnte auf diese Weise 442,241 Milliarden Euro verteilen. Laut Goldman Sachs sind das etwa 1300 Euro je Euro-Zonen-Bürger. “Das war ein extrem großzügiges Angebot der EZB”, sagte Analyst Julian Callow von Barclays Capital.
Allerdings ist fraglich, inwiefern das Geld tatsächlich in der realen Wirtschaft ankommt. Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften forderten, dass die Banken die Liquidität an Unternehmen und Verbraucher weitergeben.Commerzbank-Analyst Michael Schubert warnte hingegen: “Diese Liquiditätszufuhr kann das Grundproblem nicht lösen. Man traut bestimmten Adressen nicht.” Auch Händler zweifelten, dass die Banken nunmehr mit der Vergabe von Krediten an Unternehmen und Verbraucher großzügiger werden. “Wenn ein Kreditnehmer vertrauenswürdig ist, bekommt er ja Geld”, sagte ein Händler. “Aber zu viele Unternehmen sind in der Insolvenz oder sonst wie angeschlagen. Die bekommen weiter nichts.”
Quelle: Spiegel Online - Hypo Real Estate – die Wahrheit
Quelle: Report München auf YouTube - Reiche verlieren ein Fünftel ihres Vermögens
Die zehn Millionen reichsten Menschen der Welt haben im vergangenen Jahr ein Fünftel ihres Vermögens verloren. Wie aus dem von Merrill Lynch und Capgemini am Mittwoch vorgelegten „World Wealth Report“ hervorgeht, sank deren Vermögen vor allem wegen gefallener Aktienkurse im Jahr 2008 von 40,7 auf 32,8 Billionen Dollar. Durchschnittlich verfügten die Reichen somit über ein Vermögen von knapp 3,3 Millionen Dollar. Selbstgenutzte Immobilien werden in dieser Rechnung nicht berücksichtigt.Von den 2007 noch als reich definierten Personen haben 1,5 Millionen diesen Status im Laufe des Jahres 2008 verloren. Am Jahresende verfügten auf der Welt nur noch 8,6 Millionen Menschen über ein Finanzvermögen von mehr als einer Million Dollar (gut 700.000 Euro).
Am besten hielt sich Deutschland unter den Ländern mit einer nennenswerten Anzahl an Reichen. Hier sank die Zahl derjenigen mit einem Finanzvermögen von mehr als einer Million Dollar nur um 3 Prozent auf 810.000. Auch der Vermögensverlust fiel mit 10 Prozent deutlich geringer aus als im Durchschnitt.
Quelle: FAZAnmerkung WL: Da kommen einen fast die Tränen. Bald werden wir den Reichen wohl an den Tafeln begegnen. Da sage noch einer, die Reichen seien nicht Opfer der Krise.
Auf die Frage, wie diese Leute bis vor einem Jahr ihr Vermögen vermehrt haben, geht der Beitrag leider nicht ein.
Laut der Welternährungsorganisation FAO steigt die Zahl der Hungernden durch die Finanzkrise erstmals auf über eine Milliarde. Das sind elf Prozent mehr als noch im vergangenen Jahr – damit ist jeder sechste Mensch nicht ausreichend versorgt. Und hat die FAZ nichts Wichtigeres zu berichten, als dass das Vermögen der Reichen auf durchschnittlich 3,3 Millionen Doller geschrumpft ist. - Versteckte Boni
Kein Erfolg, kein Bonus: Ginge es danach, müssten viele Banker auf die üppigen Zusatzzahlungen verzichten. Doch die Institute arbeiten mit allen Tricks, die Mitarbeiter anders zu entlohnen. Auch in Deutschland.
Quelle: SZ - Schuldenrekord : Armes Deutschland?
Sorgen muss man sich also um den Staat machen, der kein Gewinner, sondern Opfer dieser Krise ist. Viele andere Ängste die interessierte Kreise im Zusammenhang mit den öffentlichen Defiziten schüren, sind dagegen unbegründet und beruhen auf Mythen.“Wir leben auf Kosten unserer Kinder und Enkel”. Oder : “Das ist ein Verstoß gegen die Generationengerechtigkeit”. Diese Floskeln sind in Deutschland immer wieder zu lesen und zu hören. Sie haben mit der ökonomischen Realität nichts zu tun (…)
Wie absurd die Klage über eine angebliche Ausbeutung der Jungen ist, zeigt die gesamtwirtschaftliche Perspektive. Wenn der Staat etwa im Jahr 2050 Kredite zurückzahlt, belastet er nicht nur die die Steuerzahler von 2050. Es nützt auch den Anlegern von 2050. Sie werden, wenn ihre Eltern lämgst tot sind, die Erträge aus den Staatspapieren einstreichen. “Die nächste Geneartion erbt die Schulden ebenso wie die Forderungen”, beschreibt Michael Dauderstädt von der Friedrich-Ebert-Stiftung die alte ökonomische Erkenntnis.
Anders fiele das Urteil aus, würde sich Deutschland im Ausland verschulden. Das ist nicht der Fall. Gesamtwirtschaftlich gesehen baut die Republik Vermögen auf, weil sie mehr Waren und Dienstleistungen verkauft als einkauft. Anders die USA. Die Amerikaner leben mit ihrer Auslansverschuldung tatsächlich über ihre Verhältnisse. “Hier hätte die junge Generation Grund zum Klagen”, sagt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger.
Quelle: Frankfurter Rundschau - Peer Steinbrück: „Es wird erhebliche Verteilungskonflikte geben“
Steinbrück: Für den Bundeshaushalt planen wir eine Nettokreditaufnahme von 86,1 Milliarden Euro. Und Sie haben recht: Nächstes Jahr nehmen wir darüber hinaus auch Kredite für die beiden Sondervermögen zur Konjunkturstützung und zur Bankenrettung auf. Wie hoch diese in den nächsten Jahren sein werden, kann derzeit niemand genau sagen. Es wäre aber durchaus ein Erfolg, wenn wir die Schuldenaufnahme bis 2013 auf rund 40 Milliarden Euro zurückführen. Das ist mein Ziel (…)
Eins ist deshalb schon jetzt klar: wie immer die Regierungskonstellation nach dem 27. September aussehen wird – es wird erhebliche Verteilungskonflikte geben (…)
Ich werde hier keine Ankündigung machen, die die Tagespolitik vor dem 27. September aufmischen wird (…)
FAZ: Aber wo wollen Sie dann das Geld herholen?
Steinbrück: Das ergibt sich aus den Vorrangigkeiten und vor allem Nachrangigkeiten, die im Zuge einer Regierungsbildung gesetzt werden und die Einnahmen- wie Ausgabenseite des Bundeshaushaltes bestimmen. Darüber spekuliere ich jetzt nicht.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers D.R.: Das ist Null-Semantik, bar jeder greifbaren sachlichen Festlegung. “Vorrangigkeiten und vor allem Nachrangigkeiten”, die die neue Bundesregierung festlegen wird: welch eine Wählerverdummung! Wir haben zu wählen zwischen VOR – NACH! Was sich dahinter verbergen wird, erfahren wir erst nach dem 27.September.
Siehe dazu:
- Attac warnt vor “Liste der Grausamkeiten” nach der Bundestagswahl
Weitere Umverteilung von Arm zu Reich zerstört sozialen Frieden.Anlässlich der mit dem Haushaltsentwurf 2010 im Bundeskabinett beschlossenen Neuverschuldung des Bundes in Höhe von 86,1 Milliarden Euro hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac gefordert, endlich eine einmalige Sonderabgabe auf große Vermögen einzuführen.
“Das Problem ist nicht die Höhe der Neuverschuldung. Die USA und andere Länder verschulden sich weit höher. Verheerend sind die absehbaren sozialen Konsequenzen, über die die Politiker jedoch erst nach der Bundestagswahl öffentlich sprechen werden”, sagte Detlev von Larcher vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.
Derzeit strebt die Bundesregierung angeblich noch Entlastungen für private Haushalte in Höhe von 20 Milliarden Euro an; CSU und FDP versprechen gar starke Steuersenkungen. “Doch nach der Wahl werden sie über die Schuldenbremse sprechen, die sie ins Grundgesetz geschrieben haben. Dann werden sie uns erklären, dass für notwendige soziale Aufgaben, für Bildung und Umweltschutz das Geld fehlt und drastische Einsparungen auf Kosten der Empfänger von Sozialleistungen und einen rigorosem Stellenabbau im öffentlichen Dienst als unvermeidlich hinstellen”, prognostizierte Detlev von Larcher. Der Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, propagiert bereits eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 25 Prozent.
Als Ursachen für die hohe Neuverschuldung nennt Steinbrück das Bankenrettungspaket und die Ausgaben zur Stützung der Konjunktur.
Zusammen mit der Schuldenbremse wird damit klar: Für die Kosten der Krise aufkommen sollen Arbeitnehmerinnen, Konsumenten und alle, die auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sind – nicht etwa diejenigen, die vor der Krise hohe Gewinne an den liberalisierten Finanzmärkten gemacht haben
stellte Hendrik Auhagen, ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis fest. Dabei sei die Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland bereits heute größer als im Mittelalter.
Quelle: attac - Milliardenentlastung für Unternehmen: Kurzarbeit für Großbetriebe noch günstiger
Um Massenentlassungen in den nächsten Monaten zu vermeiden, will die Koalition die Arbeitgeber beim Kurzarbeitergeld noch stärker entlasten als bisher geplant. So soll die Bundesagentur für Arbeit in weit größerem Ausmaß die Sozialbeiträge für Kurzarbeiter übernehmen. In letzter Minute hat der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales mit den Stimmen der Koalitionsabgeordneten entsprechende Änderungen beschlossen. Aus Protest gegen die Erweiterung, die vor allem Großunternehmen zugute kommen dürfte, legte der Unions-Berichterstatter Peter Rauen (CDU) sein Amt nieder und stimmte gegen die Einfügung.
Quelle: FAZAnmerkung Orlando Pascheit: Ein recht kritischer Bericht für die FAZ. Die Lobbyisten der Großunternehmen haben die Gunst der Stunde erkannt und die Furcht der Koalition vor einer hohen Arbeitslosenzahl kurz vor der Wahl optimal genutzt. Dies kommt vor allem den Großunternehmen zugute, da nur noch in einem Betrieb sechs Monate lang kurzgearbeitet werden muss, damit dann nicht nur dort, sondern in allen Betrieben des Unternehmens der Staat die Sozialbeiträge für Kurzarbeiter übernimmt.
- Heuschrecke im eigenen Haus
Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie?“ erkennt Bertolt Brechts berühmter Gangsterboss Macheath, genannt „das Messer“. Statt weiter zu morden und zu stehlen, übernimmt er im „Dreigroschenroman“ eine Billigwaren-Ladenkette, deren Verkaufsregale er mit Diebesgut füllt.
Quelle: Vorwärts - Thomas Fricke – Volkswirte im Dschungelcamp
Wenn Ökonomen streiten, klingt das normalerweise nicht sonderlich aufregend. Da geht es um bedingt belastbare Annahmen oder ungenügend stringente Schlüsse. Umso atemberaubender ist, was deutsche Wirtschaftsprofessoren gerade vorführen. Was die Kollegen bringen, sei “von begrenztem Nutzen”, schimpfen altgediente Gralshüter der Ordnungspolitik. Da werde Zeit mit der “Zurschaustellung logischer Virtuosität” verplempert. Huch. Worauf die begrenzt Nützlichen kontern, sie seien “modern” und die anderen international “nicht wichtig”. Die schmorten im eigenen Saft und verbreiteten “Binsenweisheiten”. Wie im Dschungelcamp. Das klingt lustig. Schlimm ist, dass der Streit merkwürdig an der globalen Wirtschaftskrise 2009 vorbeigeht. Und dass beide Seiten womöglich recht haben, wenn sie der jeweils anderen ihren Zweck absprechen. Das Problem ist ja nicht, dass sich Tante Erna über den Grad mathematischer Formeln in ökonometrischen Modellen sorgt – oder darüber, ob deutsche Ordnungshüter international wichtig sind. Sondern dass Ökonomen in der aktuellen Krise ziemlich ratlos wirken und viel Unsinn reden. Da wird viel Zeit mit dem Versuch verbracht, menschliches Verhalten in mathematische Modelle zu stecken – was am Ende oft erschreckend banale Ergebnisse bringt. Teile der Zunft steuern in der Krise auf einen Rekord im Fehldiagnostizieren zu. Selbst als die Aufträge deutscher Unternehmen Ende 2008 schon mit zweistelligen Raten fielen, tingelten Topvertreter wie DIW-Chef Klaus Zimmermann und Steuerprofessor Stefan Homburg noch mit dem Befund durch Talkshows und Merkel-Runden, es sei gar nicht ausgemacht, dass es kriselt. Peinlich. Da wurden Konjunkturpakete erst verteufelt, dann empfohlen, irgendwie, und Abwrackprämien als nutzlos beschimpft, die dann weltweit zum konjunkturpolitischen Renner wurden. Im Sommer 2008 fabulierten Experten noch, wie robust die deutsche Wirtschaft dank Agenda 2010 sei. Jetzt steuert die Arbeitslosenzahl wieder auf fünf Millionen zu. Kürzlich wurde noch gelobt, dass Firmen nun schneller entlassen können; jetzt sorgt die Regierung via Kurzarbeitergeld fürs Gegenteil. Auch gut.
Quelle: FTDAnmerkung Orlando Pascheit: Der Methodenstreit, der mit den Aufrufen in der F.A.Z. und im „Handelsblatt“ begann, vermittelt fälschlicherweise den Eindruck von einer Vielfalt in den deutschen Wirtschaftswissenschaften. Auf das Hauptproblem der deutscher Ökonomen geht Thomas Fricke leider nicht ein: Auf den Siegeszug des mit dem Neoliberalismus weit über die Wirtschaftswissenschaften hinausgehenden neoklassischen Modells. In der Hauptsache glaubt die Zunft der deutschen Ökonomen mit absoluter Mehrheit immer noch an das rationale, d.h. nutzenmaximierenden Verhalten der Marktteilnehmer, an die segensreichen Wirkungen unbegrenzter Konkurrenz und an die natürlichen Tendenz der Märkte, alles, bis hin zur Verteilungsfrage, ins Gleichgewicht zu bringen. Das aktuelle Eingeständnis, dass der Finanzmarkt versagt habe, ändert nichts daran, dass der deutsche Mainstream immer noch glaubt und folgenreich propagiert dass Armut, niedrige Löhne, Arbeitslosigkeit usw. existieren, weil man den Markt nicht richtig arbeiten lasse.
Wer sich für den Streit der Ökonomen interessiert, findet hier einige Artikel
- Peter Grottian/ Benedict Ugarte Cchacón: Vergesst Landowsky!
Die Finanzmarktkrise zeigt: Politik und Wirtschaft haben nichts aus dem Berliner Bankenskandal gelernt.
Quelle: taz - WEED: Liberalisierung von Finanzdienstleistungen in neuen EU-Handelsabkommen
Einen spannenden handelspolitischen Beitrag zur gegenwärtigen Krisendiskussion leisten das Forum Umwelt & Entwicklung und WEED mit dem neuen Arbeitspapier “Aus der Krise nichts gelernt?”. Der Text legt einen grundlegenden Widerspruch offen: Einerseits sind sich Experten und Staatschefs einig, dass es einer Re-Regulierung der Finanzmärkte bedarf. Andererseits drängt die EU in neuen Handelsabkommen auch bei den Finanzdienstleistungen (also den Dienstleistungen der Banken, Versicherungen, Finanzbroker etc.) auf weitere Liberalisierungen.Zunächst zeigt das Arbeitspapier bestehende Verpflichtungen im Handel mit Finanzdienstleistungen nach dem GATS (dem Dienstleistungsabkommen in der WTO) auf. Anschließend werden die Verhandlungsziele der EU für die laufenden bilateralen Freihandelsverhandlungen analysiert, um dann konkret einzelne Problemfelder zu benennen.
Aus dem Inhalt:- GATS-Verpflichtungen im Handel mit Finanzdienstleistungen
- Finanzdienstleistungsforderungen der EU in laufenden Freihandelsverhandlungen als „GATS plus“
- Widersprüche zwischen den EU-Forderungen und der erforderlichen Re-Regulierung der Finanzmärkte
- Fazit: Stopp der Liberalisierung von Finanzdienstleistungen im Rahmen von Freihandelsabkommen
Quelle: Das Arbeitspapier steht kostenlos zum Download bei WEED [PDF – 123 KB]
- Stürzt das Mahnmal!
Wenn man sich die jüngste Renten-Debatte anschaut, entsteht der Eindruck, der bayerische SPD-Abgeordnete Florian Pronold habe einen der Grundpfeiler der Bundesrepublik angesägt. Nur nicht an der Rente mit 67 rütteln, ruft es aus allen Richtungen. Die Arbeitgeber warnen, die CDU pocht „ohne jeden Vorbehalt“ auf Umsetzung der Reform und die SPD-Spitze versammelt sich fast geschlossen zur Verteidigung eines der Mahnmale ihrer Regierungszeit. Dabei hat Pronold nur auf etwas aufmerksam gemacht, was ohnehin in dem 2007 beschlossenen Gesetz steht – und einen möglichen Schluss daraus gezogen: Ab 2010 muss die Bundesregierung regelmäßig prüfen, „ob die Anhebung der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung der Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer weiterhin vertretbar erscheint und die getroffenen gesetzlichen Regelungen bestehen bleiben können“.Es bringt der SPD überhaupt nichts, an einer schematischen und sozial haarsträubenden Regelung festzuhalten. Die Mehrheit der Bevölkerung signalisiert in Umfragen, was sie von der Rente mit 67 hält. Was sich Leute wie Franz Müntefering als Standhaftigkeit schönreden, entpuppt sich als unhistorischer Starrsinn. Allerdings ist es ebenso wenig hilfreich, wenn Linke in jedem selbstkritischen Vorstoß innerhalb der SPD immer nur „unglaubwürdiges Wahlkampfgetöse“ sehen, wie jetzt wieder der Parteivize Klaus Ernst. Eine für die kommende Woche geplante Bundestagsabstimmung über einen Antrag der Linken, der mehr auf Vorführung der SPD aus ist als auf eine zukunftsfähige Alterssicherung, bringt nichts – im Gegenteil. So etwas isoliert die Rentenkritiker innerhalb der SPD. Und die Bereitschaft zur Diskussion wird auch nicht größer.
Quelle: Der FreitagAnmerkung WL: Die Frage ist nur, wie man die Debatte darüber tatsächlich anstoßen könnte.
- TK-Gesundheitsreport 2009: Deutlich höhere Fehlzeiten bei Zeitarbeitern
Beschäftigte in Zeitarbeit sind mit durchschnittlich 14,7 Fehltagen im Jahr 2008 vier Tage mehr krankgeschrieben als Beschäftigte in anderen Branchen. Der Krankenstand in der Zeitarbeitsbranche liegt bei 4 Prozent und damit 1,1 Prozentpunkte höher als im Bundesdurchschnitt. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport hervor, den die Techniker Krankenkasse (TK) heute zusammen mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) vorgestellt hat. Danach sind Zeitarbeiter nahezu von allen Diagnosen häufiger betroffen als Beschäftigte in anderen Branchen, besonders groß sind die Unterschiede in den Bereichen Muskel-Skelett-Erkrankungen (plus 60 Prozent), Verletzungen (plus 64 Prozent), Atemwegserkrankungen (plus 23 Prozent) und psychischer Beschwerden (plus 34 Prozent). Der Großteil der Abweichung ist darin begründet, dass Zeitarbeiter oftmals in körperlich belastenden Tätigkeiten beschäftigt sind, die erfahrungsgemäß mit erhöhten Fehlzeiten einhergehen. Etwa ein Drittel der Differenz hat seine Ursachen in der Zeitarbeit selbst. Eine Befragung der TK unter Zeitarbeitern zeige, dass diese vor allem eine hohe Arbeitsplatzunsicherheit, ihre Einkommenssituation, die Diskrepanz zwischen ihrer Qualifikation und der ausgeübten Tätigkeit sowie die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten als Belastung empfinden.
Quelle 1: tk-online
Quelle 2: TK Gesundheitsreport [PDF – 2.3 MB] - Gesundheitsreform: Jeder Zweite fühlt sich schlechter abgesichert
Seit der Gesundheitsreform fühlt sich jeder Zweite für den Krankheitsfall schlechter abgesichert als vorher. Dies geht aus einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen hervor, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung am Montag veröffentlichte. „Die Versichertenbefragung 2009 zeigt deutlich, dass die Versicherten weit überwiegend nicht an Verbesserungen ihrer gesundheitlichen Versorgung glauben“, sagte KBV-Chef Andreas Köhler. 51 Prozent der 2.000 Befragten sagten, die gesundheitspolitischen Veränderungen hätten sich negativ auf ihre Absicherung ausgewirkt. 41 Prozent sehen keine Veränderung. Aber nur fünf Prozent gaben an, die Absicherung habe sich verbessert.
Quelle 1: Focus
Quelle 2: Kassenärztliche BundesvereinigungAnmerkung WL: Es ist klar, dass die KBV die Schuld auf die Gesundheitsreform abwälzen will. Die selbstkritische Frage, welche Rolle diese Vereinigung etwa bei der Verteilung der zusätzlichen Gelder und für den Protest der Ärzte gespielt hat, wäre viel dringlicher.
- Roland Bunzenthal: UN-Finanzkonferenz – Entwicklungsländer wollen mitreden
Schon wieder ein kostspieliges Politiker-Treffen, das den Armen wenig bringt. So mag mancher über die heute beginnende UN-Konferenz zur Finanzierung der Krisenfolgen denken. Vertreter von 192 Staaten diskutieren bis Freitag in New York über die Folgen der globalen Wirtschaftskrise für die ärmsten Gruppen der Entwicklungsländer und die Finanzierung von Gegenstrategien.
Quelle: Frankfurter RundschauDazu:
Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul : “Neues Denken a la Stiglitz”
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul im FR-Interview über Zuschüsse für arme Länder und unselige Agrarsubventionen.
Quelle: FRDazu Heiner Flassbeck:
“Industriestaaten fürchten Machtverlust”
Dass der Weltfinanzgipfel der Vereinten Nationen weitreichende Beschlüsse fasst, wollen die Industrieländer verhindern, kritisiert UN-Chefvolkswirt Heiner Flassbeck.
Quelle: taz - In Afghanistan führt die Bundeswehr nach Verteidigungsminister Jung noch immer keinen Krieg
Nicht nur die vermehrten Kämpfe und die toten und verletzten Soldaten, sondern allein schon die Ausgaben für militärische und zivile Aufgaben zeigen ein anderes Bild.
Verteidigungsminister Jung (CDU) will noch immer nicht von einem Krieg in Afghanistan sprechen (Krieg, Kampf, robuster Friedenseinsatz …), an dem deutsche Soldaten beteiligt sind, auch wenn er von den bei dem Unfall Gestorbenen von Gefallenen spricht.Reinhold Robbe (SPD), der Wehrbeauftragte der Bundeswehr, kritisierte das Herumlavieren des Ministers. In der deutschen Öffentlichkeit werde “noch immer verdrängt”, dass die Bundeswehr in Afghanistan Krieg führe: “Da soll man auch nicht drumherum reden, sondern benennen, wie es ist.”
Drumherum reden muss man auch nicht, wenn man sich die Ausgaben ansieht. Der Bund für Soziale Verteidigung (BSV) hat sich die Ausgaben für zivile Konfliktbearbeitung im Bundeshaushalt einmal angeschaut und kommt zu dem Ergebnis: “Im Verteidigungsetat sind in diesem Jahr 31 Milliarden Euro eingeplant. Das ist mehr als das 30-Fache der Mittel für die Zivile Konfliktbearbeitung.” Für die gesamte Zivile Konfliktbearbeitung sind 2009 nach dem BSV 900 Millionen Euro vorgesehen.Was Afghanistan betrifft, so hat der Bundestag die Verlängerung der deutschen Beteiligung am ISAF-Einsatz am 16. Oktober für weitere 14 Monate bis Ende 2009 gebilligt. Die Kosten für den militärischen Einsatz betragen 688,1 Millionen Euro. Am 24.6. hat der Bundestag dem Einsatz von AWACS-Flugzeugen zugestimmt. Kosten: 4,29 Millionen Euro.
Quelle: Telepolis - Warum die Bundeswehr in Afghanistan nichts zu suchen hat
Kritik der Argumentation der Bundesregierung von Christoph R. Hörstel
Quelle: Alles Schall und Rauch - Lässt das BVerfG den Lissabon Vertrag passieren?
Mehrere Indizien sprechen dafür, dass das Bundesverfassungsgericht am 30.6. seine Wächterfunktion substanziell aufgeben und uns mit dem EU-Vertrag in eine andere Republik entlassen wird, in der Demokratieprinzip und Gewaltenteilung vom EU-weiten, privatisierten Gewährleistungsstaat abgelöst und der lästige Volkssouverän kaltgestellt werden soll.
Jedenfalls kann zu diesem Schluss kommen, wer ausgerechnet bei der öffentlichen Vorlesung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn im Rahmen der Ringveranstaltung 60 Jahre Grundgesetz am vergangenen Montag beim Vortrag des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle (Vorsitzender des zuständigen Zweiten Senats), zwischen den Zeilen lesen konnte. Denn mit einigem Hintergrundwissen musste sein Vortrag über die “Pflege des verfassungsrechtlichen ‘Quellcodes’ durch das Bundesverfassungsgericht” “im Interesse von Stabilität, Zukunftsoffenheit und Vielfaltssicherung” als klare programmatische Ansage für ein rein funktionales Verständnis des Bundesverfassungsgerichtes verstanden werden. Die bei der anschließenden Diskussion gleich von zwei prominenten Rechtsprofessoren im Vortrag vermisste Werte-sichernde Funktion, etwa die Garantenstellung des Gerichts für die Bewahrung von Freiheit, Demokratie und gar die Menschenwürde, kam in seinem Vortrag erst gar nicht vor.
Quelle: T-blog - Lobbyregister der Europäischen Kommission feiert einjährigen Geburtstag – und bleibt ein ungeliebtes Kind
Das Lobbregister der Europäischen Kommission feiert heute seinen ersten Geburtstag. Die Kommission hat sich das zum Anlass genommen, schon mal ein erstes Resümé zu ziehen – eine ausführliche Analyse soll im Juli folgen. Gestern erklärte Jens Nymand Christensen, der zuständige Direktor, den freiwilligen Ansatz für einen Erfolg, weil die Zahl der Registrierungen ständig steige. Es gebe deshalb keinen akuten Bedarf für ein verpflichtendes Register.
Quelle: LobbyControl - CSU – Die Kraft der zwei Herzen
Der Fall Quelle zeigt, wie effizient die CSU gleichzeitig für und gegen staatliche Rettung von Unternehmen ist. Für die Demokratie ist das eine schlechte Nachricht.
In der Wirtschaftspolitik führen die Christsozialen eindrucksvoll vor, dass sie nicht nur gleichzeitig für und gegen die staatliche Rettung von Unternehmen sind – sondern dass sie damit auch noch Erfolg haben. So viel Erfolg, dass andere Parteien versucht sind, das Prinzip Prinzipienlosigkeit für sich zu übernehmen. Für die Demokratie, die von klaren Wahlmöglichkeiten lebt, ist das eine schlechte Nachricht.
Quelle: FTDDas Doppelspiel gilt allerdings nicht nur für die CSU sondern auch für die CDU. Siehe:
Michael Schöfer. So verwirrend ist heutzutage die Politik der Union
Auffallend ist jedenfalls, dass Guttenberg eher zur generellen Ablehnung von Staatshilfe neigt (Insolvenz ist offenbar sein Lieblingswort). Roland Koch wiederum entscheidet sich überraschenderweise dafür. Günther Oettinger ist gegen staatliche Hilfe – solange die betroffene Firma außerhalb von Baden-Württemberg sitzt. Motto: “Heiliger St. Florian, verschon’ mein Haus – zünd’ andere an!”
Quelle: Michael SchöferAnmerkung WL: Man mag es „Prinzipienlosigkeit“ nennen, man kann es aber auch als eine raffinierte und gezielte Wahltaktik sehen. Die Union nimmt ihren politischen Gegnern den Wind aus den Segeln, weil sie immer einen ihrer Leute bieten kann, die für liberale, für grüne oder gar für eine sozialere Politik das Wort führen. Taten brauchen ja nicht zu folgen. Das beste Beispiel ist Jürgen Rüttgers, der sich gerne als „Arbeiterführer“ feiern lässt und immer abtaucht, wenn es zum Schwur kommt und dazu noch in seinem Land, das Gegenteil dessen macht, was er als Image verkauft.
Die scharfe Kante der Union würde immer dann erkennbar, wenn sie zur Entscheidung gezwungen würde. Dann würde nämlich erkennbar, dass hinter der „Prinzipienlosigkeit“ das Prinzip des Weiter-so steht. Die Union verfährt in der Regierung die Methode, für die schlechte Nachricht ist die SPD verantwortlich und für die gute die Kanzlerin. Die SPD lässt das mit sich geschehen, weil sie – gerade jetzt in Wahlkampfzeiten – sozial redet, aber nicht entsprechend handelt oder gehandelt hat und letztlich nur an ihrem Agenda-Kurs festhält, auf den die Union nur immer „draufsatteln“ muss. Tun und Sagen gehen auseinander und deshalb gewinnt auch der Kanzlerkandidat Steinmeier kein Vertrauen. Davon kann nur die Union profitieren. Wie sagte doch Kanzlerin Merkel bei Anne Will so schön: „Ich bin mal liberal, mal christlich sozial, mal konservativ“.
- Entzauberung eines Berufs – Was die Deutschen vom Journalismus erwarten und wie sie enttäuscht werden
Ergebnisse aus mehreren Ländern lassen erkennen, dass der Journalismus bei den Bürgern an Vertrauen verliert. Dieses Vertrauen ist aber in einer Demokratie notwendig, damit die verschiedenen Teile einer Gesellschaft trotz vielfältiger eigener Interessen und jeweils subjektiver Realitätssicht miteinander kommunizieren können. Kern der Studie war daher, wie es um das gesellschaftliche Ansehen des Berufs tatsächlich bestellt ist und welche Wahrnehmungen der Bürger das Vertrauen bestimmen. In einer deutschlandweiten telefonischen Repräsentativbefragung haben die Autoren dazu 1.054 Deutsche ab 18 Jahren befragt.Die Bürger kritisieren, dass ihnen der Nachrichtenjournalismus zu wenig Hintergründe, Fakten und konkurrierende Meinungen anbietet. Gleichzeitig klagen sie über eine zu starke subjektive Färbung und Emotionalisierung. Die Bürger fordern zentrale Leistungen des Journalismus ein und zeigen sich in vielerlei Hinsicht von dem enttäuscht, was ihnen geboten wird.
Für mehr als die Hälfte sind Journalisten damit mächtiger als Politiker. Und fast alle finden das nicht gut. Die Politik-Berichterstattung wird darüber hinaus von fast zwei Dritteln der Bürger als zu wenig objektiv kritisiert, obwohl gerade Objektivität von ebenfalls zwei Dritteln erwartet wird. Journalisten sind für sie keine ehrlichen Makler.Fast zwei Drittel glauben, Journalisten unterdrückten häufig Stellungnahmen von Experten, die anderer Meinung sind als sie selbst.
Die Bürger zeichnen auch das Bild eines Journalismus mit starken wirtschaftlichen Abhängigkeiten.
Es ist für die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Rolle des Journalismus äußerst bedenklich, dass eine deutliche Mehrheit Journalisten als käuflich beschreibt. Rund zwei Drittel glauben, dass bezahlte Recherchen häufig vorkommen oder dass die Interessen von Anzeigenkunden auch in der redaktionellen Berichterstattung berücksichtig werden.
Die übergroße Mehrheit der Deutschen wünscht sich eine sachlichere Nachrichtenberichterstattung, die sich stärker an Fakten orientiert, Ereignisse und Entwicklungen ausführlich und objektiv darstellt.
Quelle: Wolfgang Donsbach, Mathias Rentsch, Anna-Maria Schielicke & Sandra Degen [PDF – 18 KB]Anmerkung WL: Wir können nur hoffen, dass unsere Leserinnen und Leser ein besseres Bild von uns haben.
- Exzellenz nach Masterplan
Die Exzellenzinitiative – finanziert vom Staat, durchgeführt vom Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft – wird zumeist als Segen für die deutsche universitäre Forschung beschrieben. Dass sie ein gemischter Segen ist, dafür gibt es viele Beispiele. Das jüngste stammt aus Stuttgart.
Quelle: Faz.net