Kategorie:
Privatisierung

Entscheidungsfindung mit dem Finger im Wind – über gravierende politische Fehlentscheidungen wegen Orientierung an Moden und Interessen.

Im „Spiegel” dieser Woche erschien ein Beitrag über den Diebstahl der Kindheit. „Gestresste Schüler, besorgte Lehrer – die Auswirkungen des auf 12 Jahre verkürzten Wegs zum Abitur“. Am 31.12.2007 erschien in SpiegelOnline ein Beitrag unter der Überschrift: „Wie viel Staat braucht das Land?“ (Auszüge siehe Anlage). Da wurde berichtet, dass viele Projekte der Privatisierung und Liberalisierung nicht erfolgreich waren und dass viele Kommunen schon eine Kehrtwende vollziehen. – Um uns herum tobt eine Diskussion um die Riester-Rente. Eine absolut groteske Reform, die man wirklich nur begreift, wenn man untersucht, wo unsere Steuergelder – unpräzise auch staatliche Förderung genannt, so als gebe es einen Goldesel bei Herrn Steinbrück – hinfließen: zur Lobby der Finanzindustrie. – Dann beklagt man die Verwahrlosung und mangelhafte Integration von jungen Menschen, solchen von ausländischer Herkunft und einheimischer. – Und man beklagt die Folgen des kommerzialisierten Fernsehens, der ständigen Darstellung von rücksichtsloser Gewalt, der grassierenden Verblödung. Und so weiter …
In allen diesen Fällen gilt: man konnte leicht vorher wissen, was man anrichtet. Die politische Entscheidungsfindung aber orientiert sich zum ersten an modischen Trends und zum zweiten am großen Geld und dessen Interessen. Albrecht Müller.

Über den antidemokratischen Charakter der herrschenden neoliberalen Lehre und Bewegung

Zum Jahresabschluss notiere ich ein paar Gedanken, die die Lektüre des Chile-Teils von Naomi Kleins „Schock-Strategie“ auslösten, teilweise auch nur zurückholten. Naomi Klein beschreibt dort die enge Kooperation zwischen den Chicago Boys um Milton Friedman und dem chilenischen Diktator Pinochet und seinen Schergen. Die Vertreter der ökonomischen Schule, die heute auch die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik bei uns in beachtlich großem Maße prägt, fieberten dem Sturz des gewählten Präsidenten Allende entgegen. Die einschlägigen Papiere der neuen Herrscher ähnelten Milton Friedmans Vorstellungen: „Privatisierung, Deregulierung und Einschnitte bei den Sozialausgaben – die Dreifaltigkeit des freien Marktes.“ So Naomi Klein.

Stoppt den Ausverkauf! (2)

Am 29. November hatten wir schon einmal angeregt, sich auf örtlicher und regionaler Ebene darum zu kümmern, was dort an Verkäufen oder Teilerkäufen von öffentlichen Einrichtungen geplant ist. Es gibt wahrlich gute Gründe, sich gegen diesen Ausverkauf öffentlichen Eigentums zu wehren. Die privaten Eigentümer arbeiten nicht für umsonst und die Vermittler der Privatisierungstransaktionen sowieso nicht. Es gibt massive Interessen, die auf eine beschleunigte Umsetzung von so genannten PPP-Projekten drängen. So zum Beispiel die deutsche Bauindustrie.

Wir sind alles kleine Kapitalisten

Ich erfuhr die frohe Botschaft während der morgendlichen Zeitungslektüre: Da stand es – schwarz auf weiß.: „Viele Arbeitnehmer und einfache Bürger sind inzwischen längst kleine Kapitalisten.“ Diese überaus erfreuliche Mitteilung fand sich in einem Artikel von Peter Hahne (nein, nicht der bekannte Neokonservative vom ZDF), sondern eines Redakteurs vom Kölner Stadt-Anzeiger. Ich gestehe, dass ich für derlei Hinweise überaus empfänglich bin. Was in der Zeitung steht, ist bekanntlich wahr. Erbaulich auch die Nachricht, dass unser Finanzminister Steinbrück den Bankmanagern einmal so richtig die Leviten gelesen hat. Viele seien der Komplexität ihrer Aufgaben nicht gewachsen. Hat der Mann sich in der Veranstaltung geirrt oder ist das schon eine Auswirkung der strikt anti-kapitalistischen Parteitagsbeschlüsse der SPD; gar des Bekenntnisses zum „demokratischen Sozialismus“? Die Zukunft wird es zeigen.
Ein Zwischenruf zum Schmunzeln von Joke Frerichs.

Ergänzung zu: Wie kommt man schnell zu viel Geld?

Wir haben schon des Öfteren daraufhingewiesen, dass die riesigen Einkommenssprünge, die wir heute beobachten, und auch erstaunliche geschlagene Kapitalrenditen von 25% auf wertschöpfende Weise kaum zusammenkommen können. In „Machtwahn“ hatte ich fünf Wege beschrieben, mit denen Private meist durch Anzapfen und Plündern der Allgemeinheit schnell zu viel Geld kommen. Siehe Anhang. Der Ideenreichtum ist offensichtlich unerschöpflich. Jetzt wurde in den Medien noch von zwei anderen Methoden berichtet. Zum einen, in Fortsetzung meiner Zählung sechstens: Man tut sich mit einem Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft zusammen und lässt den öffentlich finanzierten Teil für den eigenen Teil arbeiten. Zum anderen, und das wäre siebtens: Man lässt für wohltätige Zwecke sammeln und bezieht von der sammelnden Einrichtung Beratungshonorare und Zahlungen für andere Aufträge. Albrecht Müller.

Aufruf: Stoppen Sie den Ausverkauf Ihrer Kommune.

Zur Zeit wird auf allen Ebenen unseres Staates versucht, bisher öffentliches Eigentum zu privatisieren oder zum Teil zu privatisieren (ÖPP). Das geht vom Börsengang der Deutschen Bahn bis zu örtlichen Stadtwerken und Schulen. Profiteure sind die neuen Eigentümer und die Vermittler – oft frühere Politiker und Manager. Siehe unten. Leidtragende sind Sie, wir alle und unsere Kinder und Enkel: Uns raubt man unser gemeinsames, von unsren Eltern und vernünftigen Kommunalpolitikern aufgebautes öffentliches Eigentum und lässt uns darnach oft über höhere Gebühren dann auch noch kräftig für den Verlust zahlen.
Wehren Sie sich! Es lohnt sich. Es ist erfolgreich!! Das hat zuletzt das Volksbegehren in Leipzig gezeigt.
Wir werden in den NachDenkSeiten jetzt mehrmals hintereinander unsere Leser/innen dazu aufrufen, sich gegen den Ausverkauf ihrer Kommune zu wehren. Albrecht Müller.

Grelle Zeichen des kulturellen Niedergangs und Schimmer der Hoffnung.

Wer wie ich vermeiden will, dem Kulturpessimismus zu verfallen, wird in diesen Tagen auf eine harte Probe gestellt. Die Zeichen des Verfalls sind unübersehbar: Gleichschaltung, Verschwinden kritischen Verstands bei den Medien, in Politik und Wissenschaft sowieso, antiaufklärerische Agitation, Propaganda überlagert nahezu jeglichen politischen Entscheidungsprozess, politische Korruption und noch einmal Korruption, der schamlose private Zugriff auf öffentliches Vermögen. Und Zynismus bei jenen, die sich zur Elite zählen. Näheres siehe unten.
Der Schimmer der Hoffnung in diesen Tagen: der vorläufige Erfolg eines Bürgerbegehrens gegen den Ausverkauf der Stadt in Leipzig. Albrecht Müller.

Nachtrag zur Bahn

In meinem Beitrag zur weiteren Entwicklung bei der Privatisierung der Bahn hatte ich versäumt, auf die Rolle der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Bahn und der Gewerkschaft Transnet einzugehen. Ob die 10 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vom vergangenen Donnerstag zugestimmt haben, weiß ich nicht. Es gibt aber eine Erklärung der Gewerkschaft Transnet vom gleichen Tag [PDF – 88 KB]. Siehe PDF. Leider ist diese aus meiner Sicht zum Thema Privatisierung nicht eindeutig und auch nicht richtig durchschaubar. Albrecht Müller

Die Entwicklung beim Thema Privatisierung der Deutschen Bahn ist Besorgnis erregend.

Sachliche Gründe für eine Privatisierung gibt es nach wie vor nicht. Aber der Beschluss des SPD-Parteitages erweist sich keinesfalls als Hinderungsgrund. Im Gegenteil. In dem sich die SPD damit darauf eingelassen hat, das „Ob“ der Privatisierung nicht mehr auf die Tagesordnung setzen, rollt der Zug weiter, sogar in Richtung Aufspaltung des Unternehmens. Die Regierungsriege spielt m.E. sowieso falsch. – In der Behandlung des Streiks der Lokführer durch den Aufsichtsrat wird sichtbar, dass das Unternehmen schon lange nicht mehr zum Volksvermögen gehört, offensichtlich nicht einmal zum Bundesvermögen.
Zu Ihrer Information dokumentieren wir einige interessante Unterlagen:

  1. Die Pressemitteilung über die Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bahn AG vom 15. 11. 2007
  2. Die Liste der Aufsichtsratsmitglieder.
  3. Eine sehr aufschlussreiche Mail des Referenten für Verkehrspolitik im Arbeitskreis V (Infrastruktur und Umwelt) der FDP-Bundestagsfraktion Volker Neuhoff vom 12.11.2007
  4. Einen Bericht über die Bahn in der Schweiz: Privatisierung nicht geplant
  5. Einen Bericht des Handelsblatts über die Rücknahme des Betriebs eines teilprivatisierten Teils der Londoner Metro: Volle Fahrt rückwärts.

Diese Unterlagen finden Sie im folgenden. Zuvor einige Anmerkungen. Albrecht Müller.

“Investmentbanker: Die stillen Helfer der Milliardenjongleure”

Was der Stern hier präsentiert , ist zwar nicht neu, aber dennoch hilfreich für Ihre Meinungsbildung. Der Stern tut mal wieder etwas zum Wiederaufbau des verlorenen aufklärerischen Images.
Es ist bemerkenswert, wie so genannte hochmögende Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft und Politik am Ausverkauf deutscher Unternehmen und öffentlicher Einrichtungen mitwirken und daran verdienen. In Sonntagsreden tun sie so, als würden sie sich um das Wohl unseres Landes kümmern, werktags arbeiten sie an der Zerstörung. Albrecht Müller.

Schulen in freier Trägerschaft erfreuen sich einer immer größeren Beliebtheit in Deutschland.

Im Schuljahr 2006/2007 besuchten rund 892 000 Schülerinnen und Schüler in Deutschland eine Privatschule. Das entspricht 7,3 Prozent der Schülerinnen und Schüler insgesamt. Alleine in der Hauptstadt Berlin ist eine Steigerung der Schülerzahlen im Jahr 2006/2007 um 7,4 Prozent zu verzeichnen.
Die Entwicklung verdeutlicht, dass Eltern immer stärker dazu neigen, die Bildungseinrichtungen freier Träger den staatlichen Einrichtungen vorzuziehen. Dabei scheint auch der Glaube an die höhere Leistungsfähigkeit der Ersatzschulen maßgeblich zu sein. So lautet eine Antwort der Bundesregierung [PDF – 80 KB] auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion. Wolfgang Lieb

Zur Parteitagsrede Kurt Becks: Allen wohl und Keinem Weh

Kurt Beck ist keine großer Redner, die Kunst der Zuspitzung ist nicht seine Sache und es dauert lange (manchmal ewig lange) bis er seine Sätze zu Ende bringt. Mit unendlich vielen Rücksichtnahmen und Einschränkungen landen seine Gedanken häufig im Nirgendwo. Es ist oft kaum noch zu erkennen, was Sache ist – so verschwurbelt war seine fast zweistündig Rede vor allem bei den streitigen Themen. So konnten aus seiner Eröffnungsrede wieder einmal Viele Vieles heraushören. Kurt Beck hat artig alle und alles gelobt, was Sozialdemokraten machen und gemacht haben, von Gerhard Schröder über die Regierungsmitglieder bis hin zu den Wahlkämpfern in den Ländern. Der Parteivorsitzende hat alles unterlassen, womit er mit Schröder oder Müntefering anecken hätte können und er hat alle, die auf einen klareren Kurs hofften, mit einem Wortschwall überschwemmt, bei dem sich jeder seine ihm passenden Versatzstücke auswählen kann. Allen Wohl und keinem Weh und möglichst wortreich um Streitpunkte herumreden, das zeichnet Kurt Beck aus. Viel Statur als Parteivorsitzender und viel Profil für die SPD hat er durch diese Parteitagsrede nicht gewonnen. Wolfgang Lieb.

Weiteres zur Bahn-Privatisierung

Wir weisen auf Aktionen gegen die Privatisierung, auf die Unterschriftenaktion unter SPD-Mitgliedern und auf die Rede des Essener Bundestagsabgeordneten der CDU Norbert Königshofen hin und ergänzen einige Gedanken zum Thema. Albrecht Müller.

Thema Bahn bei Anne Will – ganz gut, aber es fehlte der Blick hinter die Kulissen

Anne Will und ihre Sendung ist gemessen an der Vorgängerin eine wirkliche Erholung. Dennoch kann ich im Blick auf die gestrige Sendung über die Bahn die euphorische Bewertung von Spiegel Online nicht teilen. Es fehlte der Blick hinter die Kulissen, im konkreten Fall vor allem der Hinweis auf die politische Korruption, ohne die das Drängen auf Privatisierung und die Festlegung der Koalitionspartner darauf nicht verständlich ist, und es wurde nicht offenbar, wie wir bei diesen Fragen manipuliert werden, obwohl dies bei der Sendung selbst konkret geschah. Es fehlte, kurz und etwas unbescheiden gesagt, das, was wir Ihnen mit den NachDenkSeiten bieten, auch im konkreten Fall.