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Außen- und Sicherheitspolitik

NATO-Gipfel

Am 3. und 4. April fand der NATO-Gipfel in Straßburg, Kehl und Baden-Baden statt. Die Veranstaltung wurde begleitet von Demonstrationen, zu denen rund 600 Organisationen darunter Globalisierungskritiker, Friedens- und Menschenrechtsbewegungen aus insgesamt 33 Ländern aufgerufen hatten. In einer Zeit, in der offenkundig wird, dass die neoliberale Wirtschaftsordnung selbstzerstörerisch ist und schon gar nicht ein Angebot für Frieden, Wohlstand und Sicherheit in der Welt ist, setzten sich die Demonstranten für eine gerechtere Weltwirtschaft, konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz und gegen Militäreinsätze im Kampf um einen privilegierten Zugriff auf die Rohstoffe in aller Welt ein. Christine Wicht

Vertuschter Skandal: Die tödlichen Wirkungen der Urangeschosse

Etwa 30 Staaten der Welt besitzen in ihren Militärdepots außerordentlich wirksame panzer- und bunkerbrechende Munition, die in Kriegsgebieten und weit darüber hinaus schleichenden Massenmord bewirkt durch massenhaft entstehenden radioaktiven Staub. Die hohe militärische Bedeutung, die tatsächlich massenmord-ähnlichen Auswirkungen in den betroffenen Gebieten sind ebenso nachweisbar wie die bisherigen Versuche der Geheimhaltung oder Verharmlosung seitens der offiziell Verantwortlichen.

Eine Frage der Ächtung

Am 2. Dezember 2008 gehörte zur Agenda der Vollversammlung der UNO ein Antrag auf Ächtung von Uranmunition. Das Ergebnis war beeindruckend: 141 Nationen forderten, gestützt auf die internationale Rechtslage, die Herstellung, Verbreitung und Anwendung von Uranmunition und Uranwaffen künftig zu verbieten. Dass die Atommächte Frankreich, Großbritannien, Israel und die USA dagegen votierten, überraschte nicht; Russland enthielt sich der Stimme und China blieb der Abstimmung fern. Eine Resolution erging an die verantwortlichen UN-Organisationen, die gesundheitlichen Folgen zu überprüfen.

Uranmunition dient nicht der Sicherheit, sie gefährdet die Sicherheit. Damit, so der Völkerrechtler Manfred Mohr, sollten die umstrittenen Arsenale eigentlich Thema der jährlichen Sicherheitskonferenzen in München sein. Waren sie nicht, denn dort bestimmt weitgehend die NATO das Programm. Eine weltweite Koalition blickt daher auf den neuen Konferenzleiter, Botschafter Wolfgang Ischinger, und erhofft sich einen neuen Wind. Einen Wind, der nicht mehr Nanostaub aus radioaktivem Schwermetall übers Land weht, sondern einen Wind, der den Mantel des Vertuschens und Verschweigens hochbläst. Von Claus Biegert

Wieder einmal werden Leben und Gesundheit tausender Menschen Wahlkampfinteressen geopfert.

Den Wahnsinn des derzeitigen Krieges im Gaza-Streifen, dem viele Palästinenser wie auch Israelis zum Opfer fallen, kann man vermutlich nur richtig erklären, wenn man auch in Rechnung stellt, dass die israelische Regierung und Parteien für den kommenden Wahlkampf an Boden gewinnen wollen. Die jetzige Außenministerin, Vorsitzende und Spitzenkandidaten der Kadima-Partei, Livni, steht dabei in Konkurrenz zu dem Spitzenkandidaten des Likud und vormaligen Ministerpräsidenten, dem als „Falken“ bekannten Benjamin Netanyahu. Albrecht Müller und Wolfgang Lieb

Trübe Aussichten für die BTW 2009 – Hausgemacht bei Münte

Auf den Tag genau vor 36 Jahren, am 19. November 1972, hat die SPD mit 45,8 % ihr bisher bestes Wahlergebnis erreicht. Ich war damals verantwortlich für Willy Brandts Wahlkampf und bin natürlich stolz auf dieses Ergebnis. Weil ich ohne ein gutes Ergebnis der SPD auch im Jahr 2009 keine Chance für eine Mehrheit links von Merkel sehe, bedaure ich die trüben Aussichten von heute. Bei Umfragen kommt die SPD heute gerade mal knapp über die Hälfte des Stimmenanteils von 1972. Das liegt nicht an den Umständen. Es liegt vor allem an der falschen Strategie und an den falschen programmatischen Vorstellungen der heute Verantwortlichen. Albrecht Müller

Mikhail Gorbachev kritisiert in der New York Times das Handeln der westlichen Länder im Bezug auf Georgien und Süd-Ossetien

Gorbachev schreibt, dass Russland diese Krise nicht gewollt hat. Die russische Führung brauche keinen kleinen militärischen Erfolg, um sich bei der eigenen Bevölkerung zu stärken. Russland sei in diese Auseinandersetzung durch die Leichtfertigkeit des georgischen Präsidenten Saakaschwili hineingezogen worden. Das hätte er sich allerdings nicht ohne Unterstützung von Außen getraut. Nachdem er das gemacht hat, konnte es sich Russland nicht leisten, tatenlos zuzusehen. Übertragung von Roger Strassburg

Norman Birnbaum: Die Situation ist gefährlich, weil die reale Möglichkeit eines bewaffneten Konflikts zwischen US- und russischen Truppen besteht

Im Zusammenhang mit dem heutigen Eintrag (Neue Konfrontation Ost-West! … ) weist mich Freund Norman, Professor em. aus Washington und guter Kenner der europäischen wie der US-amerikanischen Scene, auf einen analytischen Artikel in der New York Times hin. Er schreibt: “Complete confirmation of the role of the Georgians is given in today’s NY Times article on how the US responded to Putin’s warnings….article by Helen Cooper et al…..I believe that the situation is quite dangerous and entails the real possibility of an armed conflict between US and Soviet forces with possibly catastrophic consequences…” Albrecht Müller.

Neue Konfrontation Ost-West! Haben wir dafür 40 Jahre gearbeitet?

Die Neocons in den USA brauchen aus innenpolitischen Gründen die Konfrontation des vermeintlich Guten mit dem Bösen. Die derzeitigen Bosse von Polen und Georgien und einige andere brauchen es wohl auch. Und sie wollen uns mit hineinziehen. Die Bundeskanzlerin gibt sich dafür her. Sie fordert die Russen „ultimativ“ auf, ihre Truppen abzuziehen, so SpiegelOnline, und macht sich für den Nato-Beitritt Georgiens stark. Sie will sogar die Nato helfen lassen, die zerstörten militärischen Anlagen Georgiens wieder aufzubauen. Sie schlägt sich damit auf die Seite des unberechenbaren georgischen Präsidenten. Das ist rational nicht mehr zu begreifen. Denn wir haben keinerlei Interesse an einer neuen Konfrontation mit Russland. Angela Merkel hat aber offenbar eine Funktion als Publicrelations-Agentin für die USA und Georgien übernommen. Siehe dazu den wichtigen Beitrag von Jens Berger in Spiegelfechter. Man muss leider davon ausgehen, dass sowohl der georgische Präsident wie auch die deutsche Bundeskanzlerin Befehlsempfänger Washingtons und seiner Dienste sind. Albrecht Müller.

Kooperation statt Krieg – das wäre das entscheidende Thema der SPD und der Europäischen Linken

Es geht hier nicht wie so oft um die SPD. Es geht um die Notwendigkeit einer neuen Friedenspolitik. Der Krieg zwischen Georgien und Russland hat nämlich gezeigt, dass wir uns unter Anleitung der USA und einiger Nachbarn Russlands in neue Gefahren begeben. Es geht darum, uns davor zu bewahren, in eine neue Konfrontation mit den „Russen“ und ins Kriegsrisiko gezogen zu werden.
Die SPD könnte ihr Wählerpotenzial nahezu verdoppeln, wenn sie sich zum konsequenten Fürsprecher einer anderen Politik machen würde. Kooperation statt Konfrontation. Mindestens schon fünfmal hat die SPD mit dem Thema Frieden wichtige Wahlen gewonnen. Albrecht Müller.

Zu den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Georgien und Russland

„Abchasien und Südossetien sind völkerrechtlich Teile Georgiens. Faktisch waren sie allerdings nie ein Teil der Republik Georgien. Sie waren Teil der Georgischen Sowjetrepublik, die 1936 vom Georgier Stalin geschaffen wurde. In der postsowjetischen Ära kam es nach der Ausrufung der Republik Georgien umgehend zu einem Bürgerkrieg – sowohl Abchasien, als auch Südossetien, hatten sich in Volksabstimmung gegen einen Verbleib in der Republik Georgien entschieden. Die Einhaltung der Waffenstillstandsabkommen aus den Jahren 1992 und 1994 werden von GUS-Friedenstruppen sichergestellt. Seitdem sind die beiden Entitäten Abchasien und Südossetien de facto unabhängig von Georgien. Das Einzige, was eine Loslösung verhinderte, war die Anerkennung der Unverletzlichkeit der völkerrechtlich anerkannten Grenzen durch die internationale Staatengemeinschaft. Mit der Anerkennung des Kosovos durch den Westen wurde dieser Grundsatz aufgegeben – zum ersten Mal wurden völkerrechtlich anerkannte Grenzen widerrufen und aus dem Staatsgebiet Serbiens wurde das Kosovo ohne Zustimmung Serbiens herausgelöst.
Dass ein solcher Präzedenzfall in den georgischen Entitäten nicht ungehört bleiben würde, war vorauszusehen. Georgien hatte, ähnlich wie Serbien im Falle des Kosovos, keine echte Wahl. Man konnte grollend die normative Kraft des Faktischen akzeptieren oder die längst verlorenen Ansprüche militärisch geltend machen.“ So schreibt der Spiegelfechter. Dazu noch einige Anmerkungen von Wolfgang Lieb

Deutschland und USA unterzeichnen im Alleingang ein bilaterales Abkommen, der den gegenseitigen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglicht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzt seine Vorstellungen einer lückenlosen Überwachung Schritt für Schritt durch. Am 11. März haben Deutschland und die USA ein bilaterales Abkommen nach dem Vorbild des so genannten “Prümer Vertrages” paraphiert, dessen Kernelement der Informationsaustausch durch gegenseitige Vernetzung nationaler Datenbanken ist. Das Abkommen „über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität“ sieht vor, dass nach Maßgabe des jeweils geltenden nationalen Rechts, im Einzelfall auch ohne Ersuchen, personenbezogene Daten übermittelt werden können, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen terroristische Straftaten oder Straftaten, die hiermit in Zusammenhang stehen, begehen werden oder eine Ausbildung zur Begehung von terroristischen Straftaten durchlaufen oder durchlaufen haben. Das Bundesinnenministerium hat in einer Pressemitteilung am 11. März erklärt, dass Daten zur Identifizierung einer Person und Informationen zu Umständen, die den Terrorismusverdacht begründen, übermittelt werden, z.B: Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und daktyloskopische Daten. Nun sind Passagen der vertraulichen Vereinbarung bekannt geworden, die enthüllen, dass weit mehr Informationen, als im Vertrag von Prüm festgelegt, ausgetauscht werden sollen. Von Christine Wicht

Der Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Flugzeugen über der Türkei hätte der Zustimmung des Bundestags bedurft – doch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist leider nur ein Pyrrhussieg

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2008 ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung:

  1. Aktuell, weil es die die Rolle der Bundeswehr als „Parlamentsarmee“ bekräftigt und die schleichende Ausdehnung der militärischen Entscheiddungskompetenzen der Exekutive begrenzt,
  2. rückblickend für die juristische Beurteilung der deutschen Beteiligung am Irak-Krieg,
  3. für die Zukunft, weil es den Plänen der CDU/CSU für ein neues Sicherheitskonzept enge Grenzen setzt.
  4. Spannender wird aber nun die Frage werden, wie sich dieses Urteil zu Artikel 28a des EU-Reformvertrages verhält, in dem die Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf die Europäische Union übertragen wird und unter Führung der Union militärische „Missionen“ auch mit Hilfe der Bundeswehr durchgeführt werden dürfen.

Wolfgang Lieb

ödp klagt gegen EU-Reformvertrag

Der in den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden abgelehnte EU-Verfassungsvertrag ist zwar Geschichte. Weil jedoch die inhaltliche Substanz dieses Verfassungsvertrags im Vertrag von Lissabon erhalten bleibt und somit die kritischen Teile der Sicherheits- und Militärpolitik in den überarbeiteten EU-Reformvertrag eingeflossen sind, hat die Ökologisch demokratische Partei (ödp) Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Nach Auffassung des ödp-Bundesvorsitzenden Klaus Buchner sei der EU-Reformvertrag weder mit dem deutschen Grundgesetz noch mit der Charta der Vereinten Nationen vereinbar. Buchner betont, dass die ödp keineswegs europafeindlich sei, seine Partei sehe aber keinen anderen Ausweg als den Gang nach Karlsruhe, um ein undemokratisches und militarisiertes Europa zu verhindern. Von Christine Wicht

ILO verschärft Sanktionen gegen Burma

Der aus 52 Vertretern von Regierungen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammengesetzte Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation hat eine weitere Verschärfung seines Vorgehens gegen die Militärjunta in Burma beschlossen. Seit Jahrzehnten steht das Regime in Burma in der weltweiten Kritik wegen schwerster Verletzungen des Verbots der Zwangsarbeit. Männer, Frauen und Kinder werden zu schweren öffentlichen Bau – und Straßenarbeiten gezwungen oder vom Militär zwangsrekrutiert für militärische Operationen, aber auch die schlimmsten Formen von Sklavendiensten. Viele Menschen haben dafür nicht nur ihre Freiheit verloren, sondern jede Menschenwürde und oft auch ihre Gesundheit oder mussten mit ihrem Leben bezahlen. Von Ursula Engelen-Kefer (Mitglied im Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation)