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Staatsorgane

Rot-Grün im Bunker

Bundesregierung und Koalitionsspitze trafen sich in den vergangenen Tagen in Neu-Hardenberg zu einer Klausur. Dabei wurde deutlich, dass Bundesregierung und Koalition bei dem, was sie Reformen nennen, „durchzumarschieren“ gedenken: keine Revision vom Hartz IV, keine Entspannung des Verhältnisses zu den Gewerkschaften, keine Zugeständnisse an die ostdeutschen Länder, wenn die ostdeutschen Ministerpräsidenten sich heute Abend mit dem Bundeskanzler treffen. Dabei gäbe es gute Gründe, speziell diese Reform zu überdenken, und viel gute Gründe, mit den Gewerkschaften anders umzugehen. Anders als öffentlich der Eindruck entstanden ist, haben sie bisher viele Affronts von Seiten der rot-grünen Koalition weggesteckt. Vermutlich war das die falsche Strategie.

Volkstümlich verpackt – ein Bundespräsident für die Oberschicht

Heute ist der neue Bundespräsident Köhler vereidigt worden und hat seine Antrittsrede gehalten. Der beste Kommentar dazu erschien schon heute früh in der Süddeutschen Zeitung, wenn auch ohne jeglichen Bezug auf das heutige Ereignis: „Auf zum letzten Gefecht“ von Heribert Prantl. Der Innenpolitiker der Süddeutschen Zeitung beschreibt darin die Folgen von Hartz IV für die betroffenen Arbeitslosen. Er kommentiert die Abwendung der SPD von den Schwächeren unserer Gesellschaft, die mit der Politik des „Umbaus des Sozialstaates“ verbunden ist, wie es beim Bundeskanzler und beim neuen Bundespräsidenten in gleicher Weise heißt. Es lohnt sich unbedingt, Prantls Kommentar zu lesen. Er enthält viele wichtige Informationen über die Folgen der Agenda 2010, die nach meiner Kenntnis auch viele politisch Interessierte noch nicht wahrgenommen haben. Es lohnt sich auch, die Rede des Bundespräsidenten zu lesen. Zu finden bei www.bundespraesident.de. Mit dieser Rede wird weiter deutlich, dass sich der Bundespräsident voll auf die Seite jener stellt, die eine Systemänderung zu Lasten der breiten Schichten unsres Volkes wollen und das beschönigend Erneuerung nennen.

Die mögliche Verankerung amerikanischer Interessen im Bundespräsidialamt

Wenn Horst Köhler zum Bundespräsidenten gewählt wird, dann soll Friedbert Pflüger sein Staatssekretär werden, so meldet die Bild-Zeitung heute. Pflüger widersprach dem mit einem ziemlich weichen Dementi. Pflügers Berufung hätte eine gewisse Logik. Dann wären amerikanische Interessen gleich zweifach im Bundespräsidialamt verankert.

Bundestagsbeschluss zur Förderung der privaten Lebensversicherer

Anders kann man den Beschluss vom vergangenen Donnerstag über die weiteren Schritte der so genannten Rentenreform nicht deuten. Über einen so genannten Nachhaltigkeitsfaktor wird das Rentenniveau bis 2030 von heute 53 Prozent des Durchschnittslohns auf dann 43 Prozent gesenkt. Dass die Opposition noch brutaler sein wollte, ist kein Trost. Auch dass die Linke in der SPD die Forderung an die Regierung durchgesetzt hat, das Rentenniveau auf Dauer mindestens bei 46 Prozent zu halten, tröstet über die Ungereimtheiten, die Folgen und die Hintergründe dieses Beschlusses nicht hinweg.

Bundesverfassungsgericht unterstützt die Entscheidung der Koalition, die Versicherungspflichtgrenze für die Krankenversicherung anzuheben

Die Verfassungsbeschwerden zweier Unternehmen der privaten Krankenversicherung, die sich gegen die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze durch das Beitragssatzsicherungsgesetz vom 23. Dezember 2002 wandten, sind von der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen worden. Ein interessanter Vorgang. In Karlsruhe gibt es noch Juristen, die wissen, dass wir die gesetzliche Krankenversicherung nicht der Erosion preisgeben können. Die Presseerklärung des BVerfG von heute dürfte für einige der Nutzer von NachDenkSeiten von Interesse sein. Deshalb ist sie in die Rubrik “Andere interessante Beiträge” aufgenommen worden.

Wolfgang Schäuble als Bundespräsident verhindert zu haben, wäre allein schon etwas wert

Wie ernst die Überlegungen sind, die ehemalige Ausländerbeauftragte und FDP-Politikerin Schmalz-Jacobsen zur Wahl zur Bundespräsidentin vorzuschlagen, ist schwer abzuschätzen. Wenn die SPD dies vorschlüge, wäre das angesichts der für eine/n eigene/n Kandidatin/en aussichtslosen Lage verständlich und klug. Ob man Erwägungen bei der FDP trauen kann, ist fraglich. – Auf jeden Fall gibt es gute Gründe dafür, Wolfgang Schäuble nicht zum Bundespräsidenten zu nominieren und zu wählen. Zur Begründung siehe Beitrag “Präsident mit Barspende?”.

Präsident mit Barspende?

Er forderte die Regierung Schröder auf, mit George Bush in den Krieg zu ziehen, er kassierte eine dubiose 100.000-Mark-Spende. In der CDU/CSU scheint alles möglich. Bis vor Kurzem heftig in die CDU-Parteispendenaffäre verwickelt, bringt sich Wolfgang Schäuble als Nachfolger von Johannes Rau im Amt des Bundespräsidenten ins Gespräch. Von Albrecht Müller, vorwärts 11/2003, Kolumne Gegen den Strom.