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Privatisierung

Die Freie Universität vor dem Börsengang? – Bemerkungen zur Ökonomisierung der Wissenschaft

Eine Universität, die sich als Gemeinwesen versteht, wird sich einem öffentlichen Auftrag verpflichtet fühlen und sich über den Inhalt des öffentlichen Auftrags intern streiten. Eine Universität nach dem Modell des Privatunternehmens wird sich umdefinieren zur Unterordnung all ihrer Tätigkeiten unter das oberste Prinzip, auf dem Markt erfolgreich zu sein. Dieses Modell der unternehmerischen Universität nimmt vollständig Abschied von der Idee und der Tradition der Universität nicht nur als Gruppenuniversität sondern überhaupt als Gemeinwesen.
Gibt es Hoffnung, dass die „unternehmerische Universität“ nicht das Ende der Universitätsgeschichte ist?
Bodo Zeuner, Emeritus am Otto-Suhr-Institut an der FU Berlin hat uns seine Abschiedsvorlesung vom 11. Juli 2007 zur Verfügung gestellt.
Der folgende Text erscheint auch im September in der Nr. 148 der Zeitschrift PROKLA. In dieser Ausgabe werden die Konsequenzen der “Verbetriebswirtschaftlichung” von immer mehr gesellschaftlichen Bereichen untersucht. Bestellungen über www.prokla.de.

Wer schützt unser Volk vor „ehrenwerten“ Plünderern? Beispiel Bahnprivatisierung.

Die scheidende Vorsitzende der Verbraucherverbände Edda Müller ist eine besonnene Person. Wenn sie von „Verschleuderung von Volksvermögen“ spricht und meint “Die Pläne von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sind wirklich unglaublich und in keiner Weise hinnehmbar” – siehe Hinweis Nr. 5 vom 10.7. in der FR, dann brennt es unterm Dach.
Auch in der SPD wächst die Kritik am ausgehandelten Gesetzentwurf [PDF – 20 KB]. Aber es sieht so aus, als würde diese Kritik mit einer schnellen Entscheidung im Kabinett überspielt werden. Eine wenn auch kleine Möglichkeit zur Verhinderung wäre gewesen (und könnte vielleicht noch sein), wenn die Gegner in der SPD-Fraktion eine namentliche Abstimmung verlangen würden. Auf diese, in der Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion vorgesehene Möglichkeit habe ich in einer Tagebuchnotiz schon am 12.3. 2007 hingewiesen. Dann müssten die Abgeordneten wenigstens in ihren Wahlkreisen Rede und Antwort stehen und eine Entscheidung rechtfertigen, bei der viele Milliarden von uns Steuerzahlern bezahltes öffentliches Vermögen zu Gunsten von großen privaten Interessenten geplündert werden. Auch hier ist wie im Falle Riester und im Falle Kohl bei der Kommerzialisierung des Fernsehens zu vermuten, dass die Plünderer erst hinterher den Lohn für die Hilfe zur Plünderung von Volksvermögen an die Entscheider zahlen. Albrecht Müller.

Nachtrag betreffend Gordon Brown

Am 2.7. hatte ich auf einen Beitrag in Financial Times Deutschland über die bisherige Politik des heutigen Premiers von Großbritannien aufmerksam gemacht. Gerold Schwarz, Sprecher der EU-AG von attac, verweist darauf, dass Brown um vieles kritischer zu sehen ist als im Artikel der FTD. Ich wollte Brown insgesamt nicht loben. Mir war wichtig, darauf hinzuweisen, dass Großbritanniens wirtschaftlicher Erfolg auch etwas mit expansiver Wirtschaftspolitik zu tun hat. Und eben nicht mit den zu Recht kritisierten Reformen. Deshalb bin ich dankbar für die folgende Mail von Gerold Schwarz. Albrecht Müller.

Hintergründiges zur Bahnprivatisierung

Über die Hintergründe der Verlängerung des Vertrages von Vorstandschef Mehdorn, über die Geschäfte der Bahn und über die Geschäfte mit der Bahn und über die verfassungsrechtlichen Streitigkeiten zwischen den Ressorts und der Bahn über das vorliegende Privatisierungsgesetz hat Christine Wicht einige Informationen zusammengetragen.

Staatsquote sinkt wie noch nie. Und das BMF will noch weiter senken.

Die Staatsquote ging von 49,3% im Spitzenjahr 1996 auf 45,6% in 2006 zurück. In der Eurozone haben nur noch Irland, Spanien und Luxemburg niedrigere Quoten. Das geht aus einer Vorlage für Bundesfinanzminister Steinbrück hervor, über die die Süddeutsche Zeitung am 13.6. berichtete: ”Weniger Staat!” wird wahr. Wirtschaftsliberale Forderungen werden damit weitgehend eingelöst. Und Steinbrücks Beamte – und wohl auch der Minister selbst – halten eine weitere Senkung der Staatstätigkeit und der Staatsquote für unabdingbar. – Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass unsere Eliten in entscheidenden Funktionen ideologisch bestimmt sind und keine nüchterne, optimierende Abwägung vornehmen. Albrecht Müller.

Der Einsatz aktiver und gewesener Politiker für private Interessen wird zusehends dreister.

„Einsame Spitze“ ist der Vizekanzler. Er subventioniert nicht nur die private Riester-Rente mit Milliarden aus Steuermitteln. Jetzt schickt er auch noch 300 Experten der Deutschen Rentenversicherung, also der Institution, die für die Gesetzliche Rente da ist, zur Ausbildung, das heißt zur Werbung für Privatvorsorge in die Volkshochschulen. Siehe dazu einen Beitrag im Handelsblatt: „In Müntes Rentenschule“. Albrecht Müller.

Lebhaft nachgefragte Ladenhüter

Wenn sich einer jenseits der überwiegend veröffentlichten wirtschaftspolitischen Meinung bewegt: was bringt ihm das ein? Nun, es wird natürlich einsam um ihn. Aber dafür kann er nachdenken. Zum Beispiel darüber, warum die Wirtschaftspolitik so manches untaugliche Erzeugnis im Angebot hält. Denn gäbe es für die Wirtschaftspolitik eine Stiftung Warentest, müsste deren Urteil „nicht empfehlenswert“ oder „mangelhaft“ lauten. Doch diese Stiftung gibt es nicht, und deshalb sind untaugliche Erzeugnisse nicht etwa als Ladenhüter oder Ramschware bekannt, sondern wie Qualitätsware lebhaft nachgefragt. Bei erheblichem Werbungsaufwand, allerdings. Dank der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, gesponsert vom Unternehmensverband Gesamtmetall.
Anmerkungen zu den Angeboten der vorherrschenden Wirtschaftspolitik von Hans-Ulrich Spree.

Stuttgart Institute of Management and Technology: Schon wieder eine private Elitehochschule pleite

Die private Universität Witten-Herdecke wurde jüngst vom Gesundheitskonzern SRH vor der Pleite bewahrt, die “International University Bremen” (IUB) musste jüngst von der Kaffeeröster- Stiftung Jacobs gerettet werden, der Größenwahn der „European School of Management and Technology“ (ESMT) im ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude Berlin ist längst an der Realität zerplatzt. Und nun wird auch die „Eliteeinrichtung“ des Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT) verramscht: Für einen symbolischen Euro übernahm die Steinbeis-Gruppe des akademischen Multi-Unternehmers Professor Johann Löhn aus Stuttgart die Führung. Über 20 Millionen Euro staatlicher und privater Mittel flossen – viel Geld für eine private Universität, die nach neun Jahren lediglich 281 Absolventen vorzeigen kann.

AM’s Wochen-Rückblick

Nachdem mein letzter Blick zurück auf eine Woche von vielen Lesern als hilfreich empfunden worden ist, könnte daraus – allerdings nicht zwanghaft und nur, wenn genügend Steine des Anstoßes herumliegen – eine Gewohnheit werden. Im Rückblick auf die vergangene Woche wundere ich mich über den Tornado-Einsatz-Beschluss, die Entscheidung zur Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67, dass Medien-Echo auf den Klimagipfel der EU und noch einmal über die Gemengelage zum Börsengang der Bahn.

Wieder eine Woche voller Absonderlichkeiten.

Auch die letzte Woche war voll von Ungereimtheiten und merkwürdigen Äußerungen unserer führenden Personen in Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft. Ich notiere, was mich gewundert hat. Der Text betrifft den Klimawandel, die Krise beim Airbus-Konzern, die Krise bei der Deutschen Telekom, die ökonomische Lage und den weiteren Niedergang der Löhne. Im folgenden