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Parteien und Verbände

Immer wieder das gleiche – jetzt im Umgang mit der Linkspartei

Es folgen Anmerkungen zur Rede von Oskar Lafontaine auf dem Wahlparteitag am 20. Juni. Einige Teile dieser Rede waren geprägt von der Abwehr heftiger Angriffe auf Lafontaine und die Linkspartei. Die Mechanik dieser Attacken konnte man im Laufe der letzten Jahrzehnte und kann man auch heute noch beim Umgang der herrschenden Meinungsmacher mit der SPD und den Grünen beobachten. Albrecht Müller

Nachtrag zu den Gepeinigten einer menschenunwürdigen Erziehung

Den Hinweis Nr. 15 vom 15.6. über katholische Heimerziehung in IRLAND (“Wir waren Sklaven”) hatte ich mit der Bemerkung kommentiert, das wäre bei uns ein klarer Verstoß gegen Art. 1 des Grundgesetzes (Schutz der Würde des Menschen) und damit verfassungsfeindlich. Für diesen Kommentar wurde ich von einem unserer Leser kritisiert (siehe Anhang 1), von anderen wurde mein Kommentar mit interessanten Informationen ergänzt. Albrecht Müller

Frank-Walter Steinmeiers Mythomanie

Wie nach jeder der verlorenen Wahlen, lassen sich die Delegierten auf dem außerordentlichen SPD-Bundesparteitag in die Traumwelt vom nächsten Wahlsieg entrücken.
Der Parteitag erinnerte stark an die Wahlkonvente der amerikanischen Parteien, wo die Delegierten die Rolle einer Fan-Gemeinde einnehmen und jubelnd ihre Pappschilder schwenken. Da redet Steinmeier seine zurückliegende Politik schön und tut so, als müssten die Wählerinnen und Wähler nur noch davon überzeugt werden, dass sie sich bisher ständig geirrt hätten. Da wird die nächste Wahl als Richtungsentscheidung hochgespielt und gleichzeitig verkündet, dass man die Richtung gar nicht ändern will, sondern in die „Mitte“ strebt. Der Euphorie der Delegierten über eine einzige Rede dürfte bald die Ernüchterung folgen, wenn es darum geht die Wählerinnen und Wähler anzusprechen. Selbst die konservative Presse jubelt über Steinmeier, ob aus Mitleid oder aus der Gewissheit heraus, dass diese SPD keine Gefahr mehr für das „Weiter-so“ der kommenden Regierung darstellt. Wolfgang Lieb

Obskures vom Lagerwahlkampf

Kanzlerkandidat Steinmeier sagt: “Schwarz-Gelb darf keine Mehrheit erhalten, weil die Ideologie, die in die Krise geführt hat, sicherlich nicht die Antwort auf die Krise sein kann.” Er schreibt die neoliberale Ideologie den Gelben und den Schwarzen zu. Das ist nicht falsch, falsch jedoch ist es, so zu tun, als habe man selbst, namentlich Kanzleramtsminister Steinmeier und der jetzige Finanzminister Steinbrück wie auch sein Vorgänger Eichel und Merkels Vorgänger Schröder nichts mit dem neoliberalen Kurs in Deutschland zu tun. Sie haben alle daran mitgewirkt. Was Steinmeier jetzt versucht, nämlich sich mit der SPD aus der Verantwortung zu stehlen, das hat ein Stratege der Union schon vor ihm versucht: Dr. Geißler. Dazu und zu anderen obskuren Blüten des Wahlkampfes gleich mehr. Albrecht Müller

Verschafft uns der SPD-Parteitag am Sonntag eine Alternative zu Schwarz-Gelb?

Was wäre zu tun, damit wir Wählerinnen und Wähler am 27. September eine wirkliche Wahl haben, also eine wirkliche Alternative zu Angela Merkel und Guido Westerwelle wählen können? Das ist die Kernfrage, die sich die Delegierten des SPD-Parteitages am Sonntag zu stellen haben. Die SPD-Führung, so muss man nach den bisherigen Einlassungen fürchten, wird diese Frage nicht zulassen. Sie müsste dann nämlich eine Kurskorrektur in Bezug auf die Inhalte und in Bezug auf die Koalitionsmöglichkeit vollziehen. Dazu scheint sie nicht bereit. Also stehen die Delegierten ihrerseits vor der Alternative, entweder den Aufstand gegen die Festlegungen der SPD-Spitze zu wagen oder mit ihr bei der Wahl im September unterzugehen. Albrecht Müller

Der Fahrstuhl kennt noch ein paar Etagen nach unten

In Deutschland kommen CDU/CSU zusammen mit der FDP auf rund 49%, in Europa ist die Rechte auf dem Vormarsch. Und das in einer der tiefgreifendsten Krisen, die das Scheitern der wirtschaftsliberalen und konservativen Ideologien jedermann vor Augen führen müsste.
Das scheint Gegenintuitiv, ist jedoch leicht erklärbar: In einer Zeit, in der sich sozialdemokratische Parteien in Deutschland, aber auch in Großbritannien vor allem durch ihr politisches Handeln zum Exekutor der neoliberalen Doktrinen gemacht hat, können sie ihre Wähler nicht mehr mobilisieren.
Die Konservativen verlieren zwar auch, aber sie können immer noch auf einen größeren Teil ihrer Stammwählerschaft bauen, ja sie haben es sogar geschafft, dass verängstigte potentielle Wählerinnen und Wähler der Linken, wie etwa Arbeiter, auf die zynischen Sprüche wie „Vorrang für Arbeit“ oder das Gerede von der „sozialen Marktwirtschaft“ hereinfallen. Wolfgang Lieb

Die „linke“ Hälfte wird bei den Wahlen vermutlich enttäuscht abschneiden

Nach meinem Eindruck werden vor allem SPD und Die Linke bei den heutigen Wahlen unter ihren Möglichkeiten bleiben. Das hat bei der SPD viel damit zu tun, dass sie sich inhaltlich bis auf wenige Ausnahmen dem neoliberalen Glaubensbekenntnis angepasst hat. Hinzu kommt der wahltaktische Fehler, dass sie sich trotz dieses faktischen eigenen Rechtsruckes einen Linksruck anhängen lässt. Dass die Linkspartei vermutlich unter ihren Möglichkeiten bleibt, hat ganz wesentlich mit einer bemerkenswert mangelhaften Wahlkampfführung zu tun. Seit langem ist erkennbar, dass die Strategie der anderen Parteien wie auch der Wirtschaftsverbände darauf zielt, die Linkspartei zu stigmatisieren und im konservativen bis liberalen Wählerbereich einen Antikommunismuswahlkampf wie in den fünfziger Jahren zu führen. Diese Kampagnen strahlen ab auf die potentiellen Wähler der Linkspartei. Sie werden verunsichert und fallen über weite Strecken als Multiplikatoren aus. Albrecht Müller

Deutschlands Medien – Stichwortgeber und unkritisch bis zur Selbstaufgabe. Konkret: Sandra Maischberger mit Angela Merkel

Sandra Maischberger finde ich sympathisch, das gebe ich zu. Umso fahler ist der Nachgeschmack nach der Sendung vom 19. Mai mit Angela Merkel und – getrennt davon – einigen anderen Gästen. Schon allein die Tatsache, dass die Moderatorin akzeptiert, die Bundeskanzlerin von den möglicherweise kritischen Fragen der anderen Gäste fernzuhalten und die beiden Runden trennt, ist eigentlich nicht auszuhalten. Das befördert die auch von RTL betriebene Personality-Show der Bundeskanzlerin, die offenbar der Vorbereitung der Bundestagswahl dient. Ansonsten betätigte sich Sandra Maischberger über weite Strecken leider als Stichwortgeberin und hakte nicht kritisch nach. Albrecht Müller.

FDP: Täuschung lohnt sich

„Arbeit muss sich wieder lohnen“, das war das Motto des 60. ordentlichen Bundesparteitags der FDP in der Messe Hannover, in dessen Mittelpunkt „Beratungen“ zum Wahlprogramm [PDF – 620 KB] für die Bundestagswahl standen. Schon aus diesem Slogan kann man ablesen, dass die FDP nicht lügen muss, um einen Wortbruch zu begehen. Nein, die FDP ist geschickter. Sie deutet schon die ursprüngliche Bedeutung der Worte so um, dass sie eine Lüge enthalten. Bei „Arbeit muss sich wieder lohnen“ geht es nämlich nicht darum, dass Arbeit wieder gut be-“lohnt“ wird, sondern ausschließlich darum, dass die Steuern und Sozialabgaben auf den Lohn gesenkt werden. Und das – wie sollte es bei der FDP auch anders sein – besonders für diejenigen, die hohe Löhne beziehen.
„Arbeit muss sich wieder lohnen“ ist tatsächlich eine Lügenphrase, um die wahren Gedanken und Absichten der FDP zu verschleiern. Wolfgang Lieb

Zum Bundestagswahlprogramm der Partei der Linken

In letzter Zeit liest man allenthalben die oft nur vorgespiegelt fürsorgliche Frage, warum die Krise der Linken nicht in die Hände spielt. Heribert Prantl begründet dieses erklärungsbedürftige Phänomen in der Süddeutschen Zeitung damit: „Wenn die Leute in der Klemme sitzen, dann wollen sie nicht immer nur hören, warum das so ist. Sie wollen wissen, wie sie da wieder herauskommen. Dazu ist von der Linkspartei nicht viel zu hören.“ Ein ausgewiesener Realo aus der Linkspartei, das Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus Carl Wechselberg, wirft seiner eigenen Partei im Spiegel vor, sie biete den „Bürgern und Wählern, die sich in der Krise existentiell bedroht sehen“ keine „echte Antworten und Konzepte“ und keine „politische Strategie zu deren Umsetzung“.
Auch der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering schlägt im ZDF in die gleiche Kerbe: Die Linke habe ihren Höhepunkt überschritten, sie „hat keine Orientierung an den Lebenswirklichkeiten, sie versucht sozialpopulistischer sein als die anderen.
Umso interessanter ist es, das Bundestagswahlprogramm [PDF – 320 KB] einmal danach abzuklopfen, ob die Linke tatsächlich keine Antworten und Konzepte oder keine Orientierung an der Lebenswirklichkeit hat. Wolfgang Lieb

Ein vermutlich inszenierter Konflikt soll die Durchsetzung des Bad-Bank-Konzeptes erleichtern (Finanzkrise XIV)

Gestern kam Spiegel Online mit einem längeren Artikel und der Hauptaussage, die SPD-Fraktion, namentlich die Haushälter und die Parlamentarische Linke (PL), würden Steinbrück zu einem härteren Kurs gegenüber den Banken in Sachen Auslagerung toxischer Papiere drängen (siehe Auszüge in der Anlage). Der haushaltspolitische Sprecher Carsten Schneider wurde mit der Forderung zitiert, die Banken müssten „die Hosen runterlassen“. Die Argumentationsweise und auch die personelle Konstellation sind so schräg, dass ich nicht an einen echten Konflikt glaube. Der Konflikt ist verabredet, weil damit der skandalöse Vorgang als solcher, nämlich den Banken ihre schlechten Risiken zulasten der Steuerzahler abzunehmen, wie selbstverständlich erscheint. So ist das im Leben: Wenn man ein Vorhaben der Detailkritik unterzieht und dann dem Kritisierten auch noch die Möglichkeit gibt, Kompromissbereitschaft zu zeigen (so wird es nämlich kommen), dann erscheint das Vorhaben als solches akzeptabel. Auf die Nutzung dieses einfachen Tricks der Meinungsmache zielt der Konflikt. Albrecht Müller.

„Raus aus dem Gen-Mais“ – „Rein in die Gen-Kartoffeln“

Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) hat zunächst den Anbau der Genmaissorte MON 810 (siehe auch: “Die Abstimmung über die Aufhebung des Genmais-Importverbots Österreichs zeigt die undemokratischen Strukturen der Europäischen Union und der WTO”) untersagt. Horst Seehofer (CSU) hatte in seiner Eigenschaft als Landwirtschaftsminister den Anbau von Genmais MON 810 zugelassen. Der plötzliche Gesinnungswandel der CSU steht wohl in engem Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen für das Europaparlament und für den Bundestag. Nachdem die Christ-sozialen bei der Bayerischen Landtagswahl eine herbe Niederlage einstecken musste, versucht sich die CSU – zumindest bis über die Wahlen hinweg – bürgernah zu geben. Die bayerischen Wähler haben der CSU gezeigt, dass sie genug haben von einer Politik nach dem Motto „Wir-wissen-schon-was-für-euch-gut-ist“. Das Thema „Grüne Gentechnik“ bewegt die Volksseele weit mehr als den Regierungen lieb ist. Nun gab die Landwirtschaftsministerin allerdings grünes Licht für den Anbau der Gen-Kartoffel Amflora. Die Kartoffel darf in Mecklenburg-Vorpommern angebaut werden. Das Land an der Ostsee ist ja weit weg von Bayern und den Wählerinnen und Wähler der CSU. Von Christine Wicht

Das SPD-„Regierungsprogramm“

Ein Wahlprogramm [PDF – 500 KB] mit viel sozialem Pathos und wenig konkreten Vorschlägen, aber voller Widersprüche. Es ist ein Spagat zwischen dem Festhalten an der Agenda-Politik und dem Versuch einer Erneuerung. Das Programm entbehrt jegliche Selbstkritik und wird deshalb kaum Vertrauen in die Versprechungen für die Zukunft schaffen. Wolfgang Lieb

Wahlprogramm der FDP: Eiskalter Neoliberalismus

Während alle Welt über die globale Wirtschaftskrise und den Niedergang des Neoliberalismus redet, feiert hierzulande ausgerechnet die neo-liberale FDP derzeit Umfragerekorde (für ihre Verhältnisse), gilt als „Krisengewinner“ (WAZ) und wird von der Union wie von rot-grün als Koalitionspartner umworben.
Das Umfragehoch hat zweifellos hauptsächlich mit der Enttäuschung vieler Anhänger des „bürgerlichen“ Lagers über die Union zu tun, aber auch damit, dass es der FDP bisher nicht ungeschickt gelungen ist, sich als Kritiker des ökonomischen Krisenmanagements der Großen Koalition und als Alternative zu ihr aufzuspielen, ohne gegenüber einer größeren Öffentlichkeit selber klare Konturen zu zeigen. Dabei propagieren die Liberalen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik eiskalte neoliberale Grundsätze, wie der vor kurzem veröffentlichte Entwurf ihres Bundestagswahlprogramms, ihres „Deutschlandsprogramms“ [PDF – 600 KB], zeigt. Darin kann jeder nachlesen, wen und was man sich mit der FDP einhandelt, wenn sie im Herbst Regierungsverantwortung bekommen sollte. Insbesondere die SPD sollte das tun, denn die FDP wendet sich als sozialpolitische Leitlinie ausdrücklich „gegen die Bevormundung durch die bürokratischen Auswüchse des sozialdemokratischen Wohlfahrtstaates.“ (S. 4)