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Finanzen und Währung

Warum die kriminellen Akte, denen wir einen Teil der Finanzkrise verdanken, vermutlich nie gesühnt werden

„Wie würde unsere Gesellschaft aussehen, wenn ‚freie und unabhängige Wissenschaft’ und ‚unabhängige und effektive Rechtsprechung’ nicht zerstört, sondern gepflegt worden wären ? Hätte es dann z.B. eine ‘Finanzkrise’ gegeben ? Ich denke, nein …
Die wirklichen, mächtigen ‘Feinde und Zerstörer des Rechtsstaats’ üben nicht in irgendwelchen Lagern in Pakistan, sie sitzen auf den Stühlen in den Ministerien und den Parlamenten.
Und wissen Sie, was das Schlimmste daran ist ? Es ist häufig gar nicht Vorsatz, sondern schlichte Dummheit – denn sie wissen nicht, was sie tun…“
So endet eine Erläuterung des Problems von Prof. Dr. Schmelz. Interessant, deshalb unseren Lesern zur Kenntnis. Albrecht Müller

Prof. Schmelz über die Verflechtung von Finanzindustrie und einschlägiger Wissenschaft

Wenn unsere Medienschaffenden für ihre Beiträge zur Finanzkrise und zur Börsenentwicklung wissenschaftlich klingende Äußerungen brauchen, dann greifen sie häufig auf Wissenschaftler aus Frankfurt und Umgebung zurück. Dass viele dieser Wissenschaftler direkt mit der Finanzwirtschaft verbunden und von ihrem Geld abhängig sind, wird uns dabei nicht mitgeteilt. Der seit längerem bewährte Kritiker dieser Entwicklung in der Finanzwirtschaft Professor a.D. Dr. jur. Karl-Joachim Schmelz hat dazu einen Text verfasst. Was er beschreibt, erinnert im übrigen sehr viel an das, was Wolfgang Lieb und wir insgesamt in den NachDenkSeiten schon über die Übereignung unserer Wissenschaft an die Wirtschaft beschrieben haben. Albrecht Müller.

Fiasko der Haushaltsplanungen 2009 bis 2012

Die derzeitige Krise der Wirtschaft beginnt nicht nur in der Realwirtschaft ihre tiefen Spuren zu hinterlassen, sondern sie trifft auch die laufenden und mittelfristigen Haushaltsplanungen der Gebietskörperschaften in gravierender Weise. Sie verwandelt die letzten Mittelfristigen Finanzplanungen (MFP) des Bundes und der Länder noch aus dem Jahre 2008 (oder davor) zwangsläufig zu Fiktionen, die auf viel zu optimistischen Prognosen für das BIP-Wachstum basierten. Schamhaft hat das Bundesfinanzministerium seinen letzten MFP aus dem Verweis ab seiner ersten Internetseite verbannt. Die optimistischen Töne im Anschluss an diese früheren Zukunftsprognosen sind verhallt und vergessen. Kaum verhülltes Entsetzen über die nunmehr erwarteten Steuermindereinnahmen macht sich auf den Ebenen der Gebietskörperschaften bei den Haushaltspolitikern breit. Die Konsequenzen sind hart: der Kurs auf einen defizitfreien Staatshaushalt ist auf allen Ebenen zunächst gestört oder unterbrochen. Die Politiker beginnen für die Zeit jenseits der diesjährigen Wahlkämpfe die „Karten neu zu mischen“ und nach Lösungen zu suchen. Von Karl Mai

FDP: Täuschung lohnt sich

„Arbeit muss sich wieder lohnen“, das war das Motto des 60. ordentlichen Bundesparteitags der FDP in der Messe Hannover, in dessen Mittelpunkt „Beratungen“ zum Wahlprogramm [PDF – 620 KB] für die Bundestagswahl standen. Schon aus diesem Slogan kann man ablesen, dass die FDP nicht lügen muss, um einen Wortbruch zu begehen. Nein, die FDP ist geschickter. Sie deutet schon die ursprüngliche Bedeutung der Worte so um, dass sie eine Lüge enthalten. Bei „Arbeit muss sich wieder lohnen“ geht es nämlich nicht darum, dass Arbeit wieder gut be-“lohnt“ wird, sondern ausschließlich darum, dass die Steuern und Sozialabgaben auf den Lohn gesenkt werden. Und das – wie sollte es bei der FDP auch anders sein – besonders für diejenigen, die hohe Löhne beziehen.
„Arbeit muss sich wieder lohnen“ ist tatsächlich eine Lügenphrase, um die wahren Gedanken und Absichten der FDP zu verschleiern. Wolfgang Lieb

Das Casino läuft weiter. Nur kurz beeindruckt – dann unentwegt weiter. (Finanzkrise XV)

Am 17. April gab es in der Sendung Nachtcafe des Südwestrundfunks eine aufschlussreiche Begegnung. Anja Kohl, bekannt von „Börse im Ersten“, verwahrte sich mit bebender Stimme gegen die Vorstellung, die offensichtlich in der Runde geäußert wurde, man käme ohne Börse aus und vor allem ohne Anleger. Eine Welt ohne Anleger an den Aktienmärkten, eine Welt ohne das spekulative Auf und Ab der Finanzbörsen – das ist für manche offenbar eine existenzbedrohende Vorstellung. Dabei wäre ein funktionierender Finanzmarkt auch ohne seinen spekulativen Teil durchaus vorstellbar. Dass diese Vorstellung Anja Kohl erschreckt, das kann ich verstehen. Denn sie und ihre Kolleginnen und Kollegen und ein Rattenschwanz von Börsianern, Bankern, Journalisten leben und profitieren unmittelbar vom Auf und Ab der Börsen. Deshalb machen sie weiter wie bisher. Albrecht Müller.

Ein vermutlich inszenierter Konflikt soll die Durchsetzung des Bad-Bank-Konzeptes erleichtern (Finanzkrise XIV)

Gestern kam Spiegel Online mit einem längeren Artikel und der Hauptaussage, die SPD-Fraktion, namentlich die Haushälter und die Parlamentarische Linke (PL), würden Steinbrück zu einem härteren Kurs gegenüber den Banken in Sachen Auslagerung toxischer Papiere drängen (siehe Auszüge in der Anlage). Der haushaltspolitische Sprecher Carsten Schneider wurde mit der Forderung zitiert, die Banken müssten „die Hosen runterlassen“. Die Argumentationsweise und auch die personelle Konstellation sind so schräg, dass ich nicht an einen echten Konflikt glaube. Der Konflikt ist verabredet, weil damit der skandalöse Vorgang als solcher, nämlich den Banken ihre schlechten Risiken zulasten der Steuerzahler abzunehmen, wie selbstverständlich erscheint. So ist das im Leben: Wenn man ein Vorhaben der Detailkritik unterzieht und dann dem Kritisierten auch noch die Möglichkeit gibt, Kompromissbereitschaft zu zeigen (so wird es nämlich kommen), dann erscheint das Vorhaben als solches akzeptabel. Auf die Nutzung dieses einfachen Tricks der Meinungsmache zielt der Konflikt. Albrecht Müller.

Die Warnungen vor sozialen Unruhen und die Angst der Abwiegler

„Ich kann mir vorstellen, dass in zwei bis drei Monaten die Wut der Menschen deutlich wachsen könnte“, sagte Gesine Schwan dem „Münchner Merkur“. „Wenn sich dann kein Hoffnungsschimmer auftut, dass sich die Lage verbessert, kann die Stimmung explosiv werden“, warnte Schwan.
Über diese Warnung fallen nun nahezu gesamte die Medienmeute, Arbeitgeber, Kanzlerin Merkel, der CSU-Vorsitzende Seehofer und wie die Schönredner alle sonst noch heißen mögen, wie bellende Hofhunde her. Selbst SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier fällt der eigenen Bundespräsidentenkandidatin in den Rücken: “Ich glaube, die sozialen Unruhen sollen wir nicht herbeireden”, sagte er “Spiegel TV Online”.
Dabei spricht Schwan nur aus, was jeder befürchtet und nur keiner zu sagen wagt oder keiner der Abwiegler vom eigenen Versagen angsichts der Krise in Politik, Wissenschaft und Journalismus wahr haben will. Wolfgang Lieb

IWF hält zwischen 875 bis 1.700 Milliarden Dollar für die Sanierung der Banken für erforderlich

Der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert weitere Anstrengungen, um die Zeichen der Markterholung zu stärken. Der IWF erwartet wachsende Kreditverluste bei den Banken und die Maßnahmen der Regierungen fingen erst allmählich an, wieder Vertrauen in die Märkte zu schaffen. Es seien jedoch noch weitere entschiedene politische Maßnahmen zur Sanierung und Rekapitalisierung der Banken nötig – allein für die USA und Europa zwischen 875 und 1.700 Milliarden Dollar
Das sind die wichtigsten Befunde des halbjährlichen globalen Finanzstabilitätsberichtes des Internationalen Währungsfondes (IWF) zur Finanzmarktkrise. Wolfgang Lieb

Steinbrücks Osterhasen für seine Freunde (Finanzkrise Teil XIII)

Man mag den Bundesfinanzminister Steinbrück für einen makroökonomischen Versager halten (mit Recht), man mag ihn für jemanden halten, der mit der Finanzwirtschaft aufs engste verflochten ist (mit Recht) und ihr seit Amtsantritt im Jahr 2005 wesentliche Vorteile verschafft hat. Einige Fähigkeiten kann man ihm aber wahrlich nicht absprechen: die clevere Prägung des eigenen Images und eine insgesamt geschickte Öffentlichkeitsarbeit. So hat er jetzt die Osterfeiertage abgewartet, um zwei höchst fragwürdige Entscheidungen unter die veröffentlichte Meinung zu bringen. Albrecht Müller.

Obama ist Merkel, Berlusconi & Co auf den Leim gegangen

Der gedruckte Spiegel bringt diese Woche „ein Protokoll der entscheidenden Sitzung“ beim Treffen der G20 in London. Die Hauptbotschaft dieses Protokolls: „Obama übernimmt erstmals Verantwortung für Finanzkrise“. So lautet auch die Überschrift über einem kurzen Bericht bei SpiegelOnline vom 4. April 2009 (siehe Anlage).
Präsident Obama ist damit auf ein wichtiges Element der Meinungsbildungsstrategie zumindest der deutschen Seite eingegangen. Angela Merkel, Peer Steinbrück und die Koalition insgesamt legen es erkennbar darauf an, zwei Botschaften ans Wahlvolk heran zu bringen. Erstens: die Krise kam aus den USA; sie hat uns zweitens völlig überrascht. Damit wird drittens vermittelt, dass die Regierenden dafür nicht verantwortlich sind, dass sie nichts mit den Milliardenhilfen zur Rettung der Banken zu tun haben und so weiter. Albrecht Müller.

Jetzt werden die Brandstifter auch noch als Helden verehrt – dreist!

In der Süddeutschen Zeitung versuchte am Samstag der Journalist Markus Zydra die Vertreter der neoliberalen Schule der Ökonomie zu den Warnern vor der Krise hochzustilisieren. Und er versucht noch einiges mehr. Darauf machte ein Leser der NachDenkSeiten aufmerksam, dessen Analyse hier wiedergegeben wird. Die Empfehlung, dieses erstaunliche Stück zur „Manipulation des Monats“ zu erheben, ist schlüssig. Albrecht Müller

Ist Hopfen und Malz schon verloren? Die Abwesenheit von kritischem Verstand und das Versagen der Medien ist zum Verzweifeln (Teil X Finanzkrise)

Manchmal beschleicht mich das Gefühl, unsere NachDenkSeiten-Arbeit sei vergebens. Mehdorn hat die Bahn saniert; die HRE ist eine systemrelevante Bank; 480 Milliarden für die Banken stehen bereit, aber 14 Milliarden des Bundes für ein Investitionsprogramm verteilt über zwei Jahre führen zu Schulden; abwarten, bis die bisherigen Konjunkturprogramme wirken und so weiter, und so fort. Ein dumpfes, schräges Vorurteil nach dem andern. Orwell hätte 60 Jahre nach Erscheinen von „1984“ furchtbar viel Stoff. Unser Land versinkt in einer Orgie der Lügen und der Vernebelung, dem Gegenteil von Aufklärung. Das ist nicht gerade ermutigend. Wenn es nicht unsere Leser gäbe, müssten wir sagen, es lohnt sich nicht. Albrecht Müller.